RS Vfgh 2013/9/25 A12/2012

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Veröffentlicht am 25.09.2013
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Index

23/01 Insolvenzordnung

Norm

B-VG Art137 / Liquidierungsklage
IO §3 Abs2

Leitsatz

Abweisung der - zulässigen - Klage des Masseverwalters auf Zahlung des nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Schuldner ausbezahlten Arbeitslosengeldes im Ausmaß des pfändbaren Anteils infolge schuldbefreiender Wirkung der Überweisung an den Schuldner; keine Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt durch Unterlassung der Einsichtnahme in die Ediktsdatei

Rechtssatz

Der geltend gemachte Anspruch betrifft eine Liquidierung des Anspruchs aus der Arbeitslosenversicherung, den technischen Vorgang der Auszahlung des Arbeitslosengeldes. Es geht hier nicht um die Frage der Gebührlichkeit des Arbeitslosengeldes, die zwischen dem Kläger und der beklagten Partei nicht strittig ist, sondern (lediglich) darum, ob das Arbeitsmarktservice (AMS) mit schuldbefreiender Wirkung die Zahlung des (Gesamtbetrags des) Arbeitslosengeldes an den Gemeinschuldner geleistet hat. Für die Klärung dieser Frage ist weder eine Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstellen oder der Landesgeschäftsstellen des AMS noch eine Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden vorgesehen.

Nach der Rechtsprechung des OGH hat der Schuldner zu beweisen, dass ihm die Eröffnung des Insolvenzverfahrens weder bekannt war noch bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt bekannt sein musste (zB OGH 22.11.1983, 2 Ob 550/82, SZ 56/170; 12.03.1996, 4 Ob 2026/96m, SZ 69/62 mwN). Der VfGH legt diese Rechtsprechung auch bei der Entscheidung über Ansprüche nach Art137 B-VG zugrunde und geht mit der Rechtsprechung des OGH davon aus, dass die Erfüllung der Sorgfaltspflicht grundsätzlich die Verfolgung der Veröffentlichungen in der Insolvenzdatei voraussetzt.

Im konkreten Fall ist es der regionalen Geschäftsstelle des AMS nicht vorwerfbar, vor den einzelnen Anweisungen keine Nachschau in der Ediktsdatei gehalten zu haben: Die beklagte Partei hat in der Gegenschrift den Beweis erbracht, dass ein automatisierter Datenabgleich mit Daten aus der Ediktsdatei nicht möglich und die Einsichtnahme in die Ediktsdatei vor jeder einzelnen Auszahlung auf Grund des im Bereich der Arbeitslosenversicherung gegebenen Massenverfahrens nicht zumutbar ist.

Dem AMS musste die - wenn auch bereits vor Jahren erfolgte (der Masseverwalter wurde mit Beschluss des LG St. Pölten vom 15.06.2007 bestellt) - Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bekannt sein. Da die Unterlassung der Einsichtnahme in die Ediktsdatei nicht als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt iSd §3 Abs2 IO (Insolvenzordnung) anzusehen war, hatte die Überweisung des Arbeitslosengeldes an den Gemeinschuldner schuldbefreiende Wirkung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Klagen, Liquidierungsklage, Insolvenzrecht, Arbeitslosenversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:A12.2012

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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