RS Vfgh 2014/6/13 G25/2014 ua

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Veröffentlicht am 13.06.2014
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Index

L0030 Bezüge, Bürgermeisterentschädigung

Norm

Oö Gemeinde-BezügeG 1998 §2 Abs4a Z3
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs3, Abs4

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit von Bestimmungen des Oö Gemeinde-BezügeG 1998 über die Minderung des Bürgermeisterbezuges auf das Ausmaß einer nebenberuflichen Funktionsausübung im Fall eines Anspruches auf einen Ruhebezug oder eine Pensionsleistung

Rechtssatz

Aufhebung der litb, litc, des Wortes "oder" in der litd sowie der Wortfolge "aus einer betrieblichen Pensionsvorsorge" in der lite des §2 Abs4a Z3 Oö Gemeinde-BezügeGz 1998 idF LGBl 11/2008 (OÖ GBG).

Zulässigkeit des amtswegigen Prüfungsverfahrens; Präjudizialität gegeben.

Die im Anlassfall B1463/2013 bescheiderlassende Behörde hat §2 Abs4a Z3 litb OÖ GBG ausdrücklich angewendet. Der VfGH geht aber davon aus, dass von der litb nur Ruhe- und Versorgungsansprüche öffentlich-rechtlicher Bediensteter, von der litc hingegen sonstige gesetzliche Pensionsansprüche erfasst werden und in der lite eine besondere Regelung für Ansprüche aus einer betrieblichen Pensionsvorsorge getroffen ist. Die Beschwerdeführerin bezog nach ihren Angaben eine "Witwenpension nach dem ASVG" und eine "Firmenpension ihres verstorbenen Mannes ...". Die Behörde hätte daher die litc (Anspruch aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung) und die lite (Anspruch aus einer betrieblichen Pensionsvorsorge) anwenden müssen. Das Wort "oder" in §2 Abs4a Z3 litd OÖ GBG ist präjudiziell, da dieses mit der lite in einem inhaltlichen untrennbaren Zusammenhang steht.

Zum einen ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, dass das Bestehen eines nicht einer Ruhensbestimmung unterliegenden Anspruches iSd §2 Abs4a Z3 litb, c und e OÖ GBG - dessen Ausmaß überwiegend nicht vom Empfänger der Leistung beeinflusst werden und auf den zum Teil auch nicht verzichtet werden kann - unabhängig von der Höhe bewirkt, dass nur der Bezug einer "nebenberuflichen Funktionsausübung" gebührt. Die fehlende Bezugnahme auf die Höhe des Anspruches kann nämlich zu dem unsachlichen Ergebnis führen, dass Personen, die ausschließlich die Funktion des Bürgermeisters ausüben, deren Bezug aber wegen des Anspruches auf eine Geldleistung iSv §2 Abs4a Z3 litb, c und e OÖ GBG um ca ein Drittel gemindert wird, insgesamt weniger Einkommen haben als Personen, die zur hauptberuflichen Ausübung der Bürgermeistertätigkeit berechtigt sind; dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass Leistungsempfänger iSd §2 Abs4a Z3 litb, c und e OÖ GBG - anders als Personen, die einen Beruf mit Erwerbsabsicht ausüben - vielfach keinen Einfluss auf die Höhe der in §2 Abs4a Z3 litb, c und e OÖ GBG genannten Geldleistungen haben.

Zum anderen erweist sich die Minderung des Bürgermeisterbezuges auf den Bezug einer "nebenberuflichen Funktionsausübung" in den Fällen des §2 Abs4a Z3 litb, c und e OÖ GBG mit Blick auf die Regelung in §2 Abs4b OÖ GBG als unsachlich: §2 Abs4b OÖ GBG enthält eine Anrechnungsregel für den Fall des Ruhens einer Geldleistung gemäß §2 Abs4a Z3 litb bis e OÖ GBG, wonach die durch eine Ruhensbestimmung verringerte Geldleistung in den Differenzbetrag zwischen haupt- und nebenberuflichem Bezug einzurechnen und der hauptberufliche Bezug entsprechend zu kürzen ist. Für Ansprüche auf - infolge von Ruhensbestimmungen - nur geringfügige Geldleistungen ist daher nicht die pauschale Minderung des Bürgermeisterbezuges um ca ein Drittel, sondern der Bezug eines "hauptberuflichen Bürgermeisters" unter Anrechnung der Geldleistung vorgesehen. Vor diesem Hintergrund ist es sachlich nicht zu rechtfertigen, wenn Ansprüche auf Geldleistungen iSv §2 Abs4a Z3 litb, c und e OÖ GBG - die für sich genommen auch nur geringfügige Beträge sein können - zwingend zur Reduktion des Bürgermeisterbezuges auf eine "nebenberufliche Funktionsausübung" führen.

Da die als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen ungeachtet ihrer zwischenzeitig erfolgten Novellierung (LGBl 64/2013) mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich weiterhin in Geltung stehen, ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH (siehe zB VfSlg 19343/2011 mwN) mit Aufhebung nach Abs3 des Art140 B-VG und nicht mit einem Ausspruch nach Abs4 dieser Verfassungsbestimmung vorzugehen.

(Anlassfälle B187/2013 und B1463/2013, beide E v 23.06.2014, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).

Entscheidungstexte

  • G25/2014 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.06.2014 G25/2014 ua

Schlagworte

Bürgermeister, Bezüge, Ruhegenuss, Pensionsversicherung, Pensionsvorsorge, Ruhensbestimmungen, VfGH / Präjudizialität, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:G25.2014

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2015
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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