TE AsylGH Erkenntnis 2011/10/25 D14 421349-1/2011

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2011
beobachten
merken
Spruch

D14 421349-1/2011/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Windhager als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Riepl als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.08.2011, Zl. 11 04.190-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 01.05.2011 am selben Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Die Einreise der Beschwerdeführerin in das Bundesgebiet erfolgte gemeinsam mit ihrem erwachsenen Sohn XXXX (Beschwerdeführer zu D14 421350-1-2011).

 

I.2. Hinsichtlich der Angaben der Beschwerdeführerin bei den niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt wird ausdrücklich auf die Wiedergabe im angefochtenen Bescheid verwiesen und diese verkürzt wiedergegeben.

 

Die Beschwerdeführerin führte bei ihrer Erstbefragung am 02.05.2011 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen als ihren Fluchtgrund an, dass ihr Sohn und sie am Basar gearbeitet hätten und ihr Sohn, als sie einmal weggefahren wäre, von den Behörden mitgenommen und geschlagen worden wäre. Erst drei Tage später sei er wieder entlassen worden. Die Behörden hätten ihren Sohn verdächtigt, dass er Lebensmittel an die Widerstandskämpfer verkauft habe. Als ihr Sohn entlassen worden sei, hätte sie ihn ins Krankenhaus gebracht. Sie wäre von ihr unbekannten, schwarz uniformierten Männern aufgesucht worden. Diese hätten ihr gedroht, sie mitzunehmen und bis zum Auffinden ihres Sohnes festzuhalten. Daraufhin habe sie sofort ihren Sohn vom Krankenhaus abgeholt und zu ihrer Schwester gebracht (AS 29-39).

 

In der am 30.05.2011 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, durchgeführten Einvernahme schilderte die Beschwerdeführerin zusammengefasst, sie leide an Diabetes und nehme auch Medikamente. Ihr Ehemann und ihre drei Töchter würden nach wie vor im Herkunftsstaat leben. Sie habe zusammen mit ihrem Sohn am Basar Lebensmittel verkauft. Ihr Sohn sei geschlagen worden, da er einer bestimmten Person Lebensmittel verkauft habe. Sie hätten ihn aus dem Krankenhaus, in dem er zwei Wochen aufhältig gewesen wäre, wieder mitnehmen wollen, er sei aber wegen Blutabnahmen in einem anderen Krankenhaus gewesen. Dort habe die Beschwerdeführerin ihren Sohn abgeholt und zu ihrer Schwester gebracht. Sie habe einen Reisepass für ihren Sohn anfertigen lassen und sei zusammen mit ihm ausgereist. Sie habe nicht gewusst, wer diese Personen gewesen seien, deshalb habe sie keine Anzeige erstattet (AS 119-127).

 

Nach Zulassung ihres Verfahrens wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, am 27.06.2011 erneut einvernommen. Sie gab im Wesentlichen an, dass sie derzeit an Diabetes und hohem Blutdruck leide. Sie nehme aus diesem Grunde Medikamente ein, sie befinde sich jedoch in keiner Therapie. Sie habe bereits in der Russischen Föderation ein Medikament namens "Diabeton" eingenommen, da vor zwei Jahren bei der Beschwerdeführerin Diabetes diagnostiziert worden sei. In XXXX habe sie einen Psychologen konsultiert, nunmehr sei sie nach ihrem Umzug nach XXXX nicht mehr in psychologischer Behandlung. Sie habe die Behandlung benötigt, da sie einen hohen Blutdruck gehabt habe und gestresst gewesen sei, insbesondere, wenn sie Uniformen gesehen habe.

 

Sie sei in XXXX gemeldet gewesen, wo sie gelebt habe, da sich dort ihr Geschäft befunden habe. Sie habe jedoch einen zweiten Wohnsitz in XXXX besessen, wo auch ihr Mann und ihr Sohn im eigenen Haus gelebt hätten. Sie selbst habe keine Probleme mit Behörden gehabt und sei nie inhaftiert gewesen. In Herkunftsstaat habe sie unter Problemen aufgrund der Volksgruppe gelitten, da ihre Eltern aus Tschetschenien abgeschoben worden seien und sie habe daher keine Kindheit gehabt. Während ihr Sohn im Krankenhaus gewesen sei, seien Leute gekommen und hätten nach ihrem Sohn gesucht. Da sie nicht zu Hause gewesen wäre, hätte ihr der Nachbar ausgerichtet, dass entweder sie oder ihr Sohn entführt werde.

 

Ihr Sohn sei nach drei Tagen selbst nach Hause gekommen, nachdem er angehalten und geschlagen worden wäre, der Sohn des Nachbarn habe ihm ins Krankenhaus gebracht. Als sie erfahren habe, dass er während seines stationären Aufenthaltes in ein anderes Krankenhaus gefahren sei, hätte sie ihn abgeholt, mitgenommen und bei ihrer Schwester ca. zwei bis drei Wochen bis zum 25.04.2011 versteckt. Zu ihrem Sohn XXXX, der bereits österreichischer Staatsangehöriger wäre, bestehe keine Abhängigkeit. Dieser habe eine eigene Familie.

 

Ihr Mann sei nicht mit ihnen ausgereist, da sie nicht über so viel Geld verfügt hätten. Zudem hätte ihn niemand bedroht, weil er alt und krank sei. Sie habe für ihren Sohn und sich einen Reisepass ausstellen lassen, den Reisepass ihres Sohnes habe dieser selbst abgeholt. Sie beherrsche Deutsch derzeit noch nicht, wolle die Sprache jedoch lernen. Ihr Gatte und zwei ihrer Töchter würden in XXXX lebe, die dritte Tochter lebe in XXXX (AS 167-183).

 

Mit Nachreichung vom 29.06.2011 wurden dem Bundesasylamt ärztliche Schreiben für die Beschwerdeführerin und ihren Sohn übermittelt sowie die Medikamente bekanntgegeben, die die Beschwerdeführerin und ihr Sohn derzeit einnehmen.

