TE Vwgh Erkenntnis 2014/5/28 2011/07/0007

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Veröffentlicht am 28.05.2014
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

ALSAG 1989 §10 Abs1 Z2;
ALSAG 1989 §10 Abs1;
ALSAG 1989 §10;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2 idF 1996/201;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z3;
ALSAG 1989 §7 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §66 Abs4 impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde 1. des Ing. J. E. und 2. des F. E., beide in S., beide vertreten durch Dr. Georg Eisenberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 30. November 2010, Zl. FA13A-39.40-24/2010-4, betreffend Feststellung gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Graz in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 20. November 2007 stellten die beschwerdeführenden Parteien bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (BH) einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 10 des Altlastensanierungsgesetzes

(ALSAG).

Die BH möge feststellen, dass die Baurestmassen, die für die Errichtung des Weges auf einem näher bezeichneten Grundstück in der KG M. verwendet worden seien, dem Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG unterlägen und dass für diese Abfälle damit kein Altlastenbeitrag zu bezahlen sei.

Begründend führten die beschwerdeführenden Parteien aus, dass sie einen Weg mit aufbereiteten Baurestmassen errichtet hätten. Die Errichtung sei nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz von der BH genehmigt worden. Bei diesem Weg handle es sich um keine Anlage (Bauwerk) im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes. Für das Errichten des Weges habe daher keine baurechtliche Bewilligung eingeholt werden müssen. Ein Weg, der lediglich durch die Aufbringung von Baurestmassen ausgebildet werde, gelte nach den gesetzlichen Bestimmungen und der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Bauwerk im Sinne des § 4 Z 12 Steiermärkisches Baugesetz. Aus einer Feststellung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 6. Juli 2006, Zl. 2004/07/0141, gehe eindeutig hervor, dass die Errichtung von Wegen, die durch das Aufbringen von Baurestmassen ausgebildet würden, keiner bautechnischen Kenntnisse bedürfe und daher auch keine bauliche Anlage im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes darstelle.

Der von den beschwerdeführenden Parteien errichtete Weg wäre als Veränderung des natürlichen Geländes im Sinne des § 19 Z 5 Steiermärkisches Baugesetz anzusehen. Gemäß dieser Bestimmung seien nur Veränderungen des natürlichen Geländes (bauliche Anlagen) von nach dem Flächenwidmungsplan im Bauland gelegenen Grundflächen sowie von im Freiland gelegenen Grundflächen, die an das Bauland angrenzten, bewilligungspflichtig. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen seien jene Geländeverfüllungen oder Geländeanpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllten (z.B. Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen), von der Beitragspflicht ausgenommen (§ 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG). Bei der von den beschwerdeführenden Parteien durchgeführten Befestigung des Weges handle es sich genau um eine solche Geländeanpassung, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfülle. Da es für diese Maßnahmen keiner Bewilligung nach dem Steiermärkischen Baugesetz bedürfe und alle anderen Bewilligungen für die Errichtung des Weges eingeholt worden seien bzw. zum Zeitpunkt der allenfalls entstehenden Beitragsschuld vorgelegen seien, komme für die Maßnahme der beschwerdeführenden Parteien der Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG zur Anwendung.

Mit Eingabe vom 4. Februar 2008 stellten die beschwerdeführenden Parteien bei der BH einen "Zusatzantrag" auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 10 ALSAG.

Demnach möge die BH feststellen, dass "das verwendete aufbereitete Baurestmassenmaterial zum Zeitpunkt des Aufbringens auf die bestehende Straße keinen Abfall mehr dargestellt" habe.

Auf Ersuchen der BH erstattete der abfalltechnische Amtssachverständige mit Schreiben vom 17. August 2009 ein Gutachten zu der Frage, ob durch den Einbau der recyclierten Baurestmassen auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück in der KG M. das Abfallende gemäß § 5 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eingetreten sei.

