TE OGH 2009/5/28 12Os46/09w

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Veröffentlicht am 28.05.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Michael Schmid als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard B***** wegen der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 15. Oktober 2008, GZ 39 Hv 31/06k-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden, Urteil wurde der Angeklagte der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er Dr. Karl W***** und Dipl.-Ing. Désirée U***** zu Handlungen zu nötigen versucht, und zwar

I./ am 23. Februar 2005 in Salzburg durch die an Dr. Karl W***** adressierte, im Urteilstenor näher dargestellte briefliche durch Drohung mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung zur Bezahlung von Geldbeträgen in unbekannter Höhe für seine Ausspeisung in der Justizanstalt Garsten;

II./ in Garsten durch nachangeführte telefonische Äußerungen gegenüber Dipl.-Ing. Désirée U*****

1./ im Frühjahr 2004 durch „Ich habe einen, der hackt ihm (gemeint Dr. Karl W*****) die Hand ab und bringt mir meine Breitling", somit durch Drohung mit einer erheblichen Verstümmelung zur Herausgabe einer Herrenarmbanduhr;

2./ Ende 2004 durch „Wenn du mir nicht sagst, wo ihr wohnt, dann müssen eben die Unschuldigen in der Kanzlei sterben", somit durch Drohung mit dem Tod zur Mitteilung der Anschrift von Dr. Karl W***** und Dipl.-Ing. Désirée U*****.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Die in der Mängelrüge (Z 5) vorgebrachte Unvollständigkeit betreffend eine Aussage des Zeugen Dr. W***** geht schon deswegen ins Leere, weil der Beschwerdeführer lediglich eine aus dem Zusammenhang gerissene Passage dieser Angaben zitiert und dabei übergeht, dass Dr. W***** die Übelsankündigungen sehr wohl ernst genommen hatte (S 159). Im Übrigen muss eine tatbildliche Drohung iSd § 105 Abs 1 StGB lediglich die nach einem gemischt objektiv-individuellen Maßstab zu beurteilende Eignung aufweisen, begründete Besorgnis einzuflößen (vgl Kienapfel/Schroll StudB BT I2 § 105 Rz 44; Jerabek in WK2 § 74 Rz 33 f; Schwaighofer in WK2 § 100 Rz 63 f; 13 Os 68/05g, SSt 2005/83). Die Frage einer möglichen physischen Kontaktaufnahme mit den Opfern zur Verwirklichung der angedrohten Übel wurde der Beschwerde zuwider sehr wohl erörtert (US 20).

Gleiches gilt für das persönliche Umfeld des Rechtsmittelwerbers, wobei gerade im Hinblick darauf die in der Rüge vertretene Bewertung der Ankündigungen als milieubedingte Unmutsäußerungen dezidiert ausgeschlossen wurde (US 20 f).

Die weiters vorgebrachte unzureichende Begründung erschöpft sich in einer Kritik an der Beweiswürdigung der Tatrichter in Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung, ohne einen Verstoß gegen Gesetze der Logik oder allgemeine Lebenserfahrung aufzuzeigen. Die inkriminierten telefonischen Drohungen stützte das Erstgericht im Speziellen auf die Angaben der Zeugen Dipl.-Ing. U***** und Dr. W***** (US 18 f), währenddessen die leugnende Einlassung des Nichtigkeitswerbers mit umfangreichen Schlussfolgerungen als unglaubwürdig eingestuft wurde (US 18 ff). Zur objektiven Besorgniseignung, insbesondere zur Realisierbarkeit des angekündigten Übels verwies das erkennende Gericht auf die vorhandenen Unterweltkontakte des Beschwerdeführers und die mehrfach angekündigte und in der Vergangenheit dreimal gelungene Flucht des Strafhäftlings aus der Justizanstalt (US 20).

Dass die gefährlichen Drohungen den Opfern jeweils wechselseitig zur Kenntnis gebracht wurden, leitete das Erstgericht wiederum aus der engen persönlichen Nahebeziehung der beiden Bedrohten ab (US 15). Soweit der Rechtsmittelwerber eine Begründung für die von ihm durch gefährliche Drohung angestrebte Handlung anlässlich seiner brieflichen Drohung vom 23. Februar 2005 vermisst, versucht er lediglich die Erwägungen der Tatrichter zum Bedeutungsinhalt des inkriminierten Briefes zu seinen Gunsten umzudeuten. Der Umstand, dass sich das Opfer nicht einschüchtern lässt, steht der Annahme einer Besorgniseignung nicht entgegen (vgl Kienapfel/Schroll StudB BT I2 § 105 Rz 43; Jerabek in WK2 § 74 Rz 33; 14 Os 94/03, SSt 2003/78). Daher kann der einen Widerspruch geltend machenden Rüge zuwider dahin gestellt bleiben, dass beide Bedrohten Anzeige erstatten.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht eröffnet (vgl RIS-Justiz RS0119583). Die Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt lediglich einen Teil der bereits in der Mängelrüge dargestellten Einwände, ohne damit derartige sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden Tatsachen zu erwecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) interpretiert die Verfahrensergebnisse eigenständig in Richtung einer milieubedingten Unmutsäußerung und übergeht dabei die entgegenstehenden Konstatierungen (US 21). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9111112Os46.09w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0120OS00046.09W.0528.000

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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