 

Am 27.07.2011 wurde das neurologisch-psychiatrische Gutachten, erstellt von XXXX, vom 21.07.2011 dem Bundesasylamt übermittelt. Laut Sachverständigengutachten konnte keine psychiatrische Erkrankung der Beschwerdeführerin festgestellt werden und seien auch die geschilderten Befindlichkeitsstörungen nicht als krankheitswertig einzustufen. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht seien derzeit im Falle einer Überstellung in die Russische Föderation keine spezifischen medizinischen Maßnahmen notwendig.

 

I.3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.08.2011, Zl. 11 04.190-BAL, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, zugleich wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt und die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. Die belangte Behörde beurteilte - aus näher dargstellten Gründen - das Vorbringen der Beschwerdeführerin als nicht glaubhaft. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die nachstehenden Erwägungen des erkennenden Senats verwiesen, die umfassend die beweiswürdigenden Überlegungen im angefochtenen Bescheid darlegen.

 

I.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in der dieser Bescheid in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes infolge wesentlicher Verfahrensmängel und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wurde.

 

Die Behörde hätte der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn bei richtiger Sachverhaltsfeststellung und richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes Asyl gewähren und feststellen müssen, dass deren Abweisung, Abschiebung oder Zurückschiebung nicht zulässig sei. Entgegen der Feststellung der belangten Behörde drohe ihnen in der Heimat asylrelevante Verfolgung. Die Beschwerdeführerin verwies darauf, dass die Familie XXXX in Tschetschenien für ihre Haltung zum tschetschenischen Regime bekannt wäre und man deren Mitglieder dort als "Banditen" bezeichne. Sie halte der Ausführung im Bescheid des Bundesasylamtes, wonach ihr Vorbringen unglaubwürdig wäre, da es sich auf das unglaubwürdige Vorbringen ihres Sohnes XXXX stütze, die Ausführungen ihres Sohnes in dessen Beschwerde entgegen. Hätte man ihr den vermeintlichen Widerspruch vorgehalten, hätte sie klarstellen können, dass nicht sie, sondern der Sohn der Nachbarsfamilie ihren Sohn ins Krankenhaus gebracht habe. Das Bundesasylamt hätte zudem miteinzubeziehen gehabt, dass ihr Vorbringen mit den Erfahrungen in Tschetschenien übereinstimme, was aus den Länderfeststellungen des Bundesasylamtes hervorgehe. Die Berücksichtigung der Länderfeststellungen hätte zumindest zu einer Zuerkennung von subsidiärem Schutz führen müssen

 

I.5. Zu diesem Beschwerdeverfahren wurde wie folgt erwogen:

 

Das individuelle Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihres mit ihr im Bundesgebiet aufhältigen erwachsenen Sohnes XXXX (Beschwerdeführer zu D14 421350-1/2011) hängen eng miteinander zusammen bzw. sind untrennbar miteinander verknüpft, weshalb im Folgenden die beweiswürdigenden Überlegungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes unter einem abgehandelt werden.

 

Zur besseren Veranschaulichung wird der Sohn der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beweiswürdigung als BF1, die Beschwerdeführerin als BF2 und beide gemeinsam als "die Beschwerdeführer" bezeichnet.

 

Auch der Asylgerichtshof kommt in Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt zum klaren Ergebnis, dass für die Beschwerdeführer keine asylrelevante Gefährdung besteht und die im angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes getroffenen Feststellungen - so auch die Länderberichte zur Russischen Föderation bzw. zu Tschetschenien (vgl. S. 19-47 des angefochtenen Bescheides von BF1 bzw. S 19-48 des angefochtenen Bescheides von BF2) - schlüssig und nachvollziehbar sind und zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben werden.

 

Da sich auch in den Beschwerden der Beschwerdeführer keine substantiierten Ausführungen befinden, sieht der erkennende Senat des Asylgerichtshofs keinerlei Grund, von der zutreffenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes, wonach dem Vorbringen der Beschwerdeführer kein Glauben geschenkt wird, abzuweichen.

 

Es wird deshalb auf die umfassende und überaus ausführliche Beweiswürdigung des Bundesasylamtes im Bescheid erster Instanz verwiesen, welche vollinhaltlich - soweit im Folgenden nicht anders ausgeführt - zum Inhalt dieses Erkenntnisses erhoben wird und die dementsprechend auch in die Erwägungen des erkennenden Senates einfließen.

 

Die BF2 stützt ihr gesamtes Fluchtvorbringen im Wesentlichen auf die behauptete Verfolgung des BF1. Wie bereits die belangte Behörde völlig zu Recht ausführte, waren die Angaben des BF1, er stehe zu Unrecht in Verdacht, ein Widerstandskämpfer zu sein bzw. Widerstandskämpfer unterstützt zu haben, weshalb er von unbekannten Personen angehalten und misshandelt worden wäre, aufgrund von widersprüchlichen Angaben absolut unglaubwürdig. Ebenso sind die Behauptungen der BF2, ihr wäre gedroht worden, falls man den BF1 nicht finde, aufgrund des bereits unglaubwürdigen Fluchtvorbringens des BF1 sowie der widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführer in keiner Weise glaubwürdig.

