TE Vwgh Erkenntnis 2013/12/17 2013/09/0180

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Veröffentlicht am 17.12.2013
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §879;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der 1. A und 2. D GmbH, beide in W, beide vertreten durch Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Stephansplatz 10/5.2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Oktober 2013, Zl. UVS- 07/A/37/14827/2012-11, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Erstbeschwerdeführerin - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der zweitbeschwerdeführenden GmbH mit Sitz in W zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin von 21. September 2011 bis 14. August 2012 im Betrieb ihres Gastgewerbes in W den näher bezeichneten chinesischen Staatsangehörigen Y (als Koch) beschäftigt habe, obwohl für diesen keine der näher angeführten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vorgelegen seien. Die Erstbeschwerdeführerin habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen und vier Stunden) verhängt. Ferner wurde ausgesprochen, dass die zweitbeschwerdeführende Partei für die mit diesem Bescheid über die zur Vertretung nach außen berufene Erstbeschwerdeführerin verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, es sei aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzunehmen, dass die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft (in Folge: GmbH) den chinesischen Staatsangehörigen Y im spruchgegenständlichen Zeitraum in ihrem Betrieb in W ohne Vorliegen der hiefür erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen beschäftigt habe. Bei der - laut Anzeige des Finanzamtes W vom 28. August 2012 - am 14. August 2012 gegen 21.58 Uhr im Chinalokal C durchgeführten Kontrolle seien insgesamt sechs Dienstnehmer im Lokal angetroffen worden, wobei lediglich Y keinerlei arbeitsmarktbehördliche Bewilligung aufgewiesen habe. Er sei in der Küche als Koch angetroffen worden, habe schwarze Schuhe, Jeans und ein braunschwarzes T-Shirt getragen. Eine noch vor Ort durchgeführte Sozialversicherungsabfrage habe ergeben, dass er laufend seit 21. September 2011 bei der GmbH als geringfügig beschäftigter Arbeiter angemeldet gewesen sei.

In rechtlicher Hinsicht gab die belangte Behörde zum Berufungseinwand der beschwerdeführenden Parteien, wonach das AuslBG nicht auf Ausländer anzuwenden sei, die lediglich geringfügig beschäftigt seien, zunächst auszugsweise die maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen wieder und hob hervor, dass weder § 1 Abs. 2 AuslBG, der in seinen lit. a bis lit. m jene Personenkreise festlege, auf die das AuslBG nicht anzuwenden sei, noch die aufgrund von Abs. 4 dieser Bestimmung erlassene Ausländerbeschäftigungsverordnung Ausnahmen enthielten, wonach nach dem ASVG bloß geringfügig beschäftigte ausländische Arbeitskräfte von der Anwendung des AuslBG ausgenommen wären. Auch in den in § 3 Abs. 4 und 5 leg. cit. geregelten Ausnahmen, unter denen Ausländer ohne eine (in Abs. 1 dieser Bestimmung aufgezählte) Beschäftigungsbewilligung beschäftigt werden dürfen, werde eine nach dem ASVG bloß geringfügige Beschäftigung nicht erwähnt. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 AuslBG sei einem Arbeitgeber auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und die Gewähr gegeben erscheine, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhalte. Abs. 7 dieser Bestimmung regle unter anderem, dass die Arbeitsmarktprüfung bei Schülern und Studierenden für eine Beschäftigung, die 10 Wochenstunden und nach Abschluss des ersten Studienabschnittes eines Diplomstudiums bzw. nach Abschluss eines Bachelorstudiums 20 Wochenstunden nicht überschreite, zu entfallen habe.

Das gesamte AuslBG sehe - so die belangte Behörde weiter - somit keine Bestimmung vor, die die Rechtsansicht der beschwerdeführenden Parteien, geringfügig beschäftigte Personen würden nicht der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterliegen, zu stützen vermöge; insbesondere § 4 Abs. 7 Z. 2 AuslBG widerspreche deren Ansicht, da für lediglich geringfügig beschäftigte ausländische Studenten sehr wohl eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei, jedoch bei der Erteilung der Bewilligung - wohl aufgrund der spezifischen Situation von Studenten und Studentinnen - die Arbeitsmarktprüfung (die sogenannte Ersatzkraftstellung) nicht durchzuführen sei. Diese Bestimmung lasse jedoch eindeutig erkennen, dass auch für geringfügig Beschäftigte eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei. Auch die langjährige Judikatur der Höchstgerichte und der Unabhängigen Verwaltungssenate zur Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gehe davon aus, dass auch aushilfsweise, gelegentliche bzw. auch insbesondere kurzfristige Tätigkeiten - die dann wohl auch nur einer geringfügigen Sozialversicherungsmeldung unterliegen würden - von der Bewilligungspflicht des AuslBG erfasst seien (siehe dazu jüngst etwa VwGH vom 30. Mai 2011, Zl. 2008/09/0250 unter Hinweis auf VwGH vom 15. Dezember 2004, Zl. 2002/09/0070 u.v.a.). Die Rechtsmeinung der beschwerdeführenden Parteien finde somit weder Deckung in den gesetzlichen Normen noch in der dazu ergangenen Judikatur. Vielmehr hätte die GmbH Y nicht nur zur Sozialversicherung anzumelden gehabt, sondern ihn auch erst nach Vorliegen einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung beschäftigen dürfen.

Unter Zugrundelegung dessen kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Erstbeschwerdeführerin die inkriminierte Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht erfüllt habe (wobei sie von einem Verschulden in Form fahrlässigen Verhaltens ausging) und legte ihre Strafbemessungsgründe dar (worin der Umstand, dass während des Tatzeitraumes eine Bestrafung der Erstbeschwerdeführerin wegen der nach dem AuslBG unbewilligten Beschäftigung des Y im Jahr 2010 in Rechtskraft erwachsen ist, als erschwerend bzw. die vor Beschäftigungsaufnahme erfolgte Meldung zur Sozialversicherung als mildernd gewertet wurden).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass Y im spruchgegenständlichen Zeitraum im Betrieb der zweitbeschwerdeführenden Partei ohne Vorliegen einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung tätig und als geringfügig Beschäftigter sozialversicherungsrechtlich gemeldet war.

Soweit die Beschwerde - in Wiederholung ihres bisherigen Rechtsstandpunktes - im Wesentlichen einwendet, dass die Tätigkeit von Y aufgrund des geringen Beschäftigungsausmaßes (von nicht mehr als zehn Stunden pro Woche) nicht der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterlegen sei, ist zu erwidern, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt ist, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Vor diesem Hintergrund begegnet es daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde den inkriminierten Tatbestand angesichts der unstrittigen Beschäftigung des Y ohne Vorliegen einer erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung als erfüllt sieht.

Es erübrigten sich damit auch weitere Ermittlungen bzw. Feststellungen zum Ausmaß des Beschäftigungsverhältnisses, sodass auch die im Weiteren erhobene Verfahrensrüge hinsichtlich eines dazu ergänzungsbedürftigen Sachverhaltes ins Leere geht.

Wenn die beschwerdeführenden Parteien überdies eine Verletzung des rechtlichen Gehörs monieren, so vermögen sie mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen ("andernfalls hätten diese … darlegen können, dass (Y) als geringfügig beschäftigter Arbeiter nur unfallversichert beschäftigt war" bzw. es hätte deren (Anm.: zur Berufungsverhandlung verspätet erschienene) ausgewiesene Vertreterin bei einer ausreichend langen Verhandlung das Ausmaß der Beschäftigung von Y "darlegen und zudem die richtige Interpretation des Begriffes 'Beschäftigung von Ausländern' gemäß § 1 Abs. 1 AuslBG erläutern können") keine Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers für den Ausgang des Verfahrens darzutun.

Gegen die Strafbemessung wurde von Beschwerdeführerseite nichts vorgebracht; beim Verwaltungsgerichtshof sind keine Bedenken bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit entstanden

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Von der von den beschwerdeführenden Parteien beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2011, Zl. 2011/09/0024).

Wien, am 17. Dezember 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2013090180.X00

Im RIS seit

24.01.2014

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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