TE OGH 2009/2/19 12Os177/08h

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.02.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Yunus B***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 17. Juli 2008, GZ 41 Hv 7/08g-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Yunus B***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I), der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (II) und der schweren Nötigung nach §§ 105 (zu ergänzen:) Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und Z 3 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit von Mitte November 2007 bis 15. Jänner 2008 Ayla Y***** wiederholt genötigt und zwar

(I) mehrfach mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme oder Duldung dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen, nämlich

a) in zumindest sechs Angriffen zum Analverkehr, wobei er nach dessen Beendigung seinen Penis an der Scheide Ayla Y*****s rieb, und

b) jedenfalls einmal zum Oralverkehr,

(II) außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung geschlechtlicher Handlungen, indem er in zumindest drei Angriffen seinen Penis an Ayla Y*****s Scheide rieb und diese intensiv betastete, sowie

(III) durch wiederholte Drohungen mit dem Tod und mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung zum Fotografieren ihrer Scheide sowie ihrer Brüste und zum Übersenden der Fotos an ihn sowie zum Aufrechterhalten der Beziehung zu ihm, wobei besonders wichtige Interessen der Genötigten verletzt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf Einholung eines gynäkologischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass „beim Analverkehr, welcher wie von der Zeugin Ayla Y***** geschildert Schmerzen verursachte, es infolge von Hauteinrissen im Analbereich sofort zu Blutungen kommt und nicht erst Stunden später wie von der Zeugin Ayla Y***** (Protokoll kontrad. Einvernahme vom 19. 03. 2008, Seite 58) angegeben wurde" (ON 43 S 30), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (ON 43 S 31). Der Antrag ließ nämlich nicht erkennen, aus welchem Grund die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass Ayla Y***** nach der Aktenlage angegeben hat, die Blutungen jeweils beim Aufsuchen der Toilette verspürt zu haben (ON 43 S 31 iVm ON 17 S 58), was der vom Antrag intendierten Annahme sofortigen Auftretens (nicht sogleich verspürter) Blutungen nicht widerspräche.

Der Tatsachenrüge (Z 5a) zuwider hat das Erstgericht die inhaltlichen Abweichungen innerhalb der Aussagen der Zeugin Y***** (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) sehr wohl kritisch erörtert (US 14). Soweit die Beschwerde aus eigenen, urteilsfremden Spekulationen über das Sexualleben der Ayla Y***** für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse abzuleiten trachtet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Aus welchem Grund exaktere Feststellungen zu den Tatzeiten schuld- oder subsumtionsrelevant sein sollen (der Sache nach wohl Z 9 lit a), lässt die Rüge nicht erkennen. Mit den in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen zu allfälligen freiwilligen Kontakten zwischen dem Beschwerdeführer und Ayla Y***** bewegt sich die Beschwerde einmal mehr auf im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren nicht statthaftem Spekulationsniveau.

Der Einwand, das Erstgericht hätte das beantragte (ON 43 S 30) gynäkologische Sachverständigengutachten aufgrund der Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsfindung einholen müssen, übersieht die unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung bestehende Subsidiarität des Nichtigkeitsgrundes der Z 5a gegenüber jenem der Z 4 (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 479).

Die Ergänzung der Nichtigkeitsbeschwerde (ON 56) hat auf sich zu beruhen, weil § 285 Abs 1 StPO nur eine einzige Ausführung der Beschwerdegründe zulässt (Ratz, WK-StPO § 285 Rz 6). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9039312Os177.08h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0120OS00177.08H.0219.000

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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