TE OGH 2009/5/12 14Os32/09a

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Veröffentlicht am 12.05.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Mai 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Schneider als Schriftführer in der Strafsache gegen Alois W***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 25. November 2008, GZ 10 Hv 181/07g-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem den Tatzeitraum 14. November 2007 bis 24. November 2008 betreffenden Teil des Schuldspruchs II und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alois W***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (I) und des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in E***** und anderen Orten

I. von 26. Jänner 2005 bis 25. Juli 2007 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz 21 Kunden des Unternehmens „H*****" durch die Vorgabe seiner Inkassoberechtigung zur Zahlung von insgesamt 99.210,12 Euro verleitet, die er für sich vereinnahmte, wodurch Karl H***** als Inhaber des Unternehmens einen Vermögensschaden in Höhe von zumindest 53.001,27 Euro erlitt;

II. von 1. Jänner 2007 bis 24. November 2008 seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Kindern Jennifer L*****, geboren am 8. März 1996, und Melanie L*****, geboren am 24. November 2003, durch Nichtleistung des festgelegten Unterhalts gröblich verletzt und dadurch bewirkt, dass der Unterhalt dieser Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet wäre.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen, ausschließlich gegen den Schuldspruch I gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Dem Standpunkt der Mängelrüge (Z 5) zuwider bezieht sich die Feststellung, dass die „Verkaufsvereinbarung" vom 26. Jänner 2005 (US 6 f) in weiterer Folge „weder schriftlich noch mündlich abgeändert wurde", unmissverständlich bloß auf den dort festgehaltenen Ausschluss der Inkassoberechtigung des Beschwerdeführers (US 10, 16) und steht solcherart nicht im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zu den in der Beschwerde zitierten - Zusatzabreden über dessen Provisionsansprüche betreffenden - Urteilsannahmen. Sprechen Beweisergebnisse gegen die getroffene Feststellung, wie die Beschwerde - ohne Hinweis auf konkrete Verfahrensergebnisse - unsubstantiiert behauptet, kann von einem aus Z 5 beachtlichen Widerspruch übrigens keine Rede sein (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 439). Mit - auf eigenen Beweiswerterwägungen und daraus gezogenen Schlüssen fußenden - Einwänden, wonach die angesprochene schriftliche Vereinbarung „nicht Grundlage der Entscheidungsfindung sein" könne, zwischen dem Beschwerdeführer und Karl H***** Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der zustehenden Provisionen und damit bloß zivilrechtliche Streitigkeiten bestanden und der Vorwurf vorsätzlich betrügerischen Handelns damit nicht gerechtfertigt sei, wird ein Begründungsmangel iSd Z 5 gar nicht angesprochen, sondern unzulässig die Beweiswürdigung in Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) zielt mit - erneut nicht auf konkret bezeichnete Verfahrensergebnisse zurückgeführten - Spekulationen zu einem möglichen Motiv der Belastungszeugen Karl H***** und Natascha K***** zur Falschaussage und der Vermutung, Letztere sei bei zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Auftraggeber getroffenen Vereinbarungen „sicher nicht dabei bzw anwesend" gewesen, gleichermaßen bloß auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts außerhalb der von Z 5a erfassten Sonderfälle ab, ohne damit unter Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Beweiswerterwägungen (vgl RIS-Justiz RS0118780) sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen (konkret zu fehlender Inkassoberechtigung, vgl dazu US 14, 16 f) zu erwecken. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht mit ihren Einwänden gegen die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (nach denen der Beschwerdeführer nicht mit Aufrechnungswillen, sondern mit auf Schädigung und unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz handelte, wobei die Summe der zu Unrecht inkassierten Beträge seine Provisionsansprüche zudem um zumindest 53.001,27 Euro überstieg [US 10 f, 12 f, 18]) aus, womit sie den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt verfehlt (RIS-Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Aus deren Anlass hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, dass dem Urteil in Betreff des Schuldspruchs II, soweit er auch einen nach dem 14. November 2007 liegenden Tatzeitraum erfasst, dem Angeklagten zum Nachteil gereichende, gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz (erster Fall) StPO von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet.

Nach den Urteilsannahmen hat der Angeklagte ab diesem Zeitpunkt Unterhaltszahlungen geleistet, nämlich für Jennifer L*****, die einen monatlichen Unterhaltsanspruch von 230 Euro hatte, am 14. November 2007 1.840 Euro und am 28. August 2008 2.840 Euro und für Melanie L*****, die einen monatlichen Unterhaltsanspruch von 180 Euro hatte, am 14. November 2007 920 Euro und am 28. August 2008 2.160 Euro (US 18 f). Ob diese Zahlungen - abgesehen von der namentlichen Zuordnung - unter Angabe eines Zahlungszwecks (einer Widmung für bestimmte Zeiträume) erfolgten, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Weil allfällige freiwillige, ungewidmete Zahlungen auf die dem Schuldner beschwerlichste, demgemäß idR die mit Strafsanktion bewehrte Schuld anzurechnen sind (RIS-Justiz RS0033497), fehlen somit Feststellungen dazu, ob die geschuldeten Unterhaltsbeiträge für einzelne Monate abgedeckt worden sind, sodass die Urteilsannahmen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht für den Zeitraum 14. November 2007 bis 24. November 2008 nicht zu tragen vermögen, zumal vorliegend die bezahlten Beträge die Unterhaltsschulden für diesen Zeitraum insgesamt sogar übersteigen. Dies führt zur Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang samt Verweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht bereits bei der nichtöffentlichen Beratung.

Die - die amtswegige Maßnahme nicht erfassende (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12) - Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9112614Os32.09a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0140OS00032.09A.0512.000

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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