TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/16 2003/07/0156

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Veröffentlicht am 16.12.2004
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Index

L66106 Einforstung Wald- und Weideservituten Felddienstbarkeit
Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §1451;
ABGB §1452;
ABGB §472;
AVG §1;
AVG §66 Abs2;
AVG §68 Abs1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §1 Abs1;
RegulierungsG Stmk 1921 §1;
RegulierungsG Stmk 1921 §3;
Regulierungspatent 1853 §1 Z1;
Regulierungspatent 1853 §1 Z2;
Regulierungspatent 1853 §1 Z3;
Regulierungspatent 1853 §1 Z3a;
Regulierungspatent 1853 §43;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §63 Abs1;
VwRallg;
WWSGG §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der Österreichische Bundesbahnen, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. Juni 2000, Zl. 8 - LAS 16 O 2/15-00, betreffend Zäunungsverpflichtung (mitbeteiligte Parteien: 1. Matthias G, 2. Günther K, 3. Hubert S, 4. Alois M,

5. Katharina M, 6. Margarethe P, 7. Erika P und 8. Johann P, alle in B, 9. Erika P in G, alle vertreten durch die Einforstungsgenossenschaft B, diese vertreten durch den Obmann Andreas H in O, 10. Hans S in E, 11. Eva M in W , 12. Christa M in W, 13. Kris P, vertreten durch Birgit Poulsen in 8990 Bad Aussee, Lerchenreith 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Antrag vom 12. Mai 1995 wandten sich die Weideberechtigten entlang der Kronprinz Rudolf-Bahn, Strecke Bad Mitterndorf bis Bad Aussee/Koppen, an die Agrarbezirksbehörde Stainach (ABB) und beantragten, die ABB möge den im Bereich dieses Bahnabschnittes weidebelasteten Grundeigentümern ohne Aufschub gemäß § 1 Abs. 4 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983 Maßnahmen vorschreiben, die eine gefahrlose Ausübung der urkundlich verbrieften Weidenutzungsrechte im Bereich des Bahnkörpers, ohne zusätzliche Aufwendungen oder Belastungen der Weideberechtigten, wieder gewährleisteten. Als Verpflichtete nannten die Antragsteller die Österreichischen Bundesbahnen, weil im Jahre 1878 das zuvor belastete k.k. Aerar Teile der Weiderechtsgebiete an die k.k. privilegierte Kronprinz Rudolf-Bahn (heute: Österreichische Bundesbahnen) zum Zwecke des Baues der Salzkammergutbahn abgetreten habe.

Zu diesem Antrag nahm die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27. Juni 1995 dahingehend Stellung, dass hinsichtlich der Zaunerhaltung keine privatrechtliche Vereinbarung bestehe und dass die Bestimmung des § 20 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes (EisbG), wonach für den Fall, dass Sicherheitserfordernisse dies verlangten, eine Verpflichtung zur Errichtung von Einfriedungen bestehe, nicht anwendbar sei. Aufgrund der Größe und des Gewichtes des bei der Beschwerdeführerin in Verwendung stehenden rollenden Materials hätten sich die Sicherheitsaspekte wesentlich geändert und das auf den Gleisanlagen allenfalls befindliche Weidevieh stelle keine Gefahr mehr für die Sicherheit des Bahnbetriebes dar. Der Schutzzweck der Norm des § 20 Abs. 3 EisbG umfasse lediglich den Schutz der Bahnanlagen, nicht aber den Schutz vor Schäden an den Weidetieren der Anrainer.

Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vom 7. November 1995 vertrat die Beschwerdeführerin darüber hinaus die Ansicht, anlässlich der Errichtung der Salzkammergutbahn seien die ursprünglich mit urkundlichen Weiderechten belasteten Grundflächen lastenfrei erworben worden und der Sicherungsantrag gemäß § 1 Abs. 4 des Steiermärkischen Einforstungsrechtegesetzes 1983 gehe mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin ins Leere. Zudem sei eine Zuständigkeit der Agrarbehörde gemäß § 49 Abs. 3 lit. c leg. cit. nicht gegeben.

Die Antragsteller (darunter die mitbeteiligten Parteien) verwiesen auf näher genannte Regulierungserkenntnisse und vertraten die Ansicht, dass weite Strecken des Bahnkörpers der Salzkammergutbahn mit Weidenutzungsrechten belastet seien; seit mehr als 100 Jahren würden vom Bahnbetreiber entlang dieses Bahnkörpers Weidezäune erhalten, erst in den letzten Jahren sei dieser Verpflichtung nicht mehr nachgekommen worden.

Mit Bescheid vom 29. Februar 1996 verhielt die ABB gemäß § 1 Abs. 4 und § 48 Abs. 2 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983, LGBl. Nr. 1 (StELG 1983), die Beschwerdeführerin als aufgrund näher bezeichneter Regulierungsurkunden verpflichtete Partei dazu, auf eigene Kosten bis zum 10. Mai 1996 einen viehdichten Weidezaun entlang des Bahnkörpers der Salzkammergutbahn zu errichten und zu erhalten.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. April 1997 wurde dieser Bescheid der ABB aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die ABB zurück verwiesen. Aus der Begründung dieses Bescheid geht hervor, dass nach Ansicht der belangten Behörde die ABB nicht über eine Angelegenheit der Eisenbahnen entscheiden habe, sondern über eine Einforstungsangelegenheit (Sicherung der Ausübung von Weiderechten). Eine Entscheidung über die örtliche Situierung des viehdichten Weidezaunes sei durch den bekämpften Bescheid nicht getroffen worden. Das Berufungsvorbringen sei jedoch sinngemäß insofern im Recht, als es dem angefochtenen Bescheid an der Bestimmtheit mangle, welche Eigentümer von Liegenschaften bzw. Grundstücken verpflichtet (mit Einforstungsrechten belastet) und berechtigt seien. Es werde im Spruch des Bescheides zwar auf verschiedene Regulierungsurkunden verwiesen, denen zufolge verschiedene Grundstücke berechtigt und verpflichtet seien, jedoch mangle es an der Feststellung, welche Grundstücke oder Liegenschaften in concreto von den Sicherungsmaßnahmen betroffen seien; es sei durchaus denkbar, dass neben den in den Urkunden als "abgelöst" aufscheinenden Liegenschaften noch weitere Liegenschaften einem allfälligen Ablöseverfahren unterzogen worden seien. In diesem Zusammenhang sehe sich die Berufungsbehörde allerdings veranlasst, darauf hinzuweisen, dass Einforstungsrechte von der Geltung des Eintragungsgrundsatzes ausgenommen seien.

