TE Vwgh Erkenntnis 2014/6/26 2011/10/0151

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Veröffentlicht am 26.06.2014
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
NatSchG OÖ 2001 §3 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des J M in B, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 46a, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. August 2011, Zl. N- 105698/67-2011-Mö/Gre, betreffend naturschutzbehördliche Feststellung gemäß § 9 Abs. 1 OÖ Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 12. August 2010, Zl. 2008/10/0287, verwiesen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. August 2007 wurden die Anträge des Beschwerdeführers, eine näher beschriebene Steganlage auf den Grundstücken Nr. 295/157 und 295/1, KG M, nachträglich naturschutzbehördlich zu bewilligen, als Antrag auf Feststellung iSd § 9 Abs. 1 OÖ Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (OÖ NSchG 2001), dass durch die Errichtung der Steganlage solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, gedeutet und abgewiesen.

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Juni 2008 abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde mit dem genannten hg. Erkenntnis vom 12. August 2010 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Annahme eines nach § 9 OÖ NSchG 2001 unzulässigen Eingriffes in das Landschaftsbild setze voraus, dass durch die betreffende Maßnahme der optische Eindruck der Landschaft maßgebend verändert wird. Entscheidend sei dabei, inwieweit das aktuelle, durch eine Vielzahl von (der Entfernung nicht oder nicht mehr unterliegenden) Merkmalen geprägte Bild der Landschaft infolge des Hinzutretens der beantragten Maßnahme (der Steganlage) optisch verändert wird. Für die Bejahung einer maßgeblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in einem Bereich, der schon durch verschiedene anthropogene Projekte belastet ist, sei von ausschlaggebender Bedeutung, ob die beantragte Maßnahme zu einer solchen "zusätzlichen Verdichtung" künstlicher Faktoren in der Landschaft führen würde, dass sie eine "neue Prägung des Landschaftsbildes" zur Folge hätte. Um von einer maßgebenden Veränderung sprechen zu können, sei es jedenfalls notwendig, dass die Maßnahme im "neuen" Bild der Landschaft prägend in Erscheinung tritt. Der angefochtene Bescheid nehme - den Sachverständigengutachten folgend - an, dass die in Rede stehende Steganlage eine Verdichtung künstlicher Elemente auf der Wasseroberfläche zur Folge hätte, was zu einer erheblichen Veränderung des Landschaftsbildes führen würde. Grundlage dieser Beurteilung sei ein ca. 250 m langer Uferbereich, dessen Bild einerseits durch anthropogene Eingriffe (Ufermauern, Ferienhaus-, Badehütten- und zurückversetzte Bootshüttenbebauung) geprägt "überformt" ist, der andererseits aber lediglich vereinzelte Seeeinbauten (eine Steganlage, drei Bootshütten) aufweist. Die offene Wasserfläche sei daher als relativ naturnaher Landschaftsraum anzusehen, die Uferlinie jedoch als anthropogen "überformt". In diesem Landschaftsraum führe die in Rede stehende Steganlage zu einer Intensivierung der anthropogenen Einrichtungen (Seeeinbauten), wodurch eine maßgebende Veränderung des betroffenen Uferabschnittes bewirkt werde. Die Steganlage trete im Landschaftsbild, das vor allem durch die wenig belastete Wasserfläche bestimmt sei, auf Grund ihrer Dimensionierung und Situierung prägend in Erscheinung. Zur Annahme einer maßgeblichen Veränderung des Bildes des betroffenen Uferabschnittes sei die belangte Behörde somit wegen der relativ geringen Zahl an Seeeinbauten gelangt, die durch die beantragte