 

Wie bereits das Bundesasylamt völlig zu Recht festgestellt hatte, konnte den behaupteten Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werden, da die Angaben der Beschwerdeführer widersprüchlich und überdies unnachvollziehbar waren:

 

Das Fluchtvorbringen erscheint bereits als Ganzes betrachtet im höchsten Maße unplausibel. Zusammengefasst schildert der BF1, dass er angeblich drei Tage lang festgehalten worden wäre, weil man ihm Verbindungen zu Widerstandskämpfern unterstellt habe. Nach drei Tagen sei er jedoch wieder freigelassen worden, nur weil man angeblich eine andere Person festgenommen habe und man nunmehr diese befragen hätte wollen. Sogleich nach dessen Freilassung habe man aber erneut mit der Suche nach dem BF1 im Krankenhaus und in dessen Haus begonnen. Schließlich wäre dem Beschwerdeführer, obwohl er behauptet, ihm sei bekannt gewesen, dass Behörden nach ihm suchen würden und er aus diesem Grunde auch aus dem Krankenhaus geflüchtet sei, beim Passamt ohne Probleme ein Reisepass ausgestellt worden, mit dem er legal das Heimatland hätte verlassen können.

 

Zudem sind in den Schilderungen der Beschwerdeführer zahlreiche Widersprüche zutage getreten. In der Erstbefragung vom 02.05.2011 schilderten der BF1 den Hergang seiner Anhaltung dahingehen, dass er am 19.03.2011 vom Basar mitgenommen und am 21.03.2011 wieder entlassen worden wäre. Nach der Freilassung wäre er ins Krankenhaus gekommen, das er mit seiner Mutter (der BF2) verlassen habe, um zu seiner Tante zu fliehen, von wo aus er nach Österreich gereist wäre. (AS 23 im Verwaltungsakt des BF1). In dessen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 30.05.2011 gab er an, dass er nach seiner Anhaltung am 19.03.2011 nach drei Tagen wieder freigelassen worden sei und nach seinem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt geflüchtet wäre. Ausdrücklich gab er auch in dieser Einvernahme an, dass ihn seine Mutter nach seiner Flucht aus dem Krankenhaus zu deren Schwester gebracht habe, wo er bis zur Ausreise aufhältig gewesen wäre (AS 119 im Verwaltungsakt des BF1). In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 27.06.2011 gab der BF1 dazu an, dass er nach Überstellung in ein anderes Krankenhaus von dort "alleine" im Taxi "abgehauen" wäre, um zur Schwester seiner Mutter zu gelangen. Dies widerspricht jedoch eindeutig seinen bisherigen Behauptungen in dessen Einvernahmen am 02.05.2011 und am 30.05.2011, wo er vorgebracht hatte, er wäre von seiner Mutter zu deren Schwester gebracht worden. Die Frage, ob seine Mutter gewusst habe, dass er "abhaue", bejahte er, er könne aber nicht sagen, woher sie dies gewusst habe. Er sei jedoch jedenfalls alleine "abgehauen"

 

(AS 173 im Verwaltungsakt des BF1). Die BF2 hat jedoch immer angegeben, dass sie den BF1 vom Krankenhaus abgeholt und zu dessen Tante gebracht habe (AS 177 und 179 im Verwaltungsakt der BF2). Auf Vorhalt dieses Widerspruches gab der BF1 an, dass er im Krankenhaus alleine gewesen wäre und auch alleine zur Schwester der Mutter gefahren wäre. Seine Mutter hätte er dann erst bei seiner Tante getroffen und er mutmaßte, dass seine Mutter möglicherweise etwas "falsch verstanden" hätte. Seine anderslautenden Angaben in dessen Einvernahme am 02.05.2011 und am 30.05.2011 vermochte der BF1 nicht aufzuklären.

 

Auch der Versuch, diesen gravierenden Widerspruch in der Beschwerde dadurch zu beseitigen, indem der BF1 ein sprachliches Missverständnis behauptet, vermochte in keiner Weise zu überzeugen. In der Beschwerde versuchte der BF1 versuchte die gegensätzlichen Angaben mit einer neuen Variante der Ereignisse aufzuklären, wonach die BF2 ihn lediglich im Krankenhaus "angerufen" habe, um ihm zu erklären, dass er zur Tante kommen solle, sie selbst wäre jedoch nicht im Krankenhaus gewesen.

 

Auch die Vorlage einer Bestätigung des XXXX über die stationäre Behandlung des BF1 vom 22.03.2011 bis zum 04.04.2011 konnte eine Verfolgung oder Misshandlung des BF1 in keiner Weise beweisen, da in dieser Bestätigung kein Grund für den Krankenhausaufenthalt angeführt ist.

 

Während die BF2 in deren Einvernahme am 27.06.2011 vor dem Bundesasylamt schilderte, dass Leute im Krankenhaus nach dem BF1 gesucht hätten, als dieser in einem anderen Krankenhaus gewesen wäre und er deshalb von der BF2 zu seiner Tante gebracht worden wäre (AS 179 im Verwaltungsakt der BF2), gab der BF1 an, dass er aus dem Krankenhaus einfach weggelaufen wäre, als sich die Gelegenheit dazu ergeben hätte. Ein konkreter Grund für seine Flucht wurde jedoch - entgegen der Schilderung der BF2 - vom BF1 nicht behauptet (AS 173 im Verwaltungsakt des BF1). Völlig unnachvollziehbar schilderte der BF1 weiter, dass seine Mutter gewusst habe, dass er abhauen wolle, er wisse jedoch nicht, woher sie diese Kenntnis gehabt habe, was wiederum verwundert, als er - laut Beschwerdeausführungen - von dieser im Krankenhaus angerufen und aufgefordert worden sein soll, zu ihrer Schwester zu flüchten.

