TE Vfgh Erkenntnis 2013/12/10 G46/2013

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Veröffentlicht am 10.12.2013
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Index

L0015 LVerwaltungsgericht, unabhängiger Verwaltungssenat

Norm

B-VG Art87 Abs2
B-VG Art134 Abs7, Art135 Abs2, Art135a
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art150 Abs2, Art151 Abs51
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
Wr Stadtverfassung §131a
VfGG §62 Abs1
Wr VerwaltungsgerichtsG (Gesetz über das Verwaltungsgericht Wien - VGWG, LGBl 83/2012) §10, §11, §14 Abs1, Abs5, §19, §25, §26, §31
VwGVG §54

Leitsatz

Teilweise Zulässigkeit eines Drittelantrags von Mitgliedern des Wiener Landtags auf Aufhebung von Bestimmungen des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien; Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über die Zusammensetzung des Geschäftsverteilungsausschusses, die provisorische Geltung der Geschäftsverteilung im Dirimierungsfall und die obligatorische Neuwahl des Geschäftsverteilungsausschusses wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der festen Geschäftsverteilung und wegen Unvereinbarkeit mit der richterlichen Unabhängigkeit; Abweisung des Gesetzesprüfungsantrags hinsichtlich der Bestimmungen betreffend Vorschläge der Revisionsstelle, die Übertragung bestimmter Verfahren an Rechtspfleger und die Ernennung von Mitgliedern des UVS zu Mitgliedern des Verwaltungsgerichts Wien; im Übrigen Zurückweisung des Antrags

Spruch

I. 1. §14 Abs1 sowie die Wortfolge "Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der bzw. des Vorsitzenden den Ausschlag. Diesfalls gilt die Geschäftsverteilung als provisorisch erlassen. Die Präsidentin bzw. der Präsident ist jedoch verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach der betreffenden Abstimmung die Wahl der Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses neu auszuschreiben. Die Neuwahl ist binnen weiterer drei Wochen nach den Bestimmungen des §15 vorzunehmen. Der neu zusammengesetzte Geschäftsverteilungsausschuss hat sodann neuerlich über die Geschäftsverteilung zu beraten und eine solche zu beschließen." in §14 Abs5 des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien (VGWG), LGBl für Wien Nr 83/2012, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung des §14 Abs1 VGWG tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2014 in Kraft.

3. Der Landeshauptmann von Wien ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Wien verpflichtet.

II. Der Antrag wird abgewiesen, soweit er sich gegen §11 Abs2 Z2, §26 und §31 Abs2 litb und Abs3 des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien (VGWG), LGBl für Wien Nr 83/2012, richtet.

III. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit dem vorliegenden, auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehren 38 Mitglieder des Wiener Landtages (in der Folge: die Antragsteller) die Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien (VGWG), LGBl 83/2012.

1.1. Wörtlich beantragen die Antragsteller Folgendes:

"A. Die Antragsteller stellen […] den Antrag, folgende Wortfolgen aus den Bestimmungen de[s] §14 Abs1 und Abs5 VGWG, kundgemacht im Wiener LGBl 83/2012, und zwar

1. aus §14 Abs1, erster Satz das Wort 'zwei' und

2. aus §14 Abs5 die Wortfolge 'Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der bzw. des Vorsitzenden den Ausschlag. Diesfalls gilt die Geschäftsverteilung als provisorisch erlassen. Die Präsidentin bzw. der Präsident ist jedoch verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach der betreffenden Abstimmung die Wahl der Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses neu auszuschreiben. Die Neuwahl ist binnen weiterer drei Wochen nach den Bestimmungen des §15 vorzunehmen. Der neu zusammengesetzte Geschäftsverteilungsausschuss hat sodann neuerlich über die Geschäftsverteilung zu beraten und eine solche zu beschließen.'[,]

hilfsweise den gesamten Wortlaut der Bestimmungen der Abs1 und Abs5 des §14 VGWG, jeweils wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

B. Überdies wird beantragt folgende Wortlaute aus den Bestimmungen der §10 Abs2 Z4, §11 Abs2 Z2 und §31 Abs2 lit b VGWG, kundgemacht im Wiener LGBl 83/2012, aufzuheben, und zwar

1. aus §10 Abs2 Z4 die Wortfolge 'oder durch die Landesregierung zu besorgen sind',

2. aus §11 Abs2 die Wortfolge der Z2 'Vorschläge, wie die Aufgabenerfüllung des Verwaltungsgerichtes Wien zweckentsprechender gestaltet werden könnte, an die Präsidentin bzw. den Präsidenten zu erstatten.'[,]

3. aus §31 Abs2 lit b die Wortfolge 'Bei der Beurteilung der fachlichen Eignung sind auch die Beschlüsse und Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, die zu Entscheidungen des jeweiligen Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ergangen sind, zu berücksichtigen.' [und]

4. aus §31 Abs3 die Wortfolge 'bis 30. Juni 2013'[,]

hilfsweise den gesamten Wortlaut der Bestimmungen der §§10, 11 und 31 VGWG, jeweils wegen Verfassungswidrigkeit.

C. Weiters wird beantragt den gesamten Wortlaut des §19 VGWG wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

E. Schließlich wird beantragt aus §25 Abs1 VGWG, kundgemacht im Wiener LGBl 83/2012,

[1]. die Wortfolge der Ziffer 1: 'die Zurückweisung einer Beschwerde wegen Verspätung sowie wegen Nichtbehebung von Mängeln,'[,]

[2]. die Wortfolge der Ziffer 2: 'die Ausschreibung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,'[,]

[3]. die Wortfolge der Ziffer 3: 'die Gewährung von Parteiengehör, insbesondere im Wege der Akteneinsicht,'[,]

[4]. die Wortfolge der Ziffer 4: 'die Ausstellung von Ladungen,'[,]

[5]. die Wortfolge der Ziffer 5: 'die Entscheidung über Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, sofern die Entscheidung darüber nicht gesetzlich der Einzelrichterin bzw. dem Einzelrichtervorbehalten ist,' und

[6]. die Wortfolge der Ziffer 11: 'die Einstellung des Verfahrens und'

sowie den gesamten Wortlaut des §26 VGWG[,] kundgemacht im Wiener LGBl 83/2012, wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

D. Des Weiteren wird der Ersatz der Kosten beantragt, wobei im Sinne des §27 letzter Satz VfGG der Zuspruch für alle regelmäßig anfallenden Kosten zzgl. USt begehrt wird."

1.2. Begründend führen die Antragsteller Folgendes aus:

"IV. Darlegung der Bedenken gegen §14 VGWG:

B. Verstoß gegen Art6 EMRK:

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 19.556/2011) soll der Grundsatz der festen Geschäftsverteilung die Unabhängigkeit der davon betroffenen staatlichen Organe stärken. Es ist daher ohne jeden Zweifel, dass dieses Prinzip durch Art135 Abs2 B-VG auch für die Verwaltungsgerichte normiert wird.

Dieser sich ebenso aus Art87 Abs3 B-VG ergebende Grundsatz besagt, dass die Angelegenheiten unter Richtern eines Gerichtes für eine bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen sind. Hierdurch soll jeder Einfluss auf die Sachentscheidung über die Auswahl der Organwalter für Einzelfälle ausgeschalten werden.

Ohne feste Geschäftsverteilung können die Anforderungen an eine unabhängige Rechtsprechung nicht erfüllt werden, weil nicht sichergestellt werden könnte, dass kein (Verwaltungs-)Organ darauf Einfluss nehmen kann, dass eine bestimmte Person eine bestimmte Rechtssache entscheidet.

[…]

[Es ist] nur mit einer festen Geschäftsverteilung möglich, die von Art6 EMRK geforderte Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien zu ermöglichen und zu gewährleisten.

[…]

Da […] bereits der bloße äußere Anschein der Parteilichkeit bzw. Abhängigkeit des Gerichtes genügt, um Art6 EMRK zu [verletzen], ist auch bei Vollziehung der Bestimmung, die eine feste Geschäftsverteilung anordnet, darauf zu achten, dass ein eben solcher Anschein nicht entsteht.

