TE OGH 2009/6/18 8Ob2/09s

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Veröffentlicht am 18.06.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin Cornelia W*****, vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, über den Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 24. November 2008, GZ 1 R 267/08m-108, mit dem der Rekurs der Gemeinschuldnerin gegen den „Beschluss" des Landesgerichts Innsbruck vom 12. September 2008, GZ 9 S 23/04p-91, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

In der Zwangsausgleichstagsatzung vom 12. 9. 2008 wurde über den Zwangsausgleichsantrag der Gemeinschuldnerin abgestimmt. Dabei stimmten alle 34 anwesenden stimmberechtigten Gläubiger gegen die Annahme des Zwangsausgleichs. Das Erstgericht stellte dieses Abstimmungsergebnis und den Umstand, dass damit der Zwangsausgleich mit der gesetzlich geforderten Kopf- und Summenmehrheit nicht angenommen wurde, im Protokoll fest.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den von der Gemeinschuldnerin gegen diesen „Beschluss" erhobenen Rekurs zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Feststellung des Ergebnisses der Abstimmung über den Zwangsausgleichsantrag sei nach ganz herrschender Ansicht - ebenso wie die Abstimmung selbst - kein Beschluss. Sie könne daher auch nicht mit Rekurs bekämpft werden. Wie weiter vorzugehen sei, wenn die erforderlichen Mehrheiten nach Ansicht des Konkursgerichts nicht erreicht worden seien, sei umstritten. Jedenfalls müsse im Streitfall die Frage, ob die erforderlichen Mehrheiten erreicht wurden, in einem Rechtsmittelverfahren überprüfbar sein. Nach manchen Autoren sei das Zwangsausgleichsverfahren mit Beschluss abzubrechen, nach anderen sei ein Beschluss über das Nichtzustandekommen des Zwangsausgleichs zu fassen. Es werde auch die Meinung vertreten, dass der Gemeinschuldner eine förmliche (anfechtbare) Entscheidung über die erreichten Mehrheiten oder die Einleitung des Bestätigungsverfahrens zum Zweck der Überprüfung des Abstimmungsergebnisses beantragen könne. Auch die Möglichkeit eines Fristsetzungsantrags sei in der Lehre erwogen worden. Nach Ansicht des Rekursgerichts sei es - wenn Streit darüber entstehe, ob die Mehrheiten erreicht sind - am ehesten sachgerecht, den Zwangsausgleichsantrag abzuweisen. Hier seien aber die für die Annahme des Zwangsausgleichs erforderlichen Mehrheiten „evident" nicht zustande gekommen. Auch die Rekurswerberin habe keinen Fehler bei der Ermittlung der Mehrheiten behauptet und keine Einwendungen gegen das Abstimmungsergebnis oder den Abstimmungsvorgang erhoben. Es liege daher nicht einmal der Anschein eines Ausgleichs vor, sodass für eine sinnvolle Prüfungsbefugnis des Gerichts kein Raum bleibe. In diesem Fall reiche daher die Aufnahme einer entsprechenden Feststellung im Protokoll. Dem Rechtschutzbedürfnis der Beteiligten sei dadurch Rechnung getragen, dass jederzeit die Möglichkeit bestehe, eine förmliche (anfechtbare) Entscheidung über die erreichten Mehrheiten zu beantragen. Die Feststellung im Protokoll über die Tagsatzung vom 12. 9. 2008, dass der Zwangsausgleich mit der gesetzlich geforderten Kopf- und Summenmehrheit nicht angenommen wurde, bilde somit keinen durch ein Rechtsmittel anfechtbaren Beschluss, weshalb der Rekurs der Gemeinschuldnerin als unzulässig zurückzuweisen sei.

Angesichts der Wichtigkeit der Frage des Zustandekommens des Zwangsausgleichs sei der Entscheidungsgegenstand mit mehr als 20.000 EUR zu bewerten. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur aufgeworfenen Rechtsfrage gesicherte Rechtsprechung fehle und die Meinungen in der Lehre unterschiedlich seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, „dass sie aufgehoben werden und dem (gemeint: vom) Erstgericht eine fortgesetzte Zwangsausgleichstagsatzung anberaumt wird und nach Erörterung und allfälliger Modifizierung des Zwangsausgleichsvorschlags darüber neu abzustimmen ist".

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Das Rechtsmittel gegen einen Beschluss des Gerichts zweiter Instanz auf Zurückweisung eines Rekurses ist ein Revisionsrekurs iSd (iVm § 171 KO hier anwendbaren) § 528 ZPO, der nur unter den in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen anfechtbar ist. Soweit der Revisionsrekurs nicht nach § 528 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist -, was hier wegen des 20.000 EUR übersteigenden Werts des Entscheidungsgegenstands nicht der Fall ist -, ist er nur unter den Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO (Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage) zulässig (RIS-Justiz RS0044501; 8 Ob 29/98t; 8 Ob 34/04i).

Der Oberste Gerichtshof ist an den Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind.

Die Feststellung des Abstimmungsergebnisses ist gesetzlich nicht näher geregelt. Sie erfolgt meist mündlich durch den Konkursrichter, wird im Protokoll über die Zwangsausgleichstagsatzung festgehalten und fasst nur die rechtlich allein relevanten Erklärungen der Gläubiger und das Ergebnis der Stimmrechts- und Vollmachtsprüfung zusammen. Ebenso wie die Abstimmung selbst ist die Feststellung des Abstimmungsergebnisses nach völlig einhelliger Lehre und Rechtsprechung kein Beschluss. Sie kann daher nicht mit Rekurs bekämpft werden (8 Ob 9/01h; G. Kodek, Zur Prüfungsbefugnis beim Zahlungsplan, ZIK 2001, 80 ff [84 f]; Riel in Konecny/Schubert § 147 Rz 15 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Auch das Rekursgericht legt seiner Entscheidung diese völlig herrschende Auffassung zugrunde, nach der der von der Gemeinschuldnerin gegen die Feststellung des Abstimmungsergebnisses erhobene Rekurs unzulässig ist. Es begründet die Zulassung des Revisionsrekurses auch nicht mit dieser Frage, sondern mit einer Darstellung des Meinungsstands zur Frage, „wie im Übrigen weiter vorzugehen ist". Diese Frage ist aber - wie immer man sie auch beantworten mag - nicht geeignet, die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die Feststellung des Abstimmungsergebnisses, bei der es sich nach völlig einhelliger Auffassung um keinen Beschluss handelt, zu begründen.

Die Revisionsrekurswerberin führt zur Zulässigkeit ihres Rekurses im Wesentlichen aus, dass der angefochtene „Beschluss" des Konkursgerichts als Beschluss auf Abbrechung des Zwangsausgleichsverfahrens anzusehen sei. Die dazu von ihr ins Treffen geführten Belegstellen (Riel in Konecny/Schubert § 147 Rz 16; Bartsch/Pollak³ I 629) tragen diese Auffassung allerdings nicht, sondern stehen ebenfalls auf der Grundlage der völlig herrschenden Auffassung, dass die Feststellung des Abstimmungsergebnisses kein Beschluss ist und demgemäß nicht als beschlussmäßige Abbrechung des Zwangsausgleichsverfahrens gewertet werden kann.

Damit ist sämtlichen weiteren Ausführungen der Revisionsrekurswerberin der Boden entzogen.

Da somit eine iSd § 528 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht zu beantworten ist, ist der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E91206

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00002.09S.0618.000

Im RIS seit

18.07.2009

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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