 

Die BF2 hat in deren Einvernahme am 27.06.2011 vor dem Bundesasylamt angegeben, dass sie nicht zu Hause gewesen wäre, als die Leute nach ihr gefragt hätten, sondern dass sie von Nachbarn davon erfahren habe (AS 177 im Verwaltungsakt der BF2). Im Gegensatz dazu hat der BF1 in dessen Einvernahme am selben Tag behauptet, dass die BF2 damals sehr wohl daheim gewesen wäre, als die Männer gekommen wären (AS 173-175 im Verwaltungsakt des BF1). Auffallend erscheint nunmehr, dass der BF1 diesen Widerspruch zunächst dahingehend zu erklären versucht, seine Aussage wäre korrekt und seine Mutter würde wahrscheinlich erneut eine andere Angabe tätigen, falls man ihr diese Frage erneut stelle (AS 177 im Verwaltungsakt des BF1). Wie bereits das Bundesasylamt völlig zu Recht im angefochtenen Bescheid festgehalten, wurde jedoch im Gutachten vom 21.07.2011 durch XXXX eindeutig festgestellt, dass die BF2 zeitlich und örtlich derart orientiert ist, dass sie in der Lage ist, schlüssige und widerspruchsfreie Angaben zu tätigen. Nachdem somit der erste Versuch des BF1, den entstandenen Widerspruch aufzuklären, durch das Gutachten eindeutig entkräftet worden war, behauptete dieser nunmehr in der Beschwerde im klaren Gegensatz zu seiner bisherigen Schilderung, sein diesbezügliches Vorbringen wäre aufgrund einer sprachlichen Ungenauigkeit bei der Übersetzung nicht richtig wiedergegeben worden, denn seine Mutter wäre doch nicht zu Hause gewesen wäre, als die Männer gekommen wären (AS 409 im Verwaltungsakt des BF1). Aufgrund der mehrmaligen Änderungen des diesbezüglichen Vorbringens kann diesem jedoch kein Glaube zuerkannt werde.

 

Der BF1 gab dezidiert mehrmals an, er sei am 19.03.2011 mitgenommen worden und habe sich nach dreitägiger Anhaltung ab 22.03.2011 rund zwei bis drei Wochen im Krankenhaus in XXXX aufgehalten. Auch die in Vorlage gebrachte Bestätigung beschreibt einen stationären Aufenthalt des BF1s vom 22.03.2011 bis zum 04.04.2011. Obwohl aus dem Stempel im Reisepass des BF1 ersichtlich ist, dass dem BF1 dieser am 29.03.2011 ausgestellt wurde, somit zu einem Zeitpunkt, als sich dieser noch im Krankenhaus befunden habe, behauptete der BF1 zunächst völlig unglaubwürdig, dass er sich nicht daran erinnern könne. Schließlich behauptete er, dass ihm der der Reisepass nach seinem Krankenhausaufenthalt ausgestellt worden wäre und er diesen persönlich abgeholt habe, was jedoch mit dem Datum laut Stempel im Reisepass unvereinbar ist (AS 167 im Verwaltungsakt des BF1). In der Beschwerde änderte der BF1 sein Vorbringen jedoch dahingehend, dass die Angaben seiner Mutter in deren Einvernahme am 27.06.2011 korrekt wären. Diese hatte geschildert, dass sie den BF1 während seines Spitalsaufenthaltes vom Krankenhaus mit einem Taxi abgeholt habe und mit ihm beim Passamt den Reisepass abgeholt habe (AS 173-175 im Verwaltungsakt der BF2). Neben der völlig unglaubwürdigen Änderung seines Vorbringens vermochte auch die neuerliche Schutzbehauptung, dass ein Übersetzungsfehler zum Widerspruch geführt habe, weil er eigentlich ohnehin angegeben hätte, die Abholung des Reisepasses habe sich "während" und nicht "nach" seinem Krankenhausaufenthalt ereignet, in keiner Weise zu überzeugen (AS 409 im Verwaltungsakt des BF1).

 

Wie bereits das Bundesasylamt völlig zu Recht festgestellt hatte, erscheint es auch in keiner Weise plausibel, dass dem BF1 trotz seiner angeblichen Probleme mit der Polizei bzw. dem Militär, die nach ihm gesucht hätten, dennoch problemlos ein Reisepass ausgestellt worden wäre. Trotz des Verweises auf eine angeblich geleistete Geldzahlung, die die Ausstellung des Reisepasses beschleunigt hätte, erscheint es nicht nachvollziehbar, dass jemand wie der BF1, der angeblich aus Angst vor Verschleppung oder Verfolgung aus dem Krankenhaus geflohen sein will, ohne irgendwelche Bedenken hinsichtlich seiner Sicherheit einen Reisepass unter Angabe seiner korrekten Personaldaten beantragt und diesen selbst bei den zuständigen russischen Behörden abholt. Selbst unter der behaupteten Zuhilfenahme der Mutter würde eine derartige Vorgehensweise zu einer unnötigen und völlig unnachvollziehbaren Risikosteigerung führen, zumal der BF1 durch seine behördlichen Eingaben erst die Aufmerksamkeit der "Verfolger" auf sich gelenkt hätte. Laut Ausführungen des BF1 erfolgte die Ausreise zudem legal unter Verwendung seines Reisepasses, was des Weiteren darauf hinweist, dass er offenbar keine Bedenken hatte, sich der Passkontrolle auszusetzen. Dieses Faktum ist somit ein weiteres Indiz dafür, dass der BF1 seitens der Behörden seines Herkunftsstaates keine Verfolgungshandlungen befürchtete oder zu befürchten hatte.

 

Zusammengefasst ist für den erkennenden Senat evident, dass die Beschwerdeführer im gegenständlichen Asylverfahren keinesfalls einen glaubhaften Sachverhalt vorgetragen haben. Vielmehr haben sie aufgrund der festgestellten Widersprüche und Ungereimtheiten in deren Vorbringen den Eindruck hinterlassen, ein asylrelevantes Vorbringen zu konstruieren, um ihren Aufenthalt in Österreich zu sichern. In ihren Beschwerdeschriften wiederholten die Beschwerdeführer im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen, ohne in substantiierter Weise den Feststellungen und der Beweiswürdigung in den abweisenden Bescheiden zu widersprechen. Die mehrmaligen Versuche in der Beschwerdeschrift, die (teilweise) eklatanten Widersprüche in den Angaben der Beschwerdeführer dadurch zu erklären, dass diese aufgrund von "Missverständnissen" oder "Übersetzungsfehlern" entstanden wären, können nur als unbrauchbare Schutzbehauptungen gewertet werden. Diesbezüglich ist den Beschwerdeführern vorzuwerfen, dass sie mit ihrer Unterschrift ihre in den jeweiligen Einvernahmen getätigten Angaben ausdrücklich bestätigt hatten und eine Änderung derselben in der Beschwerde - offensichtlich lediglich deshalb - um entstandene Widersprüche zu beseitigen, den Eindruck, dass es sich um ein konstruiertes Vorbringen handelt, nur noch verstärkt.

