TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/28 2013/07/0079

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Veröffentlicht am 28.11.2013
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Index

L66106 Einforstung Wald- und Weideservituten Felddienstbarkeit
Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/11 Grundbuch;
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §1451;
ABGB §481;
EinforstungsLG Stmk 1983 §4 Abs3;
EinforstungsLG Stmk 1983 §5 Abs2;
GBG 1955 §4;
RegulierungsG Stmk 1921 §1;
RegulierungsG Stmk 1921 §3;
Regulierungspatent 1853 §43;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WWSGG §38 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde

1. des J G, 2. der B G, 3. des R P, 4. des H G, 5. des H L, 6. des

K S, 7. des J K, 8. des O P, 9. der G K, 10. der R H, 11. des B R,

12. des M S, alle in R, alle vertreten durch Mag. Albert Steinrisser, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Pfarrgasse 2, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Februar 2013, Zl. ABT10-LAS16C-5/2013-16, betreffend Teilung nach dem Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. L C in Ö, 2. J F in W, dieser vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte ist Eigentümer von mit Einforstungsrechten (Holz-, Streubezugs- und Weiderechten) der nunmehrigen Beschwerdeführer belasteten Liegenschaften. Einen Teil dieser Liegenschaften verkaufte der Erstmitbeteiligte mit Kaufvertrag vom 25. November 2008 (Nachtrag vom 20. Oktober 2009) an den Zweitmitbeteiligten; die Grenzziehung geht aus einem dem Vertrag beiliegenden Teilungsplan vom 8. Jänner 2009 hervor. Zusätzlich zu diesem Verkauf wurden Übereinkommen zwischen den Vertragsparteien über die Ausübung der Nutzungsrechte abgeschlossen.

Mit rechtskräftigem Bescheid der Agrarbezirksbehörde für Steiermark (ABB) vom 9. November 2010 wurde der Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrages zurückgewiesen, weil die beiliegenden Übereinkommen vom 1. Oktober 2010 bzw. vom 28. Oktober 2010 den gesetzlichen Anforderungen nicht genügten.

Daraufhin schlossen die Vertragsparteien ein neues Übereinkommen über die Ausübung der Nutzungsrechte vom 2. Dezember 2010.

Die belangte Behörde verweigerte mit Bescheid vom 9. November 2011 im Instanzenzug diesem Kaufvertrag samt dem Übereinkommen die agrarbehördliche Genehmigung. Dies wurde damit begründet, dass nicht klar dargelegt sei, auf welche Weise und auf welchen Grundflächen welche Einforstungsberechtigten nach Durchführung der Teilung ihre Nutzungsrechte ausüben könnten. Die Vertragsparteien hätten sich diesbezüglich darauf zu einigen, welche Einforstungsrechte für welche Liegenschaften auf welchen Teilen ausgeübt werden könnten, wo die Anmeldung für Holzbezüge oder das aufzutreibende Vieh entgegengenommen werde und wer für welche Berechtigten die Veranlassung auf Verpflichtetenseite vornehme. Das vorgelegte Übereinkommen werde diesen Anforderungen nicht gerecht.

Die Mitbeteiligten schlossen daraufhin neuerlich ein Übereinkommen über die konkrete Nutzungsausübung vom 5. Juli 2012. Nach dem Inhalt dieses Übereinkommens sollten auch nach der Teilung beide Flächenteile bzw. jeder Eigentümer solidarisch für die Deckung der Einforstungsrechte und allfällige Ablösungsansprüche haften (Punkt I.1. des Übereinkommens). Die gesamte belastete Fläche solle auch hinkünftig so bewirtschaftet und benutzt werden, dass die Einforstungsrechte und deren Ausübung nachhaltig gesichert und für die Nutzungsberechtigten wie bisher gestaltet bleiben (Punkt I.2.). Die Nutzungsrechte näher bezeichneter berechtigter Parteien sollten nach Punkt 2 des Abkommens auf den belasteten Grundstücken des Erstmitbeteiligten, die der übrigen Berechtigten auf den belasteten Grundstücken des Zweitmitbeteiligten ausgeübt werden. Aus dem Wirtschaftsplan für den Zeitraum von 2007 bis 2017 ergebe sich, dass der Bedarf der jeweils zugeordneten Berechtigten auch gedeckt sei. Bei nicht vorhandener Bedeckung habe die jeweils andere verpflichtete Partei ihren Grundstücksteil als Aushilfsgrundstück zur Verfügung zu stellen. In Bezug auf die ihnen konkret zugeteilten Berechtigten hätten die beiden Mitbeteiligten bestimmte näher bezeichnete Leistungen selbst zu erfüllen, wie z.B. die Durchführung des jährlichen Holzverlasses, Auszeige, Abmaß, Mengenverrechnung oder Abmaßmitteilung und Führung der Vormerkbüchel. Dem Übereinkommen ist weiters zu entnehmen, dass die Mitbeteiligten erklärten, die Einforstungsberechtigten würden über einforstungsrelevante Umstände, Vorhaben oder Änderungen insbesondere innerhalb des belasteten Gebietes rechtzeitig informiert und es werde bei allen Nutzungen des belasteten Gebietes auf den Bestand und die Ausübung der Einforstungsrechte Rücksicht genommen.