Steganlage vermehrt würden, und wegen der Dimensionierung dieser Anlage. Sie habe ihrer Beurteilung allerdings nicht das gesamte Bild des Uferbereiches vor Ausführung der in Rede stehenden Maßnahme zu Grunde gelegt, sondern sich lediglich auf einen Bildausschnitt, die offene Wasserfläche, bezogen. Sie habe daher - wie sie selbst ausführt - den durch zahlreiche anthropogene Eingriffe optisch belasteten Teil des Raumes unberücksichtigt gelassen, obwohl die Steganlage im Übergangsbereich zwischen diesem und der offenen Wasserfläche situiert ist. Angesichts der vorwiegend künstlichen Faktoren, die vom Ufer her auf das Landschaftsbild einwirken, könne aber nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die in enger räumlicher Verbindung mit diesen künstlichen Faktoren stehende Steganlage bereits deshalb, weil sie als weiteres künstliches Element in das Bild der Landschaft tritt, dieser ein "neues Gepräge" gäbe. Nicht jede "zusätzliche Verdichtung" künstlicher Faktoren sei nämlich bereits für sich geeignet, zu einer neuen Prägung des Landschaftsbildes zu führen. Entscheidend sei vielmehr, wie sich dieses Vorhaben in die Umgebungssituation einfügt. Zweifellos komme der Dimensionierung des Vorhabens in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu. Ob diese jedoch im vorliegenden Fall ausschlaggebend sei, könne auf Grund des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalts nicht beurteilt werden. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere den darin enthaltenen Fotos sei nämlich ersichtlich, dass die Steganlage in unmittelbarer Nähe zu der als optischer Abschluss in westlicher Richtung erwähnten, ("hart") befestigten und deutlich weiter in den See reichenden Landzunge und zwar parallel zu dieser verläuft. Ohne näheres Eingehen auf die Frage, welchen Einfluss diese räumliche Situation auf die optische Wirkung der Anlage im Landschaftsbild hat, könne aber nicht bereits wegen der Dimensionierung der Steganlage angenommen werden, dass diese dem Bild der Landschaft ein neues Gepräge gäbe. Die Beurteilung der beantragten Steganlage als Eingriff in das Landschaftsbild iSd § 9 Abs. 1 OÖ NSchG 2001 beruhe daher nicht auf einer mängelfreien Grundlage.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. August 2011 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - nach Einholung ergänzender Gutachten einer Amtssachverständigen - erneut abgewiesen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, den ergänzend eingeholten Sachverständigengutachten zufolge werde der gegenständliche Uferabschnitt zwischen dem Amt für Wasserwirtschaft und der großen Steganlage im Vorfeld des Grundstücks Nr. 295/22 auf einer Länge von 250 m landseitig durch die kleinteilige Parzellenstruktur mit einzelnen Baumbeständen und anderen anthropogenen Eingriffen, wie Zäunen, Tisch-Bank-Kombinationen, etc. geprägt, wobei hohe Laubbäume und Gehölzstrukturen dieser Uferlandschaft noch ein eindeutig "grünes Gepräge" gäben. Die Uferrandlinie selbst sei in den meisten Bereichen hart gefasst. Die Wasserfläche werde in diesem Bereich nur durch einen einzelnen Steg mit einer Länge von ca. 8 m und drei Richtung Osten anschließende Bootshütten unterbrochen. Diese Maßnahmen und die damit verbundene Eingriffswirkung auf das Landschaftsbild spielten sich auf einer Länge von ca. 54 m ab. Im Anschluss sei Richtung Osten wiederum eine von Einbauten über die Wasserfläche freie Zone von ca. 120 m Länge gegeben. Eine Landzunge schließe diesen Uferabschnitt optisch ab und stelle durch die Auskragung in die Seefläche mit ihrer hohen Bestockung ein prägendes Merkmal in diesem Uferraum dar. Bereits