TE OGH 2009/1/20 11Os188/08v

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Veröffentlicht am 20.01.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schörghuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Xhevdet K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, Z 2, 130 erster und vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Xhevdet K***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 15. September 2008, GZ 39 Hv 67/08i-71, sowie dessen Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das sonst unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A 2 und B 5, demzufolge in den beide Angeklagten betreffenden Subsumtionseinheiten nach § 29 StGB sowie Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte K***** auf die Kassation des ihn betreffenden Strafausspruchs verwiesen. Dem Angeklagten K***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche beider Angeklagter hinsichtlich weiterer einschlägiger Tatvorwürfe und einen weiteren Schuldspruch des Zweitangeklagten enthält (zum verfehlten, aber unschädlichen Freispruch von der rechtlichen Qualifikation [US 10] vgl Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1) - wurden Zhevdet K***** und Malsor G***** des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, Z 2, 130 erster und vierter Fall, 15 StGB (wobei K***** auch die Qualifikation nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB trifft) schuldig erkannt.

Danach hat Xhevdet K***** zwischen 23. Februar und 27. Mai 2008 an diversen Orten Tirols in 17 Angriffen (wovon 4 im Versuchsstadium verblieben) teils mit Malsor G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (A), teils alleine (B) anderen fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Wert teilweise durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder Dritte durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle durch Einbruch zudem in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen und Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nämlich zu A 2) am 22. Mai 2008 in Kaltenbach dem Matthias H***** (Gasthof „P*****") einen leeren Standtresor unerhobenen Wertes durch Einsteigen in ein Gebäude;

zu B 1) am 23. Februar 2008 in Aldrans dem Johann S***** zu erbeutendes Bargeld und Wertgegenstände unerhobenen Wertes (Versuch);

zu B 3) am 4. April 2008 in Natters der Johanna W***** zu erbeutendes Bargeld und Wertgegenstände unerhobenen Wertes (Versuch);

zu B 4) am 11. April 2008 in Reith i. A. der Anna L***** zu erbeutendes Bargeld und Wertgegenstände unerhobenen Wertes (Versuch);

zu B 5) am 10. Mai 2008 in Flaurling der Elfriede P***** (Gasthof „G*****") Bargeld in Höhe von ca 310 Euro und zwei Stangen Zigaretten im Wert von 80 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die angeführten Fakten richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO. Zum Faktum A 2 macht die Mängelrüge (Z 5) zutreffend eine Aktenwidrigkeit geltend: Die Tatrichter erachteten nämlich beide Angeklagten diesbezüglich „durch das DNA-Gutachten (S 61 in ON 58/III) überführt" (US 20). Der bezogenen Aktenstelle ist jedoch zu entnehmen, dass die Merkmalmuster der Angeklagten an der untersuchten Spur nicht nachgewiesen wurden.

Dies musste zum spruchgemäßen Vorgehen gemäß § 285e StPO zu diesen Schuldspruch nicht nur hinsichtlich des Beschwerdeführers, sondern auch bezüglich des Mitangeklagten führen, der keine Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen hatte (§ 290 Abs 1 Satz 2 zweiter Fall StPO).

Ebenfalls im Recht ist die Mängelrüge mit dem Vorwurf unvollständiger Begründung zu Faktum B 5: Das Erstgericht stützte sich zwar allgemein auf das Geständnis von Malsor G*****, auf die Verantwortung des Xhevdet K***** über die alleinige Verwendung seines Personenkraftwagens der Marke Mercedes 190 mit dem polizeilichen Kennzeichen ***** und auf die Observationsergebnisse, wonach dieses Fahrzeug „jeweils immer in der unmittelbaren Nähe der Tatorte (als abgestellt) observiert wurde" (US 18, 19). Zum Faktum B 5 hatten Zeugen jedoch lediglich einen „Mercedes der 200 oder 220-er Serie, Farbe dunkelgrün" (E***** ON 38 S 167) bzw „Pkw der Marke VW Limousine mit dunkler Metalliclackierung" (Gr***** ON 38 S 171), jeweils mit einem Innsbrucker Kraftfahrzeug-Kennzeichen, gesehen. Die Zeugin G***** glaubte in der Hauptverhandlung, den Zweitangeklagten wieder zu erkennen, nicht jedoch den Erstangeklagten (ON 70 S 25 f). Hält man sich vor Augen, dass der Personenkraftwagen des Nichtigkeitswerbers unbestritten blau ist (ON 38 S 17; ON 70 S 11) und der (dazu nicht geständige - ON 70 S 15) Zweitangeklagte hinsichtlich dieses Anklagevorwurfs freigesprochen wurde (US 9, 20 f), hätte es fallbezogen eines konkreten Eingehens auf die erwähnten Beweisergebnisse bedurft, um der Begründungspflicht des § 270 Abs 2 Z 5 StPO zu genügen.

Auch insofern war daher gemäß § 285e StPO zu entscheiden. Im Übrigen versagt die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch. Die persönliche Einschätzung der Zeugin W***** (Faktum B 3), „es wäre nicht abwegig gewesen, dass K***** bei uns Arbeit gesucht hätte" (ON 70 S 29), musste über die Argumente zur Identifizierung hinaus (US 19) nicht gesondert erörtert werden, weil sie einerseits über eine Tatsachenmitteilung hinausgeht (Fabrizy, StPO10 § 154 Rz 2) und überdies im Zusammenhang rein theoretischen Charakter trägt (behauptete doch der Angeklagte K***** diesbezüglich wahrheitswidrig einen vorhergehenden Kontakt mit dem Gatten der Zeugin - ON 70 S 27 f).

Erörterungsbedürftige Widersprüche in den Angaben des Zeugen S***** (Faktum B 1) liegen dem Rechtsmittelstandpunkt zuwider nicht vor:

Dieser hatte vor der Polizei (ON 38 S 23) ausgesagt, einen Mann (den er auf einem polizeilichen Lichtbild [ON 38 S 7] und mit Unsicherheit auch in der Hauptverhandlung [ON 70 S 41] als den Erstangeklagten wiedererkannte und dessen Kraftfahrzeug-Kennzeichen er überwiegend richtig notiert hatte [ON 38 S 23]) in seinem Wohnzimmer „überrascht" zu haben, was er in der Hauptverhandlung dahingehend präzisierte, dass der Eindringling „Unterlagen, Mappen und Papier ... durchsuchte" (ON 70 S 41). Der Bezug auf diesen Zeugen (US 19) genügte im Gegenstand für eine logisch und empirisch einwandfreie Begründung dieses Schuldspruchs, zumal der gänzlich leugnende Nichtigkeitswerber keinerlei Gründe für einen nicht diebstahlsorientierten Aufenthalt im Hause S***** vorbrachte.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, „zu den Fakten B 1, 3 und 4 wird der Angeklagte jeweils wegen des Verbrechens des versuchten schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls verurteilt, ohne dass ausreichende Tatsachenfeststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite getroffen werden". Sie lässt die diese Punkte umfassenden Feststellungen (US 12, 13; 11, 12, 16) außer Acht und verfehlt somit die erwiderungsfähige Darstellung materiellrechtlicher Nichtigkeit (Fabrizy, StPO10 § 281 Rz 3; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584). In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Im zweiten Rechtsgang wird die aufgelöste Subsumtionseinheit - mit den oder ohne die Fakten A 2 und B 5 - neu zu bilden sein (§ 29 StGB

Anmerkung

E8994011Os188.08v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0110OS00188.08V.0120.000

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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