Mit Bescheid vom 14. September 2012 erteilte die ABB nach Einholung einer fachtechnischen Stellungnahme ihres Amtssachverständigen dem Kaufvertrag die von den Mitbeteiligten begehrte Genehmigung gemäß § 4 Abs. 3 des Steiermärkischen Einforstungsrechte-Landesgesetzes (StELG).

Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, in der sie die Ansicht vertraten, die Zuordnung von Einforstungsberechtigten auf die beiden verpflichteten Liegenschaftsteile widerspreche dem § 4 Abs. 3 StELG, weil die Nutzungsrechte damit inhaltlich verändert würden. Der Liegenschaftsteil des Erstmitbeteiligten biete eine weitaus geringere Gewähr für die nachhaltige Bedeckung der Holzbezugs-, Streubezugs- und Weidenutzungsrechte. Dieser Flächenteil sei kaum erschlossen und weise überwiegend schlechte Holz- und Streubringungslagen auf. Die Holz- und Streubezugsrechte dieser Liegenschaften könnten daher nicht mehr in einer § 18 StELG entsprechenden Art und Weise vom jeweiligen Eigentümer dieses Flächenanteiles erfüllt werden. Eine Nutzungserschwernis liege auch darin, dass der weiter taleinwärts gelegene Flächenteil weiter entfernt von den berechtigten Liegenschaften sei und sich dadurch auch die Anfahrts- und Transportkosten erhöhten. Auch mit der Zuordnung der Weiderechte erlitten diese Beschwerdeführer einen großen Nachteil, weil im Jahr 2007 Reinweideflächen nur im anderen Flächenteil geschaffen worden seien. Ein Weidezaun müsse an der neuen Grundgrenze aufgestellt werden und die Teilungswerber hätten sich mit den dafür aufzuwendenden Kosten nicht auseinandergesetzt. Auf den verpflichteten Flächen lasteten schließlich auch noch Weidenutzungsrechte (von drei O Liegenschaften, im Eigentum der 1.-, 2.-, 11.- und 12.- Beschwerdeführer) aus dem Regulierungsvergleich Nr. 729/1870; diese Rechte seien jedoch nicht zugeordnet worden.