Nach einem Hinweis auf eine Urkunde vom 14. September 1971, wonach die Beschwerdeführerin eine auf Grundlage eines Regulierungsvergleiches aus dem Jahr 1873 bestehende Zaunerhaltungsverpflichtung für einen Zaun entlang der Bahnstrecke (im Bereich Stainach/Irndning - Schärding), gegenüber näher bezeichneten Weideberechtigten (durch die Zahlung eines Betrages seitens der Beschwerdeführerin in einer näher genannten Höhe) abgelöst hatte, wiederholte die belangte Behörde als Aufhebungsgrund den Umstand, dass es dem bekämpften Bescheid an Bestimmtheit hinsichtlich der Feststellung der betroffenen Grundeigentümer mangle. Diesbezügliche Feststellungen könnten nur in einem Regulierungs-(Neuregulierungs)verfahren, in welchem der Agrarbehörde nach Einleitung umfassende Entscheidungskompetenz zukomme, getroffen werden. Darüber hinaus mangle es dem bekämpften Bescheid an der Bestimmtheit auch insofern, als der Umfang der Verpflichtung nicht durch die Angabe der Länge (Bahnkilometer) näher festgelegt worden sei.

Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

In diesem Zusammenhang stellte die ABB mit Schriftsatz vom 17. Dezember 1997 an die Beschwerdeführerin die Anfrage, ob seitens der Beschwerdeführerin noch gegenüber anderen, entlang der Kronprinz Rudolf- Bahnstrecke auf den Grundstücken der ÖBB weideberechtigten Liegenschaftseigentümern die Zaunerhaltungsverpflichtung in Geld abgelöst worden sei.

Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 1998 erklärte die Beschwerdeführerin, mangels namentlicher Nennung jener Weideberechtigter bzw. deren Rechtsvorgänger, die den angeblichen Rechtsanspruch auf Erhaltung der Weidezäune gegenüber der Beschwerdeführerin geltend machten, sei die Ermittlung allfällig getätigter Ablösezahlungen unmöglich. Die Weideberechtigten seien bis dato nicht in der Lage gewesen, Nachweise vorzulegen, wonach ein Anspruch auf Erhaltung der Weidezäune durch die Beschwerdeführerin bestehe.

Mit Schreiben vom 20. November 1998 gab die ABB gegenüber der Beschwerdeführerin bekannt, im Zuge ihres ergänzenden Ermittlungsverfahrens habe sie sich aufgrund des aufwändigen Verwaltungs- und Arbeitsaufwandes entschlossen, bis zur endgültigen höchstgerichtlichen Entscheidung über eine allfällige Zaunerrichtungsverpflichtung der ÖBB "quasi in einem Musterverfahren" zunächst nur hinsichtlich eines Teilstückes der Kronprinz Rudolf-Bahn (beginnend von der Landesgrenze entlang des Grundstückes Nr. 1552/1 bis zum Grundstück Nr. 1551/4, je KG S) über den Antrag der Einforstungsberechtigten auf Errichtung eines Weidezaunes bescheidmäßig abzusprechen. In diesem Sinne werde daher in den nächsten Wochen ein Bescheid erlassen, der über die Zäunungsverpflichtung in einer Länge von ca. 4,5 km abspreche.

Mit Bescheid der ABB vom 11. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 1 Abs. 4 und § 48 Abs. 2 StELG als aufgrund des Regulierungsvergleiches Zl. 1173/1863 verpflichteten Partei aufgetragen, auf eigene Kosten bis spätestens 25. Mai 1999 (das ist der Beginn der Weideperiode) einen viehdichten Weidezaun (z.B. zweireihiger Stacheldrahtzaun) entlang des Bahnkörpers der Salzkammergutbahn (linksseitig) - beginnend von Streckenkilometer 32250 bis 33340 und in weiterer Folge von Streckenkilometer 33532 bis 36880 (Landesgrenze) - zu errichten und zu erhalten.

Aus der Begründung geht hervor, dass sich die im Spruch verfügte Zäunungsverpflichtung auf das Weidegebiet der Koppentröttalpe beziehe. Aufgrund des Regulierungsvergleiches Zl. 1173/1863 seien den Grundbesitzern aus den Ortschaften Eselsbach, Reith und Lerchenreith Alps- und Waldweiderechte auf der dem hohen Salinen-Aerar eigentümlichen Koppentröttalm für Kühe, Kälber, einen Stier und geringelte Schweine zureguliert worden. Das Koppentröttalmgebiet sei in der Steuergemeinde S gelegen und es ziehe sich gemäß Punkt II des bezughabenden Regulierungsvergleiches die Grenze "gegen Nord nach der Koppentraun, gegen Osten nach dem Zaun der Seichtau, gegen Westen nach der Landesgrenze, gegen Süden nach dem mittleren Bürgerweg und den Fidl bis zum Kalkgraben." Mit den urkundlichen Einforstungsrechten seien die Parzellen Nr. 1552 und 1553/a, je KG S, belastet, wobei nur das Grundstück Nr. 1552 (nunmehr 1552/1) an den Eisenbahnkörper (Grundstücke Nr. 1607/1 und 1607/2 je KG S) angrenze und daher verfahrensrelevant sei.