Der abfalltechnische Amtssachverständige führte aus, dass Baurestmassen vom Gelände der R.-Gründe in Graz im Auftrag der Firma P. mit einer mobilen Bauschuttaufbereitungsanlage aufbereitet worden seien. Die aufbereiteten Baurestmassen seien auf das verfahrensgegenständliche Grundstück in der KG M. verbracht worden. Hinsichtlich der Qualität der gegenständlichen Materialien - der Ausgangsmaterialien der aufbereiteten Baurestmassen - liege dem Akt lediglich ein "Kurzgutachten Nr. 03- 1080 zum Prüfbericht Nr. 3117-03" von DI Dr. Z. bei. Demzufolge würden diese, ursprünglich auf den R.-Gründen in Graz lagernden Materialien, als Baurestmasse qualifiziert und hinsichtlich ihrer Schadstoffgehalte, mit Ausnahme bezüglich des Parameters der polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), der Entsorgung auf einer Baurestmassendeponie zugeordnet.

Zu den aufbereiteten Materialien würden offensichtlich keine Qualitätszertifikate existieren. Vielmehr sei aus dem Kurzgutachten von DI Dr. Z. zu ersehen, dass die Ausgangsmaterialien mit polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) belastet seien, die eine Beseitigung der verfahrensgegenständlichen Materialien auf einer Reststoff- oder Massenabfalldeponie erforderlich machten. Aus fachlicher Sicht gehe daher von den eingebauten Materialien eine höhere Umweltbelastung aus als von einem vergleichbaren Primärrohstoff (Schotter, etc.).

Zusammenfassend könne aus fachlicher Sicht somit festgestellt werden, dass durch den Einbau der recyclierten Baurestmassen auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück in der KG M. das Abfallende gemäß § 5 AWG 2002 nicht eingetreten sei.

Zu diesem Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 17. August 2009 nahmen die beschwerdeführenden Parteien mit Eingabe vom 18. September 2009 Stellung.

Darin führten die beschwerdeführenden Parteien aus, dass der abfalltechnische Amtssachverständige aus den vorgelegten Unterlagen Schlüsse ziehe, die nicht berechtigt seien. Insbesondere in Bezug auf den PAK-Gehalt führe der Amtssachverständige aus, dass die Materialien auf einer Reststoff- oder Massenabfalldeponie abgelagert werden müssten.

Aus dem Gutachten von DI Dr. Z. vom 12. Februar 2003 gehe jedoch ganz klar hervor, dass der PAK-Gehalt lediglich im feinen Teil des Bodenaushubs vorhanden sei. Dieser Feinanteil des Bodenaushubs sei jedoch niemals für die Errichtung des Weges verwendet worden. Für die Errichtung des Weges seien ausschließlich die Baurestmassen, die zuvor aufbereitet worden seien, verwendet worden.

Daher sei das Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 17. August 2009 für die Frage, ob durch den Einbau der recyclierten Baurestmassen auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück das Abfallende gemäß § 5 AWG 2002 eingetreten sei, nicht zu verwenden.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2009 ersuchte die BH die beschwerdeführenden Parteien, fachkundig erstellte Nachweise zu näher angeführten Punkten bis spätestens 25. November 2009 vorzulegen.

Zu diesem Schreiben der BH nahmen die beschwerdeführenden Parteien mit Eingabe vom 20. November 2009 Stellung.

Mit Bescheid vom 28. Mai 2010 stellte die BH fest, dass die im Zeitraum vom Oktober 2003 bis Ende des Jahres 2005 zur Errichtung des Weges auf näher angeführtem Grundstück in der KG M. verwendeten recyclierten Baurestmassen als Abfall dem Altlastenbeitrag unterlägen.

Begründend führte die BH aus, dass der in § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG normierte Ausnahmetatbestand nur dann zum Tragen käme, wenn es sich dabei um eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen handle. Eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen setze demnach nicht nur voraus, dass die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden könnten, sondern auch, dass die für diese Verwendung oder Verwertung allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen, Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. vorlägen. Daraus gehe hervor, dass die übergeordnete Baumaßnahme mit der Rechtsordnung im Einklang zu stehen habe.

