TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/19 98/12/0026

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art132;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Mag. Christian Breit, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Parkgasse 11, gegen den Zentralwahlausschuss für Landeslehrer beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich eines Antrages des Beschwerdeführer vom 9. April 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, den versäumten Bescheid binnen acht Wochen unter Zugrundelegung folgender Rechtsanschauung zu erlassen:

Die belangte Behörde ist jedenfalls verpflichtet, über den Antrag des Beschwerdeführers bescheidmäßig abzusprechen, auch wenn dieser Abspruch - allenfalls - nur in der Zurückweisung des Antrages besteht.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 7.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich.

Mit Datum vom 5. Jänner 1998 erhob der Beschwerdeführer mit zwei verschiedenen Schreiben Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

In dem dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegenden Schreiben nahm er Bezug auf eine "Aufgabenwahrnehmung des Amtes der OÖ Landesregierung als Personalvertretungsaufsichtskommission" und beantragte unter Hinweis auf das "Erkenntnis" (richtig: Beschluss) des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1997, Zlen. 97/12/0204, 97/12/0230 die Bestellung eines Verfahrenshelfers, wobei er als Beschwerdepunkt vorbrachte: "In meinem Schreiben vom 9. April 1997 an die PVAK wurde vielen Argumenten kein Gehör geschenkt, obwohl diese für mich eindeutig belegen, dass sowohl der Dienststellenausschuss in Ried als auch der Zentralausschuss in Linz den im PVG festgelegten Normen nicht zur Genüge entsprochen hat".

Nach einem Schriftwechsel zur Klärung des Verfahrensgegenstandes mit dem Beschwerdeführer (Anmerkung: Der Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 24. Februar 1998 vor:

"zu 98/12/0026 wurde kein Bescheid zugestellt, obwohl dies laut PVG gesetzlich vorgeschrieben ist. Es handelt sich hier um eine Säumnisbeschwerde, da eine Verletzung der Entscheidungspflicht"), Bewilligung der Verfahrenshilfe und Bestellung des Verfahrenshelfers wurde die vorliegende Beschwerde eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof eröffnete daraufhin mit Verfügung vom 24. September 1998 das Vorverfahren, in dem der belangten Behörde Gelegenheit zur Nachholung der bescheidmäßigen Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers binnen drei Monaten gegeben wurde.

Die belangte Behörde vertrat dazu in ihrer Äußerung vom 21. Jänner 1999, mit der sie die Akten des Verfahrens in Kopie aber offensichtlich unvollständig vorlegte, folgende Auffassung:

"Wie dem beiliegenden Verfahrensakt des Zentralwahlausschusses zu entnehmen ist, hat der Vorsitzende des Zentralwahlausschusses bereits am 3.12.1997 Herrn H eine Erledigung in dieser Angelegenheit zukommen lassen.

Der Vorsitzende des Zentralwahlausschusses wandte sich in dieser Angelegenheit mit Schreiben vom 15.12.1997 überdies auch an das Rechtsbüro der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, welches im Antwortschreiben vom 26.1.1998 die in der Erledigung vom 3.12.1997 vertretene Rechtsansicht bestätigte.

Kollege H wandte sich über die Rechtsanwälte Dr. Thomas Brückl und Mag. Christian Breit mit Schreiben vom 2.6.1998 an den Verwaltungsgerichtshof.

Auf Grund des Verwaltungsgerichtshofbegehrens vom 24.9.1998 hat sich der Zentralwahlausschuss in seiner Sitzung am 15.12.1998 mit der Causa H beschäftigt und Folgendes beschlossen:

Die dem Zentralwahlausschuss zugemittelten Unterlagen des Kollegen H auf Aberkennung des Mandates eines Personalvertreters beinhalten keinerlei Fakten, die eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht des Kollegen Z als Personalvertreter dokumentieren. Es lagen daher keinerlei Gründe im Sinne des PVG vor, eine Entscheidung herbeizuführen.

Über Antrag des Vorsitzenden wurde daher einstimmig beschlossen, keinen Bescheid auszustellen und den Verwaltungsgerichtshof über das bisherige Verfahren zu informieren."

Die belangte Behörde beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof, auf den nach dem Vorgesagten die Zuständigkeit zur Erlassung der Entscheidung übergegangen ist, hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht Verletzung der Entscheidungspflicht geltend und begehrt, dass - seinem Antrag vom 9. April 1997 entsprechend - dem namentlich genannten Personalvertreter wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht das Mandat abzuerkennen sei.

In dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt befindet sich ein Schreiben des Vorsitzenden der belangten Behörde vom 3. Dezember 1997, mit dem unter Bezug auf die vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung übermittelte Eingabe des Beschwerdeführers vom 9. April 1997 (die sich aber nicht bei den vorgelegten Verfahrensakten befindet) dem Beschwerdeführer mitgeteilt wird, dass seitens der belangten Behörde "keine Aktivität" zu setzen sei. Weiter wird ausgeführt:

"Bezüglich des Ergehens und Erlöschens der Mitgliedschaft zum Dienststellenausschuss sind die gesetzlichen Bestimmungen im § 21 Abs. 6, normiert. Da weder ein Antrag des betroffenen Personalvertreters oder des Ausschusses, dem dieser Personalvertreter angehört, oder eines berechtigten Ausschussmitgliedes vorliegt, ist keine Entscheidung im Zentralwahlausschuss herbeizuführen.

Seitens des Zentralwahlausschusses wird daher an Sie kein Bescheid ergehen. Dieses angeführte Schreiben soll Ihnen lediglich die derzeit gültige Rechtslage darstellen."

Auf dieses Schreiben antwortete der Beschwerdeführer mit "Faxmitteilung" vom 11. Dezember 1997 im Wesentlichen wie folgt:

"Im PVG ist normiert, dass für die von mir vorgebrachte Anfrage das AVG anzuwenden ist, d.h. innerhalb eines halben Jahres eine Entscheidung oder Antworten zu erwarten ist. Ich darf festhalten, dass diese Zeit deutlich überschritten wurde.

Weiters möchte ich Ihnen mitteilen, dass Sie nicht nur meiner Ansicht nach bei Ihrer Auskunft die nicht für den konkreten Fall anwendbare Gesetzesstelle zitiert haben.

In der von Ihnen genannten Gesetzesstelle PVG 21 Absatz 6 geht es nur um die Regelung von Streitfällen innerhalb des DA.

Schon bei genauerem Studium der Gesetzesstelle wird dies deutlich, einwandfrei erkennbar wird die Sachlage durch das genaue Studium der angeführten PVAK - Entscheidungen.

Schon vorher, im Absatz 3 des PVG 21 stehen die Gründe, in denen die Mitgliedschaft zum Dienststellenausschuss erlischt. Unter Punkt "f"ist die Möglichkeit der Mandatsaberkennung gemäß § 26 Abs. 4 enthalten. Im dort zu findenden Hinweis 10 steht, dass aus Gründen der Übersichtlichkeit und Vollständigkeit der Katalog der Erlöschungsgründe durch § 26 Abs 4 ergänzt wird.

Dort ist zu lesen: Dem Personalvertreter, der die ihm obliegende Verschwiegenheitspflicht verletzt, kann der zuständige ZWA sein Mandat aberkennen.

In den PVAK - Entscheidungen dazu heißt es auf Seite 311 PVAK A 5/81 vom 24.3.81: Die einzige Sanktion, auf eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch einen Personalvertreter besteht darin, das der zuständige ZWA dem Personalvertreter sein Mandat aberkennen kann. ...

Ich muss Sie daher nochmals ersuchen, Ihre Rechtsauffassung zu überdenken und mir darüber nochmals eine Auskunft zukommen zu lassen, da in meinem damaligen Schreiben an Sie durch die OÖ-Landesregierung genau dieser Punkt angesprochen wurde."

Die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers betreffen Sachverhaltselemente im Zusammenhang mit der angeblichen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch den genannten Personalvertreter, Rechtsbelehrungen der Behörde durch den Beschwerdeführer, die Aufforderung zu einer auf den gesetzlichen Grundlagen aufbauenden Antwort durch die belangte Behörde in den nächsten vierzehn Tagen sowie die Mitteilung der Befassung der Volksanwaltschaft mit seiner Angelegenheit.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens beschäftigte sich die belangte Behörde bei ihrer ao. Sitzung am 15. Dezember 1998 mit dem Antrag des Beschwerdeführers und gelangte zu der dem Verwaltungsgerichtshof mit dem vorher wiedergegebenen Schreiben vom 21. Jänner 1999 mitgeteilten Auffassung, nämlich, dass kein Anlass bestehe "in der causa" des Beschwerdeführers tätig zu werden bzw. einen Bescheid zu erlassen.

Ungeachtet dessen, dass sich das dem Verfahren zugrundeliegende Schreiben des Beschwerdeführers vom 9. April 1997 nicht bei den vorgelegten Akten befindet, steht auf Grund des weiteren Schriftverkehrs und des Beschwerdevorbringens fest, dass der Beschwerdeführer damit die Aberkennung des Mandates des namentlich genannten Personalvertreters (Hauptschuloberlehrer Z) wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach § 26 Abs. 4 in Verbindung mit § 21 Abs. 3 lit. f PVG sowie den bescheidmäßigen Abspruch darüber begehrte.

Gemäß § 42 PVG, BGBl. Nr. 133/1967, im Wesentlichen in der Fassung BGBl. Nr. 334/1979, finden die Vorschriften der Abschnitte I und Abschnitt IV für Landeslehrer an öffentlichen Pflichtschulen - mit im Beschwerdefall nicht maßgebenden Abweichungen - Anwendung.

§ 21 PVG regelt das Ruhen und Erlöschen der Mitgliedschaft zum Dienststellen (Fach-, Zentral)Ausschuss. Nach Abs. 3 lit. f der genannten Bestimmung erlischt die Mitgliedschaft zum Dienststellenausschuss durch Mandatsaberkennung gemäß § 26 Abs. 4.

Die §§ 25 ff PVG regeln die Rechte und Pflichten der Personalvertreter. Nach § 26 Abs. 1 leg. cit. haben die Personalvertreter das Dienst- und Betriebsgeheimnis zu beobachten. Die in Abs. 1 genannten Bediensteten sind außerdem gemäß Abs. 2 des § 26 PVG zur Verschwiegenheit über alle ihnen von einzelnen Bediensteten gemachten Mitteilungen verpflichtet, die der Sache nach oder auf Wunsch der Bediensteten vertraulich zu behandeln sind.

Gemäß Abs. 4 der genannten Bestimmung kann der zuständige Zentralwahlausschuss dem Personalvertreter, der die ihm obliegende Verschwiegenheitspflicht verletzt, sein Mandat aberkennen. Erfolgt die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach dem Erlöschen der Mitgliedschaft zum Dienststellen (Fach-, Zentral)Ausschuss, so kann der Zentralwahlausschuss, der für den Personalvertreter zuletzt zuständig war, verfügen, dass der Bedienstete für eine bestimmte Zeit oder für immer als Personalvertreter nicht wählbar ist. Auf das Verfahren vor dem Zentralwahlausschuss ist das AVG anzuwenden. Die Verfügung des Zentralwahlausschusses kann durch kein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden.

In den Fällen des Artikels 132 B-VG kann der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgebender Rechtsfragen beschränken und der belangten Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.

Die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geht auf deren Rechtsauffassung zurück, es bestehe keine Verpflichtung ihrerseits über den Antrag des Beschwerdeführers überhaupt bescheidmäßig abzusprechen.

Bereits diese Auffassung erweist sich aus nachfolgenden Überlegungen als unrichtig.

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Jede Partei des Verwaltungsverfahrens hat aber Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, wenn ein Antrag oder eine Berufung offen ist. Dieser Anspruch ist auch dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages oder der Berufung vorliegen. In diesem Falle hat sie den Anspruch auf Erlassung eines Bescheides betreffend die Zurückweisung ihres Antrages oder ihrer Berufung; auch im Streit um Parteistellung und Antragsbefugnis besteht, insoweit diese zur Entscheidung stehen, Parteistellung und entsprechende Entscheidungspflicht. Beschwerdeberechtigt gemäß Art. 132 B-VG ist demnach auch ein Antragsteller, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, auch wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann (Beschluss eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. NF Nr. 9458/A).

Demnach hätte die belangte Behörde über das Begehren des Beschwerdeführers jedenfalls bescheidmäßig abzusprechen gehabt. Da damit die der bescheidmäßigen Erledigung durch die belangte Behörde entgegenstehende Rechtsfrage geklärt ist, wird ihr gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG aufgetragen, die versäumte Erledigung mit Bescheid vorzunehmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998120026.X00

Im RIS seit

02.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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