Nach einer weiteren Stellungnahme der Beschwerdeführer zum Teilungsplan bzw. zur fachtechnischen Äußerung des im Verfahren erster Instanz beigezogenen Amtssachverständigen führte die belangte Behörde am 27. Februar 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Vertreter der Einforstungsberechtigten verwies dort unter anderem darauf, dass auch der Regulierungsvergleich Nr. 729/1870 rechtsbegründend, aber nicht berücksichtigt worden sei. Die Genehmigung der Teilung sei rechtswidrig, weil damit eine Abänderung der Regulierungsurkunden vorgenommen und nicht bloß die Ausübung der Nutzungsrechte geregelt worden sei. Aus den bereits im Berufungsverfahren geltend gemachten Gründen sei die Nutzung der Rechte auf dem dem Erstmitbeteiligten zugeordneten Teil benachteiligend. Der Errichter des Vertrages erläuterte in der mündlichen Verhandlung dessen Hintergründe und wies darauf hin, dass der jeweils andere Teil der verpflichteten Grundstücke bei mangelnder Bedeckung als Aushilfsgrundstück diene. Auf dem dem Erstmitbeteiligten verbleibenden Teil seien im Jahr 2012 insgesamt 1,5 km neue Wege gebaut worden, im Jahr 2013 würden es 2,7 km sein. Erhöhte Anfahrts- oder Transportkosten könnten nur marginal sein, weil die Flächen direkt aneinander grenzten. Die Weideberechtigungen der drei O Liegenschaften (Regulierungsvergleich Nr. 729/1870) seien seit mindestens 100 Jahren nicht ausgeübt worden und es müsse erst geprüft werden, ob deren Rechte überhaupt noch bestünden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Februar 2013 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der entscheidungswesentlichen Bestimmungen des StELG damit, dass mit dem Übereinkommen der Teilungswerber den gemäß § 4 Abs. 3 StELG aufgestellten Anforderungen entsprochen werde. Der Rechtsbestand der bestehenden Einforstungsrechte nach der Regulierungsurkunde 1643/1861 werde nicht verändert, denn der Inhalt des Übereinkommens sei nach der Ermächtigung des § 4 Abs. 3 erster Satz leg. cit. auszulegen. Ein Vergreifen im Ausdruck im Übereinkommen schade daher nicht. Auf Grund der Teilung änderten sich die Ausübungsmodalitäten in dem Sinn, dass nach dem Übereinkommen die Holz- und Streubezüge vom einen Teilungswerber für die genannten Liegenschaften und vom anderen Teilungswerber für die übrigen Liegenschaften geleistet würden. Damit werde aber der Rechtsbestand der Nutzungsrechte nicht verändert, der unabhängig von der neuen Besitzgrenze unverändert auf der gesamten Fläche laste.

In weiterer Folge verwies die belangte Behörde in Bezug auf die nachhaltige Bedeckung der Holzbezugs- und Streubezugsrechte auf das Gutachten der Erstbehörde und befasste sich detailliert mit dem Inhalt des Übereinkommens und dessen Auswirkungen auf die Nutzungsrechte der Beschwerdeführer. Näher begründet vertrat sie die Ansicht, dass die unwesentlich weitere Entfernung und auch eine tatsächliche Erhöhung der Anfahrts- und Transportkosten nach § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 letzter Satz StELG deshalb nicht schade, weil die Nutzung dadurch nicht wesentlich erschwert würde. Hinsichtlich der Modalitäten für die Weidenutzungsrechte sei im ersten Rechtsgang ausgeführt worden, dass auch diese aufzuteilen seien, denn weidebelastete Grundstücke befänden sich auf beiden Liegenschaftsteilen. Die Ausübung dieser Weiderechte dürfe allerdings nur nach dem rechtskräftigen Einforstungsplan betreffend Rinder- und Heimweiderechte der ABB vom 6. April 2007 erfolgen, was bedeute, dass an der neuen Besitzgrenze kein Zaun aufzustellen sei.

Zur Berufung der 1.-, 2.-, 11.- und 12.-Beschwerdeführer (Berechtigte aus dem Regulierungsvergleich Nr. 729 vom 26. August 1870) sei auszuführen, dass aus der zeitgleichen Ersichtlichmachung der Einforstungsrechte im Grundbuch abgeleitet werden könne, dass sich die Berechtigung nur auf diese Grundstücke (der EZ. 431) erstrecke. Diese Vermutung hätte von den Berechtigten in der mündlichen Verhandlung auch nicht entkräftet werden können. Insbesondere sei eine aktuelle tatsächliche Rechtsausübung nicht behauptet worden. Nachdem jene Grundstücke aber nach dem Teilungsvertrag dem Zweitmitbeteiligten allein ins Eigentum übertragen werden sollten, erübrige sich die Erwähnung dieser Nutzungsrechte im Übereinkommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Auch die zweitmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die verfahrensgegenständlichen Bestimmungen des StELG haben folgenden Wortlaut:

"Übertragung auf Trennstücke

§ 4. (1) ...

(3) Im Falle einer Teilung des verpflichteten Gutes bleibt der Rechtsbestand der Nutzungsrechte unberührt. Bei einer Teilung eines verpflichteten Gutes ist jedoch eine agrarbehördliche Genehmigung erforderlich, wobei dem Antrag auf eine solche Genehmigung ein Übereinkommen beizulegen ist, in welchem die Teilungswerber festlegen, wie und wo in Hinkunft die Nutzungsrechte ausgeübt werden. § 5 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden. Ohne diese Genehmigung darf die Teilung der verpflichteten Liegenschaft im Grundbuch nicht durchgeführt werden. Die Berechtigten haben Parteistellung nach § 50 Abs. 2.

