TE OGH 2009/12/21 46R617/09i

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Veröffentlicht am 21.12.2009
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Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat als Rekursgericht durch Dr. Streller als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Schaumberger und Dr. Zeller in der Konkurssache des Schuldners A***** Y*****, vertreten durch Mag. Hubert Wagner LL.M., Rechtsanwalt in Wien, über den Rekurs des Schuldners gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 10.11.2009, 41 S 110/09a-19, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Anberaumung einer Tagsatzung aufgetragen.

Der Schuldner hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit dem angefochtenen Beschluss beendete das Erstgericht das gegenständliche Abschöpfungsverfahren und erteilte die Restschuldbefreiung nicht, dies mit der Begründung, der Schuldner sei unentschuldigt der Tagsatzung zu seiner Einvernahme über die Erfüllung seiner Obliegenheiten ferngeblieben.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Schuldners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben. Die Ladung zur Tagsatzung, in welcher der Schuldner zu seinen Obliegenheiten einvernommen werden sollte, sei dem Vertreter des Schuldners nicht zugestellt worden, sodass die unmittelbare Zustellung an den Schuldner unwirksam sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Bereits der Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens wurde vom Vertreter des Rekurswerbers, einem Rechtsanwalt, eingebracht. Alle Zustellungen im Schuldenregulierungsverfahren erfolgten an den Vertreter des Rekurswerbers, auch die des Beschlusses vom 31.7.2008, mit dem das Abschöpfungsverfahren eingeleitet wurde. Der Schuldner war daher im gesamten Schuldenregulierungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten. Das Abschöpfungsverfahren stellt ein Nachverfahren zum Konkursverfahren dar (vgl Mohr, KO, 10. Aufl., E 1 zu § 199; LGZ Wien 46 R 361/09t), sodass die Rechtsanwaltsbestellung auf dieses fortwirkt.

Im Bericht des zum Treuhänders bestellten KSV von 1870 vom 14.10.2009 informierte dieser das Erstgericht davon, dass der Schuldner der Auskunftspflicht über seine Erwerbstätigkeit iSd § 210 Abs 1 Z 5 KO nicht nachgekommen sei und empfahl die Einvernahme des Schuldners. Zu seiner Einvernahme, die für den 5.11.2009 anberaumt worden war, wurde der Schuldner mit Beschluss vom 22.10.2009 geladen. Dieser Beschluss wurde dem Schuldner – durch Hinterlegung am 30.10.2009 mit Beginn der Abholfrist am 2.11.2009 -, nicht aber seinem Vertreter zugestellt.

Gemäß § 210a Abs 2 KO hat das Gericht, sofern der Schuldner dem Treuhänder auf sein Verlangen nicht Auskunft erteilt hat, über Mitteilung des Treuhänders den Schuldner einzuvernehmen. Erscheint der ordnungsgemäß geladene Schuldner ohne genügende Entschuldigung nicht zu seiner Einvernahme oder lehnt er die Erteilung der Auskunft ab, so ist das Verfahren gemäß § 210a Abs 3 KO von amtswegen einzustellen.

Es kommt daher gegenständlich darauf an, ob der Schuldner zu der seiner Einvernahme dienenden Tagsatzung ordnungsgemäß geladen wurde. Der Schuldner war – wie dargestellt – laufend durch einen Rechtsanwalt vertreten, dem Erstgericht war dies bekannt. Gemäß § 171 KO iVm § 93 Abs 1 ZPO haben dann, wenn eine Partei Prozessvollmacht erteilt hat, bis zur Aufhebung dieser Prozessvollmacht

(§ 36 ZPO) alle diesen Rechtsstreit betreffenden Zustellungen an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu geschehen. Es steht daher nicht im Ermessen des Gerichts, ob bei aufrechtem Vollmachtsverhältnis an an den Prozessbevollmächtigten oder an die Partei zugestellt werden soll – eine Zustellung an diese ist wirkungslos (vgl Gitschthaler in Rechberger, ZPO³, Rz 6 zu § 93).

Die Folgen des Nichterscheinens zur Einvernahme im gegenständlichen Sinne sind für den Schuldner gravierend, es droht die Beendigung des Abschöpfungsverfahrens. Es treten daher Wirkungen ein, die mit jenen der Nichtbefolgung einer Aufforderung nach § 196 Abs 2 KO vergleichbar sind: Bei Bestätigung eines von den Gläubigern angenommenen Zahlungsplans hat der Schuldner die Masseforderungen binnen einer vom Gericht angemessen festzusetzenden, maximal dreijährigen Frist bei sonstiger Nichtigkeit des Zahlungsplans zu zahlen. Die Nichtigkeit tritt jedoch erst dann ein, wenn der Schuldner einer Zahlungsaufforderung, die einen Hinweis auf diese Rechtsfolge enthalten muss, nicht nachgekommen ist. Diese Aufforderung ist aber – um Rechtswirkungen entfalten zu können – dem ausgewiesenen Vertreter des Schuldners zuzustellen (vgl Mohr, KO, 10. Aufl., E 4 zu § 196). Nichts anderes kann im gegenständlichen Fall gelten.

Da im vorliegenden Fall eine Verständigung des Bevollmächtigten von der Ladung des Schuldners gem § 210a Abs 3 KO nicht erfolgt ist, liegen die Voraussetzungen für eine vorzeitige Einstellung des Abschöpfungsverfahrens nicht vor. Der angefochtene Beschluss war ersatzlos aufzuheben. Das Erstgericht wird den Schuldner zu einer neu anzuberaumenden Einvernahme rechtzeitig (vgl Mohr, KO, 10. Aufl., E 2 zu § 210a) durch Zustellung der Ladung an den ausgewiesenen Schuldnervertreter zu laden haben, wobei iSd § 210a Abs 3 Satz 2 KO auf die Rechtsfolgen des Nichterscheinens hinzuweisen ist. Nach § 93 Abs 1 ZPO idF BGBl I 2009/52 iVm § 171 KO ist künftig die Ladung der Partei zu ihrer Einvernahme immer (nur) an den bevollmächtigten Vertreter zuzustellen.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen, weil im Konkursverfahren generell kein Kostenersatz stattfindet (stRsp seit SZ 4/9; RS 0065227).

Textnummer

EWZ0000153

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2009:04600R00617.09I.1221.000

Im RIS seit

06.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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