Zur Frage, ob für die gegenständliche Baumaßnahme eine baurechtliche Bewilligung erforderlich gewesen wäre, verweist die BH in ihrer Begründung auf ein Schreiben des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. Dezember 2009. Demzufolge sei gemäß den der Beurteilung zu Grunde liegenden Unterlagen bei der gegenständlichen Weganlage von einer baulichen Anlage im Sinne des § 4 Z 12 des Steiermärkischen Baugesetzes auszugehen. Dies deshalb, da es sich bei der Weganlage um eine entsprechend bearbeitete, mit 2.568 t Baurestmassen aufgeschüttete, planierte und verdichtete Fläche handle. Diese solle ein Befahren mit Pkws und Lkws gewährleisten. Zu ihrer Herstellung seien im konkreten Fall jedenfalls bautechnische Kenntnisse erforderlich. Es müsse nämlich eine Verbindung mit dem Boden hergestellt werden. Auch könnten öffentliche Interessen berührt werden, sodass diese Weganlage der Bestimmung des § 4 Z 12 des Steiermärkischen Baugesetzes unterliege. Daher sei für diese Weganlage jedenfalls eine baubehördliche Bewilligung gemäß § 19 Z 1 Steiermärkisches Baugesetz erforderlich.

Hinsichtlich des Abfallendes führte die BH begründend aus, dass von einer Sache keine höhere Umweltbelastung und kein höheres Umweltrisiko ausgehen dürfe, als bei einem vergleichbaren Primärstoff oder einem vergleichbaren Produkt aus Primärrohstoff. Wie aus dem Amtssachverständigengutachten vom 17. August 2007 hervorgehe, seien die gegenständlichen Ausgangsmaterialien mit polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffen belastet, die eine Beseitigung der Materialien auf einer Reststoff- oder Massenabfalldeponie erforderlich machen würden. Aus den eingebauten Materialien gehe somit eine höhere Umweltbelastung hervor, als von einem vergleichbaren Primärrohstoff. Ein Abfallende im Sinne des § 5 Abs. 1 AWG 2002 sei somit nicht eingetreten.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Berufung.

Die BH führe - so die beschwerdeführenden Parteien - im Zusammenhang mit den Aussagen des abfalltechnischen Amtssachverständigen aus, dass diese Materialien, die für die Herstellung des Weges im Freiland verwendet würden, ausschließlich auf einer Reststoff- oder Massenabfalldeponie abgelagert werden könnten, weil die Ausgangsmaterialien mit polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) belastet sein würden. Der Amtssachverständige habe hier das von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegte Gutachten falsch zitiert und nicht berücksichtigt, dass diese polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffe lediglich in den Feinanteilen des Ausgangsmaterials beinhaltet gewesen seien. Für den Wegebau seien nur die aufbereiteten Baurestmassen (Grobfraktion) und nicht die Feinanteile verwendet worden. Die belangte Behörde habe somit die von den beschwerdeführenden Parteien vorgebrachten Tatsachen nicht berücksichtigt, sondern ausschließlich auf ein Gutachten des Amtssachverständigen verwiesen, welches nicht den Tatsachen entspreche.

Zudem beziehe sich die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung zur Frage, ob es sich bei den von den beschwerdeführenden Parteien durchgeführten Maßnahmen um eine baurechtlich zu bewilligende Tätigkeit handle, auf eine Stellungnahme des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung. In dieser Stellungnahme werde behauptet, dass es sich bei der Errichtung des verfahrensgegenständlichen Weges um ein Bauwerk im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes handeln würde, weil dieser Weg "befestigt" und deshalb errichtet worden sei, um ein Befahren mit Pkws und Lkws zu gewährleisten, sodass die Herstellung dieses Weges jedenfalls bautechnische Kenntnisse erforderlich machen würde.

Der bestehende Weg sei indessen durch Schüttung von aufbereiteten Baurestmassen hergestellt worden. Er sei nicht befestigt worden. Auch sei keine "Verbindung" mit dem Boden im Sinne der baurechtlichen Bestimmungen eingegangen worden. Dieses Vorbringen sei von der BH nicht berücksichtigt worden.

