TE OGH 2010/1/26 9Ob82/09p

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Veröffentlicht am 26.01.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** M*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Ronald Rast, Dr. Thomas Rast und Dr. Christian Werner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei E***** H*****, Angestellte, *****, vertreten durch Gabler, Gibel & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 17.758,30 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 8. April 2009, GZ 39 R 363/08h-51, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 27. Juni 2008, GZ 10 C 886/06s-47, teilweise aufgehoben und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht sprach aufgrund des Antrags der Beklagten auf Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision gemäß § 508 ZPO nachträglich aus, dass die ordentliche Revision deshalb zulässig sei, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, inwieweit die vertraglichen Verpflichtungen eines Mieters aus einem Mietvertrag gegenüber dem Vermieter reichten, wenn der Mieter im Bestandobjekt durch Bauunternehmer Umbau- bzw Sanierungsarbeiten vornehmen lasse, die zu Schäden am Haus führten. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Reichweite der Haftung des Bestandnehmers für dessen Erfüllungsgehilfen gegenüber dem Hauseigentümer ist in der Rechtsprechung des Höchstgerichts geklärt.

Das Revisionsverfahren betrifft den Zuspruch der Teilbeträge von netto 5.292 EUR (Risse an den Wänden und an der Decke der Wohnung des Mieters V***** durch die Verwendung von Mischmaschinen in der Wohnung der Beklagten und durch die Lagerung von Kisten mit Büchern und Geschirr durch die Beklagte auf dem Dachboden), netto 420 EUR (Risse in der Gewölbedecke in der Wohnung des Mieters M***** [ON 21, 14], das Berufungsgericht bezieht diesen Schadensbetrag auf die Verwendung von Mischmaschinen und Hilti-Hämmern in der Wohnung der Beklagten [vgl ON 34, 6]; der hier nicht gegenständliche Betrag von netto 171 EUR betrifft den zur Wohnung des Mieters M***** gehörenden Kellerraum [ON 21, 13]), netto 421,20 EUR (Risse im Stiegenaufgang zum Dachboden durch die Lagerung von Gegenständen der Beklagten auf dem Dachboden) und netto 156 EUR (Risse in der Wand und an der Decke vor der Wohnung der Beklagten durch den Einbau eines Zählerkastens). Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, zu den von ihr bei einem Bauunternehmer in Auftrag gegebenen Umbauarbeiten in der von ihr gemieteten Wohnung berechtigt gewesen zu sein. Sie bestreitet nicht, dass dem Kläger als Vermieter und Liegenschaftseigentümer sowohl in Ansehung der Beschädigungen in den Bestandobjekten anderer Mieter als auch hinsichtlich allgemeiner Teile die Aktivlegitimation zukommt (vgl RIS-Justiz RS0020699; 2 Ob 390/97k) und er auch zum Kreis der geschützten Personen aus einer möglichen Erfüllungsgehilfenhaftung der Beklagten gehört. Es steht auch fest, dass der Einsatz der erwähnten Baumaschinen (Mischmaschinen und Hilti-Hämmer) sowie die Lagerung von Kisten mit Büchern und Geschirr auf dem Dachboden durch die Beklagte für die in Rede stehenden Bauschäden kausal war.

In der Entscheidung 2 Ob 390/97k wurde ausgesprochen, dass auch ein Mieter bei „Erfüllung" seines Mietvertrags nach § 1313a ABGB für das Verschulden jener Personen einzustehen habe, deren er sich zur Erfüllung der gegenüber dem Vermieter bestehenden Verpflichtungen bediene. Dazu wurde klargestellt, dass aus der Verbindlichkeit des Bestandnehmers, die Sache in dem Zustand zurückzustellen, in dem er sie übernommen habe, seine Verpflichtung zu deren sorgfältiger Beaufsichtigung und schonender Behandlung folge. Diese Verpflichtung habe der Mieter auch bei der Durchführung genehmigter Umbauarbeiten im Bestandobjekt zu beachten. Auch in diesem Fall sei er verpflichtet, die Umbauarbeiten unter Schonung der Substanz des Hauses durchzuführen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten betrifft die „Erfüllung des Mietvertrags" nicht nur die Rückstellung des Bestandgegenstands nach Auflösung des Mietvertrags, sondern ebenso die damit im Zusammenhang stehende Obhutspflicht schon während des Bestandverhältnisses. Dementsprechend erfasst § 1313a ABGB die Erfüllung bzw Ausübung aller vertraglichen Pflichten, die sich aus dem jeweiligen konkreten Pflichtenkreis eines Vertragspartners nach Art und Inhalt des Schuldverhältnisses ergeben (1 Ob 43/86 = MietSlg 39.184; vgl auch Reischauer in Rummel³ § 1313a ABGB Rz 10). Der Bestandnehmer haftet somit für schuldhaft herbeigeführte Beschädigungen an der Substanz des Hauses auch aus Anlass von Umbau- oder Sanierungsarbeiten, wobei er für das Verschulden dritter Personen einzustehen hat, deren er sich zur Erfüllung seiner Pflichten, insbesondere der Obhutspflicht, bedient (vgl auