TE OGH 2009/11/17 1Ob196/09v

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Veröffentlicht am 17.11.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz H*****, 2. Theresia H*****, 3. Johann S*****, 4. Rosina S*****, 5. F***** GmbH,

6. Anneliese L*****, 7. DI Friedrich L*****, und 8. Roman E*****, sämtliche vertreten durch Dr. Anton Moser, Dr. Gunther Huber und Mag. Maria Kincses, Rechtsanwälte in Traun, gegen die beklagten Parteien

1. Ignaz S*****, und 2. Maria S*****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 6 R 287/00v des Oberlandesgerichts Linz, infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 22. Juni 2009, GZ 6 R 33/09d-2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Kläger begehrten mit ihrer am 27. 2. 2009 zur Post gegebenen Wiederaufnahmsklage die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Berufungsgericht, das - in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung - eine Feststellungsklage der Kläger abgewiesen hatte. Sie hätten am 30. 1. 2009 im OÖ Landesarchiv zwei Urkunden gefunden, die im Falle einer Vorlage im Vorprozess zu einer für die Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätten, nämlich den Bericht des Fischerei-Revierausschusses T***** vom 28. 2. 1911 und die Anmeldung eines Fischereirechts durch einen Rechtsvorgänger der Beklagten vom 26. 4. 1909.

