TE Vwgh Erkenntnis 2014/6/18 2013/09/0078

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Veröffentlicht am 18.06.2014
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §7 Abs7 idF 2002/I/126;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des AV in B, vertreten durch Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwalt in 4873 Frankenburg, Marktplatz 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 19. Februar 2013, Zl. VwSen-253015/19/BMa/Th, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen; Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Schuldspruches, der Bestrafung sowie des Ausspruches über die Verfahrenskosten hinsichtlich des Spruchpunktes 1. des erstinstanzlichen Bescheides (Beschäftigung des BC) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - für schuldig erkannt, er habe es als Betreiber des Lokals "Imbiss I.", B., W-straße 4, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von ihm die näher bezeichneten türkischen Staatsangehörigen 1. CB, vom 12. Dezember 2010 bis 13. Jänner 2011, 19:05 Uhr, und 2. GA, zumindest am 13. Jänner 2011 von 18:00 bis 19:05 Uhr im genannten Lokal beschäftigt worden seien (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof), ohne dass für die Ausländer eine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bestätigungen bzw. Bewilligungen gemäß § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ausgestellt gewesenen sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (in der Folge: AuslBG) verletzt. Über ihn wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von ad. 1. EUR 2.000,-- (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden) ad 2. EUR 1.000,-- (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) verhängt.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens nahm es die belangte Behörde als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer Betreiber des Lokals "I" W-straße 4, B., sei. Anlässlich einer Kontrolle am 13. Jänner 2011 gegen 19.05 Uhr sei festgestellt worden, dass der türkische Staatsangehörige CB seit 12. Dezember 2010 bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 13. Jänner und der türkische Staatsangehörige AG am 13. Jänner 2011 von 18.00 Uhr bis 19.05 Uhr in diesem Lokal entgeltlich beschäftigt worden seien, obwohl diese nicht die entsprechenden arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen gehabt hätten. CB sei seit 6. Juni 2010 durchgehend als Dienstnehmer des Beschwerdeführers zur Sozialversicherung angemeldet gewesen. CB sei zum Zeitpunkt der Kontrolle hinter der Theke mit der Zubereitung und dem Verkauf eines Kebaps beschäftigt gewesen. CB sei mit EUR 900,-- pro Monat entlohnt worden. CB sei bis einschließlich 31. Oktober 2010 im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung für den Imbiss gewesen. Am 14. Oktober und 10. November, jeweils 2010 seien vom Beschwerdeführer beim Arbeitsmarktservice G. Anträge auf Ausstellung von Beschäftigungsbewilligungen für die Berufsart Koch für CB eingebracht worden, über welche jedoch mit Bescheiden vom 5. Oktober 2010 und vom 9. Dezember 2010 negativ entschieden worden sei. Am 23. Dezember 2010 sei von CB gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Landesgeschäftsstelle Oberösterreich vom 9. Dezember 2010, der am 15. Dezember 2010 zugestellt worden sei, eine Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden. Es sei auch ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt worden. Mit Beschluss vom 29. April 2011 sei die Beschwerde als unzulässig wegen mangelnder Legitimation zur Erhebung der Beschwerde zurückgewiesen worden, sei doch der erstinstanzliche Bescheid nicht durch CB bekämpft und damit der Instanzenzug auch nicht ausgeschöpft worden. Dass der Bescheidbeschwerde eine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, sei vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt worden.

GA sei nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen und sei beim Abwaschbecken im hinteren Lokalbereich bei der Reinigung von Behältern angetroffen worden. Die Höhe des dem GA gezahlten Entgelts könne nicht festgestellt werden. GA habe in den Jahren 2005 bis ca. 2009 im Betrieb des Beschwerdeführers gearbeitet, danach habe er ein Lokal vom Beschwerdeführer angemietet und sei als Selbständiger tätig gewesen. Wegen gesundheitlicher Probleme habe der Beschwerdeführer am 13. Jänner 2011 seine Arbeit in seinem Lokal unterbrochen und die Ehegattin des Beschwerdeführers habe GA wegen Personalknappheit im Lokal ersucht, bei der Zubereitung des Pizzateigs und dessen Portionierung zu helfen.

Das Lokal bestehe aus einem vorderen Verkaufsbereich, in dem auch Zubereitungen stattfänden und einem hinteren Bereich, in dem insbesondere eine Rührmaschine neben einem Waschbecken situiert sei. GA sei im hinteren Bereich beim Abwaschen von Gefäßen, neben der Rührmaschine, angetroffen worden. Er sei nicht aufgrund eines Freundschaftsdienstes für den Beschwerdeführer tätig gewesen.

Nach Darlegung ihrer beweiswürdigenden Erwägungen folgerte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht, dass der inkriminierte Tatbestand sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht worden sei, im Weiteren legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.

Über die gegen diesen Bescheid von der beschwerdeführenden Partei erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - aus dem Grunde des § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am 31. Dezember 2013 in Kraft befindliche Fassung.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die beiden türkischen Ausländer in der im angefochtenen Bescheid angegebenen Zeit auf die im angefochtenen Bescheid dargestellte Weise tätig gewesen sind.

Der Beschwerdeführer macht aber geltend, dass er vor Ablauf der zuletzt erteilten Beschäftigungsbewilligung des CB durch den Beschwerdeführer als Arbeitgeber beim Arbeitsmarktservice den Antrag auf Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung für den CB gestellt habe. Gegen die abweisende Entscheidung habe er Berufung erhoben. Danach sei eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof samt Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eingebracht worden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes sei dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 20. Mai 2011 zugestellt worden. Erst diese rechtskräftige Entscheidung führe dazu, dass ab Zustellung und sohin Kenntnis derselben, eine Beschäftigungsbewilligung nicht mehr im Sinne des § 7 Abs. 7 AuslBG als verlängert anzusehen sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer CB beschäftigen dürfen, ohne gegen das AuslBG zu verstoßen.

§ 7 Abs. 7 AuslBG in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 lautet:

"Wird ein Antrag auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung oder auf Aufstellung einer Arbeitserlaubnis oder eine Befreiungsscheines vor Ablauf der Beschäftigungsbewilligung eingebracht, so gilt diese bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag als verlängert."

Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurde der Bescheid der Landesgeschäftsstelle Oberösterreich des Arbeitsmarktservice am 15. Dezember 2010 zugestellt und ist an diesem Tag in Rechtskraft erwachsen. Bis zu diesem Tag galt die dem Beschwerdeführer für den CB erteilte Beschäftigungsbewilligung daher dem § 7 Abs. 7 AuslBG zu Folge als verlängert.

Dies hat die belangte Behörde allerdings verkannt, indem sie den Beschwerdeführer für die unerlaubte Beschäftigung des CB im Zeitraum schon vom 12. Dezember 2010 an für schuldig erkannte, bestrafte und dem Beschwerdeführer Verfahrenskosten auferlegte. Daher war der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Schuldspruches und der Bestrafung des Beschwerdeführers sowie der Auferlegung von Verfahrenskosten wegen Beschäftigung des CB wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Hinsichtlich der Beschäftigung des GA hält der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil dieser nur kurzfristig und unentgeltlich wegen einer Erkrankung des Beschwerdeführers selbst ausgeholfen und als Zeuge angegeben habe, dass GA von ihm keine Gegenleistung bekommen habe. Der Zeuge GA habe ausgesagt, dass der Beschwerdeführer ihm für diese Aushilfe nichts bezahlt habe. GA habe die Tätigkeit nur kurzfristig und unentgeltlich ausgeübt.

Damit zeigt der Beschwerdeführer allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil als ein der Bewilligungspflicht unterworfenes Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. März 2008, Zl. 2007/09/0285) und als Gefälligkeitsdienste, die nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG fallen, nur solche anzusehen sind, die vom Leistenden auf Grund bestehender spezifischer Bindungen zwischen ihm/ihr und dem/der Leistungsberechtigten als kurzfristige, freiwillige, und unentgeltliche Dienste erbracht werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 2000, Zl. 99/09/0037, und vom 18. Dezember 1998, Zl. 98/09/0290).

Spezifische über ein geschäftliches Verhältnis hinausreichende Bindungen des Beschwerdeführers mit dem Ausländer GA sind aber in der Berufungsverhandlung sowohl vom Beschwerdeführer als auch von GA verneint worden, sodass schon deshalb im vorliegenden Fall ein Gefälligkeitsdienst nicht anzunehmen war. Auch wenn keine Entgeltvereinbarung getroffen wurde - eine solche ist nach Aussage des Zeugen GA nicht erfolgt ("darüber ist nicht gesprochen worden") ist im Zweifel ein angemessenes Entgelt für die Dienste bedungen, sodass die Tätigkeit des GA unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers sowie des GA von der belangten Behörde nicht als unentgeltlich eingestuft werden durfte (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 6. März 2008, Zl. 2007/09/0285). Dass es zu keiner Auszahlung gekommen ist, steht dem nicht entgegen.

Da der Beschwerdeführer auch durch die Strafbemessung nicht in seinen subjektiv-öffentlich Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde war daher im Umfang des Schuldspruches, der Bestrafung und der Auferlegung von Verfahrenskosten hinsichtlich der Beschäftigung des Ausländers GA gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der - wie oben aufgezeigt - im Beschwerdefall noch anzuwendenden Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, nämlich Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120).

Wien, am 18. Juni 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013090078.X00

Im RIS seit

08.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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