TE OGH 2009/10/22 3Ob178/09m

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Veröffentlicht am 22.10.2009
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Adolf S*****, vertreten durch Friedl & Holler Rechtsanwalt-Partnerschaft in Gamlitz, gegen die verpflichtete Partei Karl S*****, wegen Erwirkung einer vertretbaren Handlung, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 29. Mai 2009, GZ 4 R 80/09b-13, womit über Rekurs der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom 13. Februar 2009, GZ 3 E 1857/08y-7, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Punkt 3 des in einem Besitzstörungsverfahren ergangenen rechtskräftigen Endbeschlusses des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom 25. Juni 2008 zu AZ 11 C 23/08w wurde dem nunmehrigen Verpflichteten ua aufgetragen, in Wiederherstellung des vorigen Zustands im Grenzbereich näher bezeichneter Grundstücke auf einer Länge von 25 m einen Holzzaun, bestehend aus neun Betonstehern und einem 1,2 m hohen, hölzernen Jägerzaun sowie unmittelbar daran östlich anschließend eine 2 m hohe und 2 m breite Fichtenhecke binnen 14 Tagen zu errichten.

Über - noch vor Erlassung der Exekutionsbewilligung eingeschränkten (ON 2) - Exekutionsantrag des Betreibenden (Kläger im Besitzstörungsverfahren) ermächtigte das Erstgericht den Betreibenden auf Kosten des Verpflichteten den entsprechend dem Exekutionstitel näher bezeichneten Zaun sowie unmittelbar östlich anschließend eine 2 m hohe und 2 m breite Fichtenhecke zu errichten (A 1 des Beschlusses), trug dem Verpflichteten auf, die für diese Arbeiten voraussichtlich anfallenden Kosten von 8.961 EUR (die auf Kostenvoranschlägen beruhen, die der Betreibende im Exekutionsantrag vorgelegt hatte) binnen 14 Tagen im Voraus an den Betreibenden zu zahlen (A 2 des Beschlusses) und bewilligte im Übrigen (Punkt B des Beschlusses) zur Hereinbringung der gleichzeitig bestimmten Kosten des Exekutionsantrags von 152,96 EUR die Fahrnisexekution sowie die Pfändung und Überweisung zur Einziehung von Geldforderungen.

Dem vom Verpflichteten nur gegen die Vorauszahlung der Kosten in Höhe von 8.961 EUR erhobenen Rekurs vom 2. Februar 2009 gab das Rekursgericht Folge und hob den Beschluss des Erstgerichts in diesem Umfang mit dem Auftrag auf, das Verfahren durch Einvernahme des Verpflichteten zum Vorauszahlungsbegehren zu ergänzen, damit die Angemessenheit der vom Betreibenden begehrten Ersatzvornahmekosten beurteilt werden könne. Verbunden mit seinem Rekurs beantragte der Verpflichtete die Einstellung der Exekution gemäß § 40 EO infolge Befriedigung des Betreibenden. Er brachte dazu unter Vorlage mehrerer Lichtbilder und eines Überweisungsbelegs bezüglich der Bezahlung der Kosten des Exekutionsantrags in Höhe von 152,96 EUR (ON 4 und 5) vor, dass er am 30. Jänner 2009 der ihm mit Endbeschluss auferlegten Wiederherstellungspflicht zur Gänze nachgekommen sei und überdies die zugesprochenen Exekutionskosten bezahlt habe.

