TE Vwgh Erkenntnis 2015/2/26 2012/15/0066

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Veröffentlicht am 26.02.2015
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §198 Abs2;
BAO §289 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Beschwerde der W GmbH in Liqu. in B, vertreten durch die Convisio Völkermarkt Wirtschaftstreuhand - Steuerberatung OG in 9100 Völkermarkt, Klagenfurter Straße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 12. Jänner 2012, Zl. RV/0859-G/09, betreffend Umsatzsteuer 2006 und 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mbH mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, reichte für die Jahre 2006 und 2007 jeweils Umsatzsteuererklärungen ein, in denen geringe Umsatzsteuerbeträge (177,75 EUR bzw. 639,86 EUR) und hohe Vorsteuerbeträge (104.153,23 EUR bzw. 120.717,95 EUR) angegeben wurden.

In einem Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung wurde dazu festgehalten, dass betreffend die erklärten Umsatzsteuerbeträge Umsatzsteuer festzusetzen sei, da die Beschwerdeführerin Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erstellt habe, obwohl sie eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausgeführt habe. Die Beschwerdeführerin habe die Frist zur Einreichung für die Erstattung von Vorsteuer für ausländische Unternehmen verabsäumt und daraufhin für den zu prüfenden Zeitraum Umsätze konstruiert und entsprechende Umsatzsteuererklärungen eingereicht.

Der Umsatz aus dem Jahr 2006 ergebe sich aus einer Rechnung, die am 31. Dezember 2006 vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin an seinen Sohn gerichtet worden sei. Die Rechnung beinhalte die Treibstoffkosten für Tankungen in Österreich, welche der Sohn mit einer Tankkarte der Beschwerdeführerin getätigt habe. Der Sohn sei zu diesem Zeitpunkt noch Schüler und Familienbeihilfenbezieher gewesen; er habe keinerlei Bezug zur Beschwerdeführerin gehabt. Die Beschwerdeführerin habe insgesamt über vier Tankkarten verfügt, welche auf die vier Gesellschafter ausgestellt seien.

Auch im Jahr 2007 sei am 31. Dezember 2007 an den Sohn des Geschäftsführers eine Rechnung über die Betankung dessen privaten Pkws gestellt worden. Am 27. Dezember 2007 sei weiters eine Rechnung über die Lieferung einer Magnetbohrmaschine und eines Schweißgerätes an P ausgestellt worden. Die Magnetbohrmaschine sowie das Schweißgerät seien am 21. Dezember 2007 von der W GmbH an die Beschwerdeführerin verkauft worden. Laut telefonischer Auskunft habe P die Maschinen schon im November besichtigt und mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin den Kauf dieser Maschinen vereinbart. Zu diesem Zeitpunkt seien diese Werkzeuge noch im Besitz der österreichischen Gesellschaft (W GmbH) gewesen, die ebenfalls im "Besitz" des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin sei.

Mit Bescheiden vom 26. März 2009 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für die Jahre 2006 und 2007 fest. Es stellte den "Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch" erklärungsgemäß fest, berücksichtigte aber keine Vorsteuern. Begründend verwies das Finanzamt auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom 15. Juli 2009 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Das Finanzamt führte hiezu - unter Verweis auf § 12 Abs. 1 UStG 1972 - aus, einem Unternehmer, der im Inland weder seinen Sitz noch eine Betriebsstätte habe, werde nur dann das Recht auf Vorsteuerabzug eingeräumt, wenn er im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausgeführt habe. Dazu sei ein Anknüpfungspunkt an das Inland von einigem wirtschaftlichen Gewicht erforderlich, was bei den angeführten Umsätzen nicht der Fall sei.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Die belangte Behörde führte - nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens - im Wesentlichen aus, sie sehe es als erwiesen an, dass der Sohn des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin mit der ihm von seinem Vater überlassenen Tankkarte in Österreich sein Fahrzeug betankt habe. Damit sei aber nicht klar und eindeutig dokumentiert, dass die Abrechnung darüber gesondert am Jahresende zwischen der Beschwerdeführerin und dem Sohn des Geschäftsführers habe erfolgen sollen. Die bloße Behauptung des Geschäftsführers, es habe keine schriftliche Vereinbarung über die Nutzungsberechtigung der Tankkarte und die Verrechnung gegeben, stelle keinen ausreichenden Beweis für den behaupteten Sachverhalt dar. Behauptet worden sei, dass die Zahlung durch den Sohn des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin bar erfolgt sei. Dieser Umstand stelle sich als derart unüblich dar, dass ohne weitere Nachweisführung das Vorliegen einer im Inland getätigten steuerpflichtigen Treibstofflieferung nicht gegeben sei. Aus der Aufstellung der Tankabrechnungen gehe hervor, dass mit der fraglichen Tankkarte zumindest drei verschiedene Fahrzeuge betankt worden seien. Dass es weitere Vereinbarungen zur Betankung von zusätzlichen Fahrzeugen gebe, sei nicht behauptet worden. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass im Gegensatz zur Behauptung in der Berufung, wonach die Beschwerdeführerin Treibstoff an Abnehmer in Österreich geliefert habe, die fraglichen Lieferungen von der Tankstelle direkt an den Sohn des Geschäftsführers erfolgt seien.

Ebenso verhalte es sich mit dem Verkauf der Magnetbohrmaschine und des Schweißgerätes an P. Übereinstimmend mit der Aussage des P und den Feststellungen der Betriebsprüfung sei von der Beschwerdeführerin bestätigt worden, dass P die in Frage stehenden Maschinen bei der W GmbH mit Sitz in Österreich im November 2007 besichtigt habe und auch der Verkauf damals vereinbart worden sei. Dass nun diese Geräte am 21. Dezember 2007 von der W GmbH an die Beschwerdeführerin und von dieser am 27. Dezember 2007 an P - der im Übrigen die vorgelegte Quittung nicht unterfertigt habe - weiterverkauft worden sein sollten, stelle einen wirtschaftlich unüblichen Vorgang dar. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass diese Vorgangsweise lediglich zur Erlangung der Vorsteuern im Wege der Veranlagung habe dienen sollen. Irgendein außersteuerlicher Grund für dieses Vorgehen sei nicht genannt worden. Die Maschinen seien wie besichtigt am Sitz der W GmbH abgeholt worden.

Es sei sohin der Rechtsmeinung des Finanzamtes zu folgen, wonach die Beschwerdeführerin im Inland keine steuerpflichtigen Umsätze getätigt habe und die Vorsteuer im Erstattungsverfahren zu beantragen gewesen wäre.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Mit den Bescheiden des Finanzamtes vom 26. März 2009 war die Umsatzsteuer 2006 sowie 2007 festgesetzt worden und dabei der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch jeweils erklärungsgemäß festgestellt worden. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Abweisung der Berufung als unbegründet ist so zu werten, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem angefochtenen Bescheid im Spruch übereinstimmenden Bescheid erlassen hätte (vgl. die bei Ritz, BAO4, § 289 Tz 47, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Bestandteil des Spruches eines Abgabenbescheides sind insbesondere auch die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen; § 198 Abs. 2 BAO).

Mit der Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin hat demnach auch die belangte Behörde ausgesprochen, dass "steuerpflichtige Lieferungen, sonstige Leistungen und Eigenverbrauch" im von der Beschwerdeführerin erklärten Umfang vorliegen. Damit ergibt sich ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides, führt doch die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides abschließend aus, die Beschwerdeführerin habe im Inland keine steuerpflichtigen Umsätze getätigt und die Vorsteuer wäre im Erstattungsverfahren zu beantragen gewesen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig, weswegen er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 26. Februar 2015

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2015:2012150066.X00

Im RIS seit

30.03.2015

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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