TE AsylGH Erkenntnis 2013/07/05 S23 435797-1/2013

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Veröffentlicht am 05.07.2013
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Spruch

S23 435.797-1/2013/4E

 

S23 435.798-1/2013/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Nowak als Einzelrichter über die Beschwerde

 

der XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.06.2013, Zl. 13 02.377 - EAST West sowie

 

des XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.06.2013, Zl. 1302.378 - EAST West

 

zu Recht erkannt:

 

Den Beschwerden wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 stattgegeben und die bekämpften Bescheide behoben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

1.1 Die Erstbeschwerdeführerin, Staatsangehörige der Russischen Föderation, stellte am 24.02.2013 nach illegaler Einreise in das österreichische Staatsgebiet für sich und ihren minderjährigen Sohn, den Zweitbeschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge einer Erstbefragung am 24.02.2013 gab die Erstbeschwerdeführerin an, sie sei gemeinsam mit ihrem Sohn und ihrer Mutter am 17.02.2013 von Grozny über Minsk nach Brest gefahren. Dort seien sie am 19.02.2013 angekommen und hätten sich ein Zimmer genommen. Am 20.02.2013 seien sie mit dem Zug weiter nach Polen gefahren. Dort seien ihnen Fingerabdrücke abgenommen worden und es habe eine Befragung stattgefunden. Ob sie einen Asylantrag gestellt habe wisse sie nicht. Sie habe dann mit einem Taxi nach Österreich fahren wollen, dafür jedoch nicht genug Geld gehabt. Nach ein paar Tagen Wartezeit habe sie der Taxifahrer mit noch weiteren zwei Frauen nach Österreich gebracht. Nach Polen wolle sie nicht zurück reisen, da sie sich dort nicht sicher fühle. Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die Erstbeschwerdeführerin an, ihr Mann sei seit 23.08.2012 vermisst. An diesem Tag seien uniformierte Männer zu ihnen nach Hause gekommen und hätten ihren Mann mitgenommen. Seit dem habe sie nichts mehr von ihm gehört. Sie habe große Angst gehabt, habe aber auf Grund ihrer Schwangerschaft nicht flüchten können. Sie sei dann zu ihrer Mutter gezogen und habe zwei Monate später einen Anruf von ihrer Schwiegermutter erhalten, dass maskierte Männer sie gesucht hätten. Sie habe sich in ihrer Heimat schon lange nicht mehr sicher gefühlt. Deshalb sei sie nach Österreich geflüchtet. Im Übrigen stelle sie den Asylantrag auch für ihren Sohn.

 

1.2. Am 26.02.2013 richtete das Bundesasylamt ein Anfrageersuchen gemäß

 

Art. 16 Abs 1 lit c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: "Dublin II VO"), an Polen.

 

1.3. Am 26.02.2013 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 29 Abs. 3 Asyl mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihre Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen und dass Dublin-Konsultationen mit Polen seit 26.02.2013 geführt werden.

 

1.4. Am 07.03.2013 langte beim Bundesasylamt die Zustimmungserklärung Polens ein, die Beschwerdeführer gemäß Art. 16 Abs. 1 lit c der Dublin-Verordnung wieder aufzunehmen.

 

1.5. Am 08.03.2013 bzw. 25.03.2013 langte beim Bundesasylamt ein Konvolut an Arztbriefen des Krankenhauses Vöcklabruck, Abteilung für

Chirurgie, ein aus dem im Wesentlichen hervor geht:

 

Befund vom 08.03.2013: der linke Zeigefinger des Zweitbeschwerdeführers ist zur Gänze mit einem subkutanen Tumor bedeckt. Das Nagelglied und der Nagel liegen frei und sind beweglich. Der Tumor ist blau-rötlich verfärbt es zeigen sich erweiterte Gefäße in der Subkutis liegend. Über dem PIP-Gelenk befindet sich ein 1cm im Durchmesser messendes Ulkus nach Infiltration. Der Tumor verdrängt durch seine Größe die ulanren Finger nach ulnar, sie sind jedoch frei beweglich. Die Diagnose enthält einen Verdacht auf ein ausgedehntes kapilläres Hämangiom am linken Zeigefinger. Es wird eine stationäre Aufnahme am 13.03.2013 und OP am 14.03.2013 vrordnet.