Veränderung von Nutzungsrechten

§ 5. (1) ….

(2) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn der beabsichtigten Änderung Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen, insbesondere wenn mit Grund angenommen werden kann, dass die Änderung aus anderen als wirtschaftlichen Gründen angestrebt wird. Die teilweise Übertragung eines Nutzungsrechtes von einer berechtigten Liegenschaft auf eine andere darf weiters nicht bewilligt werden, wenn die Übertragung zu einer unwirtschaftlichen Rechtszersplitterung führt oder eine unverhältnismäßige Erschwernis in der Wirtschaftsführung des Verpflichteten nach sich zieht. Die Übertragung des Nutzungsrechtes von einer verpflichteten Liegenschaft auf eine andere ist nicht zuzulassen, wenn diese eine geringere Gewähr für die nachhaltige Deckung des Nutzungsrechtes als die bisher verpflichtete Liegenschaft bietet oder die Nutzung dadurch wesentlich erschwert würde.

(3) ..."

2. Die Beschwerdeführer bringen vor, das agrarbehördlich genehmigte Übereinkommen stelle einen Eingriff in ihre Rechte und nicht nur eine Nutzungsregelung in Bezug auf deren Ausübung dar. Es werde in die Regulierungsvergleiche eingegriffen, die den Nutzungsrechten zugrunde lägen. Die belangte Behörde hätte schon deshalb das Übereinkommen der Teilungswerber nicht genehmigen dürfen.

Nun ist dem Übereinkommen vom 5. Juli 2012 ausdrücklich schon in der Überschrift zu entnehmen, dass es sich um die (Unterstreichungen nicht im Original) "Ausübung der Holz-, Streu- und Weidenutzungsrechte" handelt. Ausdrücklich ergibt sich aus Punkt 1. des Übereinkommens, dass alle Einforstungsrechte durch die Teilung des verpflichteten Gutes "unberührt bestehen bleiben" und dass "beide Flächenteile bzw. ihre Eigentümer (...) auch nach Teilung solidarisch für die Deckung der Einforstungsrechte und allfälliger Ablösungsansprüche" haften. Auch aus Punkt 1.2 des Übereinkommens geht die Absicht der vertragsschließenden Parteien eindeutig hervor, die gesamte belastete Fläche auch nach der Teilung so zu bewirtschaften und zu nutzen, dass die Einforstungsrechte und deren Ausübung nachhaltig gesichert und wie bisher gestaltet blieben. Aus Punkt 1.1 und Punkt 2 des Übereinkommens lässt sich weiters ableiten, dass bei allfälliger nicht vorhandener Bedeckung die jeweils andere verpflichtete Partei ihren Grundstücksteil als Aushilfsgrundstück zur Verfügung stellt.

Ungeachtet der Formulierung im Übereinkommen, wonach der Erstbzw. der Zweitmitbeteiligte "sämtliche Einforstungsrechte näher genannter Personen übernimmt", ist angesichts des Gesamtregelungsinhalts des Übereinkommens daher ohne Zweifel davon auszugehen, dass es dabei lediglich um die konkrete Ausübung der Nutzungsrechte dieser Berechtigten und nicht um eine Änderung dieser Rechte selbst geht.

Das Übereinkommen stellt daher keinen Eingriff in den Rechtsbestand der Einforstungsrechte dar.

3. Die Beschwerde weist weiters darauf hin, dass das Übereinkommen unvollständig sei, weil auf den Teilungsgrundstücken auch Weidenutzungsrechte von drei näher genannten O Liegenschaften (im Eigentum der 1.-, 2.-, 11.- und 12.-Beschwerdeführer) lasteten. Die belangte Behörde irre, wenn sie meine, dass diese Rechte mangels aktueller Rechtsausübung im Übereinkommen nicht hätten erwähnt werden müssen. Nach dem Gesetzestext hätte sich ein Übereinkommen auf die künftige Ausübung aller auf dem verpflichteten Gut lastender Nutzungsrechte zu erstrecken, ungeachtet dessen, ob diese derzeit gerade ausgeübt würden oder nicht.

Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer eine Unvollständigkeit bzw. Ergänzungsbedürftigkeit des Übereinkommens auf.

3.1. Nach § 4 Abs. 3 StELG ist einem Antrag auf Genehmigung eines die verpflichteten Flächen teilenden Kaufvertrages ein Übereinkommen beizulegen, in welchem die Teilungswerber festlegen, wie und wo in Hinkunft die Nutzungsrechte ausgeübt werden. Eine sinnvolle künftige Ausübung der Nutzungsrechte auf den Trennteilen setzt aber voraus, dass sämtliche auf den von der Teilung betroffenen Flächen lastenden Nutzungsrechte im Übereinkommen Berücksichtigung finden.

Auf den verfahrensgegenständlichen Flächen lasten zum einen die Nutzungsrechte der 1.- bis 10.- Beschwerdeführer, die auf den Regulierungsvergleich 1683/1861 zurückgehen (in Bezug auf die 1.- und 2.-Beschwerdeführer als "vlg. L") und zum anderen die Nutzungsrechte der 1.- 2.-, 11.- und 12.- Beschwerdeführer (in Bezug auf die 1.- und 2. Beschwerdeführer als "vlg. G"), die im Regulierungsvergleich 729/1870 gründen.

Der Regulierungsvergleich 729/1870 nennt in seinem Punkt II A als weidebelastete Objekte die Grundstücke 1663, 1664 und 1665 im Gesamtausmaß von 141 Joch und 1471,3 Klafter. Unter Punkt II B findet sich als weiteres belastetes Gut die Parzelle 714/a im Ausmaß von 556 Joch und 1594 Klafter. Auf diesen Flächen lasten näher festgelegte Weiderechte der Stammsitzliegenschaften vlg. G, vlg. K und vlg. M (= 1.-, 2. , 11.- und 12.-Beschwerdeführer).

Die Berücksichtigung auch der letztgenannten Nutzungsrechte im Übereinkommen haben die Beschwerdeführer bereits während des Verwaltungsverfahrens eingemahnt. Die belangte Behörde ging von der Rechtmäßigkeit des ohne inhaltliche Berücksichtigung dieser Rechte geschlossenen Übereinkommens zum einen deshalb aus, weil im Grundbuch nur die EZ. 431 als mit diesen Weiderechten belastet aufschien und diese EZ, die aus den Grundstücken 1663/4, 1664 und 1665 besteht, nach dem Kaufvertrag allein im Eigentum des Zweitmitbeteiligten stehen soll; hingegen wies das Grundstück 714/a (nunmehr offenbar: 714/1), von dem im Regulierungsvergleich 729/1870 ebenfalls als belastetes Grundstück die Rede ist, im Grundbuch die Belastung mit den genannten Nutzungsrechten nicht auf. Zum anderen wies die belangte Behörde auf das Fehlen einer Behauptung aktueller Rechtsausübung hin. Auch die Mitbeteiligten gingen von einer Nichtausübung dieser Rechte und daher davon aus, dass nicht gesichert feststehe, ob diese Rechte überhaupt noch bestünden.

3.2. Feststellungen über eine in der Zwischenzeit erfolge Ablöse der mit dem Regulierungsvergleich 729/1870 eingeräumten Einforstungsrechte hat die belangte Behörde nicht getroffen; sie ging vielmehr angesichts der vorhandenen Grundbucheintragung vom aufrechten Bestand zumindest der nach Punkt II A des Regulierungsvergleichs genannten Weiderechte aus.

Nun sind Eintragungen von Einforstungsrechten im Grundbuch nicht konstitutiv, sondern lediglich deklarativ; durch die Eintragung im Grundbuch können solche Nutzungsrechte weder begründet noch abgeändert werden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 1995, 94/07/0128, vom 17. Februar 2011, 2009/07/0105, und vom 26. Juli 2012, 2008/07/0173). Umgekehrt kann aus dem Umstand, dass Einforstungsrechte nicht im Grundbuch eingetragen wurden, nicht geschlossen werden, diese würden nicht oder nicht mehr bestehen.

Mit der Frage der Verjährung von Einforstungsrechten in der Steiermark infolge Nichtausübung hat sich der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, 2003/07/0156, näher befasst. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, näher dargelegt, aus welchen Gründen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 - im Gegensatz zur davor bestehenden Rechtslage - ein Erlöschen von Einforstungsrechten durch Verjährung nicht mehr möglich war (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2011, 2009/07/0094).