Nach Darstellung des Umstandes, dass aufgrund einer bereits vor dem Jahre 1873 durchgeführten Vermessung das urkundliche Grundstück Nr. 1552 in die Grundstücke Nr. 1552/1 und 1552/5 geteilt worden sei, und begründenden Ausführungen dazu, dass die Grundstücksnummern des Streckenkörpers der Kronprinz Rudolf-Bahn sich auf dem ehemaligen Grundstück Nr. 1552 befänden, stellte die ABB fest, dass die Salzkammergutbahn auf den mit den vorbeschriebenen urkundlichen Weiderechten belasteten k.k. Aerarflächen errichtet worden sei. Im Ermittlungsverfahren hätten keine Anhaltspunkte dafür gefunden werden können, dass im verfahrensgegenständlichen Weidegebiet bereits Zäunungsverpflichtungen durch die Beschwerdeführerin abgelöst worden seien. Der Umfang der Zäunungsverpflichtung ergebe sich aus Punkt II des Regulierungsvergleiches Zl. 1173/1863 (urkundliche Beschreibung des Weidegebietes) und sei nunmehr durch die im Spruch angegebenen "Bundesbahnstreckenkilometer" exakt festgelegt.

Nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 1, 48 Abs. 2, 49 Abs. 1 bis 3 StELG 1983 fuhr die ABB fort, bereits im Erkenntnis der belangten Behörde vom 23. April 1997 sei dargelegt worden, dass die ABB nicht über eine Angelegenheit der Eisenbahn zu entscheiden haben, sondern über eine Einforstungsangelegenheit (Sicherung der Ausübung von Weiderechten).

Zum Einwand, die Beschwerdeführerin habe anlässlich der Errichtung der Salzkammergutbahn die Grundflächen lastenfrei, d.h. ohne Mitübertragung von Einforstungsrechten erworben, der Bahnkörper sei nicht durch urkundliche Einforstungsrechte belastet und der Sicherungsantrag der Einforstungsberechtigten gehe daher mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin ins Leere, stellte die ABB fest, dass gemäß der Aufsandungsurkunde vom 9. März 1879 - dies sei die einzige vorliegende Urkunde, in der die Abtretung von aerarischen Grundstücken an die Eisenbahngesellschaft schriftlich dokumentiert sei, - "die k.k. Forst- und Domänendirektion zu Gmunden in Vertretung des k.k. Aerars, die für die Errichtung der Salzkammergutbahn beanspruchten Grundflächen im Vergleichswege als lastenfreies Eigentum an die k.k. privilegierte Kronprinz Rudolf-Bahngesellschaft käuflich abgetreten habe." Der geltend gemachte lastenfreie Erwerb der einforstungsbelasteten Bahngrundstücke bzw. die in der vorgenannten Aufsandungsurkunde festgehaltene lastenfreie Abschreibung sage nichts über den Bestand oder Nichtbestand von Einforstungsrechten aus, weil diese Rechte dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnen und zivilrechtliche Normen zur Beantwortung der Frage des Bestandes oder Nichtbestandes nicht heranzuziehen seien.

