TE OGH 2009/3/17 10ObS18/09h

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Veröffentlicht am 17.03.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Boindl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Janet E*****, Pensionistin, *****, Großbritannien, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Witwenpension, infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Oktober 2008, GZ 7 Rs 125/08s-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 22. April 2008, GZ 28 Cgs 50/08k-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom 3. 12. 2007 anerkannte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension nach ihrem am 23. 9. 2006 verstorbenen Ehemann John E***** und sprach aus, dass die Höhe der Pension ab 1. 10. 2006 184,59 EUR und ab 1. 1. 2007 187,54 EUR monatlich betrage.

Mit der gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Klage stellte die Klägerin das Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr ab 1. 10. 2006 eine Witwenpension im Ausmaß von 60 % der zuletzt bezogenen Pension des verstorbenen Ehegatten zu bezahlen. Sie brachte, soweit dies für das Rechtsmittelverfahren noch von Bedeutung ist, vor, die Beklagte habe ihr zu Unrecht nur 41,9232 % der Pension ihres verstorbenen Ehegatten als Witwenpension zuerkannt. Bei der Berechnung ihres Anspruchs auf Witwenpension sei als ihr Einkommen nur ihre staatliche Pension in der Höhe von wöchentlich 132,30 GBP in Anrechnung zu bringen. Hingegen seien die Zahlungen der Teachers-Pension bei der Berechnung des Eigeneinkommens der Klägerin nicht zu berücksichtigen, weil es sich dabei um eine rein private Pensionsvorsorge und nicht um eine staatliche Pension handle.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete insbesondere ein, bei der Berechnung der Witwenpension sei bei der Klägerin von einer Berechnungsgrundlage von 2.056,56 EUR auszugehen, welcher sowohl die staatliche Pension als auch die Teachers-Pension zu Grunde zu legen sei.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin eine Witwenpension in der Höhe von 264,18 EUR monatlich ab 1. 10. 2006 zu bezahlen sowie die mit 749,47 EUR bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. Es stellte im Wesentlichen fest, dass der Ehemann der Klägerin am 2. 1. 1922 in Wien geboren wurde und von der Beklagten eine Alterspension in Höhe von monatlich 423,21 EUR für das Jahr 2004, von 429,56 EUR für das Jahr 2005 und von 440,30 EUR für das Jahr 2006 bezog. Weiters bezog er in den Jahren 2004 und 2005 eine staatliche Pension von „The Pension Service" sowie ein Pension der Winterthur Life UK Limited in näher festgestellter Höhe. Die Klägerin bezog in den Jahren 2004 und 2005 eine staatliche Pension von „The Pension Service" in näher festgestellter Höhe sowie eine Teachers-Pension in jährlicher Höhe von 14.195,53 GBP (2004) bzw 14.622,99 GBP (2005) sowie eine Pension des City & Guilts Pension Scheme.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zusammengefasst aus, dass nach § 264 Abs 5 Z 5 ASVG als Einkommen im Sinn der Abs 3 und 4 grundsätzlich auch Pensionen aufgrund ausländischer Versicherungs- oder Versorgungssysteme gelten. Darunter seien solche ausländischen Leistungen zu verstehen, die den in § 264 Abs 5 ASVG aufgezählten inländischen Pensionen vergleichbar seien, also wiederkehrende Geldleistungen, die den Zweck hätten, den Wegfall des Erwerbseinkommens wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, Alters oder Todes eines Unterhaltsverpflichteten auszugleichen und auf die ein Anspruch dem Grunde und der Höhe nach unabhängig vom Willen des Empfängers aufgrund der Verwirklichung eines durch staatliche Rechtsvorschriften eines fremden Staats definierten Tatbestands bestehe.

Vom Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG seien hingegen Leistungen nicht erfasst, für die der Versicherte selbst vorgesorgt habe, wie dies auch auf inländische Betriebspensionen zutreffe. Auch Art 46a Abs 3 lit c der VO (EWG) Nr 1408/71 untersage die Berücksichtigung von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats erworbenen Leistungen, die auf der Grundlage einer freiwilligen Versicherung oder freiwilligen Weiterversicherung gewährt würden.

Bei der Teachers-Pension sei davon auszugehen, dass es sich um eine Betriebspension handle, die aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert werde und in keinem Zusammenhang mit der staatlichen Pensionsvorsorge stehe. Die von der Klägerin bezogene Teachers-Pension sei daher einer österreichischen Betriebspension vergleichbar und nicht als Einkommen im Sinn des § 264 Abs 5 Z 5 ASVG zu werten.

Das Berufungsgericht hob über Rekurs der Beklagten das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Mit ihrem Kostenrekurs wurde die Klägerin auf den Aufhebungsbeschluss verwiesen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es teilte zwar die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass Betriebspensionen bei der Ermittlung der Witwenpension nicht zu berücksichtigen seien, auf der Grundlage der vom Erstgericht bisher getroffenen Feststellungen sei aber eine Beurteilung der Frage, ob es sich bei der Teachers-Pension um Leistungen aus einer privaten Pensionskasse bzw um mit einer Betriebspension vergleichbare Leistungen handle, nicht möglich. So lasse sich den Feststellungen des Erstgerichts nicht hinreichend deutlich entnehmen, auf welchen rechtlichen Grundlagen und auf Basis welcher Beitragsleistungen der Pensionsanspruch der Klägerin im Rahmen der Teachers-Pension beruhe. So sei nicht geklärt, ob es sich dabei um ein gesetzliches System mit definierten Leistungen handle, welches durch Anwendungserlässe zu generellen Bestimmungen (beispielsweise dem Superannuation Act 1972) geregelt werde.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung des § 264 Abs 5 Z 5 ASVG insbesondere zur Frage fehle, auf welcher Rechtsgrundlage und in welcher konkreten Ausgestaltung hinsichtlich Finanzierung und Leistungen im Ausland bezogene Versorgungsleistungen ausgestattet sein müssen, um unter den Begriff der „Pensionen aufgrund ausländischer Versicherungs- oder Versorgungssysteme" im Sinn des § 264 Abs 5 Z 5 ASVG zu fallen.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richten sich die Rekurse beider Parteien jeweils aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne der Wiederherstellung des stattgebenden Ersturteils (Klägerin) bzw im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens (Beklagte) zu entscheiden. Die Klägerin erstattete eine Rekursbeantwortung, in der beantragt wird, den Rekurs der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen bzw ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Klägerin verweist in ihren Rekursausführungen darauf, dass es sich bei der Teachers-Pension, wie das Erstgericht richtig festgestellt habe, um eine Betriebspension handle, welche aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert werde und in keinem Zusammenhang mit der staatlichen Pensionsvorsorge stehe. Bei einer Betriebspension handle es sich aber nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs um kein Einkommen im Sinn des § 264 Abs 5 ASVG.

Die Beklagte räumt in ihren Rechtsmittelausführungen ein, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Leistungen des ehemaligen Dienstgebers in Form von Betriebspensionen beim Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG nicht zu berücksichtigen seien. Die Betriebspension als Ausfluss des arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisses stelle im arbeitsrechtlichen Sinn ein aufgespartes Entgelt dar, gleichsam als nachwirkende Entlohnung und „Belohnung" für mitunter langjährige Betriebszugehörigkeit. „Zusatzleistungen" oder Leistungen aus der sogenannten zweiten Säule (der Alterssicherung) stellten jedoch nicht generell „Betriebspensionen" dar, welche - aufgrund der taxativen Aufzählung - nicht als Einkommen gelten. Kriterien der Unterscheidung und Abgrenzung, ob eine zu berücksichtigende Pensionszusage oder eine „klassische Betriebspension" vorliege, seien manchmal fließend. So seien gemäß § 264 Abs 5 Z 3 lit j ASVG wiederkehrende Geldleistungen aufgrund der Dienst(Pensions-)ordnungen für (ehemalige) DienstnehmerInnen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie Fonds, Stiftungen, Anstalten und Betrieben, die von den Organen einer Gebietskörperschaft verwaltet werden, als Einkommen zu werten. Weiters sei gemäß § 264 Abs 5 Z 3 lit l ASVG eine vertragliche Pensionszusage einer Gebietskörperschaft, welche einer Betriebspensionsversicherung im klassischen Sinn schon sehr nahe stehe, als Einkommen zu werten. Auch die von der Klägerin bezogene Teachers-Pension stelle eine wiederkehrende Geldleistung aufgrund einer vertraglichen Pensionszusage einer Gebietskörperschaft im Sinn des § 264 Abs 5 Z 3 lit l ASVG dar bzw sei sie mangels direkter Anwendbarkeit dieser Bestimmung einer solchen Leistung gleichzuhalten. Außerdem stelle die von der Klägerin bezogene Leistung eine Pension aufgrund eines ausländischen „Versorgungssystems" im Sinn des § 264 Abs 5 Z 5 ASVG dar. Damit werde nämlich nicht nur die - dem österreichischen Sozialversicherungssystem entsprechende - „Grundversorgung" im Sinne der ersten Säule (der Alterssicherung) sondern im gleichen Maß auch die zweite Säule (der Alterssicherung) angesprochen, und zwar unabhängig davon, ob dieser eine vertragliche, kollektivvertragliche oder gesetzliche Pensionszusage zugrundeliege.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde die Berücksichtigung von „Pensionen aufgrund ausländischer Versicherungs- oder Versorgungssysteme" als Eigeneinkommen der Witwe bzw des Witwers bei der Berechnung der Höhe der Witwen(Witwer-)Pension mit BGBl 1995/132 in das ASVG aufgenommen (vgl § 264 Abs 6 Z 6 ASVG idF BGBl 1995/132). In den Gesetzesmaterialien (vgl AB 82 BlgNR XIX. GP) finden sich dazu keine näheren Erläuterungen. Die Rechtslage betreffend die Berechnung der Höhe des Anspruchs auf Witwen(Witwer-)Pension hat sich in der Zwischenzeit mehrfach geändert (vgl dazu 10 ObS 41/06m). Nach § 264 Abs 5 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2006, BGBl I 2006/130, gelten als Einkommen im Sinne der Abs 3 und 4 im Wesentlichen:

- Einkommen aus einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit (§ 91 Abs 1 ASVG);

- wiederkehrende Geldleistungen der Sozialversicherung (zB eine Pension, eine Rente aus der Unfallversicherung) oder nach dem AlVG (zB Arbeitslosengeld), dem AMFG oder dem SUG sowie aufgrund gleichwertiger landes- oder bundesgesetzlicher Regelungen der Unfallfürsorge;

- Ruhegenüsse bzw Versorgungsbezüge;

- Bezüge nach dem Bezügegesetz bzw Funktionsgebühren;

- außerordentliche Versorgungsbezüge, Administrativpensionen und laufende Überbrückungszahlungen aufgrund von Sozialplänen, die einer Administrativpension entsprechen;

- Pensionen aufgrund ausländischer Versicherungs- oder Versorgungssysteme (mit Ausnahme eines Kinderzuschusses), soweit es sich nicht um Hinterbliebenenleistungen aus dem gleichen Versicherungsfall handelt.

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 10 ObS 126/06m (= SSV-NF 20/56) näher dargelegt hat, stellen Betriebspensionen zwar im arbeitsrechtlichen Sinn Entgelt dar, fallen aber nicht unter den Einkommensbegriff des § 91 ASVG und zählen auch nicht zu den sonstigen in § 264 Abs 5 ASVG aufgezählten Leistungen. Der Gesetzgeber wollte Leistungen aus privaten Pensionskassen aus dem Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG ausklammern, weshalb Betriebspensionen nicht bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage der Witwenpension zu berücksichtigen sind. Es stehe dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, welche Arten von Einkommen er zur Berechnung der Witwenpension heranziehe. Betriebspensionen stellten ein eigenes Regime mit eigenen Regelungen für Hinterbliebene dar, welches vom System der Sozialversicherung abweiche. Die Einbeziehung der Betriebspensionen in die Berechnung der Witwenpension wäre daher der geltenden Systematik des ASVG fremd.

Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, die von der Klägerin bezogene Teachers-Pension stelle eine wiederkehrende Geldleistung aufgrund einer vertraglichen Pensionszusage einer Gebietskörperschaft im Sinn des § 264 Abs 5 Z 3 lit l ASVG dar bzw sei sie einer solchen Leistung gleichzuhalten, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich die in § 264 Abs 5 Z 3 ASVG im Einzelnen angeführten wiederkehrenden Geldleistungen nur auf innerstaatliche Leistungen beziehen und eine direkte Anwendbarkeit dieser Bestimmungen auf die hier zu beurteilende ausländische Leistung auch deshalb zu verneinen ist, weil unter „Gebietskörperschaft" nur eine österreichische Körperschaft öffentlichen Rechts zu verstehen ist. Da vom Gesetzgeber für die Berücksichtigung des Bezugs ausländischer Pensionsleistungen in der Bestimmung des § 264 Abs 5 Z 5 ASVG eine ausdrückliche Regelung getroffen wurde, besteht insoweit auch keine Regelungslücke, welche eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 264 Abs 5 Z 3 lit l ASVG im vorliegenden Fall rechtfertigen könnte.

Es ist daher im Folgenden zu prüfen, ob die von der Klägerin bezogene Teachers-Pension ein im Sinn des § 264 Abs 5 Z 5 ASVG zu berücksichtigendes Einkommen darstellt. Danach gelten auch Pensionen aufgrund ausländischer Versicherungs- oder Versorgungssysteme (mit Ausnahme eines Kinderzuschusses), soweit es sich nicht um Hinterbliebenenleistungen aus dem gleichen Versicherungsfall handelt, als Einkommen im Sinn des § 264 Abs 3 und 4 ASVG. Dem Argument der Beklagten, aus dem weit zu verstehenden Begriff „Versorgungssystem" ergebe sich, dass darunter nicht nur die - dem österreichischen Sozialversicherungssystem entsprechende - „Grundversorgung" im Sinn der ersten Säule (gesetzliche Altersvorsorge) sondern auch die zweite Säule (berufliche Altersvorsorge) - unabhängig davon, ob dieser eine vertragliche, kollektivvertragliche oder gesetzliche Pensionszusage zugrundeliege - zu verstehen sei, ist entgegenzuhalten, dass unter einem „Versorgungssystem" - im Unterschied zu einem Versicherungssystem - in der Regel eine Altersversorgung verstanden wird, bei der die Leistungen nicht von einer Versichertengemeinschaft sondern aus allgemeinen Steuermitteln erbracht werden (vgl Risak, Rechtsgrundlagen der Betriebspension und deren Änderungen in Drs, Betriebspensionsrecht [2008] 3 f). Da auch von der Beklagten nicht bestritten wird, dass die von der Klägerin bezogene Teachers-Pension aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert wird, lässt sich somit aus diesem Argument für den Prozessstandpunkt der Beklagten nichts gewinnen.

Es wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen, dass der Gesetzgeber Leistungen des ehemaligen Dienstgebers in Form von Betriebspensionen aus dem Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG ausklammern wollte. Die für diese Herausnahme der Betriebspensionen aus dem Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG oben dargelegten Erwägungen treffen in gleicher Weise auch auf ausländische Pensionsleistungen zu. Es ist daher der Rechtsansicht der Vorinstanzen beizupflichten, dass die von der Klägerin bezogene Teachers-Pension dann nicht unter den Einkommensbegriff des § 264 Abs 5 ASVG fällt, wenn es sich dabei um eine Betriebspension oder eine damit vergleichbare Leistung handelt. Betriebspensionen werden dem Arbeitnehmer wegen seiner Arbeitsleistung versprochen und beruhen daher auf dem Arbeitsvertrag. Sie sind gewissermaßen ein angespartes Entgelt, das sich der einzelne Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit und Loyalität gegenüber dem Betrieb erdient hat (vgl RIS-Justiz RS0021639). In diesem Sinn regelt das Betriebspensionsgesetz (BPG) die Sicherung von Leistungen und Anwartschaften aus Zusagen zur die gesetzliche Pensionsversicherung ergänzenden Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung (Leistungszusagen), die dem Arbeitnehmer im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber gemacht werden (§ 1 Abs 1 BPG). Nach § 2 BPG handelt es sich bei den vom Betriebspensionsgesetz erfassten Leistungszusagen um Beiträge an eine Pensionskasse oder eine Prämie für eine betriebliche Kollektivversicherung, direkte Leistungszusagen sowie Prämien für eine zu Gunsten des Arbeitnehmers und seiner Hinterbliebenen abgeschlossenen Lebensversicherung. Da es sich bei der hier in Rede stehenden Pensionsleistung der Klägerin aber um keine innerstaatliche Leistung sondern um eine Pensionsleistung aus einem anderen EU-Mitgliedstaat (Großbritannien) handelt, sind nach Ansicht des erkennenden Senats für die Qualifizierung der Leistung auch die in der Rechtsprechung des EuGH für eine Abgrenzung der „gesetzlichen" und „betrieblichen" Systeme der sozialen Sicherung entwickelten Kriterien zu berücksichtigen. Danach spricht es für eine Zuordnung zum System der „betrieblichen sozialen Sicherheit", wenn

- Rechtsgrund und Bezug der Leistung ein konkretes Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber ist;

- das Leistungssystem wesentlich durch eine vertragliche Abmachung zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern bzw ihren Vertretern oder Verbänden begründet worden ist, wobei diese Abmachung dann auch vom Staat für allgemein verbindlich erklärt werden kann;

- die Leistung nicht allgemein an alle, sondern nur an bestimmte Arbeitnehmer eines bestimmten Unternehmens (einer bestimmten Branche), für die ein Fonds etc existiert, gezahlt wird;

- die Leistung einen längeren vorherigen Lohnabzug voraussetzt und sie in ihrer Höhe von diesem Lohn oder dem zukünftig ausfallenden Lohn abhängt (Lohnersatz- oder Lohnausfallfunktion);

- beide Arbeitsvertragsparteien oder ihre Verbände zur Finanzierung des Systems weitgehend beitragen und die Verwaltung der so angesammelten Mittel auch von ihnen getragen wird.

Hingegen weisen „staatliche/gesetzliche Systeme der sozialen Sicherung" in der Regel mehrere der folgenden Merkmale auf:

- weitgehend gesetzliche Regelung, keine oder nur eine geringe Vorstrukturierung oder Ausgestaltung durch Vertrag zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern;

- überwiegende Bereitstellung der Finanzierung durch öffentliche Kassen aus allgemeinen Steuermitteln oder aus besonderen öffentlichen Abgaben;

- auch wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Leistung ganz oder weitgehend über den Lohn, Lohnabzüge oder gesetzlich geregelte Beiträge finanzieren, wird das Finanzvolumen nach Gesichtspunkten vergeben, die nicht oder überwiegend nicht vom Arbeitsverhältnis bestimmt sind, wie beispielsweise kein Bezug der Leistungen zum vorherigen oder zukünftig ausfallenden Lohn, sondern eher zu konkreten Bedürfnissen oder Bedürftigkeit wie zu allgemeinen sozialpolitischen Zielen;

- für die Leistungen ist ein konkretes Arbeitsverhältnis oder eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Branche nicht Voraussetzung, das heißt, das System gilt generell für eine allgemein umschriebene Gruppe von Arbeitnehmern und nicht nur für eine enge, durch besondere Beziehungen zu einem Arbeitgeber oder einem Betrieb gekennzeichnete Gruppe von Arbeitnehmern;

- das System findet auch auf Nicht-Arbeitnehmer oder nur allgemein auf Arbeitnehmer, ohne Begrenzung auf einen Betrieb (ein Unternehmen, eine Branche) Anwendung (vgl Bieback in Fuchs, Europäisches Sozialrecht4 Art 141 EG Rz 34 f).

Ausgehend von den dargelegten Erwägungen bedarf es jedenfalls einer Verfahrensergänzung durch das Erstgericht. Dieses wird im fortzusetzenden Verfahren die Frage der Qualifizierung der von der Klägerin bezogenen Teachers-Pension als Betriebspension mit den Parteien anhand der dargelegten Kriterien zu erörtern und die entsprechenden Feststellungen insbesondere über Rechtsgrund, Finanzierung, Leistungsumfang und Kreis der Leistungsbezieher dieser von der Klägerin bezogenen Pensionsleistung zu treffen haben.

Der Aufhebungsbeschluss ist daher zu bestätigen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E90358

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:010OBS00018.09H.0317.000

Im RIS seit

16.04.2009

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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