TE AsylGH Erkenntnis 2013/09/13 D12 420160-2/2013

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Veröffentlicht am 13.09.2013
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Spruch

D12 420160-2/2013/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.07.2013, FZ. 13 04.220-EAST West, zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, und § 10 Abs. 1 und 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ist die Durchführung der Ausweisung bis zum 24.01.2014 aufzuschieben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

Erstes Asylverfahren:

 

Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 19.10.2010 gemeinsam mit ihren Eltern, Beschwerdeführer zu D12 420156-3/2013 und D12 420157-2/2013 sowie ihren minderjährigen Geschwistern, Beschwerdeführer zu D12 420158-2/2013, D12 420159-2/2013 und D12 420161-2/2013, illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Dazu wurde die Mutter der Beschwerdeführerin am 20.10.2010 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 15.11.2010 vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache von einem Organwalter niederschriftlich einvernommen und gab an, die Beschwerdeführerin habe keine eigenen Fluchtgründe. Die von der Mutter der Beschwerdeführerin getätigten Angaben gelten auch für die Beschwerdeführerin. Die Familie sei wegen der Probleme des Vaters der Beschwerdeführerin ausgereist. Die Mutter legte die russische Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin vor.

 

Am 26.01.2011 wurde die Mutter der Beschwerdeführerin vom Bundesasylamt, Außenstelle Linz, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache vom zur Entscheidung berufenen Organwalter niederschriftlich einvernommen. Die Mutter der Beschwerdeführerin gab an, dass sie ihre Kinder gesetzlich vertrete und diese keine eigenen Fluchtgründe haben. Die Beschwerdeführerin sei gesund.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.06.2011, Fz. 10 09.820-BAL, wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin bzw. ihre gesetzliche Vertreterin mit für sämtliche Familienmitglieder gleichlautendem Schriftsatz vom 05.07.2011 fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

Am 20.10.2011 langte ein Empfehlungsschreiben der Flüchtlingsbetreuerin der Familie beim Asylgerichtshof ein.

 

Mit Erkenntnis vom 13.09.2012 zu Zl. D12 420160-1/2011/3E, wies der Asylgerichtshof die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.06.2011 gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet ab.

 

Das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 13.09.2012 wurde der gesetzlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin am 17.09.2012 zugestellt und erwuchs damit in Rechtskraft.

 

Mit Beschluss vom 23.11.2012 wurde vom Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

 

Am 05.12.2012 erklärten die Eltern der Beschwerdeführerin niederschriftlich - bei der BH Freistadt - dass sie sich entschlossen hätten, nachdem der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt habe, freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren.

 

Mit Schriftsatz vom 27.12.2012, beim Bundesasylamt eingebracht am 28.12.2012, begehrte der Vater der Beschwerdeführerin als einziges Familienmitglied die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG.

 

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.03.2013, GZ. D12 420156-2/2013/5E, wurde der Antrag des Vaters der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 13.09.2012 zu D12 420156-1/2011/4E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abgewiesen.

 

Zweites Asylverfahren:

 

Die Beschwerdeführerin stellte am 04.04.2013 durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

 

Dazu wurde die Mutter der Beschwerdeführerin am 05.04.2013 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie am 15.04.2013 und 23.04.2013 vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, niederschriftlich einvernommen und gab zusammengefasst an, dass die Beschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe habe. Ihr Ehemann habe zu Hause Probleme gehabt. Dies betreffe auch sie und die Kinder.

 

Mit Schreiben vom 30.04.2013 wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

 

Konvolut an Unterstützungsschreiben für die Familie der Beschwerdeführerin;

 

Zwei Zeitungsartikel, welche die gute Integration der Familie bestätigen sollen;

 

Befund eines Facharztes für Labordiagnostik vom 03.04.2013 betreffend den Vater der Beschwerdeführerin;

 

Befund eines Facharztes für Labordiagnostik vom 08.04.2013 betreffend XXXX;

 

Befund eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.04.2013 betreffen XXXX, wonach dieser an "Gastritis Hp (St. p. Eradikation) mit rezidiv. Verlauf, rezidivierende Cephalea, protahierte juckende Dermatitis" leide;

 

Ladungen des Vaters der Beschwerdeführerin zur Polizei.

 

Mit Bescheid vom 29.07.2013, Zl. 13 04.220-EASt West, wies das Bundesasylamt den zweiten Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I) und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt II).

