TE Vwgh Erkenntnis 2013/5/29 2011/01/0242

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Veröffentlicht am 29.05.2013
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Index

L40059 Prostitution Sittlichkeitspolizei Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ProstG Wr 1984 §4 Abs2;
ProstG Wr 1984 §5 Abs1;
ProstG Wr 1984 §5 Abs6;
ProstG Wr 1984 §8a Abs2 Z1;
VStG §22;
VStG §52a Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. Juni 2011, Zlen. UVS-06/9/105/2010-33, UVS- 06/9/104/2010, UVS-06/9/103/2010, betreffend Übertretungen des Wiener Prostitutionsgesetzes (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, am 27. Oktober 2010 mündlich verkündeten und am 10. Juni 2011 schriftlich ausgefertigten, nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde Berufungen der Beschwerdeführerin gegen Straferkenntnisse der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. Dezember 2009 (Zlen. S 169978/B/09, S 169976/B/09 und S 169972/B/09) in Ansehung deren Spruchpunkt 2 in der Schuldfrage ab und verhängte über die Beschwerdeführerin wegen Übertretung des § 8a Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 1 und 6 des Wiener Prostitutionsgesetzes (Wr. ProstitutionsG) gemäß § 8 Abs. 2 Z. 1 zweiter Strafsatz leg. cit. "anstelle von drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 3000,-- Euro eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000,-- Euro".

Den Berufungen der Beschwerdeführerin gegen diese Straferkenntnisse in Ansehung deren Spruchpunkte 1 wurde Folge gegeben, die Straferkenntnisse diesbezüglich behoben und das Verfahren zu diesen Punkten gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt. Die Beschwerdeführerin hat zu den Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu leisten.

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde zudem Folgendes ausgesprochen:

"In Anwendung des § 52a Abs. 1 VStG wird der mündlich verkündete Berufungsbescheid insofern abgeändert, als zu Spruchpunkt 2 anstelle von drei Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von jeweils 6 Tagen ebenfalls nur eine Gesamtersatzfreiheitsstrafe für den Nichteinbringungsfall im Ausmaß von 6 Tagen verhängt wird und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ebenfalls statt dreimal 300,-- Euro nur einmal in Höhe von 300,-- Euro vorgeschrieben wird".

Der Beschwerdeführerin wurde (nach dem zusammengefassten Schuldspruch) zur Last gelegt, sie habe als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der G KEG zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Verfügungsberechtigte es am 23. Oktober 2009 in Wien 2., Ostraße 17, im dortigen, innerhalb der Schutzzone gemäß § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG gelegenen Lokal Pension "G" unterlassen habe, für die Einstellung der Prostitutionsausübung (der N mit W um 16.00 Uhr; der A mit Wa um 21. 20 Uhr und der M mit Dr. E um

21.25 Uhr) zu sorgen, obwohl die Beschwerdeführerin von der Prostitutionsausübung hätte wissen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der vorliegende Fall gleicht in den wesentlichen Gesichtspunkten sowohl in sachverhaltsmäßiger als in rechtlicher Hinsicht jenem, der dem die Beschwerdeführerin betreffenden hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2012, Zl. 2010/01/0009, zugrunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird daher auf dieses Erkenntnis verwiesen (vgl. zudem das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2012, Zl. 2011/01/0006). Aus den dort genannten Gründen ist die Beschwerde unbegründet.

Die Beschwerdeführerin bringt unter Bezugnahme auf den aus der Verhandlungsschrift vom 27. Oktober 2010 sich ergebenden Inhalt des verkündeten Berufungsbescheides vor, die belangte Behörde habe mit dem schriftlich ausgefertigten Bescheid zu ihren Lasten eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil die erstinstanzlichen Spruchpunkte 2 mit dem mündlichen Berufungsbescheid nicht bloß punktuell abgeändert oder mit Maßgabebestätigung adaptiert, sondern unter Bildung einer Gesamtstrafe neu gefasst worden seien. Für diese Ergänzung des Strafausspruches, die unzulässig sei, habe keine Grundlage bestanden, weil mit dem mündlichen Berufungsbescheid keine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt worden sei.

Damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 52a VStG (in der Fassung BGBl. I Nr. 3/2008) können von Amts wegen der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. § 68 Abs. 7 AVG gilt sinngemäß.

Mit den von der Beschwerdeführerin in Beruf gezogenen drei erstinstanzlichen Straferkenntnissen wurden über sie in Ansehung deren Spruchpunkte 2 jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 6 Tagen verhängt und ihr für das erstinstanzliche Verfahren jeweils ein Kostenbeitrag von 600,-- Euro auferlegt. Diese erstinstanzlichen Spruchteile wurden - entgegen den Beschwerdebehauptungen - mit dem mündlichen Berufungsbescheid weder aufgehoben noch abgeändert, sondern sie blieben als bestätigte Teile (der erstinstanzlichen Entscheidungen) Inhalt des mündlichen Berufungsbescheides, ist es der Berufungsbehörde doch nicht verwehrt, nur einen bestimmten Teil des Spruches der Unterinstanz zu ändern und den davon nicht betroffenen Teil zu bestätigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 94/08/0268; sowie Hengstschläger-Leeb, AVG, § 67, Rz 6 mwN).

Davon ausgehend wurde durch die von der Beschwerde als unzulässig gerügte Abänderung in Ansehung der Ersatzfreiheitsstrafe und des erstinstanzlichen Kostenbeitrages keine unzulässige reformatio in peius (zu Lasten der Beschwerdeführerin) vorgenommen, sondern die drei über die Beschwerdeführerin verhängten Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 6 Tagen (insgesamt sohin 18 Tage) auf eine Gesamtersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen und der auferlegte erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 1.800,-- Euro (drei Mal 600,-- Euro) auf 300,-- Euro vermindert. Diese die Beschwerdeführerin begünstigenden Änderungen waren - gestützt auf § 52a Abs. 1 VStG - nicht rechtswidrig.

Insoweit geltend gemacht wird, die Beschwerdeführerin sei wegen Vorliegens eines fortgesetzten Delikts unzulässig mehrfach bestraft worden bzw. aus diesen Überlegungen seien die ihr angelasteten Übertretungen bereits durch andere Straferkenntnisse erfasst, ist die Beschwerde auf das oben genannte hg. Erkenntnis Zl. 2010/01/0009 zu verweisen, wonach ein fortgesetztes Delikt nicht vorliegt, sondern es sich bei den zur Last gelegten Übertretungen um verschiedene, jeweils selbständige durch Unterlassung - begangene Taten, die jeweils auf einem eigenen Willensentschluss beruhten, handelt. Auch vorliegend vermietete die Beschwerdeführerin in ihrem Stundenhotel am 23. Oktober 2009 "Liebeszimmer" nicht derselben Prostituierten und ein- und demselben Freier, sondern zu unterschiedlichen Zeiten an diesem Tag an verschiedene Prostituierte mit jeweils verschiedenen Freiern. Dadurch, dass die belangte Behörde für diese selbständigen (drei) Übertretungen im Sinne des § 22 VStG nicht nebeneinander (drei) Strafen sondern (nur) eine "Gesamtstrafe" verhängte, wurde die Beschwerdeführerin in Rechten nicht verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. Mai 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2011010242.X00

Im RIS seit

28.06.2013

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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