Die angefochtene Regelung verfolgt jedoch augenscheinlich keinen anderen Zweck, als den Einfluss der von der Landesverwaltung eingesetzten Amtsmitglieder (Präsident und Vizepräsident) so weit zu stärken, dass diesen die alleinige Entscheidung der Zuteilung der Geschäfte auf bestimmte Richter und Rechtspfleger zukommt.

Der Anschein der Abhängigkeit muss daher schon alleine dadurch entstehen, [dass] die beiden Amtsmitglieder durch das Dirimierungsrecht des/der Präsident[ln] und der bevorzugten Stellung im Falle der Stimmengleichheit (näheres siehe Punkt IV. D.) eine weit stärkere Position im Geschäftsverteilungsausschuss genießen als die beiden gewählten Mitglieder. Sollten die beiden gewählten Mitglieder bei einer Abstimmung anderer Meinung sein als die Amtsmitglieder, können diese durch das Dirimierungsrecht die Geschäftsverteilung in ihrem Sinne – wenn auch anscheinend nur provisorisch – erlassen und sich darüber hinaus der gewählten Mitglieder durch eine so herbeigeführte Neuwahl gänzlich entledigen.

Sollte es nach der Neuwahl der gewählten Mitglieder zu derselben Situation kommen, könnten sich die Amtsmitglieder 'immer auf's Neue' durch das Dirimierungsrecht durchsetzen, wodurch die 'provisorische' Geschäftsverteilung weiterhin in Geltung bliebe und erneut neu gewählt werden müsste.

§14 Abs5 [VGWG] ermöglicht eine Endlosschleife, wodurch die 'provisorische' Geschäftsverteilung am Schluss die Endversion bleibt und zwar ohne einen vorgegebenen Geltungszeitraum, wie es der Grundsatz der festen Geschäftsverteilung fordern würde.

Zudem zeigt das dargestellte Szenario sehr deutlich, dass die Geschäftsverteilung tatsächlich lediglich den Amtsmitgliedern und nicht einem die Vollversammlung repräsentierenden Ausschuss obliegt.

Die Bestimmung widerspricht daher Art6 EMRK und ist somit verfassungswidrig.

C. Verstoß gegen Art135 Abs2 B-VG idF der Verwaltungsgerichtshofs-Novelle 2012 (BGBl I 51/2012) [gemeint wohl: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012]:

Das unter Punkt IV. A. erörterte Recht des einfachen Gesetzgebers, die Geschäftsverteilung nicht von der Vollversammlung, sondern von einem aus ihrer Mitte gewählten Ausschuss beschließen zu lassen, wurde ihm nach Art135 Abs2 B-VG ausschließlich aus Gründen der Verfahrensökonomie und der leichteren Handhabungsmöglichkeit der Aufgaben der Geschäftsverteilung eingeräumt, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass die Vollversammlung aller Richter eines Gerichtes ab einer gewissen Größe als Gremium für die Diskussion und Beschlussfassung einer Geschäftsverteilung bzw. zur Durchführung allfälliger Änderung[en] zu schwerfällig sein kann.

Die verfassungsrechtliche Vorgabe – der Ausschuss ist durch die Vollversammlung aus ihrer Mitte zu wählen – kann daher nicht anders verstanden werden, als dass die Geschäftsverteilung durch einen aus der Mitte der Mitglieder gewählten Ausschuss zu erlassen ist und dieser Ausschuss in seiner Zusammensetzung die Vollversammlung repräsentieren muss.

Die Anzahl der Wahlmitglieder muss daher zwingend größer sein als die Anzahl der Amtsmitglieder, da nur so der Willensbildungsprozess der Vollversammlung im Ausschuss repräsentativ abgebildet und sichergestellt werden kann, dass die Beschlussfassung tatsächlich dem Willen der Mehrheit im Geschäftsverteilungsausschuss und damit der repräsentierten Vollversammlung entspricht. Dadurch könnten auch die unter Punkt IV. B. erörterten Bedenken sehr einfach ausgeräumt werden.

Dass der Geschäftsverteilungsausschuss gemäß §14 Abs1 VGWG aus zwei 'Amtsmitgliedern' (PräsidentIn und Vizepräsiden[t]In) und nur zwei 'gewählten Mitgliedern' besteht, ist auch insofern bedenklich, als […] die Amtsmitglieder im Zusammenhang mit dem nach §14 Abs5 VGWG eingeräumten Dirimierungsrecht die Möglichkeit haben, die gewählten Mitglieder zu übergehen, sodass auf Dauer ausschließlich die nicht gewählten Mitglieder des Ausschusses über die Geschäftsverteilung bestimmen können (siehe Punkt IV. B.) und die Willensbildung durch die Vollversammlung de facto ausgeschlossen wird.

Art135 Abs2 B-VG wird in allen übrigen Landes-Verwaltungsgerichtsgeset[z]en (zB §10 Tiroler Landesverwaltungsgerichtsgesetz; §7 Abs1 Oö. LVwG-G; §11 Abs1 Salzburger LVwGG) und in den Bundesgesetzen zur Errichtung des Bundesverwaltungsgerichts und [des] Bundesfinanzgerichtes (§11 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz [BVwGG] und §9 Bundesfinanzgerichtsgesetz [BFGG]) so umgesetzt, dass die Anzahl der gewählten Mitglieder höher ist als jene der Amtsmitglieder. Auch im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit findet sich keine mit §14 Abs1 [VGWG] vergleichbare Regelung (z.B. §35 Abs2 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz).

Angesichts der eben geschilderten Intention des Art135 Abs2 B-VG (idF der Verwaltungsgerichts[barkeits]-Novelle 2012, BGBl I 51/2012) dürfen auch keine Bestimmungen vorgesehen werden, die es den Amtsmitgliedern des Ausschusses ermöglichen, alleine eine Geschäftsverteilung zu erlassen.

Die Bestimmung widerspricht daher Art135 Abs2 B-VG idF der Verwaltungsgerichts[barkeits]-Novelle 2012 (BGBl [I] 51/2012) und ist auch deshalb verfassungswidrig.

D. Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot:

Gemäß §14 Abs5 VGWG entscheidet der Geschäftsverteilungsausschuss mit einfacher Mehrheit bei Anwesenheit aller seiner Mitglieder, wobei eine Stimmenthaltung für unzulässig erklärt wird. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der bzw. des Vorsitzenden den Ausschlag. Den Vorsitz führt gemäß §14 Abs3 VGWG die Präsidentin bzw. der Präsident des Verwaltungsgericht[es].

Verfassungswidrig erscheinen in diesem Zusammenhang die Rechtsfolgen, die ein durch Ausübung dieses Dirimierungsrechts zustande gekommener Beschluss nach sich zieht.

a) In einem solchen Fall ist die Präsidentin/der Präsident nämlich verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach der betreffenden Abstimmung die Wahl der Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses neu auszuschreiben, was zu einer Neuwahl der zwei zu wählenden Mitglieder binnen weiterer drei Wochen führt. Dadurch verlieren die beiden gewählten Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses ihre Funktion, sofern sie nicht von der Vollversammlung neuerlich gewählt werden. Diese Rechtsfolge einer Entscheidung mit Stimmengleichheit tritt insbesondere auch dann ein, wenn die beiden gewählten Mitglieder bei der Abstimmung anderer Meinung sind als die beiden Amtsmitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses.

Für eine derartige Neuwahl der Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses im Fall der Stimmengleichheit findet sich entgegen dem aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz erfließenden, auch den Gesetzgeber bindenden Sachlichkeitsgebot (jüngst VfGH B121/11), keine sachliche Rechtfertigung.

Ein sachliches Kriterium fehlt insbesondere deshalb, weil im Geschäftsverteilungsausschuss keinesfalls die Entscheidungsfähigkeit fehlt. Zum einen wurde eben für den Fall der Stimmengleichheit das Dirimierungsrecht des/der Präsident[ln] normiert[,] um sicher zu stellen, dass der Geschäftsverteilungsausschuss immer zu einem Ergebnis gelangt. Zum anderen garantiert auch eine Neuwahl der gewählten Mitglieder nicht, dass es bei einer neuerlichen Abstimmung über die Geschäftsordnung nicht erneut zu einer Stimmengleichheit und dadurch zur Ausübung des Dirimierungsrechts und der Pflicht zur Neuwahl kommt. Was wiederum in einer Endlosschleife enden könnte (siehe IV. B.).

[…]

Es handelt sich um eine sachlich nicht gerechtfertigte Regelung, die die gewählten Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses vielmehr unter Druck bringen kann und unter Umständen ihr Abstimmungsverhalten beeinflusst. Deutlich wird dies vor allem in Konstellationen, in denen beide Amtsmitglieder anderer Auffassung sind als die gewählten Mitglieder. In diesem Fall müssten die beiden gewählten Mitglieder befürchten, dass sie ihre Funktion als Mitglied des Geschäftsverteilungsausschusses verlieren, wenn sich nicht zumindest eines der Mitglieder der Meinung der beiden Amtsmitglieder anschließt. Zusätzlich geraten sie bei ihrer Entscheidungsfindung dadurch unter Druck, dass sie aufgrund des Dirimierungsrechts der Präsidentin/des Präsidenten mit ihren Gegenstimmen nicht verhindern können, dass die Geschäftsverteilung zumindest als provisorisch erlassen gilt.

Aus den angeführten Gründen verstößt §14 Abs5 VGWG gegen das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes und ist daher verfassungswidrig.

b) Die zweite verfassungsrechtlich äußerst zweifelhafte Rechtsfolge ist, dass die Geschäftsverteilung bei Stimmengleichheit und Ausübung des Dirimierungsrechts als provisorisch erlassen gilt.

Dies obwohl nach Art135 Abs2 B-VG die Geschäftsverteilung eines Verwaltungsgerichtes für einen bestimmten, vom Gesetzgeber konkretisierten Zeitraum Geltung beanspruchen muss. Angesichts dessen[…] kann die Geltung einer Geschäftsverteilung als Provisorium 'bis auf Weiteres' wohl unmöglich zulässig sein.

Unabhängig davon und davon, dass die in diesem Zusammenhang entstehende 'provisorische Geschäftsverteilung' im Ergebnis eine – ohne den Willen der Mehrheit – dauerhafte Erlassung sein kann (siehe IV. B.) und eine solche 'provisorische' Geltung von Rechtsnormen der österreichischen Rechtsordnung fremd ist, ermöglicht es diese Bestimmung ohne sachliche Rechtfertigung eine einmal (provisorisch) beschlossene Geschäftsverteilung innerhalb des für die fixe Geschäftsverteilung vorgesehenen Geltungszeitraumes von einem Kalenderjahr (§18 VGWG) neuerlich, ja sogar mehrmals, zu ändern.

Die Geschäftsverteilung kann durch die in Punkt IV. B. geschilderte Möglichkeit der dauernden Wiederholung der Abstimmung, weil sich für eine Geschäftsverteilung keine Mehrheit findet und daher immer erneut vom Dirimierungsrecht Gebrauch gemacht wird und Neuwahlen und dadurch auch Neuberatungen stattfinden, nämlich so oft geändert werden, bis zu guter letzt eine Stimmenmehrheit erlangt wird und eine erneute Abstimmung/Festlegung erst vor Ablauf des Kalenderjahres wieder stattfindet.

Dieser dauernden Änderungsmöglichkeit fehlt schon insbesondere deshalb die sachliche Rechtfertigung, weil auch hier wie unter Punkt IV. D. a) dem ungewünschten Ergebnis der Stimmengleichheit ganz einfach dadurch entgegengewirkt werden könnte, indem man eine ungerade Zahl von Mitgliedern des Geschäftsverteilungsausschusses normieren würde.

Auch aus diesem Grund verstößt §14 Abs5 VGWG gegen das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes und ist daher verfassungswidrig.

c) Zudem wäre hier noch zu bedenken, dass der EGMR in seiner Entscheidung Moiseyev vs. Russland (Appl Nr 62.936/00 Rz 174ff) ausgesprochen hat, dass die wiederholte Umbesetzung des Spruchkörpers Art6 EMRK (Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Gerichtes) verletzt. Objektiv begründete Zweifel an der Unparteilichkeit eines Richters können daher schon dann bestehen, wenn der zuständige Richter in einem angreifbaren Verfahren bestimmt wurde. Nach dem EGMR kann die begründungslose Auswechslung von Richtern willkürlich sein und gegen Art6 EMRK verstoßen.

Nichts anderes wäre zu erwarten, wenn wie eben geschildert die nach §14 Abs5 VGWG provisorisch erlassene Geschäftsverteilung jederzeit (nach den Neuwahlen) und endlos oft (solange keine Mehrheit erzielt wird) geändert werden kann.

Aus diesem Grund verstößt §14 Abs5 VGWG gegen Art6 EMRK und ist daher verfassungswidrig.

V. Weitere Bedenken wegen Verfassungswidrigkeiten der §§10, 11, 19 und 31 VGWG im Lichte der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichtes:

A. Allgemeines:

Wie bereits unter Punkt IV.[…] B. erörtert, darf nach Art6 EMRK nur ein unparteiisches, unabhängiges und auf dem Gesetz beruhendes Tribunal über 'civil [rights]' entscheiden, wobei zwanglos davon auszugehen ist, dass die Verfahrensgegenstände des Verwaltungsgerichtes 'civil rights' umfassen.

Um den Anforderungen des Art6 EMRK zu genügen, darf an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Mitglieder einer derartigen Behörde kein berechtigter Zweifel entstehen, wobei nicht nur allfällige tatsächliche Befangenheit bedeutend ist, sondern bereits der äußere Anschein der Parteilichkeit genügt […].

Demnach kann der Spruchkörper nicht als ein unabhängiges Tribunal iSd Art6 EMRK angesehen werden, wenn die Parteien eines Verfahrens den Eindruck haben müssen, einem nicht wirklich unabhängigen richterlichen Organ gegenüber zu stehen […]. Daher ist die Tribunalqualität schon dann zu verneinen, wenn eine Partei auf Grund der Umstände des Einzelfalles objektiv berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit (eines Mitglieds) des Organs hat […].

B. Bedenken gegen §10 VGWG:

[…]

An der Unabhängigkeit und vor allem an der Unparteilichkeit der Mitglieder des Verwaltungsgerichtes Wien muss auf Grund der eben zitierten Bestimmung jedoch gezweifelt werden, zumal ihre Arbeitsgestaltung, auf welche die Justizverwaltung Einfluss hat, von einer politischen Behörde abhängt.

Alleine auf Grund der möglichen Einflussnahme der Landesregierung auf die Rahmenbedingungen zur Arbeitserbringung der Richter, muss eine Partei eines Verfahrens – vor allem eine, die der 'regierenden' Partei kritisch gegenüber steht – den Eindruck haben, einem nicht wirklich unabhängigen richterlichen Organ gegenüber zu stehen, wodurch Art6 EMRK verletzt wird.

Die Bestimmung widerspricht daher Art6 EMRK und ist somit verfassungswidrig.

Darüber hinaus wird dadurch gegen Art94 B-VG verstoßen, weil zumindest eine indirekte Einflussnahme einer Verwaltungsbehörde auf das Verwaltungsgericht Wien auch in rein judiziellen Angelegenheiten indiziert ist.

C. Bedenken gegen §11 VGWG:

[…]

Zu den Aufgaben, die das Verwaltungsgericht Wien zu erfüllen hat, zählt […] vorrangig und vor allem die [Rechtsprechung].

Bedenken erheben sich daher vor allem im Hinblick darauf, dass der/die PräsidentIn bei der Besetzung der Revisionsstelle an keinerlei gesetzlich[e] Vorgaben gebunden ist. Es gibt keine Vorgaben hinsichtlich der Anzahl der 'Revisoren', noch der fachlichen Qualifikationen, noch deren beruflicher Stellung. Anders hingegen ist beispielsweise die Regel in §78b [GOG], wonach einer eigens für die innere Revision zuständigen Präsidialabteilung Richter des Oberlandesgerichtes angehören, die vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes sonst mit Aufgaben der inneren Revision betraut wurden.

Während bei Bundesgerichten ausschließlich Richter mit der inneren Revision betraut werden könn[en], steht es dem/der Präsidenten/in nach der gegenständlichen Bestimmung völlig frei zB auch Rechtspfleger oder sogar Außenstehende mit der inneren Revision zu betrauen. Nach dieser Bestimmung ist es noch nicht einmal erforderlich, dass die Revisionsstelle zumindest von einem Richter zu leiten ist.