 

Die Länderfeststellungen zur Russischen Föderation bzw. zu Tschetschenien finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. Anhaltspunkt für eine solche individuelle Verfolgungsgefahr ist laut den vorliegenden Länderinformationen insbesondere ein konkret dargelegter Zusammenhang mit dem Tschetschenienkonflikt, der sich in den letzten Jahren auch auf die Nachbarrepubliken Inguschetien und Dagestan ausgeweitet hat. Im Blickfeld der Behörden stehen insbesondere Rebellen und deren Angehörige bzw. Gegner des bestehenden politischen Systems, wobei hiebei wiederum auf eine gewisse Ausprägung der Involvierung abzustellen ist. Auf der anderen Seite gelten Vertreter der Polizei, der Gerichte oder anderer staatlicher Behörden zusammen mit ihren Angehörigen als gefährdete Personengruppen. Die Beschwerdeführer und ihre Familienangehörigen konnten jedoch nicht glaubhaft darlegen, dass sie einer der gefährdeten Personengruppen im Herkunftsstaat angehören. Da die vom Bundesasylamt herangezogenen aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu zweifeln. Die Beschwerdeführer sind den Feststellungen zum Herkunftsstaat auch nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

 

Letztendlich haben die Beschwerdeführer mit ihrem Beschwerdevorbringen den einschlägigen Argumenten der belangten Behörde nichts in schlüssiger Weise entgegensetzen können. In Übereinstimmung mit der belangten Behörde kommt der Asylgerichtshof daher zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführer aus asylfremden Motiven in das Bundesgebiet eingereist sind, offenkundig einzig aus dem Grund, um sich dauerhaft in Österreich niederzulassen.

 

Es herrscht in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien auch keinesfalls eine Situation, in der jeder Rückkehrer einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Hiezu ist auszuführen, dass die Beschwerdeführer während des Verfahrens auch nicht behauptet hatten, nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügt zu haben, um ihre Lebensgrundlage zu sichern. Vielmehr schilderten die Beschwerdeführer, dass die finanzielle Situation im Herkunftsstaat dergestalt war, dass beide Beschwerdeführer Lebensmittel verkauft hätten und sie insgesamt somit immer ausreichend Geld verdienten. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang noch darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführer sogar über ein eigenes Haus im Herkunftsstaat verfügen und die BF2 laut ihren eigenen Angaben noch zusätzlich eine Wohnung in der Nähe des Geschäftes besessen hat. Überdies verfügen die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat über Verwandte, die die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr gegebenenfalls unterstützen könnten. Die wirtschaftliche Lage stellt sich für die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr sohin zweifelsfrei als ausreichend gesichert dar.

 

Der BF1 leidet laut vorläufigem Arztbrief vom 21.06.2011 an "Kryptogene incipiente Cirrhosis hepatitis Child A, Z.n. Hepatitis A, Zeichen einer Steatosis hepatis mit Ascites und Ösophagusvaricen, Hypertonie Gastropathie, erosive Antrumgastritis (Helicobacter pylori positiv)". Laut Begleitbrief ihres Hausarztes in XXXX vom 28.06.2011 leidet die BF2 an "Diabetes mellitus, Mikroalbuminurie und Adipositas." Wie bereits das Bundesasylamt unter Verweis auf die Länderfeststellungen und auf Feststellungen der Staatendokumentation festgehalten hatte, ist die für die Beschwerdeführer erforderliche Behandlung auch in der Russischen Föderation gewährleistet und sind die Medikamente bzw. Generika dieser Medikamente, die die Beschwerdeführer derzeit einnehmen, auch im Herkunftsstaat erhältlich.

 

Den behaupteten psychischen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, dass aus den beiden neurologisch-psychiatrischen Gutachten, erstellt von XXXX, vom 21.07.2011, hervorgeht, dass bei beiden Beschwerdeführern keine psychiatrische Erkrankung festgestellt werden konnte. Laut den zwei vorzitierten Gutachten ist aus neurologisch-psychiatrischer Sicht keine spezifischen medizinischen Maßnahmen im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation erforderlich.

 

In der Beschwerde wurde den angefochtenen Bescheiden des BF1 und der BF2 - in denen ausdrücklich keine derartig schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme der Beschwerdeführer festgestellt worden sind, die einer Abschiebung entgegen stehen könnten - letztlich auch nicht in substantiierter Weise entgegengetreten, auch nicht den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen, wonach die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten für die Krankheitsbilder der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation gegeben sind und auch die notwendigen Medikamente erhältlich sind. Diesbezüglich ist noch ergänzend anzumerken, dass die Behandlung der Erkrankungen der Beschwerdeführer zweifellos für diese auch leistbar sind, da die Beschwerdeführer als Lebensmittelverkäufer bis zu ihrer Ausreise den Lebensunterhalt bestritten haben und zudem erforderlichenfalls von ihren im Herkunftsstaat lebenden Verwandten auch unterstützt werden könnten.