In der aufgetragenen und fristgerecht eingebrachten Äußerung gestand der Betreibende zu, dass die Säulen des Zauns an der ursprünglichen Stelle ordnungsgemäß aufgestellt worden seien und dass der Verpflichtete die Zaunsteher richtig verankert habe. Allerdings seien die Querbalken (Verbindungen zwischen den einzelnen Zaunsäulen) äußerst unfachmännisch angebracht worden. Im Zuge des Abrisses des Zauns habe der Verpflichtete die Querbalken zwischen den einzelnen Säulen mit einer Motorsäge abgeschnitten. Er habe nunmehr die ursprünglichen Querbalken wieder angebracht und diese mit einem weiteren Querbalken notdürftig vernagelt. Die Tragfähigkeit dieser Querbalken sei nicht gegeben. Der Zaun entspreche in diesem Punkt nicht der ursprünglichen Ausführung. Auf den Querbalken des Zauns sei in der Folge der Gitterzaun (Jägerzaun) angebracht worden. Dieser habe ursprünglich aus abgerundeten Hölzern bestanden. Im Zuge des Abbruchs des Jägerzauns habe der Verpflichtete mehrere Elemente des Zauns beschädigt. Der Verpflichtete habe die fehlenden Elemente mit „Dachlatten" ergänzt. Dabei handle es sich um Kanthölzer, nicht aber um abgerundete Hölzer, sodass der Zaun in diesem Punkt ebenfalls nicht dem ursprünglichen Zustand entspreche. Zweck des Zauns sei gewesen, dass der Betreibende den von ihm gehaltenen Hund auf seinem Grund sicher verwahren wollte. Daher sei die Zaunanlage vom Betreibenden dicht gestaltet worden. An der Unterseite des Zauns seien Bretter angeschraubt gewesen. Dadurch sei es dem Hund des Betreibenden nicht möglich gewesen, das Grundstück zu verlassen. Der Verpflichtete habe nun den Jägerzaun in einer Höhe angebracht, die es dem Hund des Betreibenden ohne weiteres ermögliche, das Grundstück zu verlassen. Auch in diesem Punkt habe daher der Verpflichtete dem Exekutionstitel nicht entsprochen. Das gelte auch für die Fichtenhecke: Der Verpflichtete habe entlang des Zauns lediglich dreißig Fichten in einer Art und Weise gesetzt, dass dadurch lediglich eine Höhe, nicht aber eine Breite von rund 2 m erreicht worden sei. Der Betreibende sprach sich daher gegen die Einstellung der Exekution aus.

Das Erstgericht wies den Einstellungsantrag ab. Der Betreibende habe sich dahin geäußert, dass der Verpflichtete dem Exekutionstitel noch nicht entsprochen habe.

Das Rekursgericht gab dem dagegen vom Verpflichteten erhobenen Rekurs Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass es den Verpflichteten mit seinen Einwendungen auf Einstellung der Exekution gemäß § 40 EO auf den Rechtsweg verwies. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil das Rekursgericht von der Entscheidung 6 Ob 207/72 = SZ 46/1 abgewichen sei.

Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, dass der Verpflichtete gemäß § 40 EO die Einstellung der Exekution beantragen könne, wenn der betreibende Gläubiger nach Entstehung des Exekutionstitels befriedigt worden sei. Der Entscheidung über den Einstellungsantrag habe - wenn die Befriedigung nicht durch unbedenkliche Urkunden dargetan werde - eine Einvernahme des betreibenden Gläubigers voranzugehen. Erscheine die Entscheidung nach den Ergebnissen dieser Einvernahme von der Ermittlung und Feststellung strittiger Tatumstände abhängig, sei der Verpflichtete mit seinen Einwendungen auf den Rechtsweg zu verweisen. Ein solcher Fall liege hier vor: Der Verpflichtete habe vorgebracht, dem Exekutionstitel entsprochen zu haben. Die vom Verpflichteten vorgelegten Lichtbilder ebenso wie der (bloße) Überweisungsauftrag ohne Nachweis seiner tatsächlichen Durchführung stellten keine unbedenklichen Urkunden dar. Davon sei erkennbar auch das Erstgericht ausgegangen, weil es den Betreibenden zum Einstellungsantrag gehört habe. Schon die bloße Erklärung des Betreibenden, sich gegen die Einstellung auszusprechen, nehme dem Vorbringen des Verpflichteten die Eigenschaft eines unbestrittenen Sachverhalts. Erst mit tatsächlich mangelfrei vom Verpflichteten oder ersatzweise durch Dritte erfolgter Vornahme der geschuldeten Handlung sei der Anspruch des betreibenden Gläubigers erfüllt. Die Entscheidung 6 Ob 270/72 = SZ 46/1 sei nicht in einem Exekutionsverfahren ergangen. Dort sei im Übrigen lediglich die Erforderlichkeit einer Detailverbesserung strittig gewesen. Ein solcher Sachverhalt liege nicht vor.

