TE AsylGH Erkenntnis 2013/05/02 D12 420656-2/2013

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Veröffentlicht am 02.05.2013
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Spruch

D12 420656-2/2013/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.02.2013, FZ. 13 00.929-EAST-Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Sachverhalt und Verfahrensgang:

 

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 24.07.2010 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab an XXXX zu heißen und am XXXX geboren zu sein.

 

Sie habe ihren Herkunftsstaat mittels Schlepper verlassen und sei über die Ukraine nach Österreich gereist. In Österreich lebe ihre Schwester, XXXX. Zu ihren Fluchtgründen befragt, schilderte die Beschwerdeführerin, sie habe vor drei Jahren in XXXX in Inguschetien einen inguschetischen Choreographen namens XXXX kennen gelernt. Am 09.02.2009 sei dieser von inguschetischen Islamisten XXXX erschossen worden. Die Beschwerdeführerin habe mit diesem Mann ein Verhältnis gehabt. Nach seinem Tod habe sie zweimal - im März 2009 und etwas später im Sommer - Telefonanrufe von unbekannten Personen erhalten, die sie mit dem Umbringen bedroht haben. Diese haben ihr auch vorgehalten, dass sie als Tschetschenien ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann anderen Glaubens gehabt habe. Sie haben gedroht, dass sie sich rächen werden. Im Mai 2009 sei die Beschwerdeführerin nach Grosny gefahren und sei dort wegen eines Nervenzusammenbruches im Krankenhaus ungefähr 24 Tage stationär aufgenommen worden. Danach sei sie nach XXXX zurückgekehrt, habe aber immer das Gefühl gehabt, dass sie beobachtet werde. Deshalb sei sie im September 2009 wieder nach Grosny zurückgefahren. Im Herbst 2009 habe vermutlich jemand versucht, die Beschwerdeführerin mit dem Auto anzufahren und umzubringen. Ein Unbekannter habe sie mit seinem PKW angefahren, sodass sie am Fuß verletzt gewesen sei. Der Autofahrer sei nicht stehen geblieben. Seit dieser Zeit habe sie aus Angst ständig bei ihrer Schwester XXXX gelebt. Im Mai 2010 sei die Beschwerdeführerin neuerlich wegen eines Nervenzusammenbruches im Krankenhaus in Grosny stationär aufgenommen worden. Seit der Entlassung aus dem Krankenhaus habe sie die Wohnung nicht mehr verlassen. Sie habe immer das Gefühl gehabt, beobachtet zu werden. Im Falle einer Rückkehr habe sie Angst in der Heimat umgebracht zu werden bzw. dass sie sich selbst umbringe, weil die nervliche Belastung zu viel für sie sei.

 

Die Beschwerdeführerin legte folgendes Dokument vor:

 

Russischer Inlandspass, XXXX ausgestellt am XXXX.

 

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde die Beschwerdeführerin im Auftrag des Bundesasylamtes am 03.03.2011 von einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie untersucht und am 05.03.2011 ein Neurologisch- Psychiatrisches Gutachten erstellt. Daraus geht hervor, dass die Beschwerdeführerin an keiner psychiatrischen Erkrankung leide und auch nicht suizidgefährdet sei.

 

3. Mit Schreiben des Bundesasylamtes von 28.03.2011 wurden der Beschwerdeführerin aktuelle Länderberichte zur Russischen Föderation übermittelt und die Möglichkeit gegeben, im Rahmen der mittels gegenständliche Ladung festgelegten Einvernahme eine Stellungnahme dazu abzugeben.

 

4. Die Beschwerdeführerin wurde am 06.04.2011 vom Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab an, sie sei Staatsangehörige der Russischen Föderation, Tschetschenien, Muslima, geschieden und kinderlos. Die Beschwerdeführerin sei verheiratet gewesen. Die Ehe sei aber kinderlos geblieben, deswegen habe sie sich ihrer Tradition nach im Jahr 1994 oder 1995 scheiden lassen müssen. Sie habe sehr darunter gelitten. Nach der Scheidung habe sie bei ihrem Bruder gelebt. Als wieder ein Krieg begonnen habe, seien sie alle nach XXXX gegangen und die Beschwerdeführerin habe dort mit Waren gehandelt und die Familie im Wesentlichen ernährt. Die Beschwerdeführerin habe Stoffe aus Tschetschenien gekauft und wieder verkauft. Sie sei sehr angesehen gewesen. In ihrem Geschäft habe sie einen georgischen Choreographen kennengelernt, mit dem sie über drei Jahre lang ein heimliches Verhältnis gehabt habe. Er sei verheiratet gewesen und seine Familie habe in Georgien gelebt. Eines Tages im Februar 2009 sei er plötzlich erschossen worden. Warum oder wofür er umgebracht worden sei wisse die Beschwerdeführerin nicht. Es sei vermutetet worden, dass er von Extremisten umgebracht worden sei. Diesen habe nicht gepasst, dass er durch seine Aufführungen ein offenes Leben geführt habe. Es heiße, dass es die XXXX gewesen seien. Der Beschwerdeführerin sei es nach dem Tod ihres Freundes gesundheitlich sehr schlecht gegangen. Diesbezüglich legte sie einen Untersuchungsbefund einer Krankenstation in XXXX vom 09.04.2008 und die Bestätigung aus der Neurologie eines Krankenhauses in Grosny über Blut- und Harnwerte vor. Die Beschwerdeführerin habe dann auch erfahren, dass zwei Frauen umgebracht worden seien. Deshalb habe sie panische Angst und Albträume gehabt und habe gedacht, dass sie verfolgt werde. Die Beschwerdeführerin habe zweimal - im März und April 2009 - Anrufe erhalten und man habe ihr gesagt, dass sie mit ihrem Freund intim gewesen sei und man das nicht dürfe. In ihrem Dorf seien einige Mädchen umgebracht worden, wenn man ihnen unerlaubte Beziehungen vorgeworfen habe. Seit die Beschwerdeführerin bei ihrer Schwester in Grosny gelebt habe, habe sie sich ernsthaft gefürchtet. Ein Auto habe sie niederfahren wollen und sie sei am Fuß verletzt worden. Die Beschwerdeführerin habe "nicht hungern" müssen, sie habe aber innerlich sehr gelitten. Ihre Schwester habe gesehen wie sie leide und habe ihr bei der Ausreise geholfen. Befragt nach dem Flucht auslösenden Ereignis, sagte die Beschwerdeführerin, sie habe sich ernsthaft gefürchtet und in ständiger Angst gelebt. Sie glaube, dass ihr Leben in der Russischen Föderation in Gefahr sei. Sie will nicht zurück, das wäre schrecklich. Sie möchte in Österreich arbeiten. Ihre Albträume haben hier aufgehört. In Österreich leben die Schwester der Beschwerdeführerin und deren Familie. In der Russischen Föderation leben der Bruder und fünf Schwestern der Beschwerdeführerin.

 

Zu den mit der Ladung zur Einvernahme übermittelten Länderberichten führte die Beschwerdeführerin aus, in der Russischen Föderation gebe es schon Gesetze, aber Tschetschenien habe eigene Gesetze nach der Scharia. Man sei verpflichtet zu heiraten und Kinder zu bekommen, sonst sei man nichts wert.

 

Auf Vorhalt des Neurologisch- Psychiatrischen Gutachtens, wonach sie an keiner psychiatrischen Erkrankung leide, sagte die Beschwerdeführerin, ihr komme selber vor, dass es ihr jetzt besser gehe. Sie verspüre auch diese Angst nicht mehr. Auch die Panik sei weg. Die Medikamente, die verschrieben worden seien, nehme sie vorschriftsmäßig.

 

Die Beschwerdeführerin legte folgende Beweismittel vor:

 

Entlassungsbrief der Universitätsklinik für Hals- Nasen- Ohren-Krankheiten XXXX vom 02.03.2011, wonach sich die Beschwerdeführerin von 29.01.2011 bis 30.01.2011 zur stationären Behandlung in der Klinik befunden habe und ein "Schweres Schlafapnoesyndrom" und Adipositas diagnostiziert worden seien;

 

Befund eines Facharztes für Neurologie vom 31.01.2011, wonach die Beschwerdeführerin an "Atypischem Gesichtsschmerz, Somatoformer Störung und Posttraumatischer Belastungsreaktion" leide.

 

5. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.07.2011, Fz. 10 06.508-BAS, wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde stellte die Identität und Nationalität der Beschwerdeführerin fest und traf umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin. Beweiswürdigend führte das Bundesasylamt aus, das Vorbringen der Beschwerdeführerin sei nicht geeignet, darin eine Verfolgung ihrer Person oder eine objektiv begründete Furcht vor Verfolgung erkennen zu lassen. Für die Asylgewährung komme es nicht auf die subjektive Einschätzung einer Situation an, sondern darauf, ob nach objektiven Kriterien aus den vom Asylwerber vorgetragenen Umständen die Gefahr einer Verfolgung glaubhaft gemacht worden sei. Eine lediglich vermutete, subjektiv befürchtete Verfolgung reiche nicht aus.

 

Da auch keinerlei Abschiebungshindernisse festgestellt worden seien, sei die Abschiebung in die Russische Föderation für zulässig zu erklären und der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen. Der Zugang zu eventuell nötiger medizinischer Behandlung sei der Beschwerdeführerin - wie anhand der von ihr vorgelegten Unterlagen dokumentiert worden sei - problemlos möglich und sei daher kein Grund ersichtlich, warum ein solcher ihr nach ihrer Rückkehr nicht ebenso wieder möglich sein sollte. Die Ausweisung der Beschwerdeführerin stelle auch keinen unzulässigen Eingriff in ihr Recht auf Privat- und Familienleben dar.

 

6. Dagegen wurde mit formularartigem Schriftsatz vom 08.08.2011 fristgerecht Beschwerde erhoben. Gleichzeitig beantragte die Beschwerdeführerin die Beigabe eines Rechtsberaters gemäß § 66 AsylG iVm Art 15f VerfahrensRL (2005/85/EG) zur Beratung und Vertretung im weiteren Verfahren.

 

7. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 17.08.2011, Zl. D12 420656-1/2011/2Z, wurde gemäß § 66 Abs. 2 AsylG zur Vertretung im Verfahren der Beschwerdeführerin ein Mitarbeiter von Verein Menschenrechte Österreich zum Rechtsberater bestellt.

 

8. Am 03.10.2011 langte eine Beschwerdeergänzung beim Asylgerichtshof ein. Darin führt die Beschwerdeführerin aus, ihre Glaubwürdigkeit im Asylverfahren sei von der Erstbehörde nicht bestritten und ihr Vorbringen auch der rechtlichen Beurteilung durch die Erstbehörde zugrunde gelegt worden. Jedoch sei behauptet worden, dass ihr Vorbringen weder geeignet sei, darin eine Verfolgung ihrer Person noch eine objektiv begründete Furcht vor Verfolgung erkennen zu lassen. Eine Begründung, warum man dieser Meinung sei, sei die Erstbehörde aber schuldig geblieben. Die Beschwerdeführerin sei aber der Meinung, dass sie sehr wohl begründete Furcht vor Verfolgung darlegen habe können. Die Beschwerdeführerin wiederholte im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und monierte, die Erstbehörde habe ihre Sachverhaltsfeststellung in der Beweiswürdigung wiederholt und am Ende einfach festgestellt, dass keine Asylrelevanz vorliege. Es sei kein einziges Wort zu der Gruppe der XXXX verloren worden, die für den Mord an ihrem georgischen Freund verantwortlich seien, geschweige denn irgendwelche Nachforschungen über sie angestellt worden. Auch in den angeführten Länderfeststellungen sei diese Gruppe mit keinem Wort erwähnt worden. Die Lage in Inguschetien sei im angefochtenen Bescheid ebenso praktisch gar nicht erwähnt worden und das obwohl sich das fluchtauslösende Ereignis in Inguschetien ereignet habe. Aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Länderfeststellungen ergebe sich, dass in den nordkaukasischen Regionen weiterhin radikale islamistische Gruppierungen tätig seien, die gegen die russische Zentralgewalt ankämpfen. Ramsan KADYROV habe versucht durch Wiedereinführung der Scharia- Gesetze den muslimischen Fundamentalisten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das verstoße gegen die russische Verfassung. Aufgrund dieser fundamentalistischen Moralvorstellungen habe die Beschwerdeführerin bereits zwei Männer verloren. Dem ersten habe sie kein Kind gebären können, weshalb er aufgrund dieser unmenschlichen Sitten unter dem Druck seiner Familie praktisch gezwungen worden sei, sich von ihr scheiden zu lassen. Der zweite Mann sei von den Fundamentalisten ermordet worden, weil er als Choreograph durch seine Aufführungen ein offenes Leben dargestellt habe und für offene Wertvorstellungen eingetreten sei, die er auch selbst ausgelebt habe. Die Beschwerdeführerin sei eine modern denkende Frau. Ihre liberale Einstellung, die in Opposition zu den streng religiösen Vorstellungen der Fundamentalisten als auch der tschetschenischen Regierung stehe, sei schließlich auch der Grund gewesen, warum sie in ihrer Heimat verfolgt worden sei. Durch die Ermordung ihres georgischen Freundes, die Ermordung der zwei Frauen, die Drohanrufe und schließlich die persönliche Attacke gegen sie mit dem Auto, sei sie dermaßen in die Enge getrieben worden, dass sie dem psychischen Druck, dem dadurch bedingten Verfolgungswahn, den panischen Angstzuständen, welche zu einem völligen Nervenzusammenbruch geführt haben, nur mehr durch Flucht entkommen habe können. Wie sich aus den Länderfeststellungen ergebe, sei es für Flüchtlinge aus dem Kaukasus praktisch unmöglich auf legale Weise in einer anderen Region Russlands Fuß zu fassen.

 

Sie sei in Österreich psychiatrisch begutachtet worden. Sie habe bei dem Gespräch betont, dass sich seit ihrer Flucht nach Österreich und dem abfallenden Druck ihr psychischer Zustand merklich gebessert habe. Deshalb sei in dem Gutachten für ihren damaligen Zustand der Befund erstellt worden, dass sie an keiner psychischen Erkrankung leide. Seit dem Zeitpunkt, als ihr zu verstehen gegeben worden sei, dass es sein könne, dass sie nach Russland zurückkehren müsse, habe sich ihr Zustand wieder sehr verschlechtert, was auch zu einem Aufenthalt in der Christian Doppler Klinik geführt habe. Im Falle einer Rückkehr nach Russland würde sie aufgrund der unmittelbaren Angst vor Verfolgung wieder in eine psychische Verfassung wie vor ihrer Flucht nach Österreich geraten.

 

Zu ihrem Privatleben in Österreich führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie sich hier wohl und sicher fühle. Durch ihre offene Art habe sie schnell sozialen Anschluss finden können und beherrsche inzwischen schon Recht gut die deutsche Sprache. Sie helfe auch bei allen möglichen Gelegenheiten in ihrer Unterkunft mit und habe hier in Österreich auch eine Schwester, die ihr behilflich sein könne, ein eigenständiges Leben aufzubauen.

 

Die Beschwerdeführerin legte folgende Beweismittel vor:

 

Internetausdruck über den Tod ihres Freundes vom 09.02.2009;

 

Bestätigungen über den Aufenthalt der Beschwerdeführerin in XXXX;

 

Unterstützungsschreiben von Freunden und Bekannten;

 

Schreiben der CARITAS vom 03.10.2011;

 

Arztbericht Schlaflabor der Universitätsklinik XXXX vom 02.09.2011, wonach die Beschwerdeführerin an "Hochgradigem obstruktiven Schlafapnoesyndrom, Akne rosacea und Somatisierungstörung" leide und eine APAP- Therapie verordnet werde;

 

Ärztliches Attest eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.08.2011, wonach die Beschwerdeführerin an atypischen Gesichtsschmerzen, Depression im Sinne einer somatoformen Störung und Schmerzen im Bereich der BWS leide;

 

Schreiben der XXXX Krankenanstaltenbetriebsgesellschaft m.b.H., Interne Abteilung, vom 26.07.2011, wonach bei der Beschwerdeführerin diagnostiziert worden sei: Atypischer Gesichtsschmerz, Depressio - somatoforme Störung, Hyperlipidämie, Steatosis hepatis, Degenerative BWS- Veränderungen, Rechtskonvexe BWS- Skollose.

 

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 02.04.2012, GZ. D12 420656-1/2011/9E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

 

Zum besseren Verständnis wird hier die Begründung in Kopie angeführt:

 

"Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den Feststellungen zur Situation in der Russischen Föderation, die sich auf verschiedene aktuelle Länderberichte unterschiedlichster Quellen stützen können, an. Die Beschwerdeführerin ist den Länderberichten auch nicht substantiiert entgegen getreten.

 

Wie das Bundesasylamt zu Recht ausgeführt hat, war das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet, darin eine asylrelevante Verfolgung ihrer Person oder eine objektiv begründete Furcht vor Verfolgung erkennen zu lassen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin basiert lediglich auf Vermutungen bzw. subjektiv empfundenen Befürchtungen.

 

Die Beschwerdeführerin brachte zusammengefasst vor, sie habe nach der Scheidung ihrer Ehe, die kinderlos geblieben sei, ab dem Jahr 1994 oder 1995 im Haushalt ihres Bruders gelebt. Ab 1999 habe sie mit ihren Familienangehörigen in XXXX gewohnt. Sie habe in dieser Zeit auch sehr erfolgreich als Händlerin für Stoffe gearbeitet, ein eigenes Geschäft betrieben und ihre Familie ernährt. Sie haben bis 2008 auch humanitäre Hilfe erhalten. Die Beschwerdeführerin habe Bekanntschaft mit einem georgischen Choreographen gehabt und mit diesem drei Jahre lang ein geheimes Verhältnis gehabt. Der Choreograph sei am 09.02.2009 von Unbekannten erschossen worden. Nach diesem Vorfall sei die Beschwerdeführerin im März und April 2009 zweimal von Unbekannten angerufen, für ihr Verhalten gerügt und bedroht worden. Später habe sie dann in Grosny bei ihrer Schwester gelebt und sei dort im September 2009 von einem fahrerflüchtigen Autolenker am Fuß verletzt worden. Sie habe zwei Nervenzusammenbrüche gehabt und sei schließlich aus Angst ausgereist.

 

Glaubt man der Beschwerdeführerin das geschilderte Verhältnis zu einem georgischen Choreographen, der - was zumindest dem im Rahmen der Beschwerdeergänzung vorgelegten Internetausdruck zu entnehmen ist - am 09.02.2009 in Inguschetien getötet wurde, so ist daraus allerdings keine die Beschwerdeführerin betreffende asylrelevante Verfolgung zu entnehmen. Auch der erkennende Senat ist der Ansicht, dass das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lediglich auf Vermutungen und subjektiven Empfindungen beruht und keinesfalls geeignet ist, objektiv eine asylrelevante Gefahr darzulegen. Bereits die Angaben zu den Mördern ihres Freundes sind unpräzise und beruhen auf Mutmaßungen. Während die Beschwerdeführerin in der Erstbefragung am 24.07.2010 angegeben hat, ihr Geliebter sei von einer inguschetischen Islamistengruppe namens XXXX erschossen worden, sagte sie in der Einvernahme beim Bundesasylamt am 06.04.2011, es werde vermutet, dass er von Extremisten umgebracht worden sei, da er ein offenes Leben geführt habe. Es heiße, dass es die XXXX gewesen seien. Gleichzeitig sagte die Beschwerdeführerin aber, sie wisse nicht warum oder wofür er umgebracht worden sei. Aufgrund dieser vagen Angaben erübrigt sich es auch - wie von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeergänzung angeregt - Nachforschungen über die XXXX einzuholen oder sich mit dieser Gruppe näher auseinanderzusetzen.

 

Auch die geschilderten zwei Telefonanrufe im März und April 2009 sind nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgung aufzuzeigen. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie von unbekannten Personen telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden sei und man ihr vorgehalten habe, als Tschetschenin ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann anderen Glaubens gehabt zu haben. Den angeblichen Anrufen sind aber keine weiteren Vorfälle gefolgt. Hätten die Unbekannten tatsächlich "Rache" üben wollen, weil die Beschwerdeführerin mit ihrem verheirateten Geliebten intim gewesen sei und dies in ihrer Kultur verboten sei, dann hätten diese Leute ihren Ankündigungen wohl Taten folgen lassen. Die Beschwerdeführerin hat ja selbst vorgebracht, dass in ihrem Dorf einige Mädchen umgebracht worden seien, da man ihnen unerlaubte Beziehungen vorgeworfen habe.

 

Der erwähnte Vorfall im Herbst 2009 in Grosny, als die Beschwerdeführerin von einem Auto angefahren worden sein soll, ist aufgrund der spekulativen Aussagen der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht als asylrelevant anzusehen bzw. kann kein Zusammenhang zwischen dem Tod ihres Freundes und diesem Vorfall erkannt werden. Die Beschwerdeführerin gab in der Erstbefragung an, im Herbst 2009 habe "vermutlich" jemand versucht sie mit dem Auto anzufahren und umzubringen. Der Fahrer habe dann Fahrerflucht begangen. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass es sich bei dem erwähnten Autounfall um mehr als einen gewöhnlichen Verkehrsunfall mit Fahrerflucht gehandelt hat. Dass die Beschwerdeführerin getötet werden sollte oder der Unfall absichtlich verursacht wurde ist eine reine Mutmaßung und durch keinerlei Beweise bestätigt.

 

Die Beschwerdeführerin schildert weiters, dass sie - nach zwei Nervenzusammenbrüchen und Klinikaufenthalten - immer das Gefühl gehabt habe, beobachtet zu werden. Sie habe daher die Wohnung nicht mehr verlassen, da sie Angst gehabt habe, umgebracht zu werden. Auch in der Einvernahme beim Bundesasylamt gab sie an, panische Angst und Albträume gehabt und gedacht zu haben, dass sie verfolgt werde. Diese Ängste beruhen aber offensichtlich auf dem damals - aufgrund des Todes ihres Freundes verständlichen - angeschlagenen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin, nicht aber auf tatsächlichen Verfolgungs- oder Bedrohungshandlungen. Die Beschwerdeführerin sagt auch selbst, dass sie "innerlich sehr gelitten" habe, ihre Schwester dies bemerkt habe und ihr daher bei der Ausreise geholfen habe. Die Flucht nach Österreich war daher offenbar lediglich eine Folge ihrer psychischen Verfassung.

 

Selbst wenn man aber von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens ausgeht und die Beschwerdeführerin tatsächlich wegen ihres getöteten Freundes Probleme mit einer Extremistengruppe gehabt hat und von dieser bedroht worden sei, so wäre dies eine Bedrohung durch kriminelle Elemente. Es ist jedoch nicht die primäre Aufgabe des Asylwesens Menschen vor kriminellen Handlungen in ihren Heimatländern zu schützen die nicht von Seiten des Staates ausgehen. Verfolgung durch Dritte kann nur dann Asylrelevanz haben, wenn gleichzeitig feststeht, dass seitens des Staates keine Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit besteht. Folgt man den Länderfeststellungen der belangten Behörde zur Russischen Föderation, so wäre dieser Staat jedenfalls willig und fähig, seine Bürger vor kriminellen Handlungen zu schützen. Die Beschwerdeführerin hätte also die Möglichkeit gehabt, die geschilderten Drohanrufe und den Autounfall bei der Polizei anzuzeigen und Ermittlungen in Gang zu setzen. Dies hat die Beschwerdeführerin aber unterlassen bzw. ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass sie sich an die Behörden gewandt hat.

 

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die Situation der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat sicher nicht als einfach zu bezeichnen war. Da sie keine Kinder bekommen konnte, musste sich ihr Mann von ihr scheiden lassen und sie wurde den tschetschenischen Sitten nach als minderwertig betrachtet. Darunter hat sie sicherlich sehr gelitten. Dennoch zeigt das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass auch alleinstehende Frauen im Nordkaukasus einen Platz in der Gesellschaft finden können. Die Beschwerdeführerin hat nach der Scheidung bei der Familie ihres Bruders gelebt und ist mit diesen - nach dem Beginn des zweiten Krieges - nach XXXX gegangen. Dort hat sie mit Waren gehandelt und die Familie ernährt. Sie hat ein eigenes Geschäft gehabt und Stoffe aus Tschetschenien gekauft und wieder verkauft. Die Beschwerdeführerin ist ihren Erzählungen nach sehr angesehen gewesen. Folgt man diesem Vorbringen, so ist auch der erkennende Senat davon überzeugt, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Rückkehr in die Russische Föderation auch als alleinstehende Frau ihren Lebensunterhalt bestreiten wird können.

 

Auch der formularartigen Beschwerde und der Beschwerdeergänzung, in welcher die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt, konnte kein weiteres asylrelevantes Vorbringen entnommen werden.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Bundesasylamt zu Recht von einem nicht asylrelevanten Vorbringen der Beschwerdeführerin ausgegangen ist, zumal die geschilderte Verfolgungsgefahr lediglich subjektiv empfunden bzw. auf Vermutungen gestützt ist. Eine objektiv asylrelevante Verfolgung konnte die Beschwerdeführerin aber nicht glaubhaft darlegen.

 

Zur gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin ist Folgendes auszuführen: Die Beschwerdeführerin leidet an atypischem Gesichtsschmerz, Depressio- somatoformer Störung, Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung), Steatosis hepatis (Fettleber), einem Schlafapnoesyndrom und degenerativen Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule. Dies ergibt sich aus aktuellen ärztlichen Bestätigungen, unter anderem aus einem Schreiben der Internen Abteilung der XXXX Krankenanstaltenbetriebsgesellschaft vom 26.07.2011 und einem Arztbericht des Schlaflabors der Universitätsklinik XXXX vom 02.09.2011. Keiner dieser Erkrankungen ist derart schwer oder lebensbedrohlich, dass die Krankheit einer Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation entgegensteht und ist dies den vorgelegten Befunden auch nicht zu entnehmen.

 

Bezüglich der psychischen Gesundheitssituation der Beschwerdeführerin ist ergänzend zu erwähnen, dass die Beschwerdeführerin im März 2011 von einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie begutachtet wurde und dieser diagnostiziert hat, dass die Beschwerdeführerin an keiner psychiatrischen Erkrankung leidet und auch nicht suizidgefährdet ist. Auf Vorhalt dieses Gutachtens gab die Beschwerdeführerin in der Einvernahme beim Bundesasylamt an, dass auch sie das Gefühl habe, es gehe ihr jetzt besser. Sie verspüre auch keine Angst mehr und auch die Panik sei weg. In der Beschwerdeergänzung machte sie aber geltend, dass sich ihr Zustand - seit sie erfahren habe, dass sie wieder nach Russland zurückkehren müsse - wieder verschlechtert habe. Dazu ist lediglich auszuführen, dass der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in die Russische Föderation - wie den Länderfeststellungen der belangten Behörde zur medizinischen Versorgung zu entnehmen ist - medizinische Betreuung zu Teil werden wird. Dass der Beschwerdeführerin Zugang zu eventuell nötiger - psychiatrischer - Behandlung problemlos möglich sein wird, beweist auch die Tatsache, dass sie bereits vor ihrer Ausreise zwei Mal stationär in psychiatrischer Behandlung in einem Krankenhaus in Grosny war und dies auch anhand der vorgelegten Unterlagen dokumentiert wurde."

 

Das Erkenntnis des Asylgerichtshofes erwuchs mit 06.04.2012 in Rechtskraft.

 

Am 13.04.2012 wurde ein Antrag bzgl. der freiwilligen Rückkehr ins Heimatland eingebracht.

 

Am 26.06.2012 wurde dieser Antrag zurückgezogen.

 

Am 10.07.2012 wurde neuerlich ein Antrag bzgl. der freiwilligen Rückkehr ins Heimatland eingebracht.

 

Die Beschwerdeführerin stellte am 22.01.2013 gegenständlichen zweiten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz und wurde dazu am selben Tag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Die Beschwerdeführerin gab dabei an, sie stelle neuerlich einen Asylantrag, ihre alten Fluchtgründe seien noch immer aufrecht. Sie habe zwischenzeitlich in Österreich einen anerkannten Asylwerber geheiratet.

 

Am 28.01.2013 wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, in Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab befragt - über die Gründe - warum sie neuerlich einen Asylantrag stelle an, sie habe geheirate und jetzt eine Familie, außerdem habe ihr eine Schwester mitgeteilt, dass mehrmals in der Heimat nach ihr gefragt worden sei.

 

Befragt warum sei erst jetzt einen neuerlichen Antrag stelle, gab die Beschwerdeführerin an, sie habe erst am 17.01.2013 eine negative Antwort des Verfassungsgerichtshofes erhalten (Ablehnung der Verfahrenshilfe).

 

Zu ihrem Privat- und Familienleben befragt, sagte die Beschwerdeführerin, dass fünf Schwestern und ein Bruder nach wie vor im Herkunftsstaat leben. Sie habe am 19.10.2012 ihren Mann XXXX (Status siehe S 38) geheiratet, lebe aber bereits seit 06.09.2012 mit ihm zusammen. Nachdem seine Frau verstorben sei kümmere sie sich jetzt um die Stiefkinder.

 

Sie lebe von Sozialhilfe und habe in Österreich noch nicht gearbeitet.

 

Abschließend wurden der Beschwerdeführer aktuelle Länderinformationen zur Russischen Föderation/Tschetschenien ausgefolgt und ihr eine Stellungnahmefrist bis zur nächsten Einvernahme eingeräumt. Weiters wurde der Beschwerdeführerin eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG ausgehändigt, wonach beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen.

 

Die Beschwerdeführerin wurde am 13.02.2013 erneut vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen und gab an, dass ihre bisher getätigten Angaben richtig seien und sie diese aufrechterhalte. Weiters lebe eine Schwester von ihr, als anerkannter Flüchtling in Österreich. Die Rechtsvertreterin Fr. Mag. RESCH von Asyl in Not verwies auf die EGMR-Entscheidung CASE of Hode and Abdi v. The United Kingdom (Applicaton no. 22341/09) und beantrag die Zulassung des Verfahrens.

 

Mit Bescheid vom 14.02.2013, FZ. 13 00.929-EAST-Ost, hat das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt II.).

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, es könne kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin habe bei der Begründung ihres gegenständlichen Antrages auf die Gründe für das Einbringen ihres ersten Asylantrages verwiesen bzw. angeführt, dass sie damals, in ihrem ersten Asylverfahren, alle ihre Gründe angeführt habe. Zu ihrem weiteren Vorbringen, dass sie in Österreich ihren Ehemann geheiratet habe und mit ihm und seine Kindern zusammen leben wolle führt das BAA an.

 

Diese Ehe hätte im Heimatland nicht bestanden, womit eine essentielle Voraussetzung der Begriffsbestimmung des § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 eines Familienangehörigen nicht vorhanden wäre und somit auch unter diesem Gesichtspunkt eine vom Ehegatten abgeleitete Schutzerlangung im Familienverfahren ausscheide.

 

Aufgrund des vorliegenden und vorstehenden aufgezeigten Sachverhaltes und im Lichte der Bestimmung des § 2 Abs 1 Z 22 i.V.m.

§ 34 Abs 6 AsylG 2005 scheide in diesem Fall die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (gemeint wohl der Status des subsidiär Schutzberechtigten, da der Ehemann nur diesen Status hat) im Familienverfahren aus.

 

Was den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin betreffe, habe der AGH in seiner Entscheidung vom 02.04.2012 bereits darüber abgesprochen, dass diese Krankheiten alle in der Russischen Föderation behandelbar seien.

 

Hinsichtlich der Ausweisungsentscheidung führt das BAA an, das die Beschwerdeführerin das Familienleben (Ehe) zu einem Zeitpunkt eingegangen sei, zu welchen ihr und ihrem Ehemann der unsichere Aufenthaltsstatus in Österreich bekannt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin hätte nicht davon ausgehen können, trotz einer rechtskräftigen Ausweisung und trotz eines rechtskräftigen fremdenbehördlichen Rückkehrverbotes ein Aufenthaltsrecht in Österreich erlangen zu können.

 

Es stehe jedoch sehr wohl die Möglichkeit offen, ein entsprechendes Aufenthaltsrecht in Österreich durch einen Antrag nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zu erlangen.

 

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 25.02.2013 fristgerecht Beschwerde erhoben, die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 37 AsylG beantragt. Die Beschwerdeführerin führte ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen aus, seit dem Abschluss des Erstverfahrens habe sich die soziale Lage der Beschwerdeführerin gravierend verändert. Sie habe am 19.10.2012 standesamtlich geheiratet und leben nun im gemeinsamen Haushalt. Dem Ehegatten und seinen Kinder sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden. Die Beschwerdeführerin hätte nunmehr die Rolle der verstorbenen Mutter übernommen.

 

Hinsichtlich der EGMR-Entscheidung CASE of Hode and Abdi v. The United Kingdom (Applicaton no. 22341/09) vom 06.11.2012 gibt die Beschwerdeführerin an, dass zwar bekannt sei, das die österreichische Rechtsordnung eine essentielle Voraussetzung der Begriffsbestimmung eines Familienangehörigen die Eheschließung im Herkunftsstaat sei, jedoch sei diese Unterscheidung zwischen Eheleuten die vor der Flucht oder nach der Flucht geheiratet hätten in Anbetracht dieses wegweisenden Urteiles nicht mehr haltbar. Vielmehr sei die Gleichbehandlung der Ehegatten von anerkannten Flüchtlingen (gemeint in diesem Fall wohl "subsidiär Schutzberechtigten") unabhängig davon geboten, zu welchem Zeitpunkt die Ehe geschlossen wurde.

 

Im Rahmen des Urteils sei festgestellt worden, dass die Gleichbehandlung von Ehegatten von anerkannten Flüchtlingen unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Ehe geschlossen wurde, geboten sei. Die (inzwischen aufgrund ihrer Rechtswidrigkeit gekippte) Differenzierung zwischen Flüchtlingen, die vor der Asylantragstellung oder erst danach geheiratet haben, verstoße gegen die Art. 14 in Verbindung mit Art 8 EMRK.

 

Mit Beschluss des AGH vom 04.03.2012 zur Zl. D12 420656-2/2013/2Z wurde Der Beschwerde wird gemäß § 38 Abs. 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

Mit Schreiben vom 11.04.2013 legte die Beschwerdeführerin diverse Unterlagen (Unterstützungserklärungen) als Nachtrag zur Beschwerde vor. Weiters werden mehrere Fälle angeführt in dem der AGH die Ausweisung auf Dauer für unzulässig erklärt hat.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 73 Abs. 1 Asylgesetz 2005 idgF ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

 

Gemäß Art. 129c Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, idgF, iVm. § 61 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 oder 3a leg. cit. vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Durch Einzelrichter/Einzelrichterin entscheidet der Asylgerichtshof gem. § 61 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 ausnahmslos über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide

 

wegen Drittstaatssicherheit gem. § 4 leg. cit.;

 

wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gem. § 5 leg. cit. sowie

 

wegen entschiedener Sache gem. § 68 Abs. 1 AVG.

 

Der Asylgerichtshof entscheidet weiters durch Einzelrichter über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 41a AsylG 2005.

 

Eine mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung fällt gem. § 61 Abs. 3 Z 2 leg. cit. ebenfalls in die Kompetenz des/der zuständigen Einzelrichters/ Einzelrichterin.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen zurückweisenden Bescheid wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG. Daher ist das Verfahren der Beschwerdeführerin nach den Bestimmungen des AsylG 2005 durch den zuständigen Richter des Asylgerichtshofes als Einzelrichter zu führen.

 

Gemäß § 23 AsylGHG idF BGBl. I Nr. 147/2008 sind - soweit sich aus dem AsylG 2005 nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Zu Spruchpunkt I.:

 

1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen auch ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach dem AsylG 2005 den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren (abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) abweicht (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2 E. 80 zu § 68 AVG sowie VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und ist in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten, so steht die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag entgegen (vgl. VwGH 24.02.2000, 99/20/0173).

 

Es kann jedoch nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vorn herein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315; VwGH vom 19.07.2001, Zl. 99/20/0418).

 

Gegenüber neu entstandenen Tatsachen fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme (wegen nova reperta), nicht jedoch bedeuten sie eine Änderung der Sachlage im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG (vgl. Hauer-Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, 617). Eine neue Sachentscheidung ist demnach nicht nur bei identem Begehren aufgrund desselben Sachverhalts, sondern wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismittel, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH vom 26.02.2004, Zl. 2004/07/0014; VwGH vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235 und VwGH vom 15.10.1999, Zl. 96/21/0097). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben nochmals zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhalts kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vorn herein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913 und die in Walter / Thienel, "Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze", Band I, 2. Auflage, 1998, E 9 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

 

Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen "glaubhaften Kern" zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. "Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit" (vgl. VwGH vom 29.09.2005, Zl. 2005/20/0365; VwGH vom 22.11.2005, Zl. 2005/01/0626; VwGH vom 16.02.2006, Zl. 2006/19/0380 und VwGH vom 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556).

 

Für die Berufungsbehörde ist Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ausschließlich die Frage, ob die erstinstanzliche Behörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung mit Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages aufgrund geänderten Sachverhalts darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von den Parteien erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu hervorgebracht werden (vgl. VwGH vom 27.06.2001, Zl. 98/18/0297 sowie vom 28.10.2003, Zl. 2001/11/0224).

 

2. Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Fall gegenüber dem Bundesasylamt eingeräumt, dass ihre Asylgründe aus dem ersten Verfahren weiterhin aufrecht seien bzw. dass sich ihre Fluchtgründe für den gegenständlichen Antrag auf jene Gründe beziehen, welche sie bereits in ihrem ersten Asylverfahren angeben habe.

 

Die Beschwerdeführerin brachte im rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren zusammengefasst vor, sie habe in ihrem Herkunftsstaat Probleme wegen ihrer Beziehung zu einem inguschetischen Choreographen bekommen. Der Asylantrag wurde vom Bundesasylamt mangels asylrelevanter Verfolgung abgewiesen und die dagegen erhobene Beschwerde vom Asylgerichtshof ebenfalls abgewiesen. Das Vorverfahren ist somit rechtskräftig negativ abschlossen.

 

Als Grund für den neuen Antrag gab die Beschwerdeführerin - wie bereits erwähnt - an, die Probleme die sie damals hatte, bleiben die gleichen. Sie habe ihren Herkunftsstaat wegen Drohungen und da jemand versucht habe sie mit dem Auto anzufahren, verlassen.

 

Der Asylgerichtshof kommt in Übereinstimmung mit der belangten Behörde zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin bereits in ihrem ersten Asylverfahren sämtliche Gründe vollständig habe schildern können, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen hat und dass das Vorbringen im gegenständlichen Verfahren jedenfalls keine Sachverhaltsänderung bewirkt, die asylrelevant wäre und einen glaubhaften Kern aufweist, dies aus folgenden Erwägungen:

 

Die Beschwerdeführerin verweist selbst darauf, dass alle Fluchtgründe gleich geblieben seien und sie hauptsächlich wegen ihre Eheschließung und den nunmehr vorliegenden Familienleben einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben.

 

Es kann somit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin neuerlich kein glaubhafter Kern entnommen werden.

 

Die Beschwerdeführerin hat auch selbst vorgebracht, dass vier Schwester und ein Bruder nach wie vor im Herkunftsstaat leben. Deshalb kann angenommen werden, dass sie bei einer Rückkehr nach wie vor familiären Rückhalt und Unterstützung erfahren wird.

 

Das Bundesasylamt ist daher richtigerweise davon ausgegangen, die Beschwerdeführerin habe bereits in ihrem ersten Asylverfahren sämtliche Gründe vollständig schildern können, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen habe. Der erkennende Einzelrichter des Asylgerichtshofes kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass den Angaben der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren kein neuer geänderter Sachverhalt entnommen werden konnte.

 

Dem gegenständlichen Vorbringen der Beschwerdeführerin kann somit kein glaubhafter Kern, dem Asylrelevanz zukommt, entnommen werden.

 

Sohin sind die im gegenständlichen Asylverfahren getätigten Angaben der Beschwerdeführerin vom bereits in Rechtskraft ergangenen ursprünglichen Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 02.04.2012, GZ. D12 420656-1/2011/9E, mitumfasst und ist daraus kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt ableitbar.

 

Die Beschwerdeführerin ist seit rechtskräftigem Abschluss ihres ersten Verfahrens auch nicht in die Russische Föderation zurückgekehrt. Es ist daher davon auszugehen, dass sich in der Russischen Föderation kein neuer Sachverhalt ergeben hat, über welchen nicht bereits im früheren Asylverfahren rechtskräftig abgesprochen wurde.

 

Zur Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin stellte das Bundesasylamt fest, dass sich weder hinsichtlich der allgemeinen Lage in der Russischen Föderation noch hinsichtlich der persönlichen Lage der Beschwerdeführerin wesentlichen Änderungen ergeben hätten.

 

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Bescheid war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

 

Die Beschwerdeführerin hat somit im vorliegenden Fall gegenüber dem Bundesasylamt keinerlei glaubwürdige Gründe geltend gemacht, die im Lichte der oben genannten Judikatur einen "glaubhaften Kern" aufweisen.

 

Zur Argumentation der Beschwerdeführerin hinsichtlich der EGMR-Entscheidung CASE of Hode and Abdi v. The United Kingdom (Applicaton no. 22341/09) vom 06.11.2012, dass zwar bekannt sei, das die österreichische Rechtsordnung eine essentielle Voraussetzung der Begriffsbestimmung eines Familienangehörigen die Eheschließung im Herkunftsstaat sei, jedoch sei diese Unterscheidung zwischen Eheleuten die vor der Flucht oder nach der Flucht geheiratet hätten in Anbetracht dieses wegweisenden Urteiles nicht mehr haltbar. Vielmehr sei die Gleichbehandlung der Ehegatten von anerkannten Flüchtlingen (gemeint in diesem Fall wohl "subsidiär Schutzberechtigten") unabhängig davon geboten, zu welchem Zeitpunkt die Ehe geschlossen wurde.

 

Im Rahmen des Urteils sei festgestellt worden, dass die Gleichbehandlung von Ehegatten von anerkannten Flüchtlingen unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Ehe geschlossen wurde, geboten sei. Die (inzwischen aufgrund ihrer Rechtswidrigkeit gekippte) Differenzierung zwischen Flüchtlingen, die vor der Asylantragstellung oder erst danach geheiratet haben, verstoße gegen die Art. 14 in Verbindung mit Art 8 EMRK, ist folgendes auszuführen.

 

Zu klären ist vorab, ob eine Familieneigenschaft i.S. des AsylG 2005 zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann vorliegt.

 

Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 22 AsylG 2005 lautet:

 

Im Sinne diese Bundesgesetztes ist

 

Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Da die standesamtliche Ehe erst am 19.10.2012 in Österreich geschlossen wurde, liegt dieser Umstand (Bestehen der Ehe bereits im Herkunftsstaat) zweifelsfrei nicht vor. Es konnte daher das BAA auch der Beschwerdeführerin gemäß § 34 Abs 3 AsylG 2005 nicht den Status der "subsidiär Schutzberechtigten" im Familienverfahren zuerkennen

 

Im weiteren Schritt ist zu prüfen, ob diese Bestimmung (Bestehen der Ehe bereits im Herkunftsstaat) im Lichte der EGMR-Entscheidung CASE of Hode and Abdi v. The United Kingdom (Applicaton no. 22341/09) vom 06.11.2012 nicht verfassungswidrig ist. Dies wurde zwar von der Beschwerdeführerin nicht dezidiert behauptet, lässt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde erschließen.

 

Die Europäische Menschenrechtskonvention steht in Österreich im Verfassungsrang und würde eine einfachgesetzliche Regelung die dagegen verstößt verfassungswidrig sein.

 

Hätte der entscheidende Einzelrichter diesbezüglich Bedenken, wäre gemäß Art 140 B-VG ein entsprechender Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

 

Siehe dazu den entsprechen Artikel im B-VG.

 

Artikel 140. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Verfassungswidrigkeit eines Bundes- oder Landesgesetzes auf Antrag des Obersten Gerichtshofes oder eines zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständigen Gerichtes, eines unabhängigen Verwaltungssenates, des Asylgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes oder des Bundesvergabeamtes, sofern er aber ein solches Gesetz in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen. Er erkennt über Verfassungswidrigkeit von Landesgesetzen auch auf Antrag der Bundesregierung und über Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auch auf Antrag einer Landesregierung, eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates oder eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates. Durch Landesverfassungsgesetz kann bestimmt werden, dass ein solches Antragsrecht hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit von Landesgesetzen auch einem Drittel der Mitglieder des Landtages zusteht. Der Verfassungsgerichtshof erkennt ferner über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; für solche Anträge gilt Art. 89 Abs. 3 sinngemäß.

 

(2) Wird in einer beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Rechtssache, in der der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz anzuwenden hat, die Partei klaglos gestellt, so ist ein bereits eingeleitetes Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes dennoch fortzusetzen.

 

(3) Der Verfassungsgerichtshof darf ein Gesetz nur insoweit als verfassungswidrig aufheben, als seine Aufhebung ausdrücklich beantragt wurde oder als der Verfassungsgerichtshof das Gesetz in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte. Gelangt der Verfassungsgerichtshof jedoch zu der Auffassung, dass das ganze Gesetz von einem nach der Kompetenzverteilung nicht berufenen Gesetzgebungsorgan erlassen oder in verfassungswidriger Weise kundgemacht wurde, so hat er das ganze Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben. Dies gilt nicht, wenn die Aufhebung des ganzen Gesetzes offensichtlich den rechtlichen Interessen der Partei zuwiderläuft, die einen Antrag gemäß dem letzten Satz des Abs. 1 gestellt hat oder deren Rechtssache Anlass für die Einleitung eines amtswegigen Gesetzesprüfungsverfahrens gegeben hat.

 

(4) Ist das Gesetz im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bereits außer Kraft getreten und wurde das Verfahren von Amts wegen eingeleitet oder der Antrag von einem Gericht, von einem unabhängigen Verwaltungssenat, vom Bundesvergabeamt oder von einer Person gestellt, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so hat der Verfassungsgerichtshof auszusprechen, ob das Gesetz verfassungswidrig war. Abs. 3 gilt sinngemäß.

 

(5) Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, verpflichtet den Bundeskanzler oder den zuständigen Landeshauptmann zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung. Dies gilt sinngemäß für den Fall eines Ausspruches gemäß Abs. 4. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt. Diese Frist darf 18 Monate nicht überschreiten.

 

(6) Wird durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben, so treten mit dem Tag des Inkrafttretens der Aufhebung, falls das Erkenntnis nicht anderes ausspricht, die gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft, die durch das vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannte Gesetz aufgehoben worden waren. In der Kundmachung über die Aufhebung des Gesetzes ist auch zu verlautbaren, ob und welche gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft treten.

 

(7) Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

 

Zu prüfen ist, ob im Falle der Beschwerdeführerin bzw im Falle der EGMR-Entscheidung CASE of Hode and Abdi v. The United Kingdom (Applicaton no. 22341/09) vom 06.11.2012, derselbe Sachverhalt vorliegt, welche auch für die Anwendung dieses Falles auf den Fall der Beschwerdeführerin notwendig erscheint.

 

Im Fall Hode and Abdi liegt folgender Sachverhalt vor: Dem somalischen Antragsteller war in Großbritannien im Asylverfahren eine für fünf Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Er reiste daraufhin nach Dschibuti und heiratet dort eine dschibutische Staatsangehörige und kehrte daraufhin wieder nach Großbritannien zurück. Seiner dschibutischen Frau - auch nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes - wurde ein Nachzugsvisum nach Großbritannien mit der Begründung verwehrt, seinerzeit hätten nur zum Zeitpunkt des Asylantrages Verheiratete einen gesetzlichen Anspruch auf Familienzusammenführung gehabt. Der EGMR sieht darin eine Diskriminierung iSd Art. 14 iVm Art. 8 EMRK, die mangels Vorbringens eines legitimen Zieles auch nicht gerechtfertigt sei. Während im Fall Hode and Abdi der Ehefrau ein Zuzugsvisum verweigert wurde und sich der Fall damit im Niederlassungsrecht abspielt, ist im Fall der Beschwerdeführerin ihr Antrag so zu verstehen, dass diese im Familienverfahren den Status des Ehemannes übernehmen wollte und dies durch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 (sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat) rechtlich nicht möglich gewesen.

 

Die Fälle unterscheiden sich auch dadurch, dass die Ehefrau im Falle Hode and Abdi noch niemals in Großbritannien war und aus dem Ausland um Familiennachzug nach dem dortigen Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbestimmungen a

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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