Zu prüfen sei daher gewesen, ob der Bahnkörper im Bereich der weidebelasteten Grundstücke nicht doch anlässlich seiner Errichtung auf gesetzmäßigem Wege durch die k.k. Stadthalterei als Grundlasten-Ablösungs- und Regulierungs-Landeskommission von den im Jahre 1863 zuregulierten Weidenutzungsrechten befreit worden sei. Denn schon nach der Rechtslage zum Zeitpunkt des käuflichen Erwerbes der Bahngrundstücke im Jahre 1879 habe es für die Freistellung der abgetretenen Grundstücke von den darauf haftenden Einforstungsrechten eines gesonderten öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaktes bedurft. Da ein solcher Lastenfreistellungsakt von der Beschwerdeführerin nicht habe vorgelegt werden können bzw. auch im amtswegigen Ermittlungsverfahren nicht habe aufgefunden werden können, sei davon auszugehen, dass der Bahnkörper in Koppentröttalmgebiet noch mit den urkundlichen Einforstungsrechten belastet sei und der Beschwerdeführerin die Stellung als verpflichtete Partei zukomme.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass die verfahrensgegenständlichen Eisenbahngrundstücke im Grundbuch nicht mit den in Rede stehenden Einforstungsrechten belastet seien. Die Eintragung von Einforstungsrechten im Grundbuch sei nicht konstitutiv, sondern habe lediglich deklarativen Charakter. In diesem Zusammenhang sei auch auf Punkt II des Regulierungsvergleiches aus 1863 zu verweisen, wonach aus der Beschreibung des belasteten Weidegebietes unmissverständlich hervorgehe, dass der Bahnkörper der Kronprinz Rudolf-Bahn innerhalb des belasteten Koppentröttalmgebietes errichtet worden sei. Sohin sei festzustellen, dass der Beschwerdeführerin der Nachweis einer Entlastung von den gegenständlichen Weiderechten auf den Bahngrundstücken nicht gelungen sei, der Bahnkörper im Koppentröttalmgebiet nach wie vor mit den urkundlichen Weiderechten belastet sei und daher den Österreichischen Bundesbahnen die Stellung als verpflichtete Partei zukomme. Zur Sicherung eines geordneten und gefahrlosen Weidebetriebes seien daher die Beschwerdeführer als verpflichtete Partei zur Errichtung und Erhaltung der Einzäunungen im Koppentröttalmgebiet entlang der Bahnkörper zu verpflichten gewesen, zumal andere Vorkehrungen zur Sicherung der Nutzungsrechte der Einforstungsberechtigten im Sinne des § 1 Abs. 4 StELG 1983 als die Errichtung von viehdichten Weidezäunen entlang der Bahnkörper weder denkbar, zeitgemäß noch zielführend seien. Abschließend wurde festgestellt, dass es aufgrund der zeitlichen Abfolge (Errichtung der Kronprinz Rudolf-Bahn zehn Jahre nach Regulierung) undenkbar erscheine, dass die Berechtigten, die für die Errichtung der gegenständlichen Eisenbahnanlage de facto eine Verkleinerung ihres Weidegebietes auf sich nehmen mussten, nun auch für die Zaunerrichtung bzw. Zaunerhaltung aufkommen müssten.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der sie geltend machte, es fehle ihr die Parteistellung als Verpflichtete, weil die Verjährungsbestimmungen des ABGB anzuwenden gewesen wären; der verpflichtete Teil (die Beschwerdeführerin) habe sich durch den Bau der Bahn der Ausübung des Servitutes widersetzt, der Berechtigte habe durch drei aufeinander folgende Jahre sein Recht nicht geltend gemacht (§ 1488 ABGB). Für die Geltendmachung eines Rechtes in diesem Zeitraum hätten die nunmehr Berechtigten keinen Nachweis erbringen können. Jedenfalls sei das Weiderecht nach Ablauf von 30 Jahren ab Errichtung der Bahn verjährt und seien die Grundstücke der Beschwerdeführerin daher nicht mehr weidebelastet.

Unter der Überschrift "Ermessensmissbrauch" wendet die Beschwerdeführerin ein, die Kostenüberwälzung an sie sei das Ergebnis missbräuchlicher Anwendung des in § 1 Abs. 4 StELG 1983 der Behörde eingeräumten Ermessens. Die von der Behörde vorgeschriebene Errichtung und Erhaltung von Weidezäunen widerspreche dem Sinn des § 1 Abs. 4 leg. cit. sowie dem Charakter der Dienstbarkeit, die sich auf der verpflichteten Seite in einem Dulden bzw. Unterlassen erschöpfe; eine Dienstbarkeit bestehe nie aus einem aktiven Tun.

Weiters macht die Beschwerdeführerin mangelnde Bestimmtheit des Bescheidspruches geltend, weil nur von einer Situierung des geforderten Weidezaunes "entlang der Bahnstrecke" die Rede sei. Schließlich sei die Behörde unzuständig, weil gemäß § 28 EisbG die Errichtung von Anlagen jeder Art im Bauverbot bzw. Gefährdungsbereich (12 m von der Gleisachse) von der Zustimmung der Eisenbahnbehörde abhängig und somit eine Angelegenheit der Eisenbahnen sei. Schließlich würde auch gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, nämlich gegen das Verbot der Verpflichtung zur Zwangs- und Pflichtarbeit gemäß Art. 4 Abs. 2 MRK verstoßen.

Die belangte Behörde führte am 28. Juni 2000 eine mündliche Verhandlung durch, bei der die Verfahrensparteien die bisher vertretenen Rechtsstandpunkte wiederholten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 2000 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab; der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde dahingehend richtig gestellt (§ 62 Abs. 4 AVG), dass die Kilometerbezeichnung "33532" richtig "33352" zu lauten habe; gemäß § 59 Abs. 2 AVG wurde für die Herstellung des spruchgemäßen Zustandes eine Frist bis längstens 11. Mai 2001 festgelegt.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen des StELG 1983 befasste sich die belangte Behörde mit den einzelnen Themen der Berufung der Beschwerdeführerin. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Weiderechte seien nach Ablauf von 30 Jahren verjährt, argumentierte die belangte Behörde dahingehend, dass bis zur Erlassung des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, für die Nutzungsrechte der im § 1 Z. 1 bis 3a bezeichneten Art die Bestimmungen des ABGB, insbesondere jene über die Dienstbarkeiten, gegolten hätten. Das Patent habe Spezialbestimmungen für diese Nutzungsrechte geschaffen, da das ABGB als nicht ausreichend erkannt worden sei. Durch das Patent sei aber die Anwendung des ABGB nicht zur Gänze ausgeschlossen worden, sondern nur hinsichtlich der im Patent selbst geregelten Fragen; neben den Bestimmungen des Patentes hätten daher jene des ABGB für diese Nutzungsrechte gegolten. Der Bestand von Einforstungsrechten sei von deren Eintragung in die öffentlichen Bücher unabhängig. Darüber hinaus finde die Verjährung derartiger Recht durch Nichtausübung nicht statt, sofern es sich um solche Dienstbarkeiten handle, die nach dem kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853 einer Regulierung unterzogen worden seien. Wie die Beschwerdeführerin selbst anführe, sei die Kronprinz Rudolf- Bahn ca. im Jahre 1873 auf den weidebelasteten Grundstücken Nr. 1607/1 und Nr. 1607/2 errichtet worden und komme ihr daher im gegenständlichen Fall als Eigentümerin verpflichteter Grundstücke Parteistellung im Sinne des § 50 StELG 1983 zu.

