TE UVS Steiermark 2013/05/29 42.9-1/2013

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Veröffentlicht am 29.05.2013
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erkinger über die Berufung des Herrn C M, geb. am, W St, Mü, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 12.12.2012, GZ: 11.1-269-2012, wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 35 Abs 1 Führerscheingesetz 1997 (im Folgenden FSG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Text

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.12.2012, GZ: 11.1-269-2012, wurde gemäß § 24 Abs 3 FSG iVm § 14 Abs 3 FSG-GV angeordnet, der Berufungswerber habe eine verkehrspsychologische sowie eine psychiatrische Stellungnahme und ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten über seine gesundheitliche Eignung innerhalb von drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides, beizubringen.

 

Weiters wurde im Sinne des § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung ausgeschlossen.

 

Bei ihrer Begründung stützt sich die belangte Behörde auf eine Anzeige der Polizei der Tschechischen Republik, Kreisdirektion der Polizei des Liberec-Kreises, vom 09.08.2012, wonach der Berufungswerber ein bestimmtes Fahrzeug in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Die weitere Begründung des Bescheides zitiert darauf stützend den § 24 Abs 3 FSG sowie § 14 Abs 3 FSG-GV.

 

Von folgenden formal- und materiell-rechtlichen Überlegungen war auszugehen:

 

Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, die gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

§ 24 Abs 3 FSG:

Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.

wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.

wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3.

wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

§ 24 Abs 4 FSG:

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

§ 14 FSG-GV:

(1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

(2) Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, haben ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.

(3) Personen, die ohne abhängig zu sein, in einem durch Sucht- oder Arzneimittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt haben, darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, es sei denn, sie haben ihre Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen.

(4) Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen, darf nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden.

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Der angefochtene Bescheid ist aus verschiedenen Überlegungen widersprüchlich, unschlüssig, somit insgesamt rechtswidrig.

 

Zunächst ist davon auszugehen, dass § 24 Abs 3 FSG 1997 von einer Entziehung oder Einschränkung einer Lenkberechtigung ausgeht, welche im Gegenstande (noch) nicht anzunehmen ist. Vielmehr wäre in concreto wohl eine zu treffende Entscheidung auf § 24 Abs 4 FSG zu stützen gewesen, wonach im Falle von bestehenden Bedenken hinsichtlich der vorliegenden gesundheitlichen Eignung diverse näher angeführte Verfahrensschritte zu setzen sind. In diesem Zusammenhang stellt auch die gemäß § 64 Abs 2 AVG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung eine Unschlüssigkeit bzw. weitere Widersprüchlichkeit dar. Nachdem der Berufungswerber die Beeinträchtigung bestreitet, wäre es unter Anwendung des § 24 Abs 4 FSG überdies erforderlich gewesen, die darin angeführten Bedenken der gesundheitlichen Eignung konkret darzulegen, was im Übrigen nicht erfolgt ist. So wäre der Sachverhalt zu überprüfen gewesen, ob die anzuordnenden Untersuchungen erforderlich sind; allfällig wäre in einem solchen Zusammenhang unter Bezugnahme auf § 14 Abs 1 FSG-GV im Falle einer solchen Aufforderung eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme indiziert gewesen. Derartige begründete Verdachtsmomente wurden jedoch nicht geäußert oder dargelegt. Dies auch nachdem sich die Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich mit § 24 Abs 3 FSG auseinandersetzt, der hingegen - wie bereits angeführt - nur dann anzuwenden ist, wenn gleichzeitig eine Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ausgesprochen wurde, was jedoch nicht der Fall ist. Im Übrigen ist eine solche Entziehung mangels Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 24 Abs 3 leg cit auch aus dem vorgelegten Verfahrensakt nicht ersichtlich, sodass aus den angeführten Erwägungen die angefochtene Entscheidung wegen vorliegender inhaltlicher Rechtswidrigkeit zu beheben war.

Schlagworte
Lenkberechtigung; Entziehung; Aufforderung; begleitende Maßnahmen; Bedenken
Zuletzt aktualisiert am
13.08.2013
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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