 

In der Beschwerde des BF1 wurde hinsichtlich der Feststellungen betreffend den Gesundheitszustand der Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid einzig moniert, dass dem BF1 das psychiatrische bzw. medizinische Gutachten und die Aufforderung zur Stellungnahme zu diesem Gutachten nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die Hinterlegungsanzeige, die fälschlicherweise seiner Nachbarin übermittelt worden wäre, sei ihm erst eine Woche vor Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides zugekommen. Diese Aussage berichtigte er in einem späteren Schreiben dahingehend, dass er über die Hinterlegungsanzeige erst einen Tag nach Zustellung des angefochtenen Bescheides informiert worden wäre. Aus diesem Grunde wäre ihm eine Stellungnahme zu den Gutachten betreffend den psychischen Zustand der Beschwerdeführer bisher nicht möglich gewesen. Zu diesen Ausführungen ist anzumerken, dass unbeschadet der Tatsache, dass die Beschwerdeführer die Gutachten nicht erhalten haben, der Inhalt derselben zusammengefasst in den angefochtenen Bescheiden wiedergegeben wurde und ihnen jederzeit die Möglichkeit einer Akteneinsicht freigestanden wäre. Die Beschwerdeführer waren überdies nie daran gehindert, weitere Unterlagen betreffend ihre behaupteten psychischen Beeinträchtigungen - beispielsweise zusammen mit der Beschwerde - zu übermitteln, was jedoch bis dato nicht erfolgt ist. Den Feststellungen im Sachverständigengutachten war somit zu folgen.

 

Letztlich ist somit weder hinsichtlich BF1 noch BF2 dargelegt worden, dass es bei einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat zu einer lebensbedrohlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes kommen würde.

 

Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer ist sohin weder eine schwerwiegende bzw. lebensbedrohliche Erkrankung noch irgendein akuter Behandlungsbedarf ableitbar.

 

Abgesehen davon ist jedoch auf die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen zur medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer zu verweisen. Aus diesen ergibt sich zweifelsfrei, dass die medizinische Versorgung in Russland grundsätzlich ausreichend ist sowie psychiatrische Behandlung zur Verfügung steht, die vom Staat finanziert wird.

 

Insgesamt ergibt sich daher aus den Angaben von BF1 und BF2, aus dem Akteninhalt sowie aus den vorgelegten Länderberichten, dass diese Angaben ausreichend konkret waren, um den Gesundheitszustand der Beschwerdeführer abschließend, jedenfalls in der dargestellten relevanten Form einzuschätzen. Eine fehlende Behandlungsmöglichkeit in der Russischen Föderation wurde von den Beschwerdeführern auch nicht vorgebracht.

 

Unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführer steht eine Abschiebung Art. 3 EMRK demgemäß nicht entgegen.

 

Eine aktuelle Bedrohungssituation für die Beschwerdeführer in der Russischen Föderation, die einer Rückkehr entgegenstehen würde, wurde demnach von der belangten Behörde zutreffend verneint.

 

II. Rechtlich folgt daraus:

 

II.1. Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 01.01.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

II.2. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine sog. inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.

 

Da das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich deren Verfolgung unglaubwürdig ist und überdies gravierende Widersprüche zu den Angaben ihres Sohnes bestehen, konnte es auch der rechtlichen Beurteilung nicht zu Grunde gelegt werden. Andere Gründe, die gegen eine Rückkehr in die Russische Föderation sprechen, sind nicht ersichtlich und können auch von Amts wegen nicht festgestellt werden.

 

In Summe erweist sich die von der Beschwerdeführerin behauptete Verfolgung ihrer Person - da die Behörden ihren Sohn unterstellt hätten, dass er ein Widerstandskämpfer sei bzw. dass er Widerstandskämpfer unterstützt habe und auch sie als Mutter daher bedroht worden wäre - als absolut unglaubwürdig, wie im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend dargestellt wurde.

 

Im hier vorliegenden Fall wurde sohin keine wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung glaubhaft gemacht.

 

Ein weiteres Sachvorbringen, welches geeignet wäre, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, vermag der erkennende Senat des Asylgerichtshofs der Beschwerde nicht zu entnehmen.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

II.3. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung der Beschwerdeführerin in ihr Heimatland Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht der belangten Behörde - der sich der Asylgerichtshof anschließt - jedoch, wie im Rahmen der Beweiswürdigung näher dargestellt, eine glaubhafte aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Erachtet die Behörde - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die fluchtkausalen Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als nicht glaubhaft, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH v. 09.05.1996, Zl. 95/20/0380).

 

Ausgehend von den vom Bundesasylamt dargestellten allgemeinen Länderberichten zur Russischen Föderation besteht kein Grund, davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger der Russischen Föderation einer reellen Gefahr einer Gefährdung gem. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die Beschwerdeführerin kann somit schlichtweg nicht erkannt werden.

 

Es kann auch nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. VwGH v. 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059) und sie in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

 

Selbst wenn die wirtschaftliche Lage in der Russischen Föderation schlechter als in Österreich ist, wird es der Beschwerdeführerin als arbeitsfähigen Frau durchaus zumutbar sein, in der Russischen Föderation durch eigene und notfalls auch wenig attraktive Arbeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keine besonderen Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer Schatten- und Nischenwirtschaft stattfinden. Dahingehend ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin in Tschetschenien laut ihren eigenen Ausführungen zusammen mit ihrem erwachsenen Sohn als Lebensmittelverkäufer tätig gewesen sein soll, weshalb eine Arbeitsaufnahme nach seiner Rückkehr möglich und zumutbar erscheint.

 

Es ist in diesem Zusammenhang auch auf die Situation vor der Ausreise hinzuweisen, in der es der Beschwerdeführerin möglich gewesen sein soll, für sich die Lebensgrundlage zu sichern. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass dies nunmehr bei einer Rückkehr nicht mehr möglich sein sollte, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen.

 

Diesbezüglich ist weiters festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin vor der Ausreise offensichtlich das finanzielle Auslangen für sich gefunden hat und ist darauf zu verweisen, dass sich noch zahlreiche Familienangehörige im Herkunftsstaat befinden, die sie gegebenenfalls unterstützten könnten. Unabhängig von der Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens hat die Beschwerdeführerin zu keiner Zeit ausgeführt, dass sie sich in einer existenzgefährdeten Lebenssituation befunden hat.