Der dagegen vom Verpflichteten erhobene Revisionsrekurs, der eine Abänderung der Rekursentscheidung im Sinne einer Einstellung des Exekutionsverfahrens anstrebt, ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Im Revisionsrekurs vertritt der Verpflichtete unter Berufung auf die Entscheidung SZ 46/1 die Auffassung, dass auch bei bloß mangelhafter Entsprechung des Exekutionstitels eine Exekutionseinstellung vorzunehmen sei, weil die auf Basis der Exekution nach § 353 EO vorzunehmenden Tätigkeiten durch den Betreibenden nicht mehr veranlasst werden könnten, wenn der Verpflichtete dem Titel selbst entsprochen habe. Allfällige Mängel könnten nur im Rahmen der Gewährleistung geltend gemacht werden. Dafür sei die Inanspruchnahme eines allenfalls erlegten Kostenvorschusses unzulässig. Der Betreibende habe die Wiedererrichtung des Zauns und der Fichtenhecke grundsätzlich außer Streit gestellt. Damit sei die Unmöglichkeit der weiteren Exekutionsführung nach § 353 EO bereits eindeutig dargelegt. In Ansehung des Einstellungsantrags bezüglich der Fahrnis- und Forderungsexekution sei überdies zu beachten, dass der Betreibende dazu keine Äußerung abgegeben habe und daher diese Nichtäußerung als Zustimmung zu behandeln sei.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

1. Das Erstgericht hat inhaltlich über den Sachantrag des Verpflichteten auf Einstellung - im Sinne einer Abweisung dieses Antrags - entschieden. Demgegenüber hat das Rekursgericht den Verpflichteten gemäß § 40 Abs 2 EO auf den Rechtsweg verwiesen und somit keine inhaltliche Entscheidung über den Einstellungsantrag getroffen (Angst in Jakusch, EO² § 40 Rz 19), sondern eine bloße Formalentscheidung (s auch 3 Ob 135/72 = RIS-Justiz RS0001406).

Ein bestätigender Beschluss im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO, der einen Rechtszug an den Obersten Gerichtshof unzulässig machen würde (RIS-Justiz RS0012387) liegt somit nicht vor.

2. Die im Endbeschluss enthaltene Verpflichtung, zur Wiederherstellung des Holzzauns und einer unmittelbar daran anschließenden Fichtenhecke ist nach § 353 EO zu vollstrecken. Die durch Ersatzvornahme erwachsenen Kosten hat der Verpflichtete, sei es im Voraus als Vorschuss, sei es nach der Ersatzvornahme als Exekutionskosten, zu ersetzen (Klicka in Angst, EO² § 353 Rz 16 mwN).

3. Gemäß § 40 Abs 1 EO kann der Verpflichtete, wenn der betreibende Gläubiger nach Entstehung des Exekutionstitels befriedigt wurde, die Einstellung der Exekution beantragen. Der Entscheidung hat eine Einvernehmung des betreibenden Gläubigers voranzugehen. Wird die Befriedigung des betreibenden Gläubigers durch unbedenkliche Urkunden dargetan, so kann von seiner Einvernehmung abgesehen werden. Gemäß § 40 Abs 2 EO ist der Verpflichtete mit seinen Einwendungen auf den Rechtsweg zu verweisen, wenn die Entscheidung nach den Ergebnissen dieser Einvernehmung von der Ermittlung und Feststellung streitiger Tatumstände abhängt.

Das Rekursgericht ist nun zutreffend und im Revisionsrekurs des Verpflichteten auch gar nicht bezweifelt davon ausgegangen, dass in Ansehung der ordnungsgemäßen Wiederherstellung des Zauns unbedenkliche Urkunden jedenfalls nicht vorliegen: Aus den vorgelegten Lichtbildern, die nur den Zustand nach der behaupteten Wiedererrichtung zeigen, lässt sich nicht ableiten, ob der Verpflichtete seiner Wiederherstellungsverpflichtung laut Endbeschluss nachgekommen ist. Das gilt entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung auch für den Überweisungsauftrag zum Nachweis der behaupteten Zahlung der Kosten des Exekutionsantrags: Ein von einer Bank bestätigter Überweisungsauftrag mit Zahlungswidmung kann ua nur dann als unbedenkliche Urkunde zum Nachweis der behaupteten Zahlung der betriebenen Forderung anerkannt werden, wenn gleichzeitig - etwa durch Vorlage eines Kontoauszugs - die tatsächliche Durchführung des Überweisungsauftrags nachgewiesen wird (Jakusch aaO § 40 Rz 16). An einem solchen Nachweis fehlt es hier. Der Verpflichtete kann sich im Hinblick darauf, dass sich der Betreibende ganz generell gegen die Einstellung der Exekution aussprach, auch auf keine Zustimmung des Betreibenden zum Einstellungsantrag stützen.

