TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/20 96/08/0222

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Veröffentlicht am 20.12.2000
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Boller Langhammer Schubert Rechtsanwälte OEG in Wien I, Kärntnerstraße 10, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 25. Juli 1995, Zl. 12/7022/7100B, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. Februar 1995 wies die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien einen vom Beschwerdeführer am 22. November 1994 gestellten Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes mangels Arbeitslosigkeit ab. Zur Begründung wurde unter Hinweis u.a. auf die Vorschrift des § 12 Abs. 6 lit. c AlVG Folgendes ausgeführt:

"Wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, sind Sie selbständig erwerbstätig. Da Sie jährlich einen Umsatz von S 1,750.000,-- erzielen, gelten Sie als nicht arbeitslos."

In seiner Berufung gegen diese Entscheidung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, es sei nicht richtig, dass er durch eine selbständige Erwerbstätigkeit den in der Bescheidbegründung genannten Umsatz erziele.

In einer am 3. Mai 1995 mit ihm aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer an, er sei Minderheitsgesellschafter der G. GmbH, habe aber sein Einkommen nur aus seiner Tätigkeit als Arbeiter bei dieser Firma bezogen. Seine Angaben in der Niederschrift vom 13. Dezember 1994 "betreffend den Umsatz des Unternehmens" seien richtig.

In der - dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde liegenden - Niederschrift vom 13. Dezember 1994 hatte der Beschwerdeführer durch Vornahme entsprechender Streichungen und Korrekturen im Formblatt angegeben, er erziele im laufenden Wirtschaftsjahr keinen Umsatz aus selbständiger Erwerbstätigkeit, sei aber zu 25 % an der G. GmbH beteiligt. Die GmbH erziele keinen Gewinn, sondern einen Verlust von ca. S 300.000,-- und ihr Umsatz betrage "ca. 7,000.000,--".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Gesellschafter-Geschäftsführer der G. GmbH und als solcher selbständig erwerbstätig. "Dies" (gemeint: die Bestimmung des vom Beschwerdeführer aus der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielten Umsatzes) geschehe "gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG seit der AlVG-Novelle vom 1.1.1994 nach dem Umsatz der Gesellschaft anteilsmäßig". Der Beschwerdeführer habe den Umsatz der GmbH "mit S 7,000.000,-- für 1994 erklärt", woraus sich ein Monatsumsatz des Beschwerdeführers in einer seiner Beteiligung entsprechenden Höhe von S 145.833,-- ergebe. 11,1 % davon überstiegen die für 1994 bzw. 1995 geltende monatliche Geringfügigkeitsgrenze von S 3.288,--

bzw. S 3.452,--, weshalb der Beschwerdeführer nicht arbeitslos sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf § 12 AlVG in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, gestützt. Diese Fassung der Bestimmung ging im Wesentlichen auf die insoweit am 1. Jänner 1994 in Kraft getretene Novelle BGBl. Nr. 817/1993 zurück und zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit selbständig Erwerbstätiger unter dem Gesichtspunkt des § 12 Abs. 6 lit. c AlVG nur der Umsatz maßgeblich war. Sie lautete - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:

"Arbeitslosigkeit

§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

(2) ...

(3) Als arbeitslos ... gilt insbesondere nicht:

a)

wer in einem Dienstverhältnis steht;

b)

wer selbständig erwerbstätig ist;

...

(6) Als arbeitslos gilt jedoch,

a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung unberücksichtigt bleibt;

b) wer einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet, dessen nach den jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften festgestellter Einheitswert S 54.000,-- nicht übersteigt;

c) wer auf andere Art selbständig erwerbstätig ist und daraus im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielt, von dem 11,1 vH die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt;

...

(9) Der Umsatz gemäß § 12 Abs. 6 lit. c wird aufgrund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird, festgestellt. Als monatlicher Umsatz gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag.

(10) Der Leistungsbezieher ist verpflichtet, den Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen. Bis zur Erlassung und Vorlage des Bescheides ist die Frage der Arbeitslosigkeit bzw. der Einkommenshöhe, insbesondere aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung des Arbeitslosen über die Höhe seines Umsatzes bzw. seiner Einkünfte, einer allenfalls bereits erfolgten Einkommensteuererklärung bzw. eines Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheides aus einem früheren Jahr vorzunehmen. Des Weiteren hat der Arbeitslose schriftlich seine Zustimmung zur Einholung von Auskünften beim Finanzamt zu erteilen. Für die von den Finanzämtern erteilten Auskünfte gilt die abgabenrechtliche Geheimhaltepflicht des § 48a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961. Lehnt der Arbeitslose die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung bzw. der Zustimmungserklärung ab, ist ein geringfügiges Einkommen nicht anzunehmen.

..."

Die Ansicht der belangten Behörde, "gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG" in dieser Fassung des Gesetzes sei der Umsatz einer GmbH mit einem der Beteiligung an der Gesellschaft entsprechenden Anteil auch ein Umsatz ihres Gesellschafter-Geschäftsführers, findet im wiedergegebenen Inhalt der Regelung keine Deckung. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies schon in einer Reihe von Erkenntnissen zu der auch im vorliegenden Fall anzuwendenden Rechtslage vor dem Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, ausgesprochen (vgl. - in einem Teil der Fälle auch auf Personengesellschaften bezogen - zu Arbeitslosengeld und Notstandshilfe die hg. Erkenntnisse vom 11. Februar 1997, Zl. 96/08/0272, vom 21. April 1998, Zl. 95/08/0226, vom 13. April 1999, Zlen. 98/08/0283, 0354, und vom 26. April 2000, Zl. 96/08/0278; zur gleichartigen Regelung beim Karenzurlaubsgeld die Erkenntnisse vom 8. April 1997, Zl. 96/08/0237, vom 16. Februar 1999, Zl. 97/08/0427, und vom 29. März 2000, Zl. 97/08/0481).

Die belangte Behörde hat die (im Übrigen auch für 1995 aus einer auf 1994 bezogenen Erklärung des Beschwerdeführers abgeleiteten) Umsätze der Gesellschaft ohne gesetzliche Grundlage hiefür dem Beschwerdeführer zugerechnet und dessen Arbeitslosigkeit aus diesem - nicht zutreffenden - Grund verneint.

2. Der Beschwerdeführer war aber aus einem anderen, von der belangten Behörde nicht herangezogenen Grund nicht arbeitslos:

Der Beschwerdeführer hat bei der Antragstellung eine (allem Anschein nach von ihm selbst unterfertigte) Arbeitsbescheinung der G. GmbH vorgelegt, wonach er bei dieser Gesellschaft vom 1. April 1992 bis zum 15. November 1994 als Fensterputzer tätig gewesen sei. Auf dieses für den strittigen Anspruch somit anwartschaftsbegründende Beschäftigungsverhältnis bezog sich auch die Aussage des Beschwerdeführers am 3. Mai 1995, er habe sein Einkommen nicht aus der Minderheitsbeteiligung an der Gesellschaft, sondern nur aus seiner "Tätigkeit als Arbeiter bei obiger Firma" bezogen. Nach dem Inhalt der Arbeitsbescheinigung endete das Beschäftigungsverhältnis am 15. November 1994 infolge Kündigung durch den Dienstgeber. In der Berufung führte der Beschwerdeführer dazu aus, er sei von seinem "Arbeitgeber, der G. GmbH, mangels Auftragsleistung gekündigt" worden.

Die Entscheidung der belangten Behörde stützte sich - wenngleich in Verbindung mit dem Geschäftsanteil und nicht in Verbindung mit dem anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers - unter Hinweis auf den beigeschafften, aktenkundigen Firmenbuchauszug ausdrücklich auch darauf, dass der Beschwerdeführer seit 1991 eingetragener Geschäftsführer der G. GmbH sei. Dieser Feststellung tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen.

Damit gleicht der Fall - auch unter der Annahme, der Beschwerdeführer habe die Geschäftsführertätigkeit unentgeltlich ausgeübt - hinsichtlich der Verbindung dieser Tätigkeit mit dem anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnis als Fensterputzer dem mit dem hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 96/08/0171, entschiedenen Fall, in dem es um einen zugleich als Stukkateur im selben Unternehmen tätigen Geschäftsführer ging. Aus den in dem genannten Erkenntnis, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegten Gründen war auch im vorliegenden Fall das Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers nicht beendet, solange er - was die belangte Behörde ihrer Entscheidung u. a. zugrunde gelegt hat - noch Geschäftsführer der Gesellschaft war. Der Beschwerdeführer war daher gemäß § 12 Abs. 1 AlVG nicht arbeitslos.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996080222.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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