Hinsichtlich des Vorwurfes des Ermessensmissbrauches führte die belangte Behörde nach Hinweis auf Punkt III der Regulierungsurkunde vom 26. September 1863, wonach den Berechtigten die Weide im ganzen Umfang des leistungspflichtigen Objektes zustehe und sich daher auch auf den Bereich der heutigen Bahntrasse erstrecke, aus, dass die Ausübung der aufrecht bestehenden Einforstungsrechte durch den Eisenbahnbetrieb unmöglich gemacht werde, sodass die erstinstanzlich festgelegten Vorkehrungen zur Sicherung dieser Rechte im Sinne des § 1 Abs. 4 StELG 1983 gerechtfertigt seien. Die Beschwerdeführerin beeinträchtige bestehende Einforstungsrechte durch aktives Tun, was die erstinstanzlich festgelegten Vorkehrungen zur Sicherung dieser Rechte rechtfertige. Auch eine mangelnde Bestimmtheit des Spruches sei nicht erkennbar, zumal die Eigentümer der weideberechtigten Liegenschaften ausdrücklich angeführt seien. Zum Berufungseinwand der Unzuständigkeit der ABB zufolge der Bestimmung des § 49 Abs. 3 lit. c StELG 1983 entgegnete die belangte Behörde, die ABB habe nicht über eine Angelegenheit der Eisenbahnen entschieden, sondern über eine Einforstungsangelegenheit (Sicherung der Ausübung von Weiderechten). Eine Entscheidung über die örtliche Situierung des viehdichten Weidezaunes (z.B. im Bauverbots-, Gefährdungs- oder Feuerbereich nach dem Eisenbahngesetz 1957) sei durch den bekämpften Bescheid nicht getroffen worden. Verstöße gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte seien nicht erweislich, zumal Vorkehrungen zur Sicherung von Einforstungsrechte gesetzlich vorgeschrieben und im öffentlichen Interesse gelegen seien.

Abschließend führte die belangte Behörde aus, entscheidungsrelevant sei gewesen, dass eine Entlastung der Bahngrundstücke nie stattgefunden habe bzw. nachweislich keiner agrarbehördlichen Entscheidung unterzogen worden sei, obwohl eine solche nach dem kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853 erforderlich gewesen wäre. Der Bestand von Einforstungsrechten sei von deren Eintragung in die öffentlichen Bücher unabhängig; darüber hinaus finde die Verjährung derartiger Rechte durch Nichtausübung nicht statt, sofern es sich um solche Dienstbarkeiten handle, die nach dem kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853 einer Regulierung unterzogen worden seien.

Die Richtigstellung des erstinstanzlichen Bescheidspruches gründe schließlich auf § 62 Abs. 4 AVG, zumal es sich um einen bloßen Schreibfehler handle.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an de Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 24. November 2003 die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In dem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeteil ihrer Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Sie stützt ihre Beschwerde auf die bereits im Verfahren, insbesondere in der Berufung, geltend gemachten Argumente; zusätzlich verweist sie darauf, dass die belangte Behörde in ihrem Erkenntnis vom 23. April 1997 festgehalten habe, dass Feststellungen über die Identität der Verpflichteten bzw. Berechtigten nur in einem Regulierungs(Neuregulierungs)verfahren getroffen werden könnten; ein solches habe nicht stattgefunden. Schließlich macht die Beschwerdeführerin auch noch Verfahrensmängel geltend, weil bestimmte örtliche Bereiche von der Verpflichtung betroffen seien, in denen von der Bahn keine Gefahr ausgehe, weil diese vom Weidevieh auf Grund von Stützmauern und Steilhängen nicht erreicht werden könne (wird näher ausgeführt). Abschließend verweist die Beschwerdeführerin neuerlich auf die Unzuständigkeit der belangten Behörde, weil nur die Eisenbahnbehörde für die Eisenbahnanlage im Sinn des § 10 EisbG zuständig sei. Ein Auftrag zur Errichtung eines Weidezaunes falle in die ausschließliche Kompetenz der Eisenbahnbehörde, welche darüber gemäß § 20 Abs. 3 bzw. § 32 EisbG zu entscheiden habe.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Einige mitbeteiligte Parteien erstatteten, vertreten durch die Einforstungsgenossenschaft Bad Aussee, ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im vorliegenden Fall behob die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. April 1997 den Bescheid der ABB vom 29. Februar 1996 gemäß § 66 Abs. 2 AVG und verwies die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zurück.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass Feststellungen darüber fehlten, welche Eigentümer im Bereich der betroffenen Grundstücke verpflichtet oder berechtigt seien, in concreto, ob möglicherweise Ablösungen von Zaunpflichten in der Zwischenzeit vorgenommen worden seien; ebenso fehle eine Angabe der betroffenen Bahnkilometer. Die belangte Behörde meinte aber ebenfalls in ihrer Bescheidbegründung, dass diese Feststellungen nur in einem durchzuführenden

Regulierungs(Neuregulierungs)verfahren getroffen werden könnten, wo der Agrarbehörde umfassende Kompetenz zukomme.

Im fortgesetzten Verfahren versuchte die ABB zu ermitteln, ob zwischenzeitig Ablösen von Zaunlasten stattfanden hatte und ermittelte die Eigentümer der berechtigten Liegenschaften in dem verfahrensgegenständlichen Bereich; diese finden sich in der Zustellverfügung ihres Ersatzbescheides. Ein Regulierungsverfahren zur Frage der Identität der berechtigten und verpflichteten Grundeigentümer wurde nicht gesondert durchgeführt.