4. Im vorliegenden Fall ist - nach der im Verfahren eingeholten Äußerung des Betreibenden - nicht strittig, dass der Verpflichtete den Zaun samt Fichtenhecke wiederherstellte. Strittig ist ausschließlich, ob diese Wiederherstellung dem Exekutionstitel entspricht oder ob die Herstellung mangelhaft erfolgte.

Es hat daher eine Auseinandersetzung mit der verfahrensentscheidenden Frage zu erfolgen, ob eine - wenngleich mangelhafte - Wiederherstellung durch den Verpflichteten zu einer Einstellung der Exekution nach § 353 EO im Sinne des § 40 Abs 1 EO zu führen hat:

Solange der betreibende Gläubiger mit der Durchführung der Ersatzvornahme noch nicht begonnen hat, kann der Verpflichtete die exequierbare Handlung selbst vornehmen (RIS-Justiz RS0004727; Klicka aaO EO² § 353 Rz 13).

In der Entscheidung 6 Ob 207/72 = SZ 46/1 wurde in einem Streitverfahren, in welchem der Verpflichtete den Betreibenden auf Rückzahlung der gemäß § 353 Abs 2 EO vorausgezahlten Kosten mit der Behauptung belangte, er habe die laut Titel geschuldeten Arbeiten bereits durchgeführt, ausgesprochen, dass der Betreibende die Behebung von Mängeln (im Anlassfall: fehlende Abdeckung und fehlender Verputz der neu errichteten Schallbetonmauer) bloß im Rahmen der Gewährleistung fordern könne, aber nicht mehr selbst eine Ersatzvornahme im Rahmen der nach § 353 EO bewilligten Exekution durchführen könne. Im Exekutionsverfahren nach § 353 EO könnten nicht nebeneinander der Verpflichtete und der betreibende Gläubiger jene Leistung erbringen, die Gegenstand der Exekutionsbewilligung sei. Eine Ersatzvornahme sei nicht mehr möglich. Betraue der Betreibende in einem solchen Fall einen Dritten mit der Mängelbehebung, handle er nicht mehr aufgrund einer vom Exekutionsgericht erteilten Ermächtigung, weil die Herstellung des Werks durch den Kläger (Verpflichteter des Exekutionsverfahrens) noch vor einem diesbezüglichen Tätigwerden der Beklagten (betreibende Partei des Exekutionsverfahrens) vorgenommen worden sei.

Aus dieser Entscheidung folgern Klicka (aaO § 353 Rz 13) und Feil/Marent (Exekutionsordnung § 353 Rz 35, 38) ohne eigenständige Begründung, dass der betreibende Gläubiger generell die Behebung von Mängeln nicht mehr mit Ersatzvornahme im Rahmen der nach § 353 EO bewilligten Exekution fordern könne, sondern nur im Rahmen der Gewährleistung.

Diese Auffassung überzeugt allerdings nicht:

Maßgeblich für die Ersatzvornahme im Sinne des § 353 EO ist das nach dem Titel geschuldete Verhalten, wobei der Betreibende im Exekutionsantrag nach § 353 EO genau anzuführen hat, zur Vornahme welcher Handlungen er anstelle des Verpflichteten ermächtigt werden soll. Dabei hat der Betreibende zu behaupten, dass der Verpflichtete die ihm laut Titel obliegenden Handlungen nicht oder nicht vollständig vorgenommen hat (RIS-Justiz RS0000808). Entspricht nun der Verpflichtete dem Titel nicht vollständig, sei es, dass er die geschuldete vertretbare Handlung nur teilweise setzt oder setzen lässt, sei es, dass er die zu erwirkende Maßnahme nur mangelhaft durchführt oder durchführen lässt, hat er dem Exekutionstitel eben noch nicht vollständig entsprochen. Den Betreibenden in einem solchen Fall auf „Gewährleistungsansprüche" oder „Schadenersatzansprüche" zu verweisen, widerspricht sowohl den Grundsätzen des Exekutionsverfahrens als auch jenen des materiellen Rechts: Gewährleistungsansprüche des Betreibenden gegenüber dem Verpflichteten sind überhaupt nur bei einer vertraglichen Beziehung zwischen den Genannten denkbar, nicht aber in Fällen wie dem Anlassfall, bei welchem aufgrund widerrechtlicher Maßnahmen des Verpflichteten (hier: Besitzstörung) ein bestimmter Vorzustand wiederherzustellen ist. Bewirkt der Schuldner vor Durchführung der Ersatzvornahme durch den Betreibenden die vertretbare Handlung mangelhaft, stehen dem Betreibenden keine „Gewährleistungsansprüche" zu. Vielmehr steht dem Betreibenden nur die Möglichkeit offen, weiterhin die vollständige und mangelfreie Erfüllung der titelmäßigen Verpflichtung zu begehren. Ihn in diesem Fall darauf zu verweisen, „Gewährleistungansprüche" oder „Schadenersatzansprüche" in einem neuen Titelverfahren zu verfolgen, ist nicht sachgerecht. Auch der in SZ 46/1 ausgesprochene Gedanke, im Exekutionsverfahren nach § 353 EO könnten nicht nebeneinander der Verpflichtete und der Betreibende jene Leistung erbringen, die Gegenstand der Exekutionsbewilligung sei, ist nicht zwingend: Nimmt etwa der Verpflichtete vor Durchführung der Ersatzvornahme durch den Betreibenden die vertretbare Handlung nur teilweise vor, errichtet er den herzustellenden Zaun nur zur Hälfte, ist nicht einzusehen, warum der betreibende Gläubiger durch diese bloß teilweise Erfüllung des Titels gezwungen sein sollte, sich in einem weiteren Verfahren einen weiteren Exekutionstitel für die restliche Handlung zu beschaffen. Der Klageführung stünde die Rechtskraft der Titelentscheidung entgegen.

Auch wenn richtig ist, dass der erlegte Kostenvorschuss der Deckung der durch die Ersatzvornahme entstehenden Kosten dient, setzt dieser Grundsatz nicht voraus, dass eine bloß teilweise Ersatzvornahme im Exekutionsverfahren nicht durchzusetzen ist. Dass der Verpflichtete dem Exekutionstitel teilweise (durch Teilleistungen oder durch gänzliche, aber mangelhafte Leistung) entsprochen hat, wird sich allenfalls auf die Höhe der Kosten der Ersatzvornahme und den aufzutragenden Kostenvorschuss auswirken, nicht aber den Titel zur Gänze obsolet machen. In diesem Sinne wurde auch in der Entscheidung 3 Ob 38/88 (ebenso Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, Exekutionsordnung, § 353 Rz 41) ausgesprochen, dass ein Exekutionstitel auf Durchführung von Arbeiten grundsätzlich erst dann erfüllt ist, wenn die Arbeiten ordnungsgemäß verrichtet wurden. In der genannten Entscheidung wurde ausdrücklich erkannt, dass aufgrund eines Exekutionstitels, der nach § 353 EO zu vollstrecken ist, die zwangsweise Vornahme der ordnungsgemäßen Herstellung eines bestimmten Zustands (dort: Einbindung von Regenabfallrohren in den Ortskanal) auch dann im Exekutionsverfahren durchzusetzen ist, wenn der Verpflichtete die nach dem Titel geschuldete Leistung zwar erbrachte, die konkrete Durchführung aber nicht ordnungsgemäß erfolgte.

Daraus folgt zusammengefasst:

Erst mit vollständiger und mängelfreier Vornahme der geschuldeten Handlung ist der Anspruch des betreibenden Gläubigers auf Erwirkung einer vertretbaren Handlung erfüllt. Solange eine solche vollständige und mängelfreie Vornahme nicht erfolgt ist, kann sich der Betreibende (entgegen der E 6 Ob 207/72 = SZ 46/1) weiterhin im fortzusetzenden Exekutionsverfahren nach § 353 EO auf diesen Titel stützen.

Da die Frage, ob die Herstellung des Zauns vollständig und mängelfrei erfolgte, mangels Vorlage unbedenklicher Urkunden und mangels übereinstimmenden Parteivorbringens von strittigen Tatumständen abhängig ist, hat das Rekursgericht den Verpflichteten somit zu Recht auf den Rechtsweg verwiesen. Dieser hat im Oppositionsstreit (§ 35 EO) die mängelfreie Erfüllung der Titelschuld nachzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO.

Textnummer

E92299

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00178.09M.1022.000

Im RIS seit

21.11.2009

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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