Das (zutreffend angerufene) Berufungsgericht wies die Wiederaufnahmsklage im Vorprüfungsverfahren zurück. Die Frage, ob die als Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinen Einfluss auf die Entscheidung in der Hauptsache haben könnten, sei nur abstrakt zu prüfen. Bei einer solchen Prüfung ergebe sich, dass das behauptete Auffinden der nunmehr vorgelegten Urkunden keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund bilden könne. Der Bericht vom 28. 2. 1911 beschreibe nach den eigenen Behauptungen der Kläger Lage und Umfang der Fischereirechte ihrer Rechtsvorgänger so, wie sie in den Gutbestandsblättern ihrer Liegenschaften ersichtlich gemacht seien. Diese Gutbestandsblätter seien im Hauptverfahren ohnehin vorgelegen. Die Anmeldung vom 26. 4. 1909 werde von den Klägern dafür ins Treffen geführt, dass sie erst dadurch Kenntnis über die von einem Rechtsvorgänger der Beklagten abgegebene Beschreibung der Ausdehnung seines Fischwassers (147,4 m) erlangt hätten. Es habe aber der Kenntniserlangung von dieser Anmeldung nicht bedurft, um auf eine Lage des in Anspruch genommenen Fischwassers außerhalb des Koppelrechts der Kläger schließen zu können. Ein solcher Schluss hätte für die Kläger schon aufgrund eines Schreibens der Gemeinde-Vorstehung K***** vom 20. 4. 1903 naheliegen müssen, welche Urkunde den Klägern spätestens am 26. 11. 2007 bekannt geworden sei. Nach diesem Schreiben habe das Fischereirecht des Rechtsvorgängers der Beklagten in einem bestimmten Bach „von der Einmündung der T***** bis zu seinem eigenen Hause" bestanden. Sei nun als Beginn des Fischwassers der von den Klägern in einem weiters vorgelegten Plan eingezeichnete Zusammenfluss anzunehmen und habe das Fischwasser des Rechtsvorgängers der Beklagten bei seinem eigenen Haus geendet, so hätte sich für die Kläger bereits aus diesem Schreiben ergeben müssen, dass sich die Beschreibung der Lage des Fischwassers auf einen außerhalb ihres Koppelrechts gelegenen Bereich bezieht, ohne dass es der Längenangabe (147,4 m) noch bedurft hätte. Abgesehen davon, eigne sich die „Anmeldung" auch zusammen mit dem vorgelegten Lageplan von vornherein nicht zum Nachweis der Behauptung, das Fischwasser sei zur Gänze außerhalb des Koppelrechtsbereichs gelegen. Die Behauptungen der Kläger zum Ausgangspunkt des fraglichen Fischereirechts („von der Einmündung der T*****") seien aufgrund der von ihnen angegebenen Parzellennummern nicht nachvollziehbar. Bei der von den Klägern als „T*****" bezeichneten Parzelle handle es sich um den W*****bach. Der Vollständigkeit halber sei auch darauf zu verweisen, dass es entgegen der Formulierung im Schreiben der Gemeinde-Vorstehung K***** beim W***** Mühlbach keine Einmündung der T***** gebe. Dass die Bezeichnung des im Lageplan mit einer bestimmten Grundstücksnummer gekennzeichneten Gewässers als „T*****" üblich gewesen wäre, sei nicht behauptet worden. Ebensowenig behaupteten die Kläger, dass die Urkunde über die Anmeldung auch unabhängig von den Darlegungen anhand des Lageplans zu einer für sie günstigen Entscheidung im Hauptverfahren hätte führen können.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs der Kläger ist nicht berechtigt. Zu Recht weisen die Rekurswerber darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, ob sich aus „neuen" Beweismitteln unmittelbare Hinweise auf eine rechtserhebliche Frage ergeben. Zu einer abweichenden Entscheidung können auch Beweismittel zur Dartuung oder Widerlegung von Hilfstatsachen ausreichen, die möglicherweise bei einer Verwendung im Vorprozess zu einer anderen Würdigung der Beweismittel geführt hätten (RIS-Justiz RS0044411; 3 Ob 518/88; 2 Ob 8/06z; 8 ObA 74/06z ua). Kann eine derartige Eignung im Vorprüfungsverfahren nicht vollständig ausgeschlossen werden, kommt eine Zurückweisung nicht in Betracht.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, das Auffinden des Berichts vom 28. 2. 1911 stelle keinen tauglichen Wiederaufnahmsgrund dar, begegnet aber keinen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Rekurswerber stellt diese Urkunde auch keinen „weiteren" Hinweis auf entscheidungserhebliche Tatsachen dar, zumal ausdrücklich zugestanden wird, dass in diesem Bericht Lage und Umfang der Fischereirechte ihrer Rechtsvorgänger genauso beschrieben werden, wie sie in den Gutbestandsblättern der klägerischen Liegenschaften ersichtlich gemacht sind. Nach dem Wortlaut der Urkunde stimmen die Angaben in diesem Bericht nicht nur inhaltlich mit den Gutbestandsblättern überein. Vielmehr wird dort - ausschließlich - das Fischereirecht der Rechtsvorgänger der Kläger „laut Grundbuchsauszug" beschrieben. Geht aber aus der Urkunde hervor, dass sie lediglich den - den Klägern im Vorprozess bereits bekannten - Inhalt einer anderen (hier öffentlichen) Urkunde wiedergibt, ist es ausgeschlossen, der „neuen" Urkunde einen eigenen bzw zusätzlichen Beweiswert zuzubilligen. Ähnliches gilt auch für die weitere „neue" Urkunde, nämlich die Anmeldung vom 26. 4. 1909. Unstrittig ist, dass den Klägern bereits seit März 2008 eine Urkunde bekannt war, aus der sich ergab, dass ein Rechtsvorgänger der Beklagten der Gemeinde-Vorstehung K***** im Jahr 1903 sein Fischwasser im (nunmehrigen) W***** Mühlbach in dem Sinn beschrieben hatte, dass es von der Einmündung der „T*****" bis zu seinem eigenen Haus verlaufe. Warum aus der nunmehr vorgelegten Anmeldung vom 26. 4. 1909 ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die Lage der seinerzeit vom genannten Rechtsvorgänger beanspruchten Fischwässer eingetreten sein sollte, ist in der Tat nicht erkennbar, enthält diese Anmeldung doch nur Angaben über eine bestimmte längenmäßige Erstreckung (147,4 m), jedoch keinen Hinweis auf einen Bezugspunkt dafür. Erheblich exakter war insoweit die Angabe in der Urkunde aus 1903, in der sowohl der Anfangspunkt (Einmündung) als auch der Endpunkt (eigenes Haus) des Fischwassers angegeben worden war. Dass die seinerzeitige Lage des genannten Hauses nicht mehr eruierbar oder unklar wäre, in welcher Richtung sich dieses von der erwähnten Einmündung gesehen befand, haben die Kläger nie behauptet. Weder für diese Frage noch für die Frage, welche Einmündung genau gemeint war, ist aus der „neuen" Urkunde irgendetwas Sachdienliches zu gewinnen. Wenn die Kläger nun behaupten, es handle sich um die Einmündung eines bestimmten Seitenarms der T*****, der früher auch als „T*****" bezeichnet worden sei, kann dies allein aus der früher aufgefundenen Urkunde abgeleitet werden, keinesfalls aber aus der Anmeldung aus 1909, die gerade zur genaueren Situierung der dort genannten Abschnitte der (linksseitigen) Nebengerinne der T***** nichts hergibt. Sollte überhaupt eine der beiden Urkunden dazu geeignet sein, die Auffassung der Kläger zu erhärten, die seinerzeit vom Rechtsvorgänger der Beklagten beanspruchte Gewässerstrecke habe sich außerhalb des Koppelfischereirechts der Rechtsvorgänger der Kläger befunden, träfe dies auf die schon früher bekannte, keinesfalls aber auf die nunmehr als Wiederaufnahmsgrund herangezogene Urkunde zu. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Kläger hätten allenfalls nach dem Auffinden der „früheren" Urkunde fristgerecht die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen müssen und könnten dies nun nicht dadurch nachholen, dass sie sich in erster Linie auf eine nicht aussagekräftige, neu aufgefundene Urkunde berufen, die überhaupt nur gemeinsam mit der anderen Bedeutung haben könne und in Wahrheit keinen zusätzlichen Beweiswert habe, ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E924341Ob196.09v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0010OB00196.09V.1117.000

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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