der bestehende Steg und die anschließenden Bootshütten stellten Eingriffe in dieser Uferlandschaft dar, die jedoch in ihrer Ausbreitung noch relativ konzentriert seien. Durch die Errichtung des in Rede stehenden Steges würde dieser zusätzlich über die derzeit noch unberührte Seefläche auskragen, als künstliches, geometrisch geformtes Element über der Wasserfläche wahrgenommen werden und die derzeit noch vorhandene offene Wasseroberfläche unterbrechen. Es käme dadurch zu einer Erweiterung der über die Seefläche auskragenden, künstlichen Elemente Richtung Westen. Die Freizeitnutzung würde sich optisch verstärkt auch über der Seefläche manifestieren und die nutzungsbedingten, landseitigen Eingriffe auch in die Seefläche vorverlagern. Es käme zu einer Verstärkung der Eingriffswirkung von baulichen Elementen, die aus seeseitiger Blickrichtung, insbesondere aus Blickrichtung Nordosten bis Osten, nicht nur aus nächster Nähe, sondern auch aus der Warte der Fernbetrachtung als negativer, zusätzlicher Raumfaktor wirksam würden. Durch den zusätzlichen Steg werde eine weitere Stelle der Uferrandlinie und die davor befindliche Seefläche optisch mit einer baulichen Anlage maßgeblich verändert. Auch wenn landseitig von keinem Naturufer und keiner reinen Naturlandschaft mehr gesprochen werden könne, werde der Bereich zwischen Uferrandlinie und Bundesstraße vom naturnahen Bewuchs aufgewertet und seien die seeseitigen Einbauten in diesem Uferabschnitt (ein Steg und drei Bootshütten relativ nahe zueinander angeordnet) bisher nur in eingeschränktem Maße vorhanden. Die Errichtung der beantragten Steganlage habe eine Verdichtung von künstlichen Elementen über der Seefläche zur Folge und führe damit insgesamt zu einer deutlich stärkeren Prägung in Richtung eines künstlich überformten Landschaftsbildes auch am Übergang vom Land zum Wasser und über der Wasserfläche. Zudem sei der gegenständliche Steg um gut 10 m länger als der im Osten vorhandene und werde am Ende noch die größere Plattform optisch wirksam. Bedingt durch den zurückspringenden Uferverlauf springe der verfahrensgegenständliche Steg zwar seeseitig nicht wesentlich weiter vor als der ostseitige Bestand, es trete jedoch die Gesamtlängenentwicklung des Steges von der Seefläche aus Blickrichtung Nordost bis Ost und von der Landzunge aus im Osten in Erscheinung. Dadurch, dass die Uferrandlinie beim Grundstück Nr. 295/156 etwas weiter südlich als bei den Richtung Osten anschließenden Grundstücken verlaufe, entstehe der Eindruck einer kleinen flachen Bucht, die durch die auskragende Landzunge mit Bestockung begrenzt werde. Durch den verfahrensgegenständlichen Steg werde diese buchtartige Ausbildung im östlichen Vorfeld der Landzunge mit einem geometrischen Element angerissen. Diese Landzunge bilde eine räumliche Abgrenzung Richtung Norden, die durch die hohe Bestockung in Ufernähe zusätzlich aufgewertet werde und ein prägendes landschaftliches Element darstelle. Die Uferrandlinie der Landzunge sei zwar bereits mit einer Holzschlacht gesichert, dennoch werde die Landzunge als begrüntes, in den See ragendes Strukturelement wirksam. Auch von der Landzunge aus trete der Steg als geometrisches, starres Element über der Wasserfläche in einer Entfernung von ca. 13 m im Bereich der Plattform und ca. 18 m Luftlinie im Bereich des Ufers in Erscheinung und unterbreche das ruhige Bild der Wasseroberfläche und beeinträchtige diesen Bereich empfindlich. Durch Errichtung des Steges werde der Uferabschnitt zwischen dem bestehenden Steg und der Landzunge stark entwertet und diesem Landschaftsbereich eine negativ zu beurteilende Prägung verliehen.

Zur Hintergrundsituation südlich der Bundesstraße sei auszuführen, dass das Landschaftsbild durch die hohen Baumbestände entlang der Bundesstraße aufgewertet werde. Die Bebauungen südlich der Bundesstraße im betrachteten Abschnitt zwischen dem Gebäude der Wasserwirtschaft und der langen Steganlage im Südosten trete vom See aus, insbesondere im westlichen Bereich, nur fallweise mit Dächern oder dunklen Giebelfeldern in Erscheinung. Das Gebäude der Wasserwirtschaft und der Scharflinger Hof würden als dominante, mehrgeschossige Baukörper in Erscheinung treten. Die angesprochene Hintergrundsituation sei im Zusammenhang mit dem beantragten Steg jedoch nicht sehr relevant und ausschlaggebend in der Beurteilung, da sie vom See aus kaum landschaftsbildwirksam in Erscheinung trete. Auch der beantragte Steg sei von diesem Bereich aus nicht einsehbar. Aufgrund der räumlich vorgegebenen Situation sei eine Uferlänge von ca. 250 m relevant für die fachliche Beurteilung der Eingriffswirkung des verfahrensgegenständlichen Steges. Insbesondere dem Wasserkörper, der Uferlinie sowie dem landseitig anschließenden Uferbereich komme dabei entscheidende Bedeutung zu. Der südlich der Bundesstraße gelegene Landschaftsraum nehme wegen der räumlichen Entfernung und der daraus resultierenden fehlenden optischen Zuordnung zum verfahrensgegenständlichen Objekt keinen maßgeblich relevanten Einfluss auf die Beurteilung der Eingriffswirkung in das Landschaftsbild. Gerade die Wasserfläche trete als besonders erhaltenswerter Naturraum in Erscheinung. Die Steganlage trete vor allem aus östlicher und nördlicher Blickrichtung als zusätzliches Element auf der Wasserfläche in Erscheinung, die Wasserfläche vor Stegerrichtung zeige sich als mäßig belasteter Seeuferbereich. Durch die Intensivierung der anthropogenen Einrichtungen werde eine maßgebende Veränderung des betroffenen Uferabschnittes bewirkt. Eine zusätzliche Steganlage bewirke eine zunehmende Verdichtung künstlicher Elemente und somit eine erhebliche negative Veränderung des Landschaftsbildes. Die Steganlage trete aufgrund ihrer Dimensionierung und Situierung, indem sie die buchtartige Ausbildung im östlichen Vorfeld der Landzunge mit einem geometrischen Element anreiße, im vorgegebenen Landschaftsbild, welches vor allem von einer wenig belasteten, durch Reste des Schilfgürtels in der Verlandungszone aufgewerteten Wasserfläche bestimmt sei, als prägend in Erscheinung. Der gegenständliche, 250 m lange Seeuferabschnitt, der durch Reste des Schilfgürtels strukturiert und belebt sei, sei vor Errichtung der beantragten Steganlage lediglich durch einen Steg sowie einen Verband aus drei Bootshütten belastet; es könne insofern nicht von einem degradierten Bereich ausgegangen werden, in den sich ein zusätzlicher Steg nahtlos integrieren würde. Die Steganlage mit den Ausmaßen von 14,7 m x 1,9 m samt seeseitiger Badeplattform im Ausmaß von 5,13 m x 3,40 m trete als anthropogene Konstruktion in Erscheinung; Steganlagen gehörten zu den dominantesten raumwirksamen Faktoren. Durch die beantragte Steganalage erfolge eine sichtbare Ausdehnung der Erholungsinfrastruktur Richtung Westen.

Die vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Bepflanzungsmaßnahmen könnten nichts daran ändern, dass die Steganlage einsehbar wäre und als maßgeblicher Eingriff im Landschaftsbild in Erscheinung träte. Beim betroffenen Bereich handle es sich trotz Vorliegens verschiedener Eingriffe "noch um ein schützenswertes Landschaftsbild". Dem gesetzlich verankerten öffentlichen Interesse an der Erhaltung des relativ naturnahen Uferabschnittes sei jedenfalls höheres Gewicht beizumessen als den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einer Verbesserung seiner Bademöglichkeiten. Die beantragte Feststellung sei daher zu versagen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

1.2. Gemäß § 9 Abs. 1 OÖ Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (OÖ NSchG 2001) ist jeder Eingriff

1. in das Landschaftsbild und

2. im Grünland (§ 3 Z. 6) in den Naturhaushalt an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von

500 m landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

Eine bescheidmäßige Feststellung gemäß Abs. 1 kann gemäß § 9 Abs. 3 OÖ NSchG 2001 auch unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Wahrung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes erforderlich ist.

Unter einem Eingriff in das Landschaftsbild ist gemäß § 3 Z. 2 OÖ NSchG 2001 eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer zu verstehen, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert.

2.1. Die Beschwerde bringt zunächst vor, die belangte Behörde habe das (nach Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Juni 2008 durch das genannte hg. Erkenntnis vom 12. August 2010 erforderliche) ergänzende Ermittlungsverfahren selbst durchgeführt, anstatt den Akt zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen. Dadurch sei es zu einer unzulässigen Verkürzung des Instanzenzuges gekommen, was als wesentlicher Verfahrensmangel gerügt werde.

Dem ist zu erwidern, dass die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat. Hingegen normiert § 66 AVG kein Recht der Partei auf Verweisung der Sache an die erste Instanz zur neuerlichen selbständigen Durchführung des Ermittlungsverfahrens (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 90/05/0206, sowie die weitere bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 347 zu § 66 AVG zitierte hg. Judikatur). Die gerügte Rechtsverletzung liegt demnach nicht vor.

2.2. Die Beschwerde macht im Weiteren geltend, die belangte Behörde habe die Vorgaben des hg. Erkenntnisses vom 12. August 2010 ignoriert. Das ergänzende Sachverständigengutachten, auf welches sich die belangte Behörde stütze, habe diesen Vorgaben nicht ansatzweise entsprochen. Im Gutachten sei ausgeführt worden, dass die Beschreibung der Parzellenstruktur im gegenständlichen Uferabschnitt erfolge, um einen grundsätzlichen Eindruck dieser Uferparzellen zu vermitteln, dies jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit (der Beschreibung) der anthropogenen Eingriffe und der Bestockungen. Diese Beschreibung werde in der Folge auf Lichtbildern dokumentiert, die sechs Jahre alt seien und nicht mehr die aktuelle Situation zeigten. Das Gutachten habe (aus diesen Gründen) wiederum keine ordnungsgemäße Entscheidungsgrundlage für die Behörde geschaffen.

Zudem sei auch den wiederholten Anträgen des Beschwerdeführers auf Abhaltung eines Lokalaugenscheines bzw. auf Anfertigung einer aktuellen Fotodokumentation keine Folge gegeben worden, was einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle. Erst "durch die Abhaltung eines Lokalaugenscheines in eventu durch die Anfertigung der beantragten aktuellen Fotodokumentation" wäre eine "korrekte und vollständige Entscheidungsgrundlage" gegeben gewesen.

Mit diesem Vorbringen wird schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil es die Beschwerde unterlässt, konkret darzulegen, zu welchen abweichenden Feststellungen aufgrund welcher Überlegungen die belangte Behörde insofern hätte kommen müssen.

Ein Rechtsanspruch einer Partei auf Durchführung des Ermittlungsverfahrens in einer bestimmten Art und Weise, insbesondere auf Durchführung eines Lokalaugenscheins, besteht im Übrigen nicht. Ebenso wenig wäre der Beschwerdeführer verpflichtend einem Lokalaugenschein beizuziehen gewesen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2011/10/0001, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).

2.3. Die Beschwerde wendet sich sodann gegen die von der belangten Behörde eingeholten ergänzenden Sachverständigengutachten und bringt dazu auf das Wesentliche zusammengefasst vor:

Die Ausführungen der Sachverständigen, wonach durch die Errichtung des beantragten Steges dieser zusätzlich über die derzeit noch unberührte Seefläche auskragen, als künstliches, geometrisch geformtes Element über der Wasserfläche wahrgenommen und die derzeit noch vorhandene offene Wasseroberfläche unterbrechen würde, wodurch es zu einer Erweiterung der über die Seefläche auskragenden, künstlichen Elemente Richtung Westen käme und sich die Freizeitnutzung optisch verstärkt auch über der Seefläche manifestieren und die nutzungsbedingten landseitigen Eingriffe sich auch in die Seefläche vorverlagern würden, seien inhaltsleere Floskel, die einer näheren Überprüfung nicht zugänglich seien; mit einer derartigen Argumentation könne "die Errichtung jeden Steges an jeder Örtlichkeit untersagt werden". Gleiches gelte für die Ausführungen im Gutachten, wonach durch die Errichtung des Steges der Uferabschnitt zwischen dem bestehenden Steg und der Landzunge stark entwertet und diesem Landschaftsbereich eine negativ zu beurteilende Prägung verliehen würde, wenn man - wie die Amtssachverständige - willkürlich jenen Uferbereich des zu beurteilenden Landschaftsteiles betrachte, in dem sich keine Stege befinden würden.

Die Begrenzung des zu überprüfenden Landschaftsabschnittes sei willkürlich erfolgt, dies offenbar aus dem Grund, um die nachweislich auf den Grundstücken 2244/2, 295/112 und 290/141 befindlichen Wasserüberbauten in Form von Steganlagen bei der Beurteilung außer Betracht lassen zu können. Wenn die Sachverständige dazu ausführe, dass die genannten Stege dem eigentlichen Beurteilungsraum nicht mehr direkt zuzuordnen seien, da die Landzunge vor dem Bundesamt für Wasserwirtschaft den südöstlich gelegenen Uferbereich optisch begrenze, sei dem entgegenzugalten, dass dies nur bei südlicher Blickrichtung der Fall sei; es sei aber die Eingriffswirkung einer Maßnahme auf das Landschaftsbild von allen Blickrichtungen zu beurteilen. Völlig unverständlich sei, dass die Sachverständige davon ausgehe, dass der Steg in einem relativ naturnahe erhaltenen Landschaftsraum errichtet werden solle; die zahllosen anthropogenen Überformungen in diesem Uferbereich sowie die Tatsache, dass die Uferlinie des Mondsees in diesem Bereich armiert sei und auch im weiteren Bereich keine natürliche Uferlinie aufweise, seien aktenkundig. Tatsache sei, dass der Uferabschnitt sowohl auf der nordwestlichen als auch auf der südöstlichen Seite des Grundstücks des Beschwerdeführers durch zahllose Bade- und Bootshütten und einige Badestege geprägt sei. Es sei denkunmöglich, dass die Errichtung eines weiteren Badesteges in einem derartigen Umfeld zu einer neuen Prägung des Landschaftsbildes führen könne. Da somit die eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen mit etlichen Mängeln behaftet seien, hätte dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Gutachtens eines gerichtlich beeideten Sachverständigen entsprochen werden müssen.

Diesem Vorbringen ist Folgendes zu erwidern:

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde - gestützt auf die eingeholten Sachverständigengutachten - ihrer Beurteilung nunmehr das gesamte Bild des Uferbereiches vor Ausführung der in Rede stehenden Maßnahme zu Grunde gelegt und beurteilt, wie sich dieses Vorhaben in die Umgebungssituation einfügt. Sie ging dabei u.a. davon aus, dass dadurch, dass die Uferrandlinie beim Grundstück Nr. 295/156 etwas weiter südlich als bei den Richtung Osten anschließenden Grundstücken verlaufe, der Eindruck einer kleinen flachen Bucht, die durch die auskragende Landzunge mit Bestockung begrenzt werde, entstehe. Diese Landzunge bilde eine räumliche Abgrenzung Richtung Norden, die durch die hohe Bestockung in Ufernähe zusätzlich aufgewertet werde und ein prägendes landschaftliches Element darstelle. Durch den beantragten Steg werde diese buchtartige Ausbildung im östlichen Vorfeld der Landzunge mit einem geometrischen Element angerissen. Die Uferrandlinie der Landzunge sei zwar bereits mit einer Holzschlacht gesichert, dennoch werde die Landzunge als begrüntes, in den See ragendes Strukturelement wirksam. Auch von der Landzunge aus trete der Steg als geometrisches, starres Element über der Wasserfläche in einer Entfernung von ca. 13 m im Bereich der Plattform und ca. 18 m Luftlinie im Bereich des Ufers in Erscheinung und unterbreche das ruhige Bild der Wasseroberfläche und beeinträchtige diesen Bereich empfindlich. Davon ausgehend werde durch die Errichtung des Steges der Uferabschnitt zwischen dem bestehenden Steg und der Landzunge stark entwertet und diesem Landschaftsbereich eine andere, negativ zu beurteilende Prägung verliehen.