Trotz der Tatsache, dass die beschwerdeführenden Parteien stets darauf hingewiesen hätten, dass es sich bei der Wegherstellung um keine "Befestigung" eines Weges gehandelt habe, stütze sich die belangte Behörde auf einen nicht bestehenden Sachverhalt. Damit habe die belangte Behörde, die in ihrer rechtlichen Beurteilung ausschließlich auf diese, auf einer falschen Tatsachenfeststellung basierenden Aussagen Bezug genommen habe, falsche Tatsachenfeststellungen getroffen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, es werde in der Berufung der beschwerdeführenden Parteien behauptet, dass die BH zu Unrecht von einer Befestigung des Weges ausgegangen sei und die beschwerdeführenden Parteien stets darauf hingewiesen hätten, dass es sich eben um keine "Befestigung" des Weges gehandelt habe. Dem stünden allerdings Formulierungen im Antrag der beschwerdeführenden Parteien vom 20. November 2007 entgegen. In diesem werde wiederholt von einer Befestigung des Weges ausgegangen. Eine unrichtige Tatsachenfeststellung könne daher nicht erkannt werden. Damit fuße aber auch die Stellungnahme des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. Dezember 2009 nicht auf einer falschen Grundlage.

Zu der in der Berufung gerügten Tatsachenfeststellung der verwendeten Baurestmassen in Bezug auf das Abfallende sei festzuhalten, dass sich die Behörde erster Instanz auf das Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen beziehe, der seiner Beurteilung das von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegte Gutachten zur Feinfraktion der verwendeten Baurestmassen zu Grunde gelegt habe. Die Vorlage eines derartigen Gutachtens in einem Verfahren lasse den Schluss zu, dass diese Materialien auch beim antragsgegenständlichen Wegebauvorhaben Verwendung gefunden hätten; sonst wäre die Vorlage dieses Gutachtens im gegenständlichen Verfahren "vollkommen sinnlos".

Sollten die beschwerdeführenden Parteien der Ansicht sein, dass andere Qualitäten von Baurestmassen verwendet worden seien, wäre es an ihnen gelegen, eben darüber ein Gutachten vorzulegen.

Insoferne könne in der Verwendung des vorgelegten Gutachtens als Beurteilungsgrundlage für den beigezogenen Amtssachverständigen kein Verfahrensfehler erkannt werden. Es wäre an den beschwerdeführenden Parteien gelegen, ein fachkundig erstelltes Gutachten zu den verwendeten Baurestmassen und deren Eignung für das Wegebauprojekt vorzulegen. Auf Grund der Nichtvorlage dieses Gutachtens sei auf Grund der Aktenlage zu entscheiden gewesen.

Ebenso sei im Verfahren bisher kein Nachweis einer konkreten bautechnischen Funktion für die Baumaßnahme erbracht worden. Dies wäre auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - neben dem Nachweis der Unbedenklichkeit des verwendeten Materials - für das Vorliegen einer zulässigen Verwendung erforderlich gewesen. Auf Grund der größeren Nähe der beschwerdeführenden Parteien zum Beweis wäre dieser von diesen vorzulegen gewesen.

Wie dem ALSAG eindeutig und unmissverständlich zu entnehmen sei, unterliege nur eine Wiederverwendung von Abfällen in der Form von Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllten, nicht dem Altlastenbeitrag.

Auch diesbezüglich könne in den Feststellungen im in Berufung gezogenen Bescheid der BH keine Rechtswidrigkeit erkannt werden.

Es sei daher zusammenfassend festzuhalten, dass nur eine zulässige Verwendung von Abfällen zu einem Abfallende führen könne.

Aus dem engen Zusammenhang, den der Gesetzgeber zwischen Verfüllung/Anpassung und übergeordneter Baumaßnahme hergestellt habe, ergebe sich, dass die übergeordnete Baumaßnahme zur Verwertung/Verwendung des Abfalls gehöre. Für sie gelte daher auch, dass sie eine "zulässige" Verwendung/Verwertung sein müsse. Es müsse daher auch die übergeordnete Baumaßnahme mit der Rechtsordnung im Einklang stehen, wozu auch das Vorliegen allenfalls erforderlicher Bewilligungen, Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. gehöre. Ebenso wie bei der Verfüllung/Anpassung selbst könne dem Gesetzgeber auch bei der von ihm für die Beitragsbefreiung geforderten Einbettung der Verfüllung/Anpassung in eine übergeordnete Baumaßnahme nicht unterstellt werden, er habe die Verwendung oder Verwertung von Abfall für eine nicht der Rechtsordnung entsprechende übergeordnete Baumaßnahme durch Beitragsbefreiung privilegieren wollen.

Die Entscheidung der BH sei auch in dieser Hinsicht nicht rechtswidrig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1 Z 2 und 10 Abs. 1 Z 1 und 2 ALSAG lauten samt Überschriften wie folgt (§ 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996):

"Gegenstand des Beitrags

§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen:

...

2. das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das

Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (zB Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);

...

Feststellungsbescheid

     § 10. (1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten

Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden

Beitragsschuldners oder des Hauptzollamtes des Bundes durch

Bescheid festzustellen,

     1.        ob eine Sache Abfall ist,

     2.        ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,

     ..."

Bei der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 ALSAG ist jene Rechtslage anzuwenden, die zu dem Zeitpunkt gegolten hat, zu dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht worden war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2013, Zl. 2010/07/0238, mwN). Auch die belangte Behörde als Rechtsmittelbehörde trifft die Obliegenheit zur Anwendung jener Rechtslage, die zu dem Zeitpunkt galt, zu dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht worden war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2009, Zl. 2006/07/0103, mwN).

Unbestritten ist, dass die Wegerrichtung durch die Aufbringung (Schüttung) von Baurestmassen auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück in der KG M. im Zeitraum zwischen Oktober 2003 und Ende 2005 erfolgt ist.

Zutreffend unterstellte damit bereits die BH den vorliegenden Sachverhalt dem § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG in der Fassung der genannten Novelle, der mit 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist.

Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG für Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen, kann jedoch nur dann zum Tragen kommen, wenn es sich um eine zulässige Verwendung von Abfällen für diese Maßnahmen handelt. Zulässig ist eine Verwertung oder Verwendung nur dann, wenn die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden können. Eine Unzulässigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn die Verwendung oder Verwertung gegen Rechtsvorschriften verstößt oder wenn nicht alle hiefür erforderlichen Bewilligungen, und zwar sowohl für die Vornahme der Verfüllung als auch die übergeordnete Baumaßnahme, in dem für das Entstehen der Beitragsschuld maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (vgl. § 7 Abs. 1 ALSAG) vorgelegen sind. Darüber hinaus muss auch eine nach den Materiengesetzen allenfalls erforderliche Anzeigepflicht erfüllt sein, um von einer zulässigen Maßnahme sprechen zu können (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. November 2004, Zl. 2004/07/0156, und vom 6. Juli 2006, Zl. 2004/07/0141).

Die belangte Behörde gelangt im Ergebnis zu der Feststellung, dass die von den beschwerdeführenden Parteien eingesetzten Materialien für den angestrebten Zweck nicht unbedenklich verwendet werden könnten. Sie stützt sich dabei - wie schon die BH - auf das Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 17. August 2009. Dieser geht davon aus, dass die Ausgangsmaterialien mit polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffen belastet seien, die eine Beseitigung dieser Materialien auf einer Reststoff- oder Massenabfalldeponie erforderlich machen würden. Aus fachlicher Sicht gehe daher von den eingebauten Materialien "eine höhere Umweltbelastung aus als von einem vergleichbaren Primärrohstoff (Schotter, etc.)". Der Amtssachverständige stützte sich dabei auf das Kurzgutachten Nr. 03-1080 von DI Dr. Z. vom 12. Februar 2003.

Diesen Ausführungen sind die beschwerdeführenden Parteien schon in ihrer Stellungnahme vom 18. September 2009 entgegengetreten.

Aus dem Kurzgutachten Nr. 03-1080 von DI Dr. Z. vom 12. Februar 2003 geht indessen klar hervor, dass sich der Parameter der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) auf den Feinanteil des Bodenaushubes bezieht. Schon in ihrer Stellungnahme vom 18. September 2009 führten die beschwerdeführenden Parteien aus, dass dieser Feinanteil des Bodenaushubes niemals für die Errichtung des Weges verwendet worden sei.

Das Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 17. August 2009 beruht somit auf einer von den beschwerdeführenden Parteien in Zweifel gezogenen Prämisse.

Die belangte Behörde rechtfertigt die Heranziehung dieses Gutachtens jedoch mit der Behauptung, dass die beschwerdeführenden Parteien durch die Vorlage des Kurzgutachtens von DI Dr. Z. vom 12. Februar 2003 zu erkennen gegeben hätten, auch die Feinfraktion der Baurestmassen bei der Errichtung des Weges verwendet zu haben.

Ein solcher Schluss erweist sich jedoch als unzulässig.

In ihrem Zusatzantrag vom 4. Februar 2008 behaupteten die beschwerdeführenden Parteien vielmehr ausdrücklich, dass es sich bei dem für die Errichtung des Weges verwendeten Material um recyclierte, das heißt sortierte und zerkleinerte, Baurestmassen handle.

Das Kurzgutachten von DI Dr. Z., auf welches sich die belangte Behörde bezieht, ergibt zudem - wie die Beschwerde zutreffend ausführt - generell die Unbedenklichkeit der verwendeten Baurestmassen unabhängig vom Feinanteil. Im vierten Absatz des Gutachtens lautet es nämlich wie folgt:

"Hinsichtlich des Parameters PAK im Feinanteil des Bodenaushubs - PAK-Gehalt 35,0 mg/kg TS - ist auszuführen, dass der Volumensanteil dieser Fraktion am gesamten Bodenaushub - bei einem Anteil an Ziegeln von rund 90 %, wobei weitere Materialien wie Baustahl, Bewehrungsmatten, Betonstücke und -platten nicht volumsmäßig geschätzt wurden, - mit ca. 5 - 10 % angenommen werden kann. Unter der Annahme, dass Ziegelmaterial, Betonstücke u.d.g. nicht mit PAK kontaminiert sind, liegt der PAK-Gehalt hochgerechnet auf das gesamte Aushubmaterial in der Größenordnung des Grenzwertes (2,0 mg/kg TS)."

Die vorgelegten Akten ergeben somit, dass die belangte Behörde ihre Feststellungen auf ein Gutachten des abfalltechnischen Amtssachverständigen gestützt hat, welches seinerseits von falschen Prämissen ausgeht.

Angesichts dieser Umstände konnte die belangte Behörde ihre Feststellungen nicht aus der Aktenlage treffen.

Was die baurechtliche Bewilligungspflicht betrifft, so wurde diese von den beschwerdeführenden Parteien bestritten. Die belangte Behörde hat sich damit begnügt, unter Zugrundelegung der Stellungnahme des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. Dezember 2009 und ohne eigene Feststellungen die baurechtliche Bewilligungspflicht zu bejahen. Wenn sie im angefochtenen Bescheid darauf verweist, dass die beschwerdeführenden Parteien "wiederholt von einer Befestigung des Weges ausgegangen" wären, stützt sie sich lediglich auf eine Terminologie, die die beschwerdeführenden Parteien selbst verwendet haben. Dies ist aber keine ausreichende Feststellung des Sachverhaltes.

Es ist somit nicht geklärt, welche Maßnahmen im Einzelnen von den beschwerdeführenden Parteien bei gegenständlicher Wegerrichtung vorgenommen wurden. Dieser rechtserhebliche Sachverhalt wäre jedoch von den ALSAG-Behörden gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen zu ermitteln gewesen (vgl. das hg, Erkenntnis vom 26. April 2013, Zl. 2010/07/0152, mwN).

Somit ist im angefochtenen Bescheid zum einen nicht geklärt, ob es sich um eine zulässige Verwendung von Abfällen für die beschwerdegegenständlichen Maßnahmen handelt bzw. ob entsprechend des Zusatzantrages der beschwerdeführenden Parteien vom 4. Februar 2008 zum Zeitpunkt des Aufbringens des verfahrensgegenständlichen Materials auf die bestehende Straße überhaupt noch von Abfall ausgegangen werden kann.

Zum anderen wurden auch die vorgenommenen Maßnahmen nicht in einem mängelfreien Verfahren festgestellt, sodass eine Aussage über eine allfällige Bewilligungspflicht nach dem Steiermärkischen Baugesetz angesichts des mangelhaften Tatsachensubstrates nicht getroffen werden kann.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Mai 2014

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung VerfahrensmangelMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseBesondere RechtsgebieteVerfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2011070007.X00

Im RIS seit

03.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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