TE OGH 2017/9/26 5Ob61/17g

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Veröffentlicht am 26.09.2017
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. G*****, 2. R*****, beide vertreten durch die Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH, Graz, gegen die beklagten Parteien 1. E***** S*****, 2. G***** S*****, vertreten durch DI Dr. Peter Benda, Mag. Dr. Franz Benda, Rechtsanwälte in Graz, wegen (restlich) Feststellung und Einverleibung von Servituten, Leistung und Unterlassung (Streitwert 9.000 EUR), infolge der außerordentlichen Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 7. Februar 2017, GZ 3 R 165/16h-56, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seinen Bewertungsausspruch dadurch zu ergänzen bzw zu berichtigen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands für die Ansprüche der klagenden Parteien gesondert angegeben wird.

Text

Begründung:

Mit seinem Urteil bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichts, in dem dieses das Bestehen der Dienstbarkeit der Grundnutzung zum Zwecke des Abstellens von Fahrzeugen aller Art auf sowie der Zu- und Abfahrt über im Einzelnen genannte Grundstücke der Beklagten zugunsten der erst- sowie der zweitklagenden Partei festgestellt und deren Begehren auf Zustimmung in die Einverleibung der Dienstbarkeiten in diesem Umfang sowie den damit im Zusammenhang stehenden Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen stattgegeben hat.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass „der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige“ und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, über die der Oberste Gerichtshof derzeit noch nicht entscheiden kann.

1. Liegt eine Parteienhäufung vor, so sind gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen, wenn sie von oder gegen mehrere Parteien erhoben werden, die Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind. Das Gesetz verlangt somit im Bereich der Parteienhäufung das Vorliegen einer materiellen Streitgenossenschaft entweder auf Klags- oder auf Beklagtenseite. Es muss entweder eine Rechtsgemeinschaft hinsichtlich des Streitgegenstands bestehen oder eine Parteienmehrheit, die aus demselben tatsächlichen Grund (allenfalls sogar solidarisch) berechtigt oder verpflichtet ist. Liegt hingegen lediglich eine formelle Streitgenossenschaft nach § 11 Z 2 ZPO vor, kommt es selbst dann nicht zu einer Zusammenrechnung der Streitwerte, wenn die geltend gemachten Forderungen in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl RIS-Justiz RS0053096 [T10]). Ist in einem Verfahren Anspruchs- und gleichzeitig Parteienhäufung gegeben, sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs 1 Z 1 JN zwar die gehäuften Ansprüche der betreffenden Partei zusammenzurechnen, nicht jedoch diese Ansprüche mit jenen der übrigen formellen Streitgenossen (vgl Gitschthaler in Fasching/Konecny3 § 55 JN, Rz 23 und 23/1).

2. Die klagenden Parteien haben als Rechtsgrund für die Dienstbarkeiten jeweils Ersitzung geltend gemacht, wobei beide Parteien die Feststellung einer Dienstbarkeit gleichen Umfangs begehrten, jedoch nur die zweitklagende Partei zugunsten bestimmter herrschender Grundstücke. Damit liegt keine materielle Streigenossenschaft gemäß § 11 Z 1 ZPO vor, weil die Ersitzung für jede der Parteien durch ein gesondertes Verhalten herbeigeführt werden kann (3 Ob 518/93), sodass eine nach den Ansprüchen der klagenden Parteien getrennte Bewertung des Streitgegenstands zu erfolgen hat.

3. Sollte sich dabei ergeben, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands bei getrennter Betrachtung jeweils zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt, käme eine Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung nur dann in Betracht, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausspricht, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Ob der Schriftsatz des Klägers diesfalls den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder allenfalls einer Verbesserung bedarf, obliegt der Beurteilung der Vorinstanzen.

Textnummer

E119504

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00061.17G.0926.000

Im RIS seit

16.10.2017

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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