RS AsylGH Beschluss 2012/05/30 C5 417385-1/2011

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Veröffentlicht am 30.05.2012
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Rechtssatz

Rechtssatz 1

 

§ 36 Abs. 3 AsylG 2005 - und dasselbe gilt für § 32 Abs. 7 AsylG 1997 - will vermeiden, dass die Asylanträge von Familienangehörigen unterschiedliche rechtliche Schicksale erleiden. Insbesondere soll damit offenbar der Situation Rechnung getragen werden, dass einzelne Familienangehörige davon Abstand nehmen, eine Beschwerde gegen den sie betreffenden Bescheid einzubringen, weil sie der Ansicht sind, es genüge, wenn ein anderer Familienangehöriger Beschwerde erhebe, nämlich typischerweise jener, der tatsächlich Verfolgungsgründe geltend machen kann. Die Vorschrift ist wohl auf Verfahren zugeschnitten, in denen einzelne Familienangehörige keine eigenen Fluchtgründe haben, sondern nur auf Grund des Familienverfahrens Asyl erlangen wollen (vgl. UBAS 12.9.2006, 260.741/0-X/47/05). Die Anfechtungsfiktion kommt von Vornherein nur dann zum Tragen, wenn die Bescheide, deren Anfechtung in Betracht kommt, in einer zeitlichen Lagerung erlassen werden, die eine jeweilige "Mit-Anfechtung" möglich erscheinen lässt. Unterlässt etwa ein Asylwerber eine Beschwerde und ergeht erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (mithin nach Rechtskraft des Bescheides) der Bescheid gegenüber einem Familienangehörigen, so gilt mit der Beschwerde gegen den zeitlich später ergangenen Bescheid der frühere Bescheid nicht als "mitangefochten": Für die Annahme einer Rechtskraftdurchbrechung bietet § 36 Abs. 3 AsylG 2005 nämlich keinen Anhaltspunkt. Dasselbe wird wohl - wenn auch vielleicht nicht für alle Fallgruppen - im umgekehrten Fall gelten: Ist der frühere Bescheid bereits angefochten worden und ergeht erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist - im äußersten Fall: erst nach der Entscheidung des Asylgerichtshofes - der spätere Bescheid, so wird er einer gesonderten Anfechtung bedürfen (vgl. wieder UBAS 12.9.2006, 260.741/0-X/47/05). Wenn der "spätere" Antrag zu einem Zeitpunkt eingebracht wird, zu dem die Beschwerde gegen den "älteren" Bescheid bereits beim Asylgerichtshof anhängig ist, kommt die Anfechtungsfiktion jedenfalls nicht zum Tragen; dies könnte vielleicht dann der Fall sein, wenn der spätere Bescheid ergeht, bevor die Beschwerde gegen den früheren Bescheid eingebracht wird, also etwa während des Laufes der Beschwerdefrist.

Schlagworte
Familienverband, Mitanfechtung, Rechtsmittelfrist
Zuletzt aktualisiert am
19.06.2012
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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