TE OGH 2009/9/28 2Ob104/09x

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Veröffentlicht am 28.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hannelore P*****, vertreten durch Mag. Gerhard Hoyer, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei A*****aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Walter Breitwieser, Mag. Paul Max Breitwieser, Rechtsanwälte in Wels, wegen Zustimmung (Streitwert und Revisionsinteresse 72.700 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. März 2009, GZ 6 R 17/09a-18, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 20. November 2008, GZ 8 Cg 48/08t-10, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.057,58 EUR (darin 342,93 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Ob einer im Eigentum von Kurt P*****, dem Ehemann der Klägerin, stehenden Liegenschaft ist unter C-LNR 12a ein Pfandrecht mit dem Höchstbetrag von 350.000 EUR zugunsten der beklagten Bank und zu C-LNR 18 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Klägerin einverleibt.

Über das Vermögen des Liegenschaftseigentümers wurde mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 24. 11. 2005 der Konkurs eröffnet und die Konkurseröffnung im Grundbuch angemerkt. Die Beklagte hat in diesem Konkurs eine in dieser Höhe festgestellte Gesamtforderung von 1.465.791,97 EUR angemeldet und betreibt als Gläubigerin beim Bezirksgericht Traun das Versteigerungsverfahren über die Liegenschaft zur Hereinbringung von vollstreckbaren 70.000 EUR sA und 218.000 EUR sA. Dessen Einleitung ist zu C-LNR 22a und 23a jeweils im Rang von Pfandrecht C-LNR 12a angemerkt.

Punkt 2 der dem Höchstbetragspfandrecht zugrundeliegenden Pfandurkunde lautet auszugsweise:

„Besicherte Forderungen

Die Verpfändung dient zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aller Art bis zum Höchstbetrag von 350.000 EUR, die der Sparkasse oder deren Gesamtrechtsnachfolger gegen den/die Kunden (oder gegen einzelne oder mehrere von ihnen) im Rahmen der Kreditgeschäftsverbindung(en) aus bereits eingeräumten und in Zukunft gewährten im Inland beurkundeten Krediten (u. a. Geld- und Haftungskredite) und Darlehen entstehen."

Z 59 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen österreichischer Sparkassen lautet:

„Das Kreditinstitut kann abweichend von den Bestimmungen des § 1416 ABGB Zahlungen zunächst insoweit auf Forderungen des Kreditinstituts anrechnen, als für diese keine Sicherheit bestellt wurde, oder der Wert der bestellten Sicherheit die Forderungen nicht deckt. Dabei ist es ohne Bedeutung, wann die Fälligkeit der einzelnen Forderungen eingetreten ist. Dies gilt auch im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses."

Die Klägerin hinterlegte 350.000 EUR bei Gericht, da die Beklagte die Zahlung dieses Betrags durch die Klägerin gegen Herausgabe und Übergabe der Sicherheit, insbesondere des zu C-LNR 12a einverleibten Höchstbetragspfandrechts, nicht angenommen und erklärt hatte, dies nur bei Einlösung der ganzen im Konkursverfahren aushaftenden Verbindlichkeit von 1.465.791,97 EUR zu akzeptieren.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Ausstellung einer Löschungsquittung auf Übertragung einer Festbetragshypothek im Rahmen des Höchstbetrags von 350.000 EUR des zu C-LNR 12a zugunsten der Beklagten auf der Liegenschaft einverleibten Pfandrechts an die Klägerin im Hinblick auf das bei Gericht hinterlegte Sparbuch mit einem Einlagestand von 350.000 EUR. Sie brachte im Wesentlichen vor, die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass die Einlösung nach § 462 ABGB von der Zahlung des gesamten aushaftenden Saldos abhängig sei. Im Fall einer Höchstbetragshypothek habe der Einlösende maximal den Höchstbetrag zu bezahlen. Tilgungsregeln oder sonstige Vertragsbestimmungen, die zwischen dem Liegenschaftseigentümer und dem betreibenden Gläubiger vereinbart worden seien, seien für den einlösungswilligen Verbotsberechtigten nicht bindend. Die eingelöste Forderung sei somit ipso iure samt der Hypothek auf die Klägerin übergegangen.

