RS Vfgh 2014/2/26 A11/2013

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Veröffentlicht am 26.02.2014
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Index

L2400 Gemeindebedienstete
L2001 Personalvertretung

Norm

B-VG Art21 Abs2
B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG-Nov BGBl 350/1981 ArtIII Abs1
ArbVG §33, §34, §73 Abs3
Tir Gemeinde-PersonalvertretungsG §37
Innsbrucker GemeindebeamtenG 1970 §55 lita
Tir LandesbeamtenG 1998 §2 litc
GehG 1956 §13b Abs1

Leitsatz

Stattgabe der Klage des in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur beklagten Gemeinde Innsbruck stehenden, der Innsbrucker Kommunalbetriebe-AG zur Dienstleistung zugewiesenen Klägers auf Auszahlung der vom Monatsbezug einbehaltenen Betriebsratsumlage; Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für eine Einbehaltung; keine Anwendbarkeit des ArbVG angesichts des vom Tiroler Landesgesetzgeber erlassenen Gemeinde-Personalvertretungsgesetzes; keine Verjährung des Anspruches

Rechtssatz

Zulässigkeit der Klage.

Dem Kläger gebührt auf Grund seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zur beklagten Partei ein Bezug, der hinsichtlich seiner Höhe ziffernmäßig feststeht. Von diesem Bezug hält die beklagte Partei einen Teil als Betriebsratsumlage ein. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Ausbezahlung dieser Beträge (und nicht etwa die Entscheidung über die Gebührlichkeit des besoldungsrechtlichen Anspruches). Der Anspruch auf Ausbezahlung der Bezüge ist öffentlich-rechtlicher Natur, über ihn ist nicht im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden. Der klagsweise geltend gemachte Anspruch ist aber auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen, weil keine gesetzliche Bestimmung besteht, die in solchen Fällen eine Verwaltungsbehörde zur Entscheidung beruft.

Stattgabe der Klage.

Die Einbehaltung (von Teilen) öffentlich-rechtlicher Bezüge ist nur zulässig, wenn es hiefür eine gesetzliche Grundlage gibt. Entgegen der Ansicht der beklagten Partei kann §73 Abs3 ArbVG im vorliegenden Fall nicht als solche gesetzliche Grundlage dienen: Gemäß Art21 B-VG fällt nämlich die Gesetzgebung in Angelegenheiten der Personalvertretung der Bediensteten der Gemeinden (Gemeindeverbände), und zwar auch jener, die - wie der Kläger - in Betrieben tätig sind, in die Zuständigkeit der Länder. Eine Anwendbarkeit der Bestimmungen des II. Teiles des ArbVG auf Bedienstete der Gemeinden (Gemeindeverbände) kommt nur nach Maßgabe des ArtIII Abs1 BGBl 350/1981 in Frage, also dann, wenn noch keine vom betreffenden Land erlassene Regelung dieser Angelegenheiten in Kraft getreten ist. In allen anderen Fällen - wie dem hier vorliegenden, in dem das vom betreffenden (Tiroler) Landesgesetzgeber erlassene Gemeinde-Personalvertretungsgesetz in Kraft steht - scheidet eine Anwendung der Bestimmungen des II. Teiles des ArbVG als Folge einer verfassungskonformen Auslegung des §33 ArbVG aus.

Die beklagte Partei kann sich aber auch nicht mit Erfolg auf ein - behaupteterweise - "wenigstens partielles" Dienstverhältnis des Klägers zur Innsbrucker Kommunalbetriebe-AG (IKB-AG) stützen, da sie insoweit, sollte ein solches Dienstverhältnis tatsächlich begründet worden sein, nicht als Arbeitgeberin iSd §73 Abs3 ArbVG anzusehen wäre. Die Einbehaltung der Betriebsratsumlage durch die beklagte Partei erfolgte daher ohne gesetzliche Grundlage und war folglich rechtswidrig.

Der VfGH hat dem Postulat eines einheitlichen Personalvertretungsrechts für Bedienstete der Gemeinden (Gemeindeverbände) den Vorrang vor dem bis dahin maßgebenden Grundsatz der Einheitlichkeit des Betriebsverfassungsrechts gegeben. Die - nach den Gesetzesmaterialien unzweifelhafte - Funktion des Art21 Abs2 B-VG besteht darin, unter Vermeidung von Überschneidungen die Bund und Ländern auf dem Gebiet des Personalvertretungsrechts je zukommenden Gesetzgebungskompetenzen klar abzugrenzen (VfSlg 16733/2002). Im Übrigen schließt das bundesstaatliche Prinzip die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis der Regelungen verschiedener (Landes- oder Bundes-)Gesetzgeber zueinander aus.

Der Anspruch ist auch nicht verjährt; Hinweis auf §55 lita Innsbrucker GemeindebeamtenG iVm §2 litc Tir LandesbeamtenG 1998 iVm §13b Abs1 GehG 1956; dreijährige Verjährungsfrist bei Monatsbezügen ab Entstehung des Anspruches.

Der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der betreffenden Monatsbezüge entstand jeweils zum Monatsersten, im vorliegenden Fall also am 01.05.2010 bzw später. Der Kläger hat den Anspruch am 09.04.2013 gegenüber der beklagten Partei geltend gemacht; seit diesem Tag ist die Verjährung des Anspruches gehemmt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Klagen, Gemeindebedienstete, Personalvertretung, Arbeitsverfassung, Geltungsbereich Anwendbarkeit, Kompetenz Bund - Länder, Auslegung verfassungskonforme, Bundesstaatsprinzip, Dienstrecht, Bezüge, Verjährung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:A11.2013

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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