Die Unterbehörde ist im fortgesetzten Verfahren bei unveränderter Rechtslage und Sachlage an die von der Berufungsbehörde in einem gemäß § 66 Abs. 2 AVG behebenden und die Angelegenheit zurückverweisenden Bescheid geäußerte, für die Behebung maßgebende Rechtsansicht gebunden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die hg. Erkenntnisse vom 8. Oktober 1991, 90/07/0093, vom 12. Oktober 1993, 93/07/0062, u. a.). Zu diesen tragenden Rechtsansichten gehörte aber hier der Auftrag, hinsichtlich der Identifizierung der verpflichteten und berechtigten Liegenschaftseigentümer ein Regulierungsverfahren durchzuführen.

Die damit in Widerspruch stehende Erlassung des Ersatzbescheides ohne Durchführung eines vorgeschalteten Regulierungsverfahrens und die ohne dieses Verfahren teilweise und auch nur implizit getroffene Feststellungen der Identität der betroffenen Grundeigentümer verstößt daher gegen die bindende Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 23. April 1997 und belastet den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit.

2. Dazu kommt, dass die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtansicht über die Unmöglichkeit der Verjährung von Einforstungsrechten im Allgemeinen und den Bestand eines solchen zu Lasten der Beschwerdeführerin im Besonderen auf einer unzutreffenden Rechtsansicht beruht.

2.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass der Bahnkörper im hier verfahrensgegenständlichen Bereich gemäß dem Regulierungsvergleich Nr. 1173 vom 26. September 1863 mit Weiderechten belastet war und dass diese Verpflichtung auf die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, die

k. k. Kronprinz Rudolf-Bahn im Jahre 1879 (vgl. die Aufsandungsurkunde vom 9. März 1879) überging. Es ist ebenfalls unstrittig, dass spätestens in diesem Zeitraum die Bahn auch in dem Bereich, der dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegt, errichtet wurde.

Dass auch hinsichtlich der hier verfahrensgegenständlichen Abschnitte der Bahn ein Regulierungsvergleich über die Erhaltung von Viehzäunen durch die Bahn abgeschlossen worden wäre (wie im Jahr 1873 bezüglich eines Teils des Bahnkörpers auf oberösterreichischer Seite) konnte von den mitbeteiligten Parteien nicht nachgewiesen werden. Unstrittig ist hingegen, dass seit Betriebsbeginn der Bahn über 100 Jahre lang von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin und später von dieser selbst Zäune errichtet und erhalten wurden.

2.2. Die einregulierten Weiderechte gründen auf dem Kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853 und wurden nach den unstrittigen Feststellungen des angefochtenen Bescheides später nicht durch andere Vereinbarungen ergänzt. Von entscheidender Bedeutung ist daher die Beurteilung der Frage, ob diese regulierten Weiderechte zwischenzeitig mangels Ausübung in dem durch Weidezäune abgetrennten Bereich (Gleiskörper), verjährten oder nicht.

Die den Gegenstand des Beschwerdefalles bildenden Weiderechte auf fremden Grund und Boden stellen Nutzungsrechte im Sinne des § 1 Abs. 1 StELG 1983 dar. Nach § 2 StELG 1983 können Nutzungsrechte nicht ersessen werden. Die Verjährung derartiger Rechte durch Nichtausübung findet nicht statt. Dieselben erlöschen auch nicht durch Vereinigung des berechtigten und verpflichteten Gutes in der Hand des selben Eigentümers. Eine die Verjährung ausdrücklich ausschließende gleich lautende Bestimmung fand sich bereits im Wald- und Weideservitutenlandesgesetz, LGBl. Nr. 62/1956, welches mit 14. November 1956 in Kraft getreten ist.

Die Beschwerdeführerin behauptet aber, die in Rede stehenden Einforstungsrechte seien durch Eintritt der Verjährung bereits weit vor dem Inkrafttreten des Wald- und Weideservitutenlandesgesetzes 1956, nämlich spätestens 30 Jahre nach Beginn des Bahnbetriebes (also ca. 1909), erloschen. Die belangte Behörde hat die Möglichkeit einer Verjährung mit einem Hinweis auf die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der Einforstungsrechte verneint.

Abgesehen davon, dass Einforstungsrechte nicht ausschließlich öffentlich-rechtlichen Charakter haben, sondern eine doppelte Rechtsnatur mit privatrechtlichen Elementen aufweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1992, 91/10/0024, VwSlg. Nr. 13.572/A), kann aus der (zumindest teilweisen) öffentlichrechtlichen Natur der Einforstungsrechte allein noch nicht geschlossen werden, dass solche Rechte nicht verjähren können. Richtig ist, dass auf im öffentlichen Recht wurzelnde Rechte die Verjährungsbestimmungen des ABGB nicht analog angewandt werden können (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 451, und die dort angeführte Judikatur). Verjährung kommt aber dort in Betracht, wo vom Gesetzgeber ausdrücklich oder im Interpretationsweg erschließbar die direkte Anwendung von Verjährungsbestimmungen angeordnet ist. Es gilt daher, jenes Normenmaterial, das vor dem Inkrafttreten des Wald- und Weideservitutenlandesgesetzes 1956 am 14. November 1956 die Einforstungsrechte regelte, daraufhin zu untersuchen, ob es Verjährungsbestimmungen enthält.

2.3. Aus den Regelungen des Grundsatzgesetzes ist für die Beantwortung dieser Frage nicht viel zu gewinnen. Nach § 2 Abs. 1 des Wald- und Weideservituten-Grundsatzgesetzes, BGBl. Nr. 103/1951, können Nutzungsrechte nicht ersessen werden. Die Verjährung derartiger Rechte durch Nichtausübung findet nicht statt. Dieselben erlöschen auch nicht durch Vereinigung des berechtigten und verpflichteten Gutes in der Hand desselben Eigentümers.