 

Der belangten Behörde ist auch zuzustimmen, wenn sie ausführt, dass keine Hinweise bestehen, dass für die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes eine Rückkehr in die Russische Föderation nicht zumutbar wäre.

 

Neben dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten, erstellt von XXXX, vom 21.07.2011, das ausdrücklich ausführt, dass bei der Beschwerdeführerin keine psychiatrische Erkrankung festgestellt werden konnte, leidet die Beschwerdeführerin laut Begleitbrief ihres Hausarztes in XXXX vom 28.06.2011 an Diabetes mellitus, Mikroalbuminurie und Adipositas." Aus den Angaben und ärztlichen Befunden betreffend die Beschwerdeführerin ist somit keine akute oder schwerwiegende Erkrankung feststellbar. Wie bereits das Bundesasylamt unter Verweis auf die Länderfeststellungen und auf die Feststellungen der Staatendokumentation festgehalten hatte, ist die für die Beschwerdeführerin erforderliche Behandlung auch in der Russischen Föderation gewährleistet und sind die Medikamente bzw. Generika dieser Medikamente, die die Beschwerdeführerin laut eigenen Angaben aufgrund ihrer Erkrankung derzeit einnimmt, auch im Herkunftsstaat erhältlich.

 

Es haben sich insgesamt keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführerin an einem lebensbedrohlichen Krankheitsbild leidet bzw. im Falle einer Überstellung in die Russische Föderation in einen lebensbedrohlichen Zustand gerät.

 

Der VfGH hat in einer Entscheidung vom 06.03.2008, Zl. B 2400/07-9, die Judikatur des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit

 

Art. 3 EMRK zitiert und unter anderem sehr kurz zusammengefasst ausgeführt, dass der EGMR die unmenschliche Behandlung im Fall D. v. the United Kingdom (EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, Newsletter 1997, 93), es ging um die Abschiebung eines an Aids im Endstadium erkranken Staatsangehörigen von St. Kitts/Karibik, nicht bloß in der Krankheit des Beschwerdeführers, sondern in den besonderen Umständen, mit denen der Beschwerdeführer im Fall der Abschiebung konfrontiert wäre, nämlich im Risiko eines Todes unter qualvollen Umständen, sah. Im Fall Bensaid (EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,96), einer an Schizophrenie erkrankten Person, sag der EGMR in der Abschiebung nach Algerien keine Verletzung in Art. 3 EMRK. Er bestätigte zwar die Ernsthaftigkeit des Krankheitszustandes, erklärte jedoch, dass die Möglichkeit einer Behandlung in Algerien grundsätzlich gegeben sei. Die Tatsache, dass die Umstände der Behandlung in Algerien weniger günstig seien, als im Vereinigten Königreich, sei im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht entscheidend. Ebenso wenig erkannte der EGMR im Fall Ndangoya (EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03) eine Verletzung in Art. 3 EMRK durch die Abschiebung einer mit HIV infizierten, noch nicht an Aids erkrankten Person. Der EGMR stellte Fest, dass AIDS ohne Behandlung in etwa ein bis zwei Jahren ausbrechen dürfte, dass aber eine medizinische Behandlung im Herkunftsstaat (Tanzania) möglich sei. Dem Fall Salkic and others (EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04) lag ein Sachverhalt zu Grund, nach dem den Eltern nach ihrer Einreise in Schweden im Jahr 2002 ein posttraumatisches Belastungssyndrom diagnostiziert wurde und ein Gutachten dem 14 Jahre alten Sohn und der acht Jahre alten Tochter ein sehr schweres Traum attestierte. Der EGMR sah in der Abschiebung der Familie unter Verweis auf den o. a. Fall D. v. the United Kingdom keine Verletzung in Art. 3 EMRK. Auch im Fall Ovdienko (EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04) lag nach der Entscheidung des EGMR keine Verletzung von Art. 3 EMRK durch die Zurückschiebung einer an einem posttraumatischen Stresssyndrom und an Depression leidender Person vor. Diese hatte sich seit 2002 in psychiatrischer Behandlung befunden und wurde teilweise in einer geschlossenen psychiatrischen Krankenanstalt behandelt. Der EGMR begründete seine Entscheidung neuerlich damit, dass der Beschwerdeführer nicht an einer unheilbaren Krankheit im Endstadium leide und verwies auf seine Entscheidung im Fall D. v. the United Kingdom. Auch im Fall Hukic (EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05) sah der EGMR die Abschiebung einer am Down-Syndrom leidenden Person nicht als Verletzung von Art. 3 EMRK. Er führte aus, dass es in Bosnien-Herzegowina Behandlungsmöglichkeiten gebe. Selbst wenn diese nicht den Standard wie in Schweden aufwiesen, nicht so leicht zu erhalten und kostenintensiver seien, würde eine Abschiebung nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen. Im Fall Ayegh (EGMR 07.11.2006, Appl. 4701/05) drohte einem Beschwerdeführer, dem in zwei Gutachten eine schwere Traumatisierung, Depression, Angstzustände und die Gefahr, Selbstmord zu begehen, attestiert wurden, die Abschiebung in den Iran. Der EGMR begründetet seine Entscheidung, die Beschwerde für unzulässig zu erklären, damit, dass schlechte Behandlungsmöglichkeiten im Iran kein Abschiebehindernis seien und dass auch die Selbstmorddrohung für den Fall der Ausweisung den Staat nicht daran hindere, die Abschiebung zu vollziehen, vorausgesetzt, dass konkrete Maßnahmen zur Verhinderung des angedrohten Selbstmordes vom Staat ergriffen werden. Die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Russland im Fall Goncharova & Alekseytsev (EGMR 03.05.2007, Appl. 31.246/06) erkannte der EGMR nicht als Verletzung in Art. 3 EMRK, obwohl der Zeitbeschwerdeführer schwer psychisch krank war, bereits zwei Selbstmordversuche hinter sich und gedroht hatte, sich im Fall der Abschiebung umzubringen. Der EGMR begründete seine Entscheidung erneut - unter Zitierung der Entscheidung D. v. United Kingdom - damit, dass nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände Art. 3 EMRK verletzt sein könnte. Der Zweitbeschwerdeführer sei jedoch nicht in einer geschlossenen Anstalt gewesen und habe auch nicht ständigen Kontakt mit einem Psychiater gehabt. Auch die Drohung im Falle der Abschiebung Selbstmord zu begehen, hindere den Vertragsstaat nicht daran, die Abschiebung zu veranlassen. Der VfGH führt dazu aus: "... Zusammenfassend ergibt sich aus den erwähnten Entscheidungen, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielland bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt (vgl. Pkt. 2.3 Fall Ndangoya). Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwas vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom). ..." (VfGH v. 06.03.2008, Zl. B 2400/07-9).