Angesichts dessen ermöglicht es diese Regelung, dass Richter von Rechtspflegern bzw sogar [a]ußenstehenden Personen Vorschläge über die Handhabung ihrer Aufgaben – somit auch der Rechtssprechung – erteilt erhalten. Aus dieser beanstandeten Regelung ist aber nicht ersichtlich, wie deren Unabhängigkeit gewährleistet werden soll.

Diese Bestimmung zwingt einer Partei eines Verfahrens regelrecht den Eindruck auf, einem nicht wirklich unabhängigen richterlichen Organ gegenüber zu stehen, wodurch auch hier der äußere Anschein der Parteilichkeit und Abhängigkeit des Gerichtes gegeben ist.

Auch diese Bestimmung widerspricht daher Art6 EMRK und ist somit verfassungswidrig.

D. Bedenken gegen §19 VGWG:

Entgegen der Vorbildbestimmungen der §4 Abs2 Z2 BVwGG und §8 Abs2 Z6 BFGG[,] wonach sämtliche Mitglieder eines Disziplinarsenates/-gerichtes von der Vollversammlung gewählt werden, bestimmt §19 VGWG, dass der Disziplinarausschuss aus drei Mitgliedern besteht und lediglich eines von der Vollversammlung gewählt wird.

Die übrigen beiden werden von der/dem Präsidenten/in ernannt, eines auf Grund freie[r] Entscheidung und eines auf Grund eines bindenden Vorschlags des Dienststellenausschusses. Wenn für das 'vorgeschlagene Mitglied' nicht innerhalb bestimmter Zeit ein 'tauglicher' Vorschlag vom Dienststellenausschuss erstattet wird, kann die/der PräsidentIn auch dieses Mitglied nach freier Entscheidung ernennen.

Auch die korrespondierende Bestimmung im Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (§112 RStDG) sieht vor, dass der Personalausschuss [gemeint wohl: Personalsenat] – welcher aus Repräsentanten der Richter besteht – des Oberlandesgerichtes einen Disziplinarsenat aus dem Personalstand des betreffenden Gerichtshofes zusammensetzt.

Keine der genannten unbedenklichen Vorbildbestimmungen [sieht] vor, dass die Mehrzahl oder überhaupt nur ein Mitglied des über die Richter entscheidenden Gremiums von nur einer Person bestellt werden […] kann. Die Begründung für diese Entscheidung liegt offensichtlich in der Bestrebung[,] die äußere Erscheinung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Richter nicht zu gefährden.

Angesichts dessen, dass es sich bei der Ernennung von Disziplinarausschussmitgliedern nicht um die Ausübung des richterlichen Amtes des/der Präsidenten/in handelt, sondern um eine Angelegenheit der Justizverwaltung die ihm/ihr durch §19 VGWG als Einzelperson/-richter übertragen ist, ist er/sie hier allerdings gemäß §7 Abs2 VGWG an Weisungen der Landesregierung gebunden.

Dadurch wird es dem politischen Gremium Landesregierung erneut ermöglicht, auf die Tätigkeiten der Richter, also vor allem auch auf deren Rechtsprechung, Einfluss [zu nehmen], indem es der/dem Präsidenten/in durch Weisung sagt, wen er/sie zum Mitglied des Disziplinarausschusses ernennen soll.

Die Landesregierung hat dadurch die Möglichkeit[,] ein ihr 'sympathisches' Mitglied, welches eventuell auch die von der Landesregierung favorisierte Vorgehensweise in gewissen Angelegenheiten vertritt, in den Disziplinarausschuss zu ernennen und dadurch Richter bei der Ausübung der [Rechtsprechung], also der Kontrolle über die Arbeitsweise der der Landesregierung unterstehenden Magistratsabteilungen, unter Druck zu setzen.

Es ist offensichtlich, dass somit keine Rede von einem zweifelsfrei unparteilichen und unabhängigen Erscheinungsbild des Verwaltungsgerichtes Wien sein kann.

Durch die Möglichkeit der Einflussnahme der Landesregierung durch Weisungen auf die Besetzung des über Tätigkeiten der Richter entscheidenden Disziplinarausschusses[…] wird die Unparteilichkeit und die Unabhängigkeit [der]selben in Zweifel zu ziehen sein, wodurch erneut eine Bestimmung des VGWG dem Art6 EMRK widerspricht und dadurch verfassungswidrig ist.

E. Bedenken gegen §31 VGWG:

In seinen Entscheidungen VfSlg 14.939 und VfSlg 15.242, welche sich an dem Urteil des EGMR vom 29.04.1988 im Fall Belilos gegen die Schweiz orientierten, sprach der Verfassungsgerichtshof zu zwei Entscheidungen des UVS Wien aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund berechtigter Zweifel hinsichtlich der Unabhängigkeit und strukturellen Unparteilichkeit des zuständigen UVS-Mitglieds in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteilichen auf Gesetz beruhenden Gericht iSd Art6 EMRK verletzt war.

Diesen äußeren Anschein begründete der VfGH damit, dass es sich bei dem zur Entscheidung berufenen Mitglied des [UVS Wien] um einen aus der Polizeidirektion hervorgegangenen höheren Beamten handelte, der nach seiner befristeten Zugehörigkeit (6 Jahre) zum UVS[…] berufen sein konnte, dort erneut Aufgaben wahrzunehmen und das[s] daher Parteien – insbesondere Personen, die der Gerichtsbarkeit der Polizeidirektion unterworfen sind – versucht sein konnten, in diesem Mitglied des UVS ein Mitglied des Polizeidienstes zu sehen, [das in] dessen Hierarchie eingeordnet und mit seinen Kollegen solidarisch ist.

1. §31 Abs3 VGWG:

Angesichts des in §31 Abs3 VGWG genannten späten Ernennungstermins am 30.06.2013 (4,5 Monate nach dem Ende der Bewerbungsfrist am 15.02.2013) und der dadurch langen Ungewissheit der gesamten UVS-Mitglieder über ihre weitere berufliche Laufbahn – werden sie ernannt oder kehren sie zurück in ihre vorige Stellung bei einer Verwaltungsbehörde, über deren Handeln sie in dieser Zeit vielleicht sogar noch zu entscheiden haben – ist zumindest für die Zeit zwischen 15.02.2013 und 30.06.2013 der eben geschilderte äußere Anschein der Parteilichkeit und Abhängigkeit der UVS-Mitglieder gegeben, wodurch Parteien durch Entscheidungen während dieser Zeit in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art6 EMRK verletzt werden.

Im Gegensatz zu dieser langen Zeit, in der die Mitglieder des [UVS Wien] damit rechnen müssen[,] eventuell nicht zu Richtern des Verwaltungsgerichtes Wien ernannt zu werden, sieht Art151 Abs51 Z4 B-VG eine Frist zwischen Bewerbungsschluss (31.12.2012) und Ernennung (28.02.2013) von lediglich 2 Monaten vor. Auch dieser Umstand spricht für die verfassungsmäßige Bedenklichkeit des §31 VGWG.

Zudem bestimmt Art151 Abs51 Z5 B-VG, dass das Recht auf Ernennung zum Mitglied der Verwaltungsgerichte der Länder und das Ernennungsverfahren nach gleichartigen Grundsätzen durch Landesgesetz zu regeln sind. Diese Grundsätze werden hier nicht eingehalten, wenn die vom B-VG vorgesehene Frist um mehr als das Doppelte überschritten wird.

2. §31 Abs2 Z2 letzter Satz VGWG:

Hiernach soll entgegen den Empfehlungen des Europarates zur richterlichen Unabhängigkeit (Recommendation CM/Rec [2010] 12 of the Committee of Ministers to member states on judges: independence, efficiency and responsibilities, Punkt 50) die Amtszeit der UVS-Mitglieder unabhängig von bestimmten Bedingungen, wie straf- oder disziplinarrechtlichen Gründen, vorzeitig beendet werden können, nämlich dadurch, […] dass man ein Mitglied, das den in Abs2 des §31 VGWG genannten Kriterien nicht entspricht einfach nicht zum Mitglied des Verwaltungsgerichtes Wien ernennt, egal ob seine Amtszeit bereits um wäre oder nicht.

Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen Art6 EMRK, da die Judikatur des EGMR zum äußeren Anschein verlangt, dass Mitglieder eines Tribunals auf bestimmte Zeit ernannt werden und nur aus ganz bestimmten Gründen, wie strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen[,] vorzeitig enthoben werden können dürfen.

Abgesehen davon[…] widerspricht diese Bestimmung auch den eben genannten Empfehlungen des Europarates zur richterlichen Unabhängigkeit dahingehend, […] dass der Europarat darin unter Punkt 70 klar ausspricht, dass Richter nicht dafür verantwortlich zu machen sind, ob ihre Entscheidungen abgeändert oder behoben werden.

Dieser Empfehlung offensichtlich folgend, bestimmt Art151 Abs51 Z2 B-VG[,] das[s] Mitglieder des Bundesvergabeamtes, die die persönliche und fachliche Eignung für die Erfüllung der Aufgaben, die mit der vorgesehenen Verwendung verbunden sind, aufweis[en,] ein Recht auf Ernennung ha[ben], unabhängig von Beschlüssen und Erkenntnissen übergeordneter Instanzen zu ihren Entscheidungen.

Diesem Grundsatz widersprechend[…] bestimmt §31 Abs2 Z2 letzter Satz VGWG hingegen, dass bei der Beurteilung der fachlichen Eignung des jeweiligen UVS-Mitglieds die Beschlüsse und Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, die zu Entscheidungen des jeweiligen Mitgliedes des UVS Wien ergangen sind, zu berücksichtigen [sind].

Dieses zusätzlich[e] Erfordernis widerspricht somit nicht nur den Empfehlungen des Europarates zur richterlichen Unabhängigkeit und begründet so erneut den Anschein der Parteilichkeit und Abhängigkeit, wodurch Art6 EMRK verletzt wird, sondern widerspricht auch Art151 Abs51 Z5 B-VG und ist somit verfassungswidrig.

VI. Bedenken wegen Verfassungswidrigkeiten der §§25 und 26 VGWG im Lichte der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichtes:

Art135a Abs1 B-VG sieht vor, dass im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz die Besorgung einzelner, genau zu bezeichnende[r] Arten von Geschäften besonders ausgebildeten nichtrichterlichen Bediensteten übertragen werden kann.

Dementsprechend[…], hat der Verfassungsausschuss des Nationalrates in seinem Bericht über die Regierungsvorlage zum Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (2057 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des NR XXIV. GP, 2) festgestellt, dass davon auszugehen ist, dass die Heranziehung von Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern am Bundesverwaltungsgericht hauptsächlich zur Unterstützung der rechtsprechenden Tätigkeit des Gerichts vorgesehen werden soll. In Frage kämen dabei insbesondere der Schriftverkehr mit Behörden und anderen Gerichten sowie Aktenvorlagen oder die Erledigung von Gebührenangelegenheiten.

Im Großen und Ganzen also Tätigkeiten der Bediensteten in Geschäftsabteilungen bei Gericht.

Im Gegensatz zu de[n] Grundsätzen nach [Art]135a B-VG – Übertragung einzelner genau bezeichneter lediglich unterstützender Angelegenheiten – und der dazu eindeutigen Interpretation des Verfassungsaussch[…]usses ([a]rg.: 'Unterstützung', 'Schriftverkehr', 'Aktenvorlage') überträgt das VGWG den LandesrechtspflegerInnen durch §25 VGWG weitgehende Kompetenzen, die gravierenden Einfluss auf den Rechtszugang und auf die rechtliche Position der Parteien haben. Beispielsweise nämlich:

– die Zurückweisung einer Beschwerde,
– die Ausschreibung einer öffentlich[en] mündlichen Verhandlung,
– die Entscheidung generell über Verfahrenshilfegesuche,
– die Einstellung von Verfahren.

Selbst nach dem für das gesamte Bundesgebiet geltende Rechtspflegergesetz (§§16 f RPflG) enden die Kompetenzen eines Rechtspflegers im Mahnverfahren beim Einlangen des Einspruches gegen einen bedingten Zahlungsbefehl – die Verhandlung schreibt (nur) der Richter aus. Zudem ist es Rechtspflegern bei Gericht nur gestattet[,] über Verfahrenshil[f]egesuche zu entscheiden, wenn diese Angelegenheiten betreffen, welche selbst vor den Rechtspfleger gehören. Allgemein und generell über die Gewährung des Zugangs zu Gericht entscheiden sie jedoch nicht.

Über diese ohnehin bereits weitgehenden Einzelbefugnisse hinaus[…] räumt §26 VGWG den Landesrechtspflegerinnen nahezu uferlose Kompetenzen in Verfahren über elementare 'civil rights'[,] aber auch strafrechtlichen Themen ein. Nach dieser Bestimmung werden nämlich nicht bloß einzelne genau bezeichnete Arten von Geschäften auf die Rechtspfleger übertragen, sondern die gesamte eigenständige Führung und Erledigung der Verfahren über Beschwerden in Bereichen, die elementare Bestandteile der Rechtspflege und massive Eingriffe in die Persönlichkeitssphäre der Rechtsunterworfenen darstellen[…]. Nur beispielsweise seien hier angeführt:

– Grundabteilungen (Z1b)
– Entziehung Gewerbeberechtigung (Z2c)
– Änderung Familiennamen (Z5a)
– Abgabenrecht (insbesondere Vergnügungssteuer Z6h, Dienstgeberabgabe Z6i, Grundsteuer Z6j)
– das gesamte Verwaltungsstrafrecht (Z7)

In all den, in den weit gefassten §§25 und 26 VGWG aufgezählten, justiziellen Angelegenheiten ist nicht ein unabhängiger und unparteilicher Richter zuständig, sondern ein nichtrichterliches Organ, welches dienst- und besoldungsrechtlich weiterhin dem Magistrat unterstellt bleibt. Hierdurch muss für Parteien erneut der Eindruck gewonnen werde[n], dass es sich bei dem 'Tribunal' Verwaltungsgericht Wien um kein unabhängiges und um kein unparteiliches Gremium handelt.

Diese starke Stellung der Rechtspfleger an einem 'Instanzgericht' widerspricht aus den eben angeführten Gründen Art6 EMRK und [ist] daher verfassungswidrig." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2. Die Wiener Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung beantragt wird.

2.1. Zur Begründung ihres Antrages auf Zurückweisung führt die Wiener Landesregierung Folgendes aus:

"Aus dem Antrag ergibt sich […], dass die Antragsteller zwar die aufzuhebenden Bestimmungen bzw. die aufzuhebenden Teile von Bestimmungen des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien im Aufhebungsbegehren (Punkt VII. des Antrages) präzise bezeichnen, die Darlegung der Bedenken in den Punkten IV. bis VI. (Seite 15 bis einschließlich Seite 27 des Anfechtungsschriftsatzes) erfüllt die Prozessvoraussetzungen des §62 Abs1 VfGG jedoch nicht. Den Ausführungen der Antragsteller kann erstens nicht zu allen gestellten Anträgen eine auf den jeweiligen Antrag bezogene Begründung entnommen werden. Zweitens lässt sich, sofern eine Begründung ausgeführt ist, dieser nicht entnehmen, warum die betreffende Bestimmung gerade in dem in Punkt VII. des Antrages der Beschwerde angefochtenen Umfang verfassungswidrig sein soll. Drittens sind die Ausführungen in der Begründung, sofern eine solche vorhanden ist, über weite Strecken so pauschal, dass ihnen die Gründe für die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht im Einzelnen entnommen werden können. Von diesen Mängeln tritt am deutlichsten hervor, dass jedenfalls eine schlüssige und nachvollziehbare Verknüpfung des Vorbringens mit dem jeweils in den einzelnen Punkten des Aufhebungsbegehrens beantragten Umfang der Aufhebung gänzlich fehlt.

Im Einzelnen ist dazu Folgendes zu bemerken:

Die Antragsteller stellen in Punkt VII. A. 1. und A. 2. die Anträge, das Wort 'zwei' aus §14 Abs1 erster Satz VGWG und – kumulativ – eine Wortfolge aus §14 Abs5 VGWG aufzuheben, die im Aufhebungsbegehren im Wortlaut zitiert wird. 'Hilfsweise' wird der gesamte Wortlaut von §14 Abs1 und 5 VGWG angefochten.

Die Darlegungen der Bedenken gegen §14 VGWG erfolgt in Punkt IV. des Antrages und gliedert sich in vier Punkte […]. Die Punkte A. bis C. enthalten neben Ausführungen zu 'Allgemeines' Ausführungen über behauptete Verstöße gegen Art6 EMRK und Art135 Abs2 B-VG. Dem Inhalt dieses Vorbringens kann aber weder entnommen werden, ob es sich auf §14 Abs1 oder Abs5 VGWG bezieht, noch, ob es sich auf den Primärantrag bezieht, die im Aufhebungsbegehren bezeichneten Teile der genannten Bestimmungen aufzuheben[,] oder auf den hilfsweise gestellten Eventualantrag, §14 Abs1 und 5 VGWG zur Gänze aufzuheben. Das Vorbringen bleibt in diesem Zusammenhang gänzlich unbestimmt. Auf Seite 16 des Anfechtungsschriftsatzes wird im vorletzten Absatz lediglich von 'Die angefochtene Regelung' und im letzten Satz des Punktes C auf Seite 18 von 'Die Bestimmung' gesprochen, ohne jeweils darzulegen, auf welchen Punkt des Aufhebungsbegehrens sich diese Begründung jeweils bezieht.

Die Ausführungen in Punkt IV. D. einschließlich der Unterpunkte a) bis c) […] behaupten einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes. Am Ende jedes dieser Unterpunkte ist jeweils ausdrücklich ausgeführt, dass §14 Abs5 VGWG verfassungswidrig sei. In den übrigen Ausführungen dieser Punkte findet sich jedoch kein Vorbringen darüber, ob sich die darin angeführten Bedenken auf den Primärantrag beziehen, die in Punkt VII. A. 2. zitierte Wortfolge des §14 Abs5 VGWG aufzuheben oder auf den Eventualantrag, den ganzen §14 Abs5 VGWG aufzuheben. Geht man, wie der Wortlaut am Ende des Vorbringens dies nahelegt, vom zuletzt genannten Fall aus, fehlt jedenfalls jede Begründung zum Primärantrag.

Ferner begehren die Antragsteller in Punkt VII. B. 1. bis 4. des Antrages die Aufhebung von Wortfolgen aus §10 Abs2 Z4 VGWG, aus §31 Abs2 litb VGWG und aus §31 Abs3 VGWG sowie die Aufhebung der gesamten Wortfolge der Z2 in §11 Abs2 VGWG. Hilfsweise wird der Antrag gestellt, die §§10, 11 und 31 VGWG zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben. Das dazugehörige Vorbringen ist in Punk[t] V. des Antrages enthalten und gliedert sich in fünf Punkte (A. bis E.), wobei Punkt E. in zwei weitere Punkte (1. und 2.) unterteilt ist. Anders als das Vorbringen im Punkt IV. ist das Vorbringen in diesen Punkten nicht auf materielle Verfassungsbestimmungen bezogen, sondern laut der jeweiligen Überschrift auf die Bestimmungen der §§10, 11, 19 und 31 VGWG als Ganzes (Punkte B. bis E.) sowie auf §31 Abs3 und §31 Abs2 Z2 VGWG (Punkte E. 1. und 2.).

Betrachtet man nun den Inhalt des Vorbringens unter der Überschrift zu §10 VGWG (Punkt V. B.), so bezieht sich dieses nur auf den behaupteten Umstand, dass §10 Abs2 Z4 VGWG der Wiener Landesregierung einen Einfluss auf Justizverwaltungsangelegenheiten zubilligt. Zu allen übrigen Bestimmungen in §10 Abs1, Abs2 Z1 bis 3 und Abs3 wird kein Vorbringen erstattet. Trotzdem spricht sowohl der erste Satz auf Seite 21 als auch der vorletzte Satz auf Seite 22 nur von 'Dieser' bzw. 'Die Bestimmung', sodass unklar bleibt, ob §10 VGWG als Ganzes bzw. welcher Teil dieser Rechtsvorschrift gemeint ist.

Die Ausführungen unter der Überschrift zu §11 VGWG (Punkt V. C.) betreffen die Besetzung der Revisionsstelle durch die Präsidentin bzw. den Präsidenten des Verwaltungsgerichtes und somit §11 Abs2 erster Satz VGWG. Kritisiert wird von den Antragstellern unter anderem, dass die Präsidentin bzw. der Präsident bei der Besetzung der Revisionsstelle an keine gesetzlichen Vorgaben gebunden ist. Ein auf §11 Abs1, Abs2 zweiter Satz und Abs3 VGWG bezogenes Vorbringen ist nicht vorhanden. Von §11 Abs2 Z2 VGWG, dessen Aufhebung in Punkt VII. B. 2. beantragt wird, wird lediglich im ersten Absatz des Vorbringens der Gesetzestext zitiert. Die Ausführungen zu §11 VGWG erlauben daher weder eine Zuordnung zum Anfechtungsbegehren und dem jeweils im Primär- und Eventualantrag beantragten Aufhebungsumfang, noch lassen sie eine nachvollziehbare Darlegung der Gründe für die beantragte Aufhebung im Einzelnen erkennen.

Der zuletzt genannte formale Mangel haftet auch den Ausführungen in den Punkten V. B. und C. an, §10 und §11 VGWG würden gegen Art6 EMRK verstoßen, in Punkt V. B. führen die Antragsteller aus, dass die Wiener Landesregierung eine 'höchstparteiliche Einrichtung' sei und kommen im letzten Absatz zum Schluss, dass deshalb eine Partei eines Verfahrens den Eindruck haben müsse, einem nicht wirklich unabhängigen richterlichen Organ gegenüber zu stehen. Auch in Punkt V. C. gelangen die Antragsteller zu diesem Schluss, unter der Annahme, dass der Präsident einen Leiter der Revisionsstelle bestellen könnte, der kein Mitglied der Richterschaft ist und dieser somit einen Einfluss auf die Rechtsprechung hätte. Weder in dem einen noch in dem anderen Punkt führen die Antragsteller jedoch im Einzelnen und somit konkret nachvollziehbar aus, wodurch die Landesregierung und der Leiter der Revisionsstelle Einfluss auf die Unabhängigkeit bzw. auf die Rechtsprechung nehmen könnten. Ferner führen die Antragstellerin Punkt V. C. aus, dass der Präsident bei der Besetzung der Revisionsstelle an keinerlei gesetzliche Vorgaben gebunden sei. Die Antragsteller erwähnen aber nicht, gegen welche Bestimmung des Verfassungsrechtes der Gesetzgeber deshalb verstoßen habe. Dieses Vorbringen ist daher nicht entsprechend §62 Abs1 VfGG präzise begründet.

In Punkt VII. B. 3. und 4. des Antrages werden eine Wortfolge in §31 Abs2 litb VGWG und eine Wortfolge in §31 Abs3 VGWG sowie im darauffolgenden Halbsatz hilfsweise – auf diese Anträge bezogen – der gesamte §31 VGWG angefochten. Die Ausführungen in Punkt V. E. auf Seite 24 des Anfechtungsschriftsatzes beziehen sich ihrer Überschrift nach auf §31 VGWG als ganze Bestimmung, inwiefern die unter dieser Überschrift in zwei Absätzen zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes für die Annahme der Verfassungswidrigkeit des §31 als ganze Bestimmung spricht, wird nicht ausgeführt.

Das Vorbringen in Punkt V. E. 1. […] bezieht sich seiner Überschrift nach auf §31 Abs3 VGWG als Ganzes. Punkt VII. B. 4. kann jedoch entnommen werden kann, dass §31 Abs3 als Ganzes gar nicht angefochten ist, sondern nur eine Wendung daraus. Der letzte Satz des ersten Absatzes auf Seite 25 des Anfechtungsschriftsatzes ('Auch dieser Umstand spricht für die verfassungsmäßige Bedenklichkeit des §31 VGWG.') legt hingegen den Schluss nahe, dass sich dieses Vorbringen auf §31 als Ganzes bezieht. Inhaltlich beziehen sich die Antragstellerin Punkt V. E. 1. aber auf den ihrer Meinung nach späten Ernennungstermin 'bis 30. Juni 2013' und somit offenbar auf die in Punkt VII. B. 4. angefochtene Wendung aus §31 Abs3 VGWG. Welche von diesen Deutungen nun die Richtige ist und warum dieses Vorbringen gerade für die Aufhebung der angefochtenen Bestimmung in dem einen oder anderen Umfang spricht, lässt sich den Ausführungen der Antragsteller nicht entnehmen.

In den Ausführungen auf Seite 25 des Anfechtungsschriftsatzes ist den Antragstellern offenbar ein Irrtum unterlaufen. Sowohl in der Überschrift als auch im letzten Absatz ist auf dieser Seite von §31 Abs2 Z2 letzter Satz VGWG die Rede, eine Bestimmung, die es im Gesetz als solche nicht gibt. Gemeint sein könnte §31 Abs2 litb zweiter Satz VGWG, Ob dieses Vorbringen den Bestimmtheitserfordernissen des §62 Abs1 VfGG genügt, obliegt der Beurteilung des Verfassungsgerichtshofes. Im letzten Absatz dieses Vorbringens (Punkt V. E. 2.) führen die Antragsteller als verfassungsrechtlichen Maßstab Art151 Abs51 Z5 B-VG an ('widerspricht auch Art151 Abs51 Z5 B-VG…'). Nähere Ausführungen, inwiefern §31 Abs2 Z2 letzter Satz VGWG gegen diese Bestimmung verstoßen soll, fehlen aber.

In Punkt VII. C. wird §19 VGWG zur Gänze als verfassungswidrig angefochten. Die dazu in Punkt V. D. erstatteten Ausführungen […] beziehen sich inhaltlich nur auf die Zusammensetzung (Abs2) und den Bestellungsmodus der Mitglieder des Disziplinarausschusses (Abs3 erster Satz). Warum auch die übrigen Bestimmungen des §19, der insgesamt elf Absätze hat, verfassungswidrig sein sollen, wird mit keinem Wort begründet.

Die Antragsteller führen im Vorbringen zu §19 VGWG ferner aus. dass die Zusammensetzung des Disziplinarausschusses 'Entgegen der Vorbildbestimmungen der §4 Abs2 Z2 BVwGG und §8 Abs2 Z6 BFGG' erfolge, sie begründen aber nicht, inwiefern und unter Heranziehung welcher verfassungsrechtlicher Maßstäbe diese verfassungswidrig sein soll. Weiters führen die Antragsteller aus, dass die Landesregierung durch Weisung auf die Bestellung der Mitglieder des Disziplinarausschusses Einfluss nehmen könne und behaupten, dass dadurch die Landesregierung 'auf die Tätigkeit der Richter, also vor allem auch auf deren Rechtsprechung Einfluss nehmen' könne. Inwiefern eine solche Einflussnahme auf die Rechtsprechung möglich sei, wird jedoch nicht näher dargelegt. Deshalb kann die behauptete Rechtsverletzung 'durch die Möglichkeit der Einflussnahme der Landesregierung ... wird die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ... in Zweifel zu ziehen sein' nicht nachvollzogen werden. Das zu §19 VGWG erstattete Vorbringen ist daher nicht im Einzelnen begründet.

In Punkt VII. E. […] werden von §25 Abs1 VGWG die [Z] 1 bis 5 und die [Z] 11 […] angefochten. Die behauptete Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen wird […] mit dem Argument begründet, dass den [R]echtspflegern 'weitgehende Kompetenzen, die gravierenden Einfluss auf den Rechtszugang und auf die rechtliche Position der Parteien haben', übertragen würden. Ferner wird im Anschluss daran ein Vergleich gezogen mit dem Rechtspflegergesetz des Bundes. Ausführungen darüber, warum gerade die [Z] 1 bis 5 und 11 verfassungswidrig sein sollen, fehlen.

In der soeben erwähnten Begründung der Verfassungswidrigkeit der angeführten Bestimmungen des §25 VGWG nennen die Antragsteller als verfassungsrechtlichen Maßstab [Art135a B-VG], führen dazu aber nur aus, dass die angefochtenen Bestimmungen 'im Gegensatz zu den Grundsätzen nach [Art]135a B-VG' stünden. Auf die angesprochenen Grundsätze des Art135a B-VG wird jedoch im darauf folgenden Text nicht weiter eingegangen. Im folgenden Absatz des Vorbringens wird im Zusammenhang mit Art135a B-VG lediglich angedeutet, dass Rechtspfleger unterstützende Angelegenheiten erhalten sollten, ohne dies unter Heranziehung verfassungsrechtlicher Maßstäbe näher zu begründen. Das auf §25 VGWG bezogene Vorbringen ist daher nicht im Sinn des §62 Abs1 VfGG präzise begründet.

5. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Gesetzesprüfungsantrag sowohl dann als unzulässig zurückzuweisen, wenn im Fall einer Aufhebung im begehrten Umfang der verbleibende Rest der Gesetzesvorschrift als inhaltsleerer und unanwendbarer Torso verbliebe (VfSlg 12.535/1990, 12.859/1991), als auch dann, wenn durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 13.915/1994).

Der überwiegende Teil der Anträge auf teilweise Aufhebung erfüllt diese Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie im Folgenden dargelegt wird, nicht. Im Einzelnen sind die nachstehenden Anträge unzulässig:

– der Antrag, dass Wort 'zwei' in §14 Abs1 VGWG aufzuheben:

[…] Der Landesgesetzgeber wollte […] den Geschäftsverteilungsausschuss mit vier Mitgliedern besetzen. Der Wegfall des Wortes 'zwei' in dieser Bestimmung würde dazu führen, dass die Anzahl der gewählten Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses gesetzlich nicht näher bestimmt wäre ('Der Geschäftsverteilungsausschuss besteht aus der Präsidentin ... sowie gewählten Mitgliedern.'). Die Aufhebung dieses Wortes hätte daher ein Ergebnis zur Folge, das dem gesetzgeberischen Willen nicht zugesinnt werden kann.

– der Antrag, die Wortfolge in §14 Abs5 dritter bis letzter Satz VGWG aufzuheben:

[…]

Da der Geschäftsverteilungsausschuss gemäß §14 Abs1 VGWG, wie bereits ausgeführt, mit vier Mitgliedern zu besetzen ist, kann das Problem auftreten, dass bei der Fassung eines Beschlusses die gemäß §14 Abs5 erster Satz VGWG notwendige einfache Mehrheit nicht erzielt wird und es zu einer Stimmengleichheit kommt. Der Wiener Landesgesetzgeber ist davon ausgegangen, dass es für eine solche Situation aus Gründen des demokratischen Prinzips und des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitsgrundsatzes eine Lösung geben muss. Deshalb wurden im dritten bis letzten Satz dieser Bestimmung Regeln aufgenommen, die vorsehen, wie bei Stimmengleichheit vorzugehen ist. Der ersatzlose Entfall dieser Regeln würde dazu führen, dass der Geschäftsverteilungsausschuss seinem Auftrag gemäß Art135 Abs2 erster Satz B-VG zur Verteilung der Geschäfte des Verwaltungsgerichtes dann nicht nachkommen könnte, wenn es bei einem Beschluss zu einer Stimmengleichheit kommt. Der Wegfall der angefochtenen Wendung würde – ungeachtet dessen, dass er dem gesetzgeberischen Willen nicht zugesinnt werden kann – zu einem völlig veränderten Inhalt der in Rede stehenden Bestimmung führen.

– der Antrag, die Wortfolge 'oder durch die Landesregierung zu besorgen sind' in §10 Abs2 Z4 VGWG aufzuheben:

Diese Bestimmung normiert eine subsidiäre Zuständigkeit des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes zur Besorgung jener Justizverwaltungsangelegenheiten, die nicht ohnehin zu den Leitungsgeschäften gemäß §10 Abs2 Z1 bis 3 VGWG gehören. Diese Zuständigkeit besteht nur, sofern die betreffende Justizverwaltungsangelegenheit nicht der Vollversammlung, einem Ausschuss oder einem Senat des Verwaltungsgerichtes vorbehalten ist.

Der Wegfall der auf die Wiener Landesregierung bezogenen Wendung kann der Intention des Wiener Landesgesetzgebers nicht zugesinnt werden. Dieser wollte die Kompetenz des Präsidenten nur dann vorsehen, wenn unter anderem nicht die Wiener Landesregierung mit der Besorgung der betreffenden Angelegenheit betraut ist.

Im Ergebnis würde der Wegfall außerdem zu einer Zuständigkeitskonkurrenz führen. Angelegenheiten der Justizverwaltung, die der Landesgesetzgeber in die Zuständigkeit der Wiener Landesregierung überträgt, würden gemäß §10 Abs2 Z4 VGWG gleichzeitig auch in die Zuständigkeit des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien fallen. Dies ist eine vom Wiener Landesgesetzgeber keines-falls erwünschte Konsequenz, die außerdem verfassungswidrig wäre.

– der Antrag, die Wortfolge in §11 Abs2 Z2 VGWG als verfassungswidrig aufzuheben:

Nach dieser Bestimmung hat die Revisionsstelle die Auslastung und Effizienz, das Erscheinungsbild und andere, in dieser Bestimmung genannte Gegebenheiten zu untersuchen und über das Untersuchungsergebnis zu berichten. Nach dem Wortlaut der angefochtenen Bestimmung hat die Revisionsstelle bei all diesen Tätigkeiten jedenfalls auch Vorschläge zu erstatten. Dieser gesetzliche Auftrag kommt deutlich dadurch zum Ausdruck, dass der Gesetzestext die Empfehlungen in §11 Abs2 Z1 VGWG und die Vorschläge hievon getrennt und damit besonders hervorgehoben in §11 Abs2 Z2 VGWG nennt. Der Wegfall der gesamten Ziffer 2 des Abs2 dieser Bestimmung hätte nun zur Folge, dass die Revisionsstelle nur mehr Empfehlungen zu erstatten hätte. Dieses Ergebnis kann dem gesetzgeberischen Willen nicht zugesinnt werden. §11 Abs2 Z1 VGWG würde überdies einen gegenüber dem ursprünglichen Gehalt veränderten Sinn erhalten. Die Bestimmung würde, da sie mit dem Wort 'und' endet, unvollständig und auf Grund der dadurch erweckten Erwartung, der Satz würde weitergehen, unverständlich.

– der Antrag, die Wortfolge 'bis 30. Juni 2013' in §31 Abs3 VGWG aufzuheben:

[…]

Der Wegfall der angefochtenen Wendung hätte […] zur Folge, dass der Wiener Landesregierung entgegen den Grundsätzen in Art151 Abs51 Z2 bis 4 B-VG für die Bestellung der Mitglieder des unabhängigen Verwaltungssenates Wien zu Richtern des Landesverwaltungsgerichtes keine Frist vorgegeben wäre. Der Wiener Landesgesetzgeber war jedoch bestrebt, eine den bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Grundsätzen konforme Regelung zu erlassen. Dazu kommt, dass §31 Abs1 VGWG den Mitgliedern des unabhängigen Verwaltungssenates Wien für die Bewerbung als Landesverwaltungsrichterin oder Landesverwaltungsrichter eine Frist bis 15. Februar 2013 einräumt. Diese Frist für die Bewerbung steht, wie sich aus der zeitlichen Abfolge ergibt, mit der in §31 Abs3 VGWG angeführten Frist für die Ernennung in einem untrennbaren Zusammenhang. Der Entfall der Frist für die Ernennung kann daher aus den angeführten Gründen dem gesetzgeberischen Willen nicht zugesinnt werden.

– die Anträge, die Wortfolgen in den Ziffern 1 bis 5 und 11 des §25 Abs1 VGWG aufzuheben:

[…]

Die wichtigsten Aufgaben [der Landesrechtspfleger], die gleichzeitig auch eine spürbare Entlastung der Mitglieder des Verwaltungsgerichtes herbeiführen sollen, sind in den Ziffern 1 bis 5 dieser Bestimmung enthalten. […] Auch die Aufgabe, über die Einstellung des Verfahrens zu entscheiden, bewirkt eine spürbare Entlastung der Richter.

Die Aufhebung der Ziffern 1 bis 5 und 11 des §25 VGWG hätte zur Folge, dass den Landesrechtspflegern im Vergleich zu den übrigen Ziffern dieser Bestimmung nur mehr geringfügige Aufgaben wie insbesondere die Vorschreibung von Gebühren und die Entscheidung über sonstige Kosten, die Entscheidung über Anträge auf Aufschub der Zahlung oder auf Teilzahlung einer Geldstrafe oder die Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung als Mitarbeit verblieben. Hält man sich die ursprüngliche Intention des Landesgesetzgebers vor Augen, eine umfassende Mitarbeit der Landesrechtspfleger zu normieren, würde die beantragte Aufhebung eine wesentliche Einschränkung der Aufgaben der Landesrechtspfleger zur Folge haben. Dies ist ein Ergebnis, das dem Willen des Gesetzgebers nicht zu gesinnt werden kann." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2.2. Zur Begründung ihres Antrages auf Abweisung führt die Wiener Landesregierung Folgendes aus:

"1. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des §14 Abs1 und Abs5 VGWG:

[…]

Zu den Vorwürfen des Anscheins der Parteilichkeit bzw. mangelnden Unabhängigkeit und der dadurch bewirkten Verletzung von Art6 EMRK:

[…] [G]emäß Art134 Abs2 erster Satz B-VG [werden] nicht nur der Präsident und der Vizepräsident von der Landesregierung bestellt […], sondern auch alle sonstigen Mitglieder des Landesverwaltungsgerichtes. Folgt man der Argumentation der Antragsteller, wären daher nicht nur der von ihnen als 'Amtsmitglied' des Geschäftsverteilungsausschusses bezeichnete Präsident und dessen Stellvertreter, sondern das gesamte Gericht per se von Anfang an parteilich und nicht unabhängig. Aus der bundesverfassungsrechtlich vor[ge]gebenen Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsgerichtes durch die Landesregierung ergibt sich kein wie immer gearteter Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mitglieder des Geschäftsverteilungsausschusses. Eine Verletzung des Art6 EMRK liegt daher nicht vor.

Zum behaupteten Verstoß gegen Art135 Abs2 B-VG:

[…] Die Bestimmung der Zahl der sonstigen Mitglieder überlässt Art135 Abs2 B-VG […] dem einfachen Gesetzgeber. Die Regelung über die Besetzung des Geschäftsverteilungsausschusses in §14 Abs1 VGWG, nach der dem Ausschuss die Präsidentin oder der Präsident und die Vizepräsidentin bzw. der Vizepräsident und zwei gewählte Mitglieder angehören, entspricht daher den Vorgaben des Art135 Abs2 B-VG.

Zur behaupteten mangelnden Repräsentation der Vollversammlung:

[…] Die Auffassung der Antragsteller, die gewählten Mitglieder müssten, da sie die Vollversammlung repräsentieren, in einer höheren Zahl bestellt werden[…] als die Amtsmitglieder, trifft nicht zu, da nicht nur die gewählten Mitglieder der Vollversammlung angehören, sondern auch der Präsident und der Vizepräsident (vgl. Art134 Abs1 B-VG und §13 Abs1 VGWG). Auch der Präsident und der Vizepräsident 'repräsentieren' somit die Vollversammlung. […]

Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des §14 Abs5 VGWG:

[…]

[Die angefochtenen] Bestimmungen zielen auf die Findung einer Mehrheit im Geschäftsverteilungsausschuss ab. Anders als die Antragsteller meinen, haben sie, was die Entscheidungsfindung zwischen den Mitgliedern betrifft, nichts zu tun mit dem Kräfteverhältnis zwischen dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten einerseits und den gewählten Mitgliedern des Ausschusses andererseits. Im Gegenteil, sie dienen nicht dazu, dass sich der Vorsitzende bei Stimmengleichheit mittels Ausübung des Dirimierungsrechtes endgültig durchsetzt. Die Ausübung dieses Rechtes soll lediglich dazu führen, den verfassungsmäßigen Auftrag zur Erlassung einer Geschäftsverteilung auch im Fall der Erzielung einer Stimmengleichheit im Ausschuss erfüllen zu können. Um jedoch letztlich dem aus dem demokratischen Grundprinzi

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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