Das Wald- und Weideservituten-Grundsatzgesetz 1951 enthält lediglich Grundsätze für die Ausführungsgesetzgebung der Länder und ist daher nicht unmittelbar anwendbar. Dasselbe galt für die Verordnung der Bundesregierung vom 30. Juni 1933, BGBl. Nr. 307, mit der unter Berufung auf das Gesetz vom 24. Juli 1917, RGBl. Nr. 307, für die Landesgesetzgebung Grundsätze für die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten aufgestellt wurden und die im § 2 eine mit § 2 des Wald- und Weideservituten-Grundsatzgesetzes 1951 übereinstimmende Bestimmung enthält.

2.4. Mit Kaiserlichem Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, wurden "Bestimmungen über die Regulierung und Ablösung der Holz-, Weide- und Forstproducten-Bezugsrechte, dann einiger Servituts- und gemeinschaftlichen Besitz- und Benützungsrechte" festgesetzt.

Den Bestimmungen dieses Patentes unterlagen unter anderem:

"1. Alle wie immer benannten Holzungs- und Bezugsrechte von Holz und sonstigen Forstproducten in oder aus einem fremden Walde;

2.

die Weiderechte auf fremdem Grund und Boden;

3.

alle nicht schon in den Absätzen 1 und 2 mitbegriffenen Feldservituten, bei denen entweder

              a)       das dienstbare Gut Wald oder zur Waldcultur gewidmeter Boden ist, oder

              b)       ..."

Bis zur Erlassung dieses Patentes galten für Nutzungsrechte der in § 1 Z. 1 bis 3a bezeichneten Art die Bestimmungen des ABGB, insbesondere jene über Dienstbarkeiten. Das Patent schuf Spezialbestimmungen für diese Nutzungsrechte, da das ABGB als nicht ausreichend erkannt wurde (vgl. dazu und im Folgenden das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1994, 94/07/0039, sowie Schiff, Grundriss des Agrarrechts, 1903, 60 f). Durch das Patent wurde aber die Anwendung des ABGB nicht zur Gänze ausgeschlossen, sondern nur hinsichtlich der im Patent selbst geregelten Fragen; neben den Bestimmungen des Patentes galten daher auch jene des ABGB für diese Nutzungsrechte. Dies ergibt sich insbesondere auch aus der Anordnung des § 43 des Patentes, welcher folgenden Wortlaut hat:

"Vom Tage der Kundmachung dieses Patentes können Rechte von der Art, welche nach der Bestimmung des § 6, a) von Amtswegen in Verhandlung gezogen werden müssen, nicht mehr ersessen werden, und ein bereits früher angefangener, jedoch nicht bis zur Vollendung der Ersitzung fortgesetzter Besitz ist mit jenem Zeitpuncte für unterbrochen zu achten. Solche Rechte können später überhaupt nicht anders, als durch einen schriftlich ausgefertigten Vertrag, eine letzte Willens-Erklärung oder einen bei der Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtspruch nur unter der Bedingung erworben werden, dass die eingeräumte Dienstbarkeit von der Behörde mit den Landesculturs-Rücksichten vereinbar erkannt und deren Ausübung zugelassen werde. In keinem Falle darf bedungen werden, dass die einzuräumende Dienstbarkeit nicht ablösbar sein soll; wäre eine solche Bestimmung beigesetzt worden, so ist solche als ungiltig und nicht beigesetzt zu betrachten."

Einer solchen Anordnung des Ausschlusses bestimmter im ABGB für Dienstbarkeiten vorgesehener Erwerbsarten (wie insbesondere der Ersitzung) hätte es nicht bedurft, wenn durch das Patent eine abschließende, die Geltung des ABGB zur Gänze ausschließende Regelung getroffen worden wäre. Da das Patent zwar den Erwerb von Einforstungsrechten durch Ersitzung, nicht aber das Erlöschen solcher Rechte durch Verjährung ausschloss, fanden im zeitlichen Geltungsbereich des Patentes die Verjährungsbestimmungen des ABGB Anwendung.

2.5. Mit Gesetz vom 8. Jänner 1889, LGuVBl 1889/6 wurden - wirksam für das Herzogthum Steiermark - über die Behandlung der nach dem kaiserlichen Patente vom 5. Juli 1853 der Ablösung oder Regulierung unterliegenden Rechte einzelne abändernde Bestimmungen getroffen. Diese abändernden Bestimmungen betrafen zum einen die Beendigung der Zuständigkeit der Grundlasten-, Ablösungs- und Regulierungslandesbehörde und des Überganges der Zuständigkeit zur Ablösung oder Regulierung bisher nicht angemeldeter Rechte auf die politische Behörde. Bestimmungen über die Rechtsfolgen der Nichtausübung bereits regulierter Rechte, somit über das Erlöschen solcher Rechte durch Verjährung, wurden in diesem Gesetz nicht getroffen.

Dies gilt auch für das Gesetz vom 16. September 1909, LGuVBl 1911/29, mit welchem - gültig für das Herzogthum Steiermark - die Neuregulierung und Ablösung der im Verfahren auf Grund des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1953 regulierten Holz- , Weide- und Forstprodukten-Bezugsrechte sowie die Sicherung der Rechte der Eingeforsteten geregelt wurden. § 1 dieses Gesetzes bestimmt, dass die in Durchführung des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853 regulierten Forst- und Weideservituten auf fremdem Grund und Boden, sofern diese Rechte nicht seither erloschen seien, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes entweder einer Neuregulierung oder einer Ablösung unterzogen werden könnten.