Die Beklagte wendete ein, das Höchstbetragspfandrecht über 350.000 EUR sichere die insgesamt aushaftende Forderung von rund 1,4 Mio EUR und hafte bis zur vollständigen Abstattung des Kredits. Die Verrechnungsregel der Z 59 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen österreichischer Sparkassen gelte auch im Fall der Einlösung durch einen Dritten, der nicht berechtigt sei, eine abweichende, den Gläubiger benachteiligende Verrechnungsart in Anspruch zu nehmen. Nur der in Anspruch genommene Realschuldner könne die Anrechnung seiner Zahlung auf den durch die Hypothek besicherten Teil begehren, der Klägerin stehe hingegen dieses Einlösungsprivileg nicht zu.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und vertrat in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen die Ansicht, aufgrund der genannten Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen österreichischer Sparkassen sei die beklagte Bank berechtigt, die Zahlung der Klägerin auf den nicht besicherten Teil der offenen Forderung anzurechnen. Ein Realpfandschuldner dürfe bei entsprechender Zahlung zwar nicht auf den pfandrechtlich ungedeckten Teil der Forderung verwiesen werden. Dieses Privileg des Realpfandschuldners sei jedoch auf die Klägerin als Veräußerungs- und Belastungsverbotsberechtigte nicht anwendbar.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und gab dem Klagebegehren mit der Maßgabe statt, dass die Beklagte für schuldig erkannt wurde, im Hinblick auf den erfolgten Erlag eines Sparbuchs mit einem Einlagestand von 350.000 EUR eine Zustimmungserklärung zur Übertragung der Festbetragshypothek von 350.000 EUR im Rahmen des Höchstbetrags von 350.000 EUR des zu C-LNR 12a zugunsten der Beklagten einverleibten Pfandrechts an die Klägerin auszustellen.

Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung SZ 62/2 das Einlösungsrecht gemäß § 462 ABGB auch einem Begünstigten aus einem Belastungs- und Veräußerungsverbot gewährt. Einlösung im Sinn des § 462 ABGB sei die Vollbefriedigung der betriebenen Forderung(en) einschließlich der dem Verpflichteten zur Last fallenden Nebengebühren, bei Höchstbetragshypotheken maximal bis zum Höchstbetrag (Hofmann in Rummel3 § 462 Rz 4). Hoyer, Zwei Fragen der Höchstbetragshypothek, FS Demelius 349 (363), vertrete die Ansicht, im - hier vorliegenden - Falle einer überzogenen Höchstbetragshypothek entstehe sowohl das Einlösungsrecht der anderen Hypothekare als auch die Lösungsbefugnis des Liegenschaftseigentümers dann, wenn der Gläubiger vom Pfandeigentümer Leistung auch bloß außergerichtlich begehre, wozu er bei sonstigen Kostenfolgen verpflichtet sei. Zur Einlösung bzw Pfandfreistellung seien nur jene Beträge aufzuwenden, die dem Belastungs-Höchstbetrag einschließlich der auf diesen entfallenden Nebengebühren entsprächen. Mit dem Leistungsbegehren habe sich der Gläubiger zur Realisierung der Pfandhaftung entschieden, er müsse das Pfand gegen jene Beträge frei geben, die er maximal aus dem von ihm angestrengten Exekutionsverfahren erlösen könnte.

Im vorliegenden Fall sei das durch die Höchstbetragshypothek gesicherte Kreditverhältnis beendet. Das Grundverhältnis ende nämlich durch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Kreditnehmers von Gesetzes wegen (RIS-Justiz RS0107689). Aus dem Kreditverhältnis könnten somit keine neuen Forderungen mehr entstehen (3 Ob 40/01f). Da die Beklagte das Zwangsversteigerungsverfahren betreibe, sei das Einlösungsrecht der verbotsberechtigten Klägerin analog zu § 462 ABGB bereits entstanden. Da das dem Verbotsberechtigten in der Entscheidung SZ 62/2 zuerkannte Einlösungsrecht dessen Interesse sichern solle, die durch das Veräußerungs- und Belastungsverbot geschützten Rechte zu erwerben, könne er durch Zahlung des aus dem Exekutionsverfahren maximal zu erlösenden Betrags die Forderung mit der Folge des Übergangs der diese sichernden Hypothek einlösen.

Fraglich könne nur sein, ob die Beklagte Zahlung in Höhe des Höchstbetrags auch dann zur Gänze anzunehmen hätte, falls die betriebene Forderung einschließlich Zinsen und Kosten am Zahlungs-(Hinterlegungs-)tag den Höchstbetrag noch nicht erreicht haben sollte. Es sei der Auffassung von Hoyer aaO zu folgen, wonach sich der Pfandgläubiger mit seinem Leistungsbegehren für die Realisierung der Pfandhaftung entschieden und daher das Pfand gegen jene Beträge freizugeben habe, die er maximal aus dem von ihm angestrengten Exekutionsverfahren erlösen könne. Dies sei im vorliegenden Fall der von der Klägerin hinterlegte Höchstbetrag von 350.000 EUR.

Das Klagebegehren erweise sich somit als berechtigt, wobei angesichts des aus dem gesamten Klagsvorbringen erkennbaren Willens der Klägerin dem Urteilsspruch eine klare und deutlichere Fassung zu geben gewesen sei.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig, da zu den behandelten Fragen der Höhe des vom Verbotsberechtigten zur Einlösung aufzuwendenden Betrags höchstgerichtliche Judikatur fehle.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird die Abänderung des berufungsgerichtlichen Urteils dahingehend begehrt, entsprechend der Einlösung der Forderung mit rund einem Viertel des aushaftenden Saldos dem Klagebegehren auf Zustimmung der Übertragung der Hypothek hinsichtlich des zu Gunsten der Beklagten intabulierten Pfandrechts nur im Ausmaß eines Viertels, sohin 87.500 EUR, Folge zu geben und das Mehrbegehren abzuweisen.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfragen gemäß § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Vor der Feilbietung des Gutes ist jedem darauf eingetragenen Pfandgläubiger die Einlösung der Forderung, wegen welcher die Feilbietung angesucht worden ist, zu gestatten (§ 462 ABGB).

Seit der Entscheidung 4 Ob 627/88 = SZ 62/2 (RIS-Justiz RS0010749) ist anerkannt, dass über den Wortlaut von § 462 ABGB hinaus auch der nach § 364c ABGB Verbotsberechtigte ein Einlösungsrecht hat. Im Unterschied zum vorliegenden Fall erreichte damals die aushaftende Kapitalforderung den Höchstbetrag der eingetragenen Höchstbetragshypothek nicht. Der Oberste Gerichtshof hielt die Überweisung des (unter dem Höchstbetrag liegenden) aushaftenden Betrags zur wirksamen Ausübung des Einlösungsrechts für ausreichend.

Wird der bloße Realschuldner einer Höchstbetragshypothek vom Pfandgläubiger aufgrund der Pfandhaftung beansprucht, so darf dieser nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung eine geleistete Zahlung nicht auf einen allfälligen den Höchstbetrag übersteigenden und somit nicht besicherten Teil anrechnen (RIS-Justiz RS0011470).

Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb dieser Grundsatz nicht auch im Fall eines einlösenden Verbotsberechtigten gelten sollte. Auf die zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichts wird verwiesen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Demgegenüber sind die Rechtsausführungen der Revision nicht stichhaltig: Der hier vorliegende (analoge) Anwendungsfall des § 462 ABGB ist gerade kein Anwendungsfall des § 1422 ABGB, weshalb die auf diese Gesetzesstelle gegründeten Rechtsausführungen der Revision ins Leere gehen. Im Fall der Entscheidung 4 Ob 130/98s waren die einlösenden Zahler Bürgen ohne dingliche Rechte an der Liegenschaft. Auch damals lag somit ein Anwendungsfall des § 462 ABGB nicht vor.

Die weiteren Ausführungen der Revision gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus: Es steht nicht fest, dass die Klägerin gegen Treu und Glauben nach erfolgter Auszahlung der Geldmittel, jedoch vor Verbücherung einer weiteren Höchstbetragshypothek über 650.000 EUR zugunsten der Beklagten durch Intabulierung des Belastungs- und Veräußerungsverbots das Grundbuch ihres Ehegatten „gesperrt" hat. Weiters steht nicht fest, dass die Klägerin im Konkurs ihres Ehegatten eine Forderung von über 1 Mio EUR angemeldet hat, woraus die Revisionswerberin ein mangelndes Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ableitet. Im Übrigen ist es nicht Sache der Beklagten, die Interessen der Klägerin wahrzunehmen (vgl auch SZ 62/2 aE).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

Textnummer

E92225

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0020OB00104.09X.0928.000

Im RIS seit

28.10.2009

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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