TE Vwgh Erkenntnis 2013/9/12 2011/08/0377

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Veröffentlicht am 12.09.2013
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §33 Abs2;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
AuslBG §4 Abs3 Z10;
AuslBG §4 Abs3 Z7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2011/08/0379 2011/08/0378

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerden des MM in Wien, vertreten durch DDr. Josef Anton Wieser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 10, gegen die auf Grund von Beschlüssen des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. Juli 2011, 1. Zl. 2011-0566-9-001740 (hg. Zl. 2011/08/0377), 2.) Zl. 2011-0566-9-001737 (hg. Zl. 2011/08/0378) und 3.) Zl. 2011-0566-9-001708 (hg. Zl. 2011/08/0379), betreffend Widerruf und Einstellung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde gemäß § 24 Abs. 1 und 2 iVm § 7, § 33 Abs. 2 und § 38 AlVG mangels Verfügbarkeit des Beschwerdeführers am Arbeitsmarkt die Zuerkennung der Notstandshilfe vom 22. Februar bis zum 9. März 2011 widerrufen (hg. Zl. 2011/08/0377), die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes am 18. August 2011 (richtig: 2010), vom 1. September bis 3. Oktober, vom 5. Oktober bis zum 17. Oktober und vom 19. Oktober bis zum 28. November 2010 sowie vom 31. Jänner bis zum 21. Februar 2011 widerrufen (hg. Zl. 2011/08/0378) und die Notstandshilfe ab 10. März 2011 eingestellt.

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, habe am 27. August 2003 einen Asylantrag gestellt. Am 18. August 2010 sei ihm vom Bundesasylamt eine Verfahrenskarte gemäß § 50 AsylG ausgestellt worden. Mit Erkenntnis vom 9. Mai 2011 habe der Asylgerichtshof den Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten sei ihm nicht zuerkannt worden. Über ihn sei gemäß § 62 FPG ein mit 22. Jänner 2010 in Rechtskraft erwachsenes Rückkehrverbot verhängt worden. Das Rückkehrverbot habe zur Folge, dass dem Beschwerdeführer das vorläufige Aufenthaltsrecht als Asylwerber entzogen werde, ihm aber bis zur Beendigung des Asylverfahrens faktischer Abschiebeschutz zukomme. Gegen das Rückkehrverbot habe der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Der Beschwerde sei mit Beschluss vom 8. Juni 2010 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Dies habe bewirkt, dass für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof die Bindungs- und Tatbestandswirkungen des angefochtenen Bescheides betreffend das Rückkehrverbot außer Kraft gesetzt worden seien.

Der zuvor ohne Beschäftigungsbewilligung bei näher genannten Arbeitgebern beschäftigt gewesene Beschwerdeführer habe am 9. März 2010 einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld und am 4. Februar 2011 einen Antrag auf Zuerkennung der Notstandshilfe gestellt.

Gemäß § 4 Abs. 3 Z 7 AuslBG in der seit 1. Jänner 2010 geltenden Fassung dürfe eine Beschäftigungsbewilligung u.a. grundsätzlich dann erteilt werden, wenn eine Person seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sei und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht nach § 12 oder § 13 AsylG 2005 verfüge. Dies treffe im Fall des Beschwerdeführers zumindest bis zum Abschluss des Asylverfahrens mit 9. Mai 2011 zu. Gemäß § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG könne eine Beschäftigungsbewilligung zudem nur dann erteilt werden, wenn keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers entgegenstünden. Als wichtige Gründe seien im Gesetz wiederholte Verstöße auf Grund der Ausübung einer Beschäftigung ohne Bewilligung (wie im Fall des Beschwerdeführers) angeführt. Verstöße gegen das AuslBG seien jedenfalls ein wichtiger Grund für die Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung. Die Bestimmungen über den Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich hätten dem Beschwerdeführer bekannt sein müssen. Zum Vorhalt der Beschäftigungen ohne eine Bewilligung habe der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren nicht Stellung genommen. Er sei zuletzt vom 26. April bis 15. November, vom 17. November bis 30. November 2010 sowie vom 29. November 2010 bis 26. Jänner 2011 ohne die erforderliche Beschäftigungsbewilligung beschäftigt gewesen. Dies seien wichtige Gründe, die der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung entgegenstünden.

Der Beschwerdeführer stehe der Arbeitsvermittlung somit nicht zur Verfügung. Nachsichtsgründe sehe das Gesetz hier nicht vor. Eine Leistung sei nur dann zu gewähren, wenn auch eine unselbständige Beschäftigung aufgenommen werden könne und dürfe. Da die Voraussetzungen für die Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 iVm § 33 Abs. 2 und § 38 AlVG iVm § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG in den angegebenen Widerrufszeiträumen sowie ab dem 10. März 2011 nicht erfüllt gewesen seien, sei die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe zu widerrufen bzw. diese einzustellen gewesen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die vorliegenden Beschwerdefälle gleichen in den für ihre Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhalts als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenen, die der Verwaltungsgerichtshof mit den Erkenntnissen vom 22. Februar 2012, Zl. 2009/08/0067, und vom 12. September 2012, Zl. 2010/08/0207, entschieden hat. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die in diesen Erkenntnissen enthaltene Begründung und insbesondere darauf verwiesen, dass es für die Prüfung der Verfügbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG nicht von Bedeutung ist, ob einem Arbeitslosen gemäß § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung hätte erteilt werden dürfen.

Aus den dort genannten Gründen waren auch die hier vorliegenden Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 12. September 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2011080377.X00

Im RIS seit

09.10.2013

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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