TE Vwgh Erkenntnis 2015/2/27 2013/17/0636

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Veröffentlicht am 27.02.2015
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §51;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Holeschofsky, Senatspräsident Dr Köhler und Hofrätin Maga Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Maga Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des S S in G, vertreten durch Dr Michaela Iro, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Salzburg vom 28. Mai 2013, Zl UVS-113/28/7-2013, betreffend Übertretung des GSpG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St Johann im Pongau vom 28. Februar 2013 als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, ein Verein, vertreten durch DDr G, habe der Behörde erster Instanz angezeigt, dass ihm der Beschwerdeführer Auftrag und Vollmacht erteilt habe, ihn "vor allen Privaten, Gerichten und Verwaltungsbehörden kostenfrei zu vertreten, Akteneinsicht und - abschriftnahme zu begehren, Anträge zu stellen, Rechtsmittel zu erheben, Erklärungen abzugeben, gegebenenfalls für gebotene Vertretung zu sorgen, sowie überhaupt alles vorzukehren, was zweckdienlich ist". Diese Vollmacht sei mit 22. Oktober 2012 datiert gewesen. Mit E-Mail vom 10. Dezember 2012 habe derselbe Verein, vertreten durch DDr G, der Behörde erster Instanz mitgeteilt, dass behördliche Veranlassungen an den Beschwerdeführer direkt sowie an den Verein in elektronischer Abschrift ergehen sollten.

Das mit Berufung bekämpfte Straferkenntnis sei im Kopf an den Beschuldigten mit dem Zusatz gerichtet, dass als Zustellungsbevollmächtigter der Verein, zu Handen DDr G angeführt worden sei. Die Zustellverfügung des Straferkenntnisses richte sich an den Verein, zu Handen DDr G, als Empfänger.

Der Vertreter des Beschuldigten habe fristgerecht eine Berufung eingebracht. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen des Berufungsverfahrens mitgeteilt, dass er vom gegenständlichen Straferkenntnis von seinem Vertreter fernmündlich verständigt worden sei. Die Erhebung einer Berufung setze zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraus. Im vorliegenden Fall habe die erstinstanzliche Behörde in der Zustellverfügung den Vertreter des Beschuldigten als Empfänger genannt. Die allgemeine Vertretungsvollmacht im Sinne des § 10 AVG schließe die Zustellbevollmächtigung ein. Sofern kein gegenteiliger Anhaltspunkt vorliege, sei davon auszugehen, dass jedenfalls auch eine Zustellbevollmächtigung vorliege (Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 22. September 2011, 2010/18/0365). Im Beschwerdefall sei jedoch auf Grund des E-Mails vom 10. Dezember 2012 davon auszugehen, dass der Verein gerade nicht vom Beschuldigten als Zustellungsbevollmächtigter bestellt worden sei. Werde eine Person zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter einer Partei angesehen und nur diese Person in der Zustellverfügung als Empfänger bezeichnet und an diese zugestellt, vermöge dies gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten. Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung könne nicht heilen (Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, 2007/09/0227). Dies gelte selbst dann, wenn das zugestellte Dokument der Partei nachfolgend tatsächlich zukomme (Hinweise auf hg Erkenntnisse).

Die Zustellung an den Verein als Vertreter des Beschuldigten entfalte demnach keine Rechtswirkungen. Es hätte einer den Beschwerdeführer als Empfänger bezeichnenden Zustellverfügung und der Zustellung an diesen bedurft. Es sei daher davon auszugehen, dass eine rechtswirksame Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses an den Beschwerdeführer noch nicht erfolgt sei. Die eingebrachte Berufung sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Der angefochtene Bescheid beruht auf der Auffassung, dass im Hinblick auf die nicht wirksame Zustellung des mit Berufung bekämpften Straferkenntnisses an den Beschwerdeführer die von diesem fristgerecht erhobene Berufung zurückzuweisen gewesen sei.

Mit dieser Auffassung übersieht die belangte Behörde, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren gegen einen Bescheid Berufung erhoben werden kann, der zwar nicht dem Beschuldigten, aber einer anderen Verfahrenspartei zugestellt worden ist (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, 2007/09/0227).

Wie sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis am 5. März 2013 dem Finanzamt St Johann im Pongau zugestellt. Das Straferkenntnis ist somit der Amtspartei zugestellt worden und wäre daher die Berufung des Beschwerdeführers als zulässig zu behandeln gewesen.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.

Wien, am 27. Februar 2015

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2015:2013170636.X00

Im RIS seit

25.03.2015

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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