 

Aus einem Arztbrief des Krankenhauses Vöcklabruck, Abteilung für Chirurgie, vom 22.03.2013 geht hervor, dass am 14.03.2013 eine ausgedehnte Tumorresektion durchgeführt wurde. Als empfohlene Maßnahmen wurde ein Belassen der Verbandanordnung, sowie Trocken- und Sauberhalten des Verbandes empfohlen. Die Entlassung erfolgte am 22.03.2013 in gutem Allgemeinzustand und nach Nahtentfernung.

 

1.6. Aus einem Arztbrief des Krankenhauses Vöcklabruck, Abteilung für Chirurgie, vom 22.05.2013 geht hervor, dass ein histologischer Befund des AKH Wien nach der am 14.03.2013 durchgeführten OP am Zeigefinger des Zweitbeschwerdeführers ergeben hat, dass es sich bei dem Tumor um ein infantiles Fibrosarkom handelt. Dabei handle es sich um eine sehr seltene kindliche Tumorerkrankung weshalb eine Weiterbehandlung im St. Anna Kinderspital in Wien dringend und zwingend notwendig sei. Der detaillierte Behandlungsplan werde dort erstellt.

 

1.7. Im Zuge einer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 03.04.2013 gab die Erstbeschwerdeführerin an sie selbst sei gesund, jedoch leide ihr Sohn an einem Tumorgewächs am linken Zeigefinger. Diesbezügliche Unterlagen habe sie vorgelegt.

 

Das Bundesasylamt hielt in einer Anmerkung fest, dass eine Gewebeprobe an die Uni Graz geschickt wurde, ein Befund sei noch ausständig. Dieser werde nach Erhalt übermittelt. Der Akt wurde bis 12.04.2013 auf Frist gelegt.

 

Befragt gab die Erstbeschwerdeführerin an, sie habe zwei Brüder, die in Wien lebten. Sie hätten sie zwischenzeitlich besucht. Finanziell sei sie nicht von ihnen abhängig, jedoch hätten sie ihre Mutter immer wieder unterstützt. Betreffend Polen gab die Erstbeschwerdeführerin an, sie habe keine konkreten Gründe warum sie nicht nach Polen wolle. Sie sei dort nicht schlecht behandelt worden, jedoch wisse sie, dass die Lebensumstände dort sehr schlecht seien.

 

1.8. Dem Akt des Bundesasylamtes liegt ein Email vom 29.05.2013 bei, in dem festgehalten ist, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer per 26.05.2013 mit unbekanntem Aufenthaltsort abgemeldet wurden.

 

1.9. Mit Schreiben vom 03.06.2013 teilt die Caritas dem Bundesasylamt mit, dass die Beschwerdeführer am 27.05.2013 zu Ihr gekommen sei, freiwillig nach Russland zurückkehren wollen und demnächst eine Anmeldung in Wien erfolgen solle.

 

1.10. Mit Bescheiden vom 10.06.2013 wies das Bundesasylamt die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung der Anträge der Beschwerdeführer gemäß Art 4 Abs 5 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurden die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und ausgeführt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig sei. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Polen einer Rückübernahme zugestimmt habe. Zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer wurde ausführlich ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin zwei in Österreich lebende Brüder hab, jedoch bestehe zu diesen kein Abhängigkeitsverhältnis. Zum Gesundheitszustand des Zweitbeschwerdeführers wurde ausgeführt, er leide an einem äußerst bösartigen Tumor am linken Zeigefinger, diesbezüglich würden sich drei Arztbriefe im Akt befinden. Es sei nicht bekannt, ob weitere medizinische Schritte unternommen worden seien. Die Beschwerdeführer hätten sich mit 26.05.2013 von ihrer Unterkunft mit unbekanntem Aufenthalt abgemeldet und hätten eine freiwillige Rückkehr in Anspruch nehmen wollen. Das Bundesasylamt gehe daher davon aus, dass der Gesundheitszustand nicht von lebensbedrohlichem Charakter sei und eine Überstellung nach Polen nicht unmöglich.

 

Weiters enthält der Bescheid gestützt auf eine Zusammenstellung der Staatendokumentation iSd § 60 AsylG 2005 auch eine ausführliche Darstellung zur Lage in Polen, zum polnischen Asylverfahren, zur Versorgung von Asylwerbern einschließlich der medizinischen Behandlungsmöglichkeiten von Asylwerbern und zur Sicherheitslage in Polen.

 

1.11. Am 12.06.2013 langte beim Bundesasylamt eine Vollmachtsbekanntgabe der Caritas Wien ein.

 

1.12. Gegen die unter 1.10. angeführten Bescheide richtet sich die mit Schreiben vom 14.06.2013 rechtzeitig erhobene Beschwerde. Im Wesentlichen wird dort ausgeführt, dass beim Zweitbeschwerdeführer ein äußerst bösartiger Tumor am linken Zeigefinger diagnostiziert und behandelt wurde. Die Erstbeschwerdeführerin habe in der Hoffnung, dass der Zweitbeschwerdeführer vollkommen genesen sei einen Antrag auf freiwillige Rückreise gestellt. Aktuell bestehe seit 12.06.2013 der Verdacht, dass sich abermals ein bösartiger Tumor gebildet habe. Der Antrag wurde daher am 14.06.2013 zurückgezogen. In Bezug auf die Erkrankung des Zweitbeschwerdeführers stützt sich die Beschwerde vor allem darauf, dass die äußerst seltene Erkrankung auch in Österreich nur von Spezialisten behandelt werden konnte und eine adäquate Behandlung in Polen nicht möglich sei.

 

Der Beschwerde liegt ein Begleitschreiben vom 13.06.2013 des Krankenhauses Vöcklabruck, Abteilung für Chirurgie, bei, aus dem folgendes hervorgeht: bei dem Zweitbeschwerdeführer wurde am 14.03.2013 ein den ganzen linken Zeigefinger einnehmender Tumor organerhaltend reseziert. In dem zwei Monate später vorliegenden histologischen Befund wurde ein infantiles Fibrosarkom beschrieben. Der Zweitbeschwerdeführer wurde zwischenzeitlich im St. Anna Kinderspital vorstellig. Es handelt sich um einen Tumor, bei dem eine spontane Regression prinzipiell möglich sei, allerdings die Lokalrezivrate, besonders bei verbliebenem kleinen Tumorrest, durchaus gegeben ist und dann eine Chemotherapie durchgeführt werden müsste.

 

Die Durchführung einer Staginguntersuchung mit MR des Zeigefingers und des gesamten linken Armes, Thorax-CT und Abdomensonographie sowie regelmäßige klinische Kontrollen für zumindest ein Jahr sind notwendig um den Status der Erkrankung, die Prognose einschätzen zu können und gegebenenfalls eine weitere Behandlung einzuleiten. Derzeit konnten diese Untersuchungen auf Grund von fehlendem Versicherungsschutz nicht durchgeführt werden, seien aber aus der Sicht der behandelnden Chirurgen und Onkologen dringend und unabdingbar.

 

1.13. Die Beschwerde langte am 19.06.2013 am Asylgerichtshof ein.

 

1.14. Ebenfalls am 19.06.2013 langte am Asylgerichtshof eine Nachreichung zur Beschwerdevorlage ein, aus der hervorgeht, dass die Beschwerdeführer ihren Antrag auf freiwillige Rückkehr am 14.06.2013 zurückzogen.

 

1.15. Mit Beschluss vom 25.06.2013 wurde den Beschwerden gemäß § 37 Abs 1 Asyl 2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof sind die einschlägigen Bestimmungen des AsylG 2005 und das Bundesgesetz über den Asylgerichtshof, BGBl. I Nr. 4/2008 in der Fassung BGBL I Nr. 147/2008 (in Folge: "AsylGHG") sowie subsidiär das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2009 (in Folge: "AVG") anzuwenden. Schließlich war das Bundesgesetz über die Zustellung behördlicher Dokumente, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung (im Folgenden: ZustG) maßgeblich.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet, durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegt eine Beschwerde gegen eine Entscheidung nach § 5 AsylG 2005 vor, sodass der erkennende Richter als Einzelrichter zur Entscheidung zuständig war.

 

2. § 41 Abs. 3 AsylG besagt, dass in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden ist. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Der Gesetzgeber hat für das Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide sehr kurze Fristen (§ 41 Abs. 2, § 37 Abs. 3 AsylG) vorgesehen, andererseits aber den Asylgerichtshof dazu verpflichtet, bei einem "mangelhaften Sachverhalt" der Beschwerde stattzugeben, ohne § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden (§ 41 Abs. 3 AsylG). Das Ermessen, das

 

§ 66 Abs. 3 AVG einräumt, allenfalls selbst zu verhandeln und zu entscheiden, besteht somit in einem solchen Verfahren nicht. Aus den Materialien (Erläut. zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 66) geht hervor, dass "im Falle von Erhebungsmängel die Entscheidung zu beheben, das Verfahren zuzulassen und an das Bundesasylamt zur Durchführung eines materiellen Verfahrens zurückzuweisen" ist. Diese Zulassung stehe einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Daraus und aus den erwähnten kurzen Entscheidungsfristen ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Asylgerichtshof im Verfahren über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide von einer Ermittlungstätigkeit möglichst entlasten wollte. Die Formulierung des

 

§ 41 Abs. 3 AsylG letzter Satz ("wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint") schließt somit nicht aus, dass eine Stattgabe ganz allgemein in Frage kommt, wenn dem Asylgerichtshof - auf Grund erforderlicher zusätzlicher Erhebungen - eine unverzügliche Erledigung der Beschwerde unmöglich ist.

 

Im vorliegenden Fall erscheint dem Asylgerichtshof, insbesondere im Hinblick auf den medizinischen Begleitbrief vom 13.06.2013, der Gesundheitszustand des Zweitbeschwerdeführers nicht abschließend geklärt und somit keine Aussage möglich, inwieweit eine medizinische Behandlung in Polen gewährleitstet wäre. Auch wenn man davon ausgehen muss, dass in Polen prinzipiell onkologische Behandlungen möglich sind, so handelt es sich im vorliegenden Fall doch eindeutig um einen seltenen und bösartigen Tumor bei einem Kleinkind, dessen Behandlung jedenfalls von Spezialisten durchzuführen sein wird. Es erscheint daher unabdingbar, im Wege einer neuerlichen Beweisaufnahme festzustellen, inwieweit die ärztlich empfohlenen, Maßnahmen und Therapien in Polen in concreto durchführbar sind und ob eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben des Zweitbeschwerdeführers besteht sofern eine Weiterbehandlung des Zweitbeschwerdeführers nicht in Österreich sondern in Polen stattfindet.

 

Gemäß Art 129c B-VG erkennt der Asylgerichtshof nach Erschöpfung des Instanzenzuges (unter anderem) über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen. Bereits aus dieser Bestimmung ist einleuchtend, dass es dem Bundesasylamt als erster und einziger Instanz im Asylverfahren zukommt, den gesamten entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Dies hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 30.09.2004, 2001/20/0315, bereits im Zusammenhang mit dem unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt und hat sich an diesem Grundsatz nichts geändert. Vielmehr würde die Beschwerdemöglichkeit des Asylwerbers an den Asylgerichtshof andernfalls zu einer bloßen Formsache degradiert werden, wenn letzterer, statt seine "umfassende und letztinstanzliche" Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Instanz ist, die erstmals den gesamten entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht. Dies gilt umso mehr nachdem der Verwaltungsgerichtshof in Asylsachen grds. keine einzelfallbezogene Kontrollbefugnis mehr hat und diese hinsichtlich einfachgesetzlicher Verletzungen nunmehr dem Asylgerichtshof zukommt. Würde man gegenteilige Ansicht vertreten, - nämlich dass der Asylgerichtshof jenes Organ ist, das erstmals den gesamten maßgeblichen Sachverhalt feststellt, so würde dem Asylwerber im Hinblick auf einfachgesetzliche Verletzungen eine Kontrollinstanz de facto entzogen werden.

 

Da im gegenständlichen Fall eine mündliche Verhandlung bzw. Vernehmung durch den Asylgerichtshof nach ho. Ansicht unvermeidlich wäre und insgesamt die erforderlichen Ermittlungsschritte auch vom Asylgerichtshof innerhalb der vom Gesetzgeber festgesetzten kurzen Entscheidungsfrist (§ 37 Abs 3 AsylG 2005) im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung de facto nicht durchgeführt werden können, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ermittlungspflicht, gesundheitliche Beeinträchtigung, Kassation
Zuletzt aktualisiert am
12.07.2013
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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