Der Wortlaut des § 1 dieses Gesetzes zeigt nun klar, dass - wie bereits oben dargelegt - auch die auf Grund des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853 regulierten Forst- und Weideservituten erlöschen konnten. Gesonderte Bestimmungen über die Verjährung solcher Rechte finden sich auch in diesem zitierten Gesetz nicht. Es befasst sich vornehmlich mit der Durchführung des Neuregulierungs- bzw. Ablöseverfahrens.

2.6. Mit Gesetz vom 8. April 1921, LGBl. Nr. 237/1922, traf der steiermärkische Landesgesetzgeber Bestimmungen betreffend Neuordnung und Sicherung der auf Grund des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853 regulierten Forstproduktenbezugs- und Weiderechte. Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 13. Dezember 1994 mit näherer Begründung ausführte, war in diesem Gesetz (erstmals) eine Verjährung von Nutzungsrechten nicht vorgesehen. Das Gesetz vom 8. April 1921 traf für Veränderungen an Einforstungsrechten - einschließlich ihres Erlöschens - eine abschließende Regelung, neben der - anders als nach dem kaiserlichen Patent aus dem Jahre 1853 - für die Anwendung von Bestimmungen des ABGB über die Verjährung kein Raum mehr blieb.

So ging § 1 erster Satz des Gesetzes vom 8. April 1921 davon aus, dass es vor seinem Inkrafttreten auf zweierlei Weise zum Verlust von Einforstungsrechten kommen konnte, nämlich einerseits durch Erkenntnis der zuständigen Grundlastenbehörde oder durch einen von diesen Behörden genehmigten Vergleich und andererseits durch das Erlöschen. Die Erlöschensgründe wurden zwar nicht im Einzelnen aufgezählt; es wurde lediglich im § 3 klargestellt, dass Nichtausübung der ausübbaren Servitutsrechte durch einen Zeitraum von weniger als 30 Jahren keinen Erlöschensgrund bilde. § 3 bezog sich demnach nur auf den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922; auf den Zeitraum danach konnte er nicht bezogen werden, ohne im Widerspruch zu der abschließenden, ein Erlöschen nicht mehr vorsehenden Regelung des § 1 des Gesetzes zu kommen.

Daraus folgt, dass nach dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 in der Steiermark ein Erlöschen von Einforstungsrechten durch Verjährung nicht mehr möglich war. Im Zeitraum davor konnte eine Verjährung von Einforstungsrechten nach den Regeln des ABGB hingegen sehr wohl stattfinden.

2.7. Im vorliegenden Verfahren ist es unstrittig, dass in der zweiten Hälfte der 70-er Jahre des 19. Jahrhunderts die Bahntrasse auf den weidebelasteten Grundstücken der Rechtsvorgänger errichtet wurde und ein Sicherungszaun - damals als Schutz für den Bahnbetrieb - angelegt wurde. Die Weideausübung auf der Bahntrasse war daher seit diesem Zeitpunkt bis heute unmöglich. Behauptungen dahingehend, dass sich die Servitutsberechtigten diesem Entzug von Weidegrund in irgendeiner Form widersetzt hätten, wurden nicht aufgestellt. Es ist daher davon auszugehen, dass spätestens 30 Jahre nach dem Beginn des Entzugs des Weidegrundes für die urkundlich eingeräumte Nutzung eine Verjährung dieses Einforstungsrechtes eingetreten ist.

Der Beschwerdeführerin ist also in ihrer Argumentation zu folgen, wonach der Bahnkörper nicht mehr mit Weiderechten belastet ist. Die Beschwerdeführerin wurde als Eigentümerin weidebelasteter Grundflächen zu der im Spruch des angefochtenen Bescheides verfügten Maßnahme verpflichtet. Diese Rolle kam ihr aber aus den obgenannten Gründen nicht zu. Die Verpflichtung der Beschwerdeführerin als weidebelastete Grundeigentümerin zur Vornahme bestimmter Maßnahmen widersprach daher dem Gesetz.

3. Die belangte Behörde befasste sich in dem zitierten Erkenntnis vom 23. April 1997 auch mit der Frage der Zuständigkeit und vertrat den Standpunkt, es handle sich hier nicht um eine Angelegenheit des Eisenbahnwesens, sondern um eine solche des Einforstungsrechtes. Die im Falle einer Aufhebung nach § 66 Abs. 2 AVG, wenn auch nur implizit, bejahte Frage der Zuständigkeit kann in weiterer Folge aber nicht neuerlich aufgerollt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1991, 89/06/0110, m.w.N., und vom 27. April 1987, VwSlg Nr. 12.457/A). Es genügt daher in diesem Zusammenhang auf die Bindungswirkung dieses Erkenntnisses zu verweisen.

4. Abschließend sei bemerkt, dass sich die in Beschwerde gezogene Verpflichtung auch deshalb als rechtswidrig erwiesen hätte, weil ein Auftrag des Inhaltes, "entlang der Bahnstrecke" einen Zaun zu errichten, ohne den Errichtungsort verbal oder z. B. durch einen beiliegenden Lageplan näher zu konkretisieren, den Anforderungen an die Bestimmtheit eines allenfalls vollstreckbaren Bescheidspruches nicht genügte.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003; die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die - offenbar auf Grund eines Rechenfehlers - überhöht begehrte Summe.

Wien, am 16. Dezember 2004

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme BerufungsverfahrenVorstellung gemäß B-VG Art119a Abs5Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003070156.X00

Im RIS seit

25.01.2005

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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