 

Abgesehen davon, dass die in der soeben zitierten Judikatur geforderte Exzeptionalität der Umstände im gegenständlichen Asylverfahren überhaupt nicht vorliegt, ist auszuführen, dass in der Russischen Föderation ausreichend medizinische und auch psychische Behandlungsmöglichkeiten bestehen und - wie bereits beweiswürdigend festgehalten - das Krankheitsbild der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat behandelbar ist.

 

Die Beschwerdeführerin hat somit offensichtlich keine Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes, welche oberhalb der Schwelle des Art. 3 EMRK liegt, zu erdulden und ist eine aus Art. 3 EMRK ableitbare Verpflichtung des Staates, von einer Rückführung der Beschwerdeführerin wegen gesundheitlicher Probleme Abstand zu nehmen, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR somit nicht gegeben.

 

Für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofes haben sich daher - in Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt - keine Anhaltspunkte ergeben, die, in Bezug auf eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, auf eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention hindeuten würden. Der Beschwerdeführerin ist es daher weder gelungen eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen, noch ist es ihr gelungen, Gründe darzulegen, die eine Feststellung der Unzulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig machen würden.

 

Weder droht ihr im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Eine solche Gefahr ist im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen und ist auch nicht notorisch oder amtsbekannt. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

II.4. Auch der Ausspruch über die Ausweisung ist im Ergebnis zutreffend. Dies aus folgenden Erwägungen:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

 

b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

 

c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

 

d) der Grad der Integration;

 

e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;

 

f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

 

g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

 

h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

 

i) die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gem.

 

Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches oder unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Wird eine Ausweisung durchsetzbar, gilt sie als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 oder

 

§ 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 38 durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 7 AsylG).

 

Eine Ausweisung hat zu unterbleiben, wenn dadurch in die grundrechtliche Position des Asylwerbers eingegriffen wird. Dabei ist auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen. In diesem Zusammenhang erfordert Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs und verlangt somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen (vgl. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, u.v.a).

 

Die Beschwerdeführerin verfügt in Österreich über keine familiären Beziehungen zu einer zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person. In Österreich befindet sich zwar ihr erwachsene Sohn XXXX, zu dem auch offensichtlich aufgrund der gemeinsamen Haushaltsführung ein sehr enges Beziehungsverhältnis besteht und von einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beiden Personen auszugehen ist, sodass offensichtlich ein Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK besteht. Ihr erwachsener Sohn XXXX ist jedoch ebenfalls Asylwerber und dessen Asylverfahren ebenso wie jenes der Beschwerdeführerin negativ entschieden worden. Daher ist die Beschwerdeführerin im selben Umfang wie ihr Sohn von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen, weswegen diesbezüglich kein Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin vorliegt.

 

Der Vollständigkeit halber wird auch auf den in Österreich lebenden Sohn XXXX verwiesen, der mittlerweile österreichischer Staatsbürger ist. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass erstmals in der Beschwerde behauptet wurde, dass doch ein regelmäßiger Kontakt zu ihrem Sohn XXXX bestehe und dieser die Beschwerdeführerin auch ab und zu finanziell unterstütze. Im Widerspruch dazu hatten jedoch sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Sohn XXXX ausdrücklich zuvor in deren Asylverfahren angegeben, dass sie von niemandem abhängig wären und dass XXXX eine eigene Familie habe, weshalb kein enger Kontakt bestehe. Da somit keine intensive Beziehung, keine finanzielle Abhängigkeit oder gar ein gemeinsamer Haushalt mit diesem glaubhaft dargelegt werden konnten, besteht in Summe keine ausgeprägte Nahebeziehung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn XXXX. Es konnte somit durch die Ausweisung der Beschwerdeführerin auch in diesem Zusammenhang kein unzulässiger Eingriff in ihr Recht auf Familienleben im Sinne des Art. 8 MRK festgestellt werden.

 

Die Ausweisung der Beschwerdeführerin stellt daher keinen Eingriff in dessen Recht auf Schutz des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK dar.

 

Es liegen in gegenständlichem Verfahren im Übrigen keine Umstände vor, die eine Rückführung der Beschwerdeführerin - als Zivilperson, die keiner besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe angehört - in ihre Heimat als unzulässig erscheinen ließen. Eine ihr Leben und ihre körperliche Integrität verletzende Verfolgungsgefahr in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien vermochte sie nicht in schlüssiger Weise vorzubringen, wobei erneut auf die Beweiswürdigung zu verweisen ist, wonach das individuelle Vorbringen nicht glaubhaft ist.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.4.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003., Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; uvm).

 

Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezügliche Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, 21878/06).

 

Zu verweisen ist auch auf die Rechtsprechung des VfGH vom 29.11.2007, Zl. B 1958/07-9, wonach in einem ähnlich gelagerten Fall (der Berufungswerber aus dem Kosovo hielt sich mit seiner Familie im Zeitpunkt der Bescheiderlassu

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten