TE OGH 2009/11/16 1R364/09a

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Veröffentlicht am 16.11.2009
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Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Präsidenten Dr. Bildstein als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Troll und Dr. Flatz als weitere Senatsmitglieder in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*****, vertreten durch Raits Bleiziffer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die verpflichtete Partei T*****, wegen EUR 3.347,23 sA, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 28. Oktober 2009, 6 E 1770/09t-2, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er lautet:

„Der betreibenden Partei wird aufgrund des Wechselzahlungsauftrages des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 31.8.2007, 8 C 818/07y, des Beschlusses des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 4.2.2009, 6 E 1487/08y und des Beschlusses des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 30.3.2009, 28 E 923/09w die Forderungsexekution nach § 294a EO gegen die verpflichtete Partei zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von EUR 3.347,23 samt 6 % Zinsen seit 1.10.2009 und von Kosten in Höhe von EUR 429,70 samt 4 % Zinsen seit 31.8.2007, von EUR 25,-- und von EUR 296,45, sowie der mit EUR 242,81 (darin enthalten EUR 28,47 an USt und EUR 72,-- an Barauslagen) bestimmten Kosten des Exekutionsantrages und der weiteren Exekutionskosten bewilligt.“

Die Rekurskosten werden mit EUR 309,70 (darin enthalten EUR 51,62 an USt) als weitere Exekutionskosten der betreibenden Partei bestimmt.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit einem am 14.10.2009 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte die betreibende Partei die Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294a EO und brachte dazu vor, die im Verfahren 28 E 923/09w des Bezirksgerichtes Feldkirch bekannt gewordenen Drittschuldner S***** und Fa. D***** hätten der betreibenden Partei mitgeteilt, dass der Verpflichtete aus dem Bezugsverhältnis per 31.10.2008 bzw 1.1.2009 ausgeschieden sei. Man könne deshalb davon ausgehen, dass der Verpflichtete inzwischen eine neue derartige Forderung erworben habe.

Eine Anfrage des Erstgerichts beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ergab als mögliche Drittschuldnerin die „M***** in F*****.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Exekutionsantrag zurück und begründete diese Entscheidung damit, dass der betreibenden Partei bereits mit Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 3.9.2008, 6 E 1487/08y die Forderungsexekution gemäß § 294a EO bewilligt und das Zahlungsverbot am 30.1.2009 an die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger bekanntgegebene Drittschuldnerin „M***** zugestellt worden sei. Da das Arbeitsverhältnis bei dieser Drittschuldnerin seit zumindest 30.1.2009 nicht unterbrochen bzw beendet worden sei, erstrecke sich das damals erworbene Pfandrecht auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Bezüge. Zur Vermeidung einer doppelten Exekutionsführung auf ein und dasselbe Exekutionsobjekt müsse der nunmehrige Exekutionsantrag zurückgewiesen werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Bewilligung der beantragten Forderungsexekution nach § 294a EO abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Auszugehen ist davon, dass der betreibenden Partei zur Hereinbringung derselben Forderung bereits im Verfahren 6 E 1487/08y des Bezirksgerichtes Feldkirch die Forderungsexekution gemäß § 294a EO bewilligt wurde. Im Zug dieses Verfahrens und weiterer Exekutionsverfahren kamen insgesamt drei Drittschuldner, nämlich die „M*****, der S***** und die Fa. D***** hervor. An diese drei Drittschuldner wurde die jeweilige Exekutionsbewilligung zugestellt und – soweit nicht ohnehin schon eine Forderungsexekution bewilligt wurde - damit die Exekution nach § 294a EO in eine solche nach § 294 EO umgewandelt. Wie die Rekurswerberin bereits in ihrem nunmehrigen Exekutionsantrag vorbrachte und bescheinigte, teilten zwei Drittschuldner, nämlich der S***** und die Fa. D***** mit, dass der Verpflichtete aus dem Bezugsverhältnis ausgeschieden sei. Wie die Rekurswerberin zutreffend ausführt, dürfen neue Exekutionsanträge nach
§ 294a EO unabhängig von der Sperrfrist des § 294a Abs 2 EO gestellt werden, wenn der betreibende Gläubiger bescheinigt, dass der Verpflichtete inzwischen eine Forderung nach § 290a EO erworben haben könnte. Für diese Bescheinigung ist ausreichend, wenn – wie hier – zwei von drei bekannt gewordenen Drittschuldnern angeben, das bisherige Arbeitsverhältnis sei beendet, sofern unwahrscheinlich ist, dass der Lebensunterhalt des Verpflichteten durch die Bezüge des verbleibenden Drittschuldners gedeckt wird (Oberhammer in Angst2, § 294a Rz 11).

Die Entscheidung des Erstgerichts, das zunächst eine Anfrage beim Hauptverband durchführte und den Exekutionsantrag zur Vermeidung „einer doppelten Exekutionsführung auf ein und dasselbe Exekutionsobjekt“ zurückwies, nachdem die Anfrage einen bisher schon bekannten Drittschuldner ergab, dem ein Exekutionsbewilligungsbeschluss bereits zugestellt worden war, entspricht der bisherigen Rechtssprechung des Rekursgerichts. Die Rekursausführungen liefern allerdings Anlass, diese Judikatur kritisch zu hinterfragen.

Dass zugunsten einer bestimmten Forderung, für die bereits ein exekutives Pfandrecht erwirkt wurde, nicht ein weiteres Pfandrecht durch Zustellung einer neuerlichen Exekutionsbewilligung an denselben Drittschuldner begründet werden kann, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Die vom Erstgericht vertretene Rechtsansicht läuft darauf hinaus, dass ein Gläubiger, wenn ihm – wie hier – mitgeteilt wird, dass das Dienstverhältnis zu zwei von insgesamt drei bekannt gewordenen Drittschuldnern beendet wurde und unwahrscheinlich ist, dass der Lebensunterhalt des Verpflichteten durch die Bezüge des verbleibenden Drittschuldners gedeckt werden kann, Kenntnis von möglichen Drittschuldnern nur auf eigenes Kostenrisiko erlangen kann. Ein Antrag auf eine neuerliche Drittschuldneranfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger im ursprünglichen Exekutionsverfahren scheitert daran, dass die Exekution durch die Bekanntgabe eines möglichen Drittschuldners bereits kanalisiert wurde. Durch die EO-Novelle 1995 wurde dem Exekutionsgericht die Wahlmöglichkeit eingeräumt, ob zuerst über den Exekutionsantrag entschieden und erst nach Bewilligung die Drittschuldneranfrage gestellt oder umgekehrt zuerst die Drittschuldneranfrage gestellt und erst dann über den Exekutionsantrag entschieden wird. Für die Frage der Berechtigung des Exekutionsantrages (und damit auch eines Kostenersatzanspruchs dafür) darf es nach Ansicht des Rekursgerichtes keine Rolle spielen, welche der beiden Möglichkeiten das Exekutionsgericht wählt. Hätte im konkreten Fall das Erstgericht vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag keine Drittschuldneranfrage vorgenommen, wäre das aufrechte Beschäftigungsverhältnis des Verpflichteten bei der „M***** nicht aktenkundig gewesen und hätte daher auch nicht als Begründung für die Zurückweisung des Exekutionsantrags herangezogen werden können. Ebenso wie eine negative Auskunft des Hauptverbandes die Bewilligung einer Exekution nach § 294a EO nicht hindert, muss dies daher auch für den Fall gelten, dass die Drittschuldneranfrage - wie hier – einen bereits bekannten Drittschuldner ergibt (Oberhammer in Angst2, § 294a Rz 3). Das bisher für die Zurückweisung des Exekutionsantrags ins Treffen geführte Argument, dass nur so eine doppelte Exekutionsführung vermieden werden kann, lässt sich problemlos dadurch entkräften, dass die Exekutionsbewilligung dem Drittschuldner, dessen Bezüge bereits mit einem exekutiven Pfandrecht zu Gunsten des betreibenden Gläubigers zur Hereinbringung derselben Forderung belastet sind, (hier der Fa. „M*****“ Bäckerei GmbH) nicht zugestellt wird. Mit dem vorliegenden auf § 294a EO gestützten Exekutionsantrag brachte die betreibende Gläubigerin eindeutig zum Ausdruck, dass es ihr nur darum ging, mögliche unbekannte Drittschuldner in Erfahrung zu bringen und an den Bezügen des Verpflichteten bei ihr bislang nicht bekannten Drittschuldnern ein Pfand- und Befriedigungsrecht zu begründen. Die Erwirkung neuerlicher Rechte an den Bezügen bei der bereits bekannten Fa. „M***** war nie beabsichtigt. Da die Anfrage im hier zu beurteilenden Fall keine weiteren, bisher unbekannten Drittschuldner ergab, und die Exekutionsbewilligung vorläufig auch niemanden zugestellt wird, ist davon auszugehen, dass die Anfrage erfolglos blieb und die Exekution nach § 294a EO damit nicht kanalisiert wird. Damit wird dem betreibenden Gläubiger die Möglichkeit eröffnet, mit weiteren Vollzugsanträgen weitere Drittschuldneranfragen zu erwirken oder gegebenenfalls durch eine nachträgliche Bekanntgabe eines Drittschuldners selbst die Kanalisierung der Exekution zu bewirken.

Dem Rekurs ist daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluss im Sinne einer Bewilligung der beantragten Forderungsexekution nach § 294a EO abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens stützt sich auf § 74 EO.

Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 78 EO, 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Feldkirch

Abt. 1, am 16. November 2009.

Textnummer

EFE0000078

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2009:00100R00364.09A.1116.000

Im RIS seit

18.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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