Diese auf sachverständiger Grundlage erfolgte Beurteilung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig zu erkennen. Auch mit dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen wird eine Unschlüssigkeit der diesbezüglichen sachverständigen Ausführungen, auf die die belangte Behörde ihre Feststellungen stützt, nicht aufgezeigt; der Beschwerdeführer ist diesen Ausführungen im Verwaltungsverfahren auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Einer nochmaligen sachverständigen Beurteilung bedurfte es daher nicht. Die vom Beschwerdeführer angestrebte Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen ordnet das Gesetz nicht an (vgl. dazu das zum OÖ NSchG 1995 ergangene, aber insofern übertragbare hg. Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2004/10/0129).

Im Übrigen sind für die Beurteilung, ob und in welchem Ausmaß ein Vorhaben eine Veränderung des Landschaftsbildes mit sich bringt, nicht einzelne Blickpunkte maßgeblich. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das "von jedem möglichen Blickpunkt" aus ergebende Bild der Landschaft verändert. Für die Annahme eines "Eingriffes in das Landschaftsbild" im Sinne des § 3 Z. 2 OÖ NSchG 2001 genügt bereits die maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes von einem möglichen Blickpunkt aus. Selbst wenn sich daher die beantragte Maßnahme von mehreren Blickpunkten aus gesehen harmonisch in das Landschaftsbild einfügen würde, so spricht das noch nicht gegen die Annahme, die Maßnahme würde - wie von der Sachverständigen dargelegt - von anderen Blickpunkten aus eine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes mit sich bringen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2007/10/0095, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).

2.4. Soweit die Beschwerde im Weiteren rügt, die belangte Behörde habe auch die Auswirkungen des beantragten Steges auf die Laichsituation der Mondseefische im bisherigen Verfahren nicht mängelfrei geklärt, da der beigezogene Amtssachverständige in seiner Beurteilung erkennbar nicht von der tatsächlichen Nutzung des betreffenden Uferabschnittes als Badegrundstück, sondern von einem unberührten Uferabschnitt ausgegangen sei, so wird auch diesbezüglich in der Beschwerde die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht konkret aufgezeigt. Gleiches gilt für die Beschwerderüge, die belangte Behörde habe bei der Interessenabwägung die Auswirkungen des beantragten Badesteges auf die Wasserfauna und -flora nicht miteinbezogen.

2.5. Die Beschwerde bringt auch vor, die Annahme der belangten Behörde, der durch das beantragte Vorhaben bewirkte maßgebliche Eingriff in das Landschaftsbild könne auch durch Auflagen, etwa in Form von Bepflanzungsmaßnahmen, nicht gemindert werden, sei unvertretbar; es sei sowohl aktenkundig als auch "dem Gesetz der Denklogik" entsprechend, dass durch solche Bepflanzungsmaßnahmen die Wirkung des beantragten Steges im Landschaftsbild "zumindest erheblich reduziert" werden könne.

Zu diesem Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass sich die belangte Behörde mit ihrer Auffassung, nachteilige Wirkungen des in Rede stehenden Steges auf das Landschaftsbild könnten durch Sichtschutzeinschränkungen auf das Objekt im Wege von Pflanzungsmaßnahmen nicht hintangehalten werden, im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes befindet (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. September 2011, Zl. 2009/10/0104, und die dort zitierte Vorjudikatur).

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG (in der hier gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 maßgeblichen Fassung, die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 in Geltung stand) als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Juni 2014

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Augenschein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2011100151.X00

Im RIS seit

23.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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