Die Frage, ob eine allfällige Nichtausübung dieser bereits im Jahr 1870 begründeten Rechte zu ihrem Erlöschen führte oder nicht, wurde mangels näherer Ermittlungen zur Frage der Ausübung dieser Rechte vor dem Jahr 1922 durch die belangte Behörde nicht beantwortet. Bestanden die Rechte aber im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 noch, so konnten sie durch eine spätere Nichtausübung auch nicht mehr erlöschen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass diese Nutzungsrechte weiterhin im urkundlich verbrieften Ausmaß, somit sowohl auf den in Punkt II A als auch auf den in Punkt II B genannten Flächen des Regulierungsvergleichs bestehen und daher von den Berechtigten im dort genannten Ausmaß jederzeit ausgeübt werden können.

Mit den auf dem Grundstück Nr. 714a lastenden Rechten hat sich die belangte Behörde nicht weiter befasst. Das im Regulierungsvergleich 729/1870 genannte (große) Grundstück Nr. 714a wird offenbar nunmehr als Grundstück Nr. 714/1 bezeichnet und wurde in Folge des Kaufvertrages geteilt (in das Grundstück 714/1 und 714/4), sodass - für den Fall ihres Bestandes - die Nutzungsrechte der drei berechtigten Stammsitzliegenschaften auf beiden Teilflächen (des Erstmitbeteiligten und des Zweitmitbeteiligten) lasten, ohne dass diesbezüglich im Übereinkommen Regelungen getroffen worden wären.

Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass im Kopf des Übereinkommens zusätzlich zum Regulierungsvergleich 1643/1861 auch der Regulierungsvergleich 729/1870 erwähnt wird. Die Nutzungsrechte aus dem Regulierungsvergleich 729/1870 wurden aber im Übereinkommen nicht berücksichtigt; dies zeigt sich darin, dass bei der "Zuteilung" der Einforstungsberechtigten zu den Grundflächen der Mitbeteiligten die 11.- und 12.-Beschwerdeführer gänzlich fehlen; die 1.- und 2.-Beschwerdeführer wurden offenbar nur in Bezug auf die ihnen als "vlg. L" aus dem Regulierungsvergleich 1683/1861 erwachsenden Rechte vom Übereinkommen erfasst. Das Übereinkommen vom 5. Juli 2012 regelt daher nur die Ausübung der aus diesem Regulierungsvergleich erfließenden Einforstungsrechte.

3.3. Weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Nutzungsrechte aus dem Regulierungsvergleich 729/1870 noch im vollen Umfang bestehen, kann aber nicht davon gesprochen werden, dass dieses Übereinkommen alle auf den Teilflächen lastenden Nutzungsrechte berücksichtigt hat und die weitere Ausübung aller Nutzungsrechte regelt.

Durch die Genehmigung eines Übereinkommens, das bestehende Nutzungsrechte auf den Teilstücken nicht berücksichtigt, würden aber nicht nur die Rechte der durch den Regulierungsvergleich 729/1870 unmittelbar berechtigten Beschwerdeführer verletzt; durch die Nichtberücksichtigung dieser Nutzungsrechte könnte auch die Ausübung der Rechte der übrigen Beschwerdeführer beeinträchtigt werden, könnte sich doch dadurch eine andere Belastungssituation der von der Teilung betroffenen Grundflächen ergeben. So wäre bei der Prüfung der Frage, ob die zur Nutzung einem Teil der Berechtigten zugewiesenen Grundstücke des Zweitmitbeteiligten nun nach § 5 Abs. 2 StELG eine geringere Gewähr für die nachhaltige Deckung des Nutzungsrechtes als die bisher verpflichtete Liegenschaft bieten, auch eine vorhandene Belastung durch (andere) Weiderechte zu berücksichtigen. Aus diesem Grund verletzt der angefochtene Bescheid nicht nur die Rechte der 1.-, 2.-, 11.- und 12.-Beschwerdeführer, sondern aller Beschwerdeführer.

4. Aus den obgenannten Gründen ergibt sich eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes; die notwendigen Ermittlungen wurden von der belangten Behörde in Verkennung der Rechtslage unterlassen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Auf das übrige Beschwerdevorbringen war somit nicht weiter einzugehen.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. November 2013

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2013070079.X00

Im RIS seit

20.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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