 

Begründend wurde ausgeführt, im ersten Verfahren habe die gesetzliche Vertreterin zu ihren Ausreisegründen befragt angegeben, dass sie die Heimat aufgrund der Probleme ihres Vaters verlassen hätte. Sie selbst hätte keine Verfolgungshandlungen im Herkunftsstaat zu befürchten. Im gegenständlichen Verfahren habe sie im Rahmen der Erstbefragung ausgeführt, dass sie keine neuen Gründe vorzubringen hätte. Es würde sich immer noch um die Probleme des Vaters handeln. Sie hätte jedoch Sorge, dass diese Probleme auch auf sie übergehen könnten, da sie ja eine Familie seien. Vor dem Bundesasylamt habe die gesetzliche Vertreterin angegeben, dass ihr Vater eine Vorladung erhalten hätte und sagte, dass sie nunmehr einen neuen Asylantrag stellen müsse. Eigene Gründe hätte sie keine. Während des Parteiengehörs am 23.04.2013 habe die gesetzliche Vertreterin die Angaben bestätigt und diese auch aufrecht gehalten. Über diese Gefährdungssituation sei bereits vollinhaltlich im letzten Asylverfahren abgesprochen worden und habe sie damit keine neue asylrelevante Bedrohungssituation glaubhaft zu machen vermocht.

 

Zu der von ihrem Vater vorgelegten Vorladung (Er hätte insgesamt vier erhalten) sei anzuführen, dass er diese zwar - lt. seinen Angaben - erst nach Rechtskraft des ersten Asylverfahrens hier in Österreich erhalten hätte, jedoch alle vier, in Kopie, bei seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 69 AVG am 27.12.2012 vorgelegt habe. Durch den Asylgerichtshof sei er aufgefordert worden, diese Ladungen im Original in Vorlage zu bringen. Er habe jedoch nur die vom XXXX übermittelt. Konkret zu dieser vierten Ladung vom XXXX befragt habe er vor dem Bundesasylamt ausgeführt, diese schon gehabt zu haben, bevor er eine Berufung geschrieben hätte. Er hätte diese Ladung damals nicht beigelegt, da er sich die Möglichkeit offenhalten habe wollen, eine neuerliche Berufung machen zu können. Er habe diese Vorladung also wissentlich zurückgehalten. An dieser Stelle sei auch festzuhalten, dass der Asylgerichtshof bei der Prüfung der Wiederaufnahme seines Asylantrages festgestellt habe, dass an diesen drei von ihm im Original vorgelegten Vorladungen berechtigte Zweifel an deren Echtheit bzw. Richtigkeit bestehe. Hier werde auf das Erkenntnis des AGH, Zl. D12420156-2/2013/5E verwiesen. Zusammengefasst ergebe sich somit, dass er den gegenständlichen Antrag ausschließlich aus den Gründen stelle, die er bereits im Erstverfahren hier angegeben habe.

 

Dass sie an schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leide, habe ihre gesetzliche Vertreterin weder behauptet noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. So habe diese selbst angegeben, dass sie gesund wäre und keine Medikamente benötige.

 

Die Ausweisung der Beschwerdeführerin stelle zudem keinen ungerechtfertigten Eingriff in deren Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK dar. Die Ausweisung der Beschwerdeführerin sei im Hinblick auf Art. 8 EMRK notwendig und geboten gewesen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit für sämtliche Familienmitglieder gleichlautenden Schriftsatz vom 06.08.2013 fristgerecht Beschwerde erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 beantragt. Darin wird argumentiert, der Vater der Beschwerdeführerin habe deshalb erneut einen Asylantrag gestellt, weil eine wesentliche Änderung zu seinem Vorbringen, welches er bei der ersten Antragstellung erstattet habe, eingetreten sei. Keinesfalls habe sich lediglich ein Nebenumstand geändert, sondern liege vielmehr eine erhebliche Neuerung vor. Die vorgelegte Ladung vom XXXX sei nach Rechtskraft des Erkenntnis des Asylgerichtshofes am 17.09.2012 ergangen. Der Sachverhalt habe sich daher seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens maßgeblich geändert, sodass ein inhaltlich anderslautender Bescheid denkmöglich sei. Dem Bundesasylamt sei vorzuwerfen, dass es an der Echtheit der von ihm vorgelegten Ladung unter Verweis auf die Ausführungen des Asylgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 14.03.2013, zweifle, ohne dazu eigene Ermittlungen durchgeführt zu haben. Die Ladung vom XXXX sei vom Asylgerichtshof auch gar nicht überprüft worden, das sie erst nach Rechtskraft erstellt worden sei und somit keinen Wiederaufnahmegrund dargestellt habe. Das Bundesasylamt hätte sich mit der Ladung angemessen auseinanderzusetzen gehabt. Die gewählte Vorgehensweise stelle jedenfalls einen gravierenden Verfahrensmangel dar. Auf Seite 18 des bekämpften Bescheides werde dem Vater der Beschwerdeführerin vorgehalten, dass er in der Einvernahme angeführt habe, er habe die vierte Ladung bereits zum Zeitpunkt der "Berufung" gehabt. Wenn er gesagt habe, dass er die Ladung bereits zum Zeitpunkt der Berufungseinbringung erhalten habe, so könne er damit wohl nur den Antrag auf Wiederaufnahme, der im Dezember 2012 eingebracht worden sei, gemeint haben. Dass es sich um eine Verwechslung der richtigen rechtlichen Bezeichnung handle, sei offensichtlich. Zum weiteren Beweis dafür, dass er die Ladung nach Rechtskraft des ersten Asylverfahrens erhalten habe, lege er einen Auszug der Email eines Freundes vor. Dieser könne auch persönlich bezeugen, dass die Ladungen an diesem Tag übermittelt worden seien.

 

Zum Beweis der fortgeschrittenen Integration lege er eine Bestätigung des XXXX samt Fotos vor. Die Mutter der Beschwerdeführerin engagiere sich einmal wöchentlich beim XXXX. Sie arbeite ehrenamtlich im XXXX. Überdies sei sie im siebten Monat schwanger. Die beiden älteren Söhne engagieren sich ebenso beim XXXX und haben an zahlreichen Hilfseinsätzen teilgenommen. XXXX sei für das kommende Schuljahr als Schüler einer HTL aufgenommen. Die Familie habe sich in den drei Jahren ihres Aufenthaltes bestens integriert.

 

Im Rahmen der Beschwerde wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

 

Arztbrief eines Krankenhauses, Abteilung für Innere Medizin, vom 29.07.2013, wonach der Vater der Beschwerdeführerin vom 23.07.2013 bis 30.07.2013 stationär zur medikamentösen Neueinstellung aufgenommen worden sei;

 

Zwei Schreiben des Österreichischen XXXX vom 03.07.2013 über die ehrenamtliche Tätigkeit einzelner Familienmitglieder.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 73 Abs. 1 Asylgesetz 2005 idgF ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

 

Gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idgF, iVm. § 61 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 oder 3a leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gem. § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

wegen Drittstaatssicherheit gem. § 4 leg. cit.;

 

wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gem. § 5 leg. cit. sowie

 

wegen entschiedener Sache gem. § 68 Abs. 1 AVG.

 

Der Asylgerichtshof entscheidet weiters durch Einzelrichter über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 41a AsylG 2005.

 

Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gem. § 61 Abs. 3 Z 2 leg. cit. ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/ Einzelrichterin.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen zurückweisenden Bescheid wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG. Daher ist das Verfahren der Beschwerdeführerin nach den Bestimmungen des AsylG 2005 durch den zuständigen Richter des Asylgerichtshofes als Einzelrichter zu führen.

 

Gemäß § 23 AsylGHG idF BGBl. I Nr. 147/2008 sind - soweit sich aus dem AsylG 2005 nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Zu Spruchpunkt I.:

 

I.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen auch ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach dem AsylG 2005 den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren (abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) abweicht (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2 E. 80 zu § 68 AVG sowie VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und ist in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten, so steht die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag entgegen (vgl. VwGH 24.02.2000, 99/20/0173).

 

Es kann jedoch nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vorn herein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315; VwGH vom 19.07.2001, Zl. 99/20/0418).

 

Gegenüber neu entstandenen Tatsachen fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme (wegen nova reperta), nicht jedoch bedeuten sie eine Änderung der Sachlage im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG (vgl. Hauer-Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, 617). Eine neue Sachentscheidung ist demnach nicht nur bei identem Begehren aufgrund desselben Sachverhalts, sondern wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismittel, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH vom 26.02.2004, Zl. 2004/07/0014; VwGH vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235 und VwGH vom 15.10.1999, Zl. 96/21/0097). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben nochmals zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhalts kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vorn herein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913 und die in Walter / Thienel, "Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze", Band I, 2. Auflage, 1998, E 9 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen "glaubhaften Kern" zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. "Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit" (vgl. VwGH vom 29.09.2005, Zl. 2005/20/0365; VwGH vom 22.11.2005, Zl. 2005/01/0626; VwGH vom 16.02.2006, Zl. 2006/19/0380 und VwGH vom 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556).

 

Für die Berufungsbehörde ist Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ausschließlich die Frage, ob die erstinstanzliche Behörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung mit Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages aufgrund geänderten Sachverhalts darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von den Parteien erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu hervorgebracht werden (vgl. VwGH vom 27.06.2001, Zl. 98/18/0297 sowie vom 28.10.2003, Zl. 2001/11/0224).

 

I.2. Der Asylgerichtshof kommt in Übereinstimmung mit der belangten Behörde zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin bereits in ihrem vorherigen Asylverfahren sämtliche Gründe vollständig habe schildern können, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen hat und dass das Vorbringen im gegenständlichen Verfahren jedenfalls keine Sachverhaltsänderung bewirkt, die asylrelevant wäre und einen glaubhaften asylrelevanten Kern aufweist, dies aus folgenden Erwägungen:

 

Die Beschwerdeführerin bezieht sich im gegenständlichen (zweiten) Verfahren - wie auch im ersten Asylverfahren - ausschließlich auf die Gründe ihres Vaters. Im Erkenntnis betreffend ihren Vater vom heutigen Tag, Zl. D12 420156-3/2013/4E, wurde ausführlich dargelegt, dass dessen Vorbringen bereits im Zuge seines ersten Asylverfahrens als nicht glaubhaft beurteilt wurde und es dem Vater nicht gelungen ist, ein glaubhaftes Vorbringen darzulegen.

 

Daher wird das im Rahmen des Erkenntnisses des Vaters Gesagte wiedergegeben, zumal dies auch für das gleichlautende Vorbringen der Beschwerdeführerin gilt:

 

"Im Rahmen des vorherigen (ersten) Rechtsganges wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen (behaupteten) Fluchtgründen im Hinblick auf deren Wahrheits- bzw. Glaubhaftigkeitsgehalt untersucht und letztlich als unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant beurteilt.

 

Soweit der Beschwerdeführer sich im gegenständlichen Verfahren neuerlich auf dieses Vorbringen bezieht und angibt, dass seine bisherigen Gründe aufrecht bleiben, ist ihm bereits entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen bereits im Zuge seines ersten Asylverfahrens als nicht glaubhaft bzw. nicht asylrelevant beurteilt wurde und daher nicht gelungen ist, ein glaubhaftes Vorbringen darzulegen.

 

Angesichts des dargestellten Verfahrensganges geht der erkennende Einzelrichter in Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt davon aus, dass der Beschwerdeführer kein neues asylrelevantes Vorbringen erstattet hat. Der Beschwerdeführer stützt seinen neuen Antrag ausschließlich auf jene Gründe, die bereits im rechtskräftigen Erkenntnis vom 13.09.2012 als unglaubwürdig bewertet wurden.

 

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen des ersten Asylverfahrens vorgebracht, er sei im Juni 2009 von korrupten Polizisten angehalten worden, welche Schutzgeld von ihm verlangt haben. Da er sich geweigert habe zu zahlen, sei er niedergeschlagen worden. Nach einem Krankenhausaufenthalt sei er mehrmals von diesen Männern an seiner Arbeitsstelle aufgesucht und bedroht worden. Sie haben auch seine Kinder bedroht. Aus Angst haben der Beschwerdeführer oder seine Frau die Kinder zur Schule begleitet und wieder abgeholt. Der Beschwerdeführer habe den Vorfall vom Juni 2009 zur Anzeige bringen wollen, die Polizisten am Revier haben das Schriftstück aber zerrissen und gemeint, dass es nicht möglich sei, dass Mitarbeiter der Polizei zu so etwas fähig seien. Der Beschwerdeführer habe daher aus Angst um seine Kinder beschlossen auszureisen.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde sowohl vom Bundesasylamt als auch vom damals zur Entscheidung berufenen Senat des Asylgerichtshofes als unglaubwürdig und nicht asylrelevant gewertet. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass die vorgelegten Beweismittel (Krankenhausbestätigung) nicht geeignet gewesen wären, die vom Beschwerdeführer angeführten Vorfälle zu belegen, dass die Russische Föderation Schutz gegen das eigenmächtige, kriminelle Vorgehen einzelner Polizeibeamter bieten könne und dass die Ausreisemodalitäten (Beantragung eines Touristenvisums, legale Ausreise) gegen eine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat sprechen.

 

Nunmehr brachte der Beschwerdeführer - wie bereits erwähnt - vor, dass er seine Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren aufrecht halte und machte geltend, es seien ihm - wie bereits im Zuge des Wiederaufnahmeverfahrens (Zl. D12 420156-2/2013) geschildert - vier an ihn gerichtete polizeiliche Ladungen übermittelt worden. Die ersten drei Ladungen vom XXXX habe er während des Wiederaufnahmeverfahrens im Original an den Asylgerichtshof geschickt. Die letzte Ladung vom XXXX lege er nun im Original vor. Sie diene als Beweis dafür, dass er in seiner Heimat staatlichen Verfolgungshandlungen ausgesetzt sei.

 

Was diese vierte Ladung vom XXXX betrifft, so ist unstrittig, dass es sich dabei um eine Tatsache handelt, die erst nach Abschluss des rechtskräftigen Erstverfahrens am 13.09.2012 entstanden ist ("nova producta") und daher zu prüfen ist, ob durch diese neu entstandene Tatsache eine wesentliche Änderung der Sachlage eingetreten ist, die eine neue inhaltliche Entscheidung notwendig macht.

 

Der erkennende Einzelrichter ist aus mehreren Gründen überzeugt davon, dass diese Ladung nicht geeignet ist, eine wesentliche Änderung der Sachlage zu bewirken. Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, auf welches sich die Ladung bezieht, absolut unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant ist. Dies wurde bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren - wie bereits erwähnt - festgestellt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere hervorzuheben, dass sich die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers vor allem auch aus seinem Vorbringen zu seinen Ausreisemodalitäten ergibt. So hat er das Visum für Griechenland verheimlicht. Dies zeigt aber nicht nur die persönliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer legal mittels Touristenvisum ausgereist ist und zuvor noch ein Hotel gebucht und eben das Visum beantragt hat, zeigt, dass die Ausreise des Beschwerdeführers alles andere fluchtartig war, sondern von langer Hand geplant.

 

Es muss schließlich auch als völlig unglaubwürdig gewertet werden, dass der Beschwerdeführer nunmehr eine Ladung der Staatsanwaltschaft vorlegt - weitere drei Ladungen wurden bereits im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens vorgelegt -, wo er doch im vorangegangen Verfahren immer davon gesprochen hat, von korrupten Polizisten zu Schutzgeldzahlungen erpresst worden zu sein. Es entzieht sich den logischen Denkgesetzen warum jetzt die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer vorladen sollte, noch dazu ohne Angaben in welcher Eigenschaft. Es erscheint völlig unlogisch, dass die korrupten Polizisten nun die Staatsanwaltschaft zu einer Ausstellung der Ladungen angestiftet haben sollen, damit diese den Beschwerdeführer vorlädt, wodurch doch ihre eigenen kriminellen Handlungen offenbart werden würden. Der erkennende Einzelrichter geht daher davon aus, dass es sich bei der nunmehr vorgelegten Ladung - ebenso wie bereits im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens bezüglich der ersten drei Ladungen festgestellt - um eine solche handelt, welche über Auftrag des Beschwerdeführers hergestellt wurde.

 

Nur am Rande sei erwähnt, dass auch an der Echtheit und Richtigkeit der Ladung erhebliche Zweifel bestehen. Wie bereits im Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.03.2013, GZ. D12 420156-2/2013/5E, mit welchem der Wiederaufnahmeantrag abgewiesen wurde, festgestellt wurde, sind die vier Kopien der Ladungen (bzw. drei Originalladungen der ersten drei Ladungen) mit Ausnahme der Vorladungsdaten ident und wurden immer nur der Name des Beschwerdeführers sowie das Datum handschriftlich eingesetzt. Auch der Name des Oberermittlungsbeamten "Justizleutnant XXXX" ist maschinell vorgedruckt, sodass nicht davon auszugehen ist, es handle sich um ein allgemein gebräuchliches Ladungsformular, indem der jeweilige Beamte, der die Ladung veranlasst hat, mit Schreibmaschinenschrift oder handschriftlich eingetragen wird.

 

Selbst wenn man aber von der Echtheit und Richtigkeit der nunmehr vorgelegten Ladung vom XXXX ausgehen würde, so ist diesem Schriftstück aber in keiner Weise eine asylrelevante Verfolgungsgefahr zu entnehmen. In diesem Zusammenhang muss nämlich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach es einer bloßen Ladung zur Behörde jedenfalls an der für die Asylgewährung nötigen Eingriffsintensität ermangelt (VwGH 07.09.2000, 200/01/0153).

 

Abgesehen davon, dass somit die vorgelegte Ladung vom XXXX nicht geeignet ist, eine - im Verhältnis zum Vorbringen im ersten Verfahren, über welches bereits rechtskräftig entschieden wurde - wesentliche Änderung der Sachlage herbeizuführen, ist auch dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren keine Relevanz

 

zuzubilligen.

 

So gibt der Beschwerdeführer in der Einvernahme beim Bundesasylamt am 15.04.2013 an, dass seine Mutter mittlerweile zu einer Cousine gefahren sei. Da der Beschwerdeführer gesucht werde, seien Leute ins Haus gekommen und haben nach ihm gefragt. Die Mutter habe diese Umstände nicht mehr ertragen können und habe zwei Hirnschläge erlitten. Diese Aussagen beziehen sich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, welches er bereits im ersten Verfahren dargelegt hat und stellen somit keine neuen Tatsachen dar. Die Angaben des Beschwerdeführers zeigen zudem, dass er versucht, sein Vorbringen als nach wie vor aktuell darzustellen, indem er behauptet, es werde immer noch nach ihm gesucht. Ähnlich verhält es sich mit der Aussage in der Einvernahme beim Bundesasylamt am 23.04.2013, wo er behauptet, seine Ehefrau habe mehrmals mit deren Mutter telefoniert und diese habe sie gewarnt, auf keinen Fall nach Hause zu kommen, da immer noch nach ihm gesucht werde. Solche telefonischen Warnungen würde es schon seit sechs Monaten geben. Der Beschwerdeführer erklärte wenig nachvollziehbar, dass er dies bisher nicht erwähnt habe, weil er gedacht habe, dass es für das Verfahren nicht so wichtig sei. Insofern kann diesem Vorbringen wiederum keine Glaubwürdigkeit beigemessen werden.

 

In der Einvernahme beim Bundesasylamt am 23.04.2013 erklärte der Beschwerdeführer - nach Vorhalt der aktuellen Länderfeststellungen und befragt ob er eine Stellungnahme dazu abgeben möchte - plötzlich, dass in seiner Nachbarschaft Widerstandskämpfer gelebt haben. Die Behörden seien ohne Befehl der Staatsanwaltschaft einfach auf sein Grundstück gekommen. Er habe dies im ersten Verfahren nicht erzählt, weil er nicht danach gefragt worden sei. Diese Erklärung überzeugt keineswegs. Wie das Bundesasylamt zu Recht ausführt, wurde der Beschwerdeführer im ersten Verfahren mehrmals zu seinen Fluchtgründen befragt. Im ersten Verfahren war aber von einer Bedrohung durch Widerstandskämpfer keine Rede, obwohl es sich um einen angeblichen Vorfall gehandelt hat, der sich vor der rechtskräftigen Entscheidung im ersten Verfahren abgespielt haben soll. Dem Bundesasylamt ist daher zuzustimmen, dass es sich um ein Vorbringen handelt, über das bereits vollinhaltlich im letzten Asylverfahren abgesprochen wurde und der Beschwerdeführer damit keine neue asylrelevante Bedrohungssituation glaubhaft machen konnte.

 

Hinsichtlich der Beschwerdeschrift vom 06.08.2013 ist lediglich auszuführen, dass daraus kein weiteres asylrelevantes Vorbringen hervorgeht.

 

Das Gesamtvorbringen stellt sich demnach erneut als unglaubwürdig und ungeeignet dar. Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen asylrelevanten Sachverhaltes ist demnach nicht fassbar. Die vorgelegte Bestätigung waren aus den dargelegten Gründen in keiner Weise geeignet, das bereits im rechtskräftigen ersten Asylverfahren als vollkommen unglaubwürdig und nicht asylrelevant bewertete Vorbringen des Beschwerdeführers zu stützen."

 

Das Bundesasylamt ist daher richtigerweise davon ausgegangen, der Vater der Beschwerdeführerin und somit auch die Beschwerdeführerin haben bereits in ihrem ersten Asylverfahren sämtliche Gründe vollständig schildern können, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen haben. Der erkennende Einzelrichter des Asylgerichtshofes kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass den Angaben der Beschwerdeführerin bzw. ihres Vaters im gegenständlichen Verfahren kein neuer geänderter Sachverhalt entnommen werden konnte.

 

Sohin sind die im gegenständlichen Asylverfahren getätigten Angaben der Beschwerdeführerin bzw. ihres Vaters vom bereits in Rechtskraft ergangenen ursprünglichen Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 13.09.2012, D12 420160-1/2011/3E, mitumfasst und ist daraus kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt ableitbar.

 

Die Beschwerdeführerin ist seit rechtskräftigem Abschluss ihres ersten Verfahrens auch nicht in die Russische Föderation zurückgekehrt. Es ist daher davon auszugehen, dass sich in der Russischen Föderation kein neuer Sachverhalt ergeben hat, über welchen nicht bereits im früheren Asylverfahren rechtskräftig abgesprochen wurde.

 

Zur Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin stellte das Bundesasylamt fest, dass sich weder hinsichtlich der allgemeinen Lage in der Russischen Föderation noch hinsichtlich der persönlichen Lage der Beschwerdeführerin wesentliche Änderungen ergeben hätten.

 

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Bescheid war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

 

I.3. Weiters ist auszuführen, dass sich ein Antrag auf internationalen Schutz auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten richtet und daher auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen sind (vgl. VwGH 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344).

 

Sowohl im ersten, als auch im gegenständlichen Verfahren hat die gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin angegeben, dass die Beschwerdeführerin gesund zu sei und keinerlei Medikamente benötige.

 

Eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin hat sich auch aus dem gesamten Akteninhalt nicht ergeben. Die Beschwerdeführerin konnte in keiner Weise darlegen, dass sich an ihrer Situation bei einer allfälligen Rückkehr in die Russische Föderation seit rechtskräftigem Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens so maßgebliches geändert haben sollte, dass eine anderslautende Entscheidung geboten wäre. Es ist somit auch aus medizinischer Sicht kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt entstanden, über welchen nicht bereits im Vorverfahren rechtskräftig abgesprochen wurde.

 

Außergewöhnliche Umstände, angesichts derer die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation die Garantien des Art. 3 EMRK verletzen würde, können unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht erblickt werden.

 

Der Beschwerdeführerin ist es daher nicht gelungen, darzulegen, dass sie im Falle ihrer Abschiebung nach Tschetschenien in eine "unmenschliche Lage" versetzt würde. Daher verstößt eine allfällige Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat nicht gegen Art. 2, Art. 3 EMRK oder gegen die Zusatzprotokolle zur EMRK Nr. 6 und Nr. 13 und auch nicht gegen Art. 15 lit. c Status-RL.

 

I.4. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Asylgesetzes 2005 ist zu entnehmen, dass dies auch dann gelten soll, wenn diese Zurückweisung des Antrages - wie im vorliegenden Fall - wegen entschiedener Sache, sohin gem. § 68 Abs. 1 AVG erfolgt

 

(s. die Erläuterungen zu § 37 AsylG 2005, 952 Bgl. Nr. 22.GP, 55).

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

 

b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

 

c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

 

d) der Grad der Integration;

 

e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;

 

f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

 

g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

 

h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

 

i) die Frage ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Nach § 10 Abs. 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach § 10 Abs. 4 leg. cit. gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Nach § 10 Abs. 5 leg. cit. ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Nach § 10 Abs. 6 leg. cit. bleiben Ausweisungen nach Abs. 1 binnen 18 Monaten ab einer Ausreise aufrecht.

 

Wird eine Ausweisung durchsetzbar, so gilt sie nach § 10 Abs. 7 leg. cit. als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 oder § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 38 durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Nach § 10 Abs. 8 leg. cit. ist mit Erlassung der Ausweisung der Fremde über seine Pflicht zur unverzüglichen oder fristgerechten Ausreise und gegebenenfalls über die Möglichkeit eines Antrages auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise bei der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde (§ 55a FPG) zu informieren, insbesondere auf Rückkehrhilfe, sowie auf mögliche fremdenpolizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung (§ 46 FPG) hinzuweisen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:

 

die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

 

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

 

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

 

die Bindungen zum Heimatstaat,

 

die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

 

auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

 

Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG schließt sich der erkennende Einzelrichter der Begründung im o. a. Bescheid an. Wie im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, stellt die Ausweisung im konkreten Fall keinen ungerechtfertigten Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben dar, dies aus folgenden Erwägungen:

 

In Österreich befinden sich die Eltern sowie drei Geschwister der Beschwerdeführerin, die ebenfalls Asylwerber sind und ebenfalls ausgewiesen wurden.

 

Weiters lebt die Tante der Beschwerdeführerin als anerkannter Flüchtling (AIS- Zl. 05 17.208) in Österreich.

 

Beim sogenannten "erweiterten Familienleben", zu Geschwistern, Onkel, Tanten, Cousinen usw. wird ein "effektives Familienleben" gefordert, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder speziell engen, tatsächlich gelebten Banden zu äußern hat (vgl. Feßl/ Holzschuster, Asylgesetz 2005, Kommentar, Seite 343 f).

 

Die Beschwerdeführerin lebt mit ihrer Tante nicht im gemeinsamen Haushalt und führt mit dieser auch kein gemeinsames Familienleben. Es besteht auch kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu ihrer Tante. Die Beziehung zu ihrer Tante geht somit nicht über eine normale Beziehung zwischen Tante und Nichte hinaus und begründet daher kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK.

 

Die Beschwerdeführerin verfügt somit, abgesehen von ihrenEltern und Geschwistern, weder über sonstige Verwandte noch über sonstige familiäre Bindungen in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island. Folglich liegt kein vom Schutz des Art. 8 EMRK umfasster Familienbezug zu einer dauernd aufenthaltsberechtigten Person in Österreich vor.

 

Zu einem bestehenden Privatleben der Beschwerdeführerin ist Folgendes auszuführen: Die Beschwerdeführerin reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle im Oktober 2010 illegal in Österreich ein und stellte einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz, wobei sich dieser Aufenthalt nur auf ein auf das Asylverfahren beschränktes Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 gestützt hat, das aus einem letztlich als unberechtigt erkannten Antrag auf internationalen Schutz abgeleitet wurde. Allein der Aufenthalt im Bundesgebiet seit Oktober 2010 kann aber einen Verbleib der Beschwerdeführerin und seiner Familie in Österreich nicht rechtfertigen, zumal der Beschwerdeführer mit rund XXXX Jahren in einem anpassungsfähigen Alter ist und in Begleitung ihrer Eltern und Geschwister in die Russische Föderation zurückkehren wird, wodurch eine Eingliederung in den Herkunftsstaat erleichtert wird. Im gegenständlichen Fall überwiegt eindeutig das - in der in § 10 Abs. 1 AsylG zwingend vorgesehenen Ausweisung von Asylwerbern zum Ausdruck kommende - öffentliche Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß aufgrund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (siehe VwGH vom 17.12.2007, Zlen. 2006/01/0216 bis 0219 mwN).

 

Es liegt somit zusammengefasst kein vom Schutz des Art. 8 EMRK umfasster Familienbezug zu einer Person in Österreich oder ein unzulässiger Eingriff in ein zu schützendes Privatleben vor. Die Ausweisung der Beschwerdeführerin ist daher zulässig.

 

Der Beschwerde war keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da die in § 37 Abs. 1 AsylG 2005 umschriebenen Voraussetzungen nicht vorlagen.

 

Ausgehend von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, war der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen, da sich insbesondere in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben hat, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof im Fall des Beschwerdeführers gemäß § 41 Abs. 7 leg. cit. unterbleiben konnte.

 

Der Vollständigkeit halber ist erneut darauf hinzuweisen, dass es lediglich Aufgabe des Asylgerichtshofs ist, die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrages durch das Bundesasylamt zu überprüfen. Hierbei sind ausschließlich jene Gründe zu berücksichtigen, die vom Beschwerdeführer bereits vor dem Bundesasylamt vorgebracht wurden, weshalb ein ergänzendes Vorbringen weder in der Beschwerde noch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof zu berücksichtigen gewesen war.

 

Zu Spruchpunkt II.:

 

Gemäß § 10 Abs. 3 Asylgesetz 2005 ist die Durchführung einer Ausweisung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn sie aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind. Nach der Regierungsvorlage 952 XXII. GP kommen als Gründe für einen Aufschub "etwa eine fortgeschrittene Schwangerschaft, Spitalsaufenthalt oder vorübergehender sehr schlechter Gesundheitszustand" in Frage.

 

In den §§ 3 und 5 Mutterschutzgesetz (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 116/2009 wird für Frauen ein absolutes Beschäftigungsverbot von acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung bis acht Wochen nach der Entbindung normiert (Mutterschutz). Die hinter dieser Bestimmung liegende generelle Wertung, dass Frauen in diesem Zeitraum nach der Geburt einer körperlichen Schonung bedürfen, ist nach Ansicht des erkennenden Senates des Asylgerichtshofes auch auf Ausweisungen im Asylrecht übertragbar.

 

Die Mutter der Beschwerdeführerin legte dem Asylgerichtshof ihren Mutter-Kind-Pass vor, aus welchem hervorgeht, dass diese schwanger ist und der voraussichtliche Geburtstermin mit dem XXXX berechnet wurde. Da die Durchführung einer Ausweisung der Mutter der Beschwerdeführerin in den ersten acht Wochen nach der Geburt angesichts des genannten Schonungsbedarfs mit einem nicht unerheblichen Gesundheitsrisiko verbunden wäre, war deren durch die Schwangerschaft bedingten gesundheitlichen Situation durch die Gewährung eines Aufschubs der Ausweisung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 Rechnung zu tragen. Da die Beschwerdeführerin Familienangehörige ihrer Mutter iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist, war auch für den Beschwerdeführer vor dem Hintergrund der Familieneinheit die Durchführung der Ausweisung bis zum 24.01.2014 (XXXX nach dem voraussichtlichen Geburtstermin) aufzuschieben.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
anpassungsfähiges Alter, Ausweisung, Ausweisung aufgeschoben, Identität der Sache, Interessensabwägung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
25.09.2013
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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