TE OGH 2010/1/14 6Ob269/09s

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Veröffentlicht am 14.01.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** S*****, vertreten durch Dr. Christoph Koller, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei I***** F*****, vertreten durch Mag. Klaudius May, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 11. November 2009, GZ 54 R 189/09x-43, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Aufhebungsgrund des „erheblich nachteiligen Gebrauchs" gemäß § 1118 erster Fall ABGB liegt dann vor, wenn durch eine wiederholte oder länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts (RIS-Justiz RS0102020) oder durch Unterlassung notwendiger Vorkehrungen (RIS-Justiz RS0021053) durch den Bestandnehmer wichtige ideelle oder wirtschaftliche Interessen des Vermieters verletzt werden oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht.

Ob ein erheblich nachteiliger Gebrauch vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei von den festgestellten Tatsachen in ihrer Gesamtheit auszugehen ist (RIS-Justiz RS0021018).

Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Eine auffallende, korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts liegt nicht vor.

Nach den Feststellungen ließ die Beklagte den Festbrennstoffofen durch ihren Bruder - einen Nichtfachmann - im Wohn-Schlafzimmer, das bislang mit elektrischer Energie beheizt worden war, an einen vorhandenen Rauchfang anschließen und aufstellen. Der Kläger hatte darauf hingewiesen, dass der Aufstellung und dem Anschluss des Ofens eine Prüfung durch einen Rauchfangkehrer vorangehen müsse. Ein Rauchfangkehrer wurde nicht beigezogen. Ihrer Verpflichtung zur behördlichen Meldung ist die Beklagte nicht nachgekommen. Die Feststellung, dass durch die Anschluss- und Aufstellungsmängel (Aufstellung direkt auf dem Laminatboden ohne Schutzblech) und den Zustand des Rauchfangs bei Betrieb des Ofens eine Gefährdung (in Form von Rauchgasvergiftung und Brand [Urteil des Erstgerichts S 16]) für das Objekt und seine Bewohner ausging, wurde in der Berufung nicht bekämpft (die Beweisrüge bezog sich lediglich auf die Feststellung einer Gefährdung auch bei einer Nichtbenützung des Ofens). Den Feststellungen zufolge hat die Beklagte mit dem Ofen nach seiner Installation Mitte Feber 2006 während zweier Heizperioden zumindest bis zur Klagszustellung im November 2006 geheizt.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass in der länger dauernden Benützung des Ofens wegen der aus den Anschluss- und Aufstellungsmängeln und dem Zustand des Rauchfangs resultierenden Substanzgefährdung unter Bedachtnahme darauf, dass ein Rauchfangkehrer trotz Hinweises des Klägers nicht beigezogen wurde, obwohl der Anschluss und die Aufstellung von einem Nichtfachmann durchgeführt wurde, ein erheblich nachteiliger Gebrauch liegt, ist jedenfalls vertretbar. Bedient sich der Mieter für Umbauarbeiten nicht befugter Gewerbsleute, muss er nämlich alles vorkehren, damit kein Schaden an der Substanz entstehen kann, weil er sich so zu verhalten hat, wie man es von einem vertrauenswürdigen Mieter verlangen kann (1 Ob 1504/96 mwN).

2. Die Vertragsaufhebung setzt ein Verschulden des Bestandnehmers nicht voraus (3 Ob 151/02f; RIS-Justiz RS0020981), wohl aber die nach gewöhnlichen Fähigkeiten zu bestimmende Erkennbarkeit der Nachteiligkeit des Verhaltens für Bestandgeberinteressen und Bestandobjekt (3 Ob 151/02f mwN; Iro in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 1118 Rz 2; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22 361 mwN). Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin musste ihr bei Aufwendung auch nur gewöhnlicher Fähigkeiten zumindest bewusst sein, dass beim Betrieb eines ohne Schutzblech auf einen Laminatboden gestellten Festbrennstoffofens infolge der Brandgefahr, die von aus dem Ofen fallenden Glutresten ausgeht, eine erhebliche Verletzung der Substanz des Bestandobjekts droht. Schließlich wurde sie auch vom Kläger darauf hingewiesen, dass eine Prüfung durch den Rauchfangkehrer der Aufstellung und dem Anschluss des Ofens vorangehen muss.

3. Nach ständiger Rechtsprechung hat die Entscheidung über das Vorliegen des Räumungsgrundes des erheblich nachteiligen Gebrauchs auf den Zeitpunkt der Auflösungserklärung (hier der Klage) abzustellen (1 Ob 41/02i; RIS-Justiz RS0021049). Eine Besserung des Verhaltens des Mieters nach Zugang der Auflösungserklärung ist rechtlich bedeutungslos (10 Ob 62/04x). Dass die Beklagte nach Zustellung der Räumungsklage den Ofen nicht mehr in Betrieb nahm, ist daher genausowenig entscheidungserheblich wie der Umstand, dass die Beklagte nach der Klagszustellung den Ofen nicht demontierte oder nicht für dessen ordnungsgemäßen Betrieb sorgte. Soweit das Berufungsgericht „insbesondere" diesen Umstand berücksichtigte, ist seine Ansicht zwar unzutreffend, aber kein Anlass für eine Korrektur der auf andere festgestellte Umstände gegründeten Entscheidung.

Textnummer

E92969

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00269.09S.0114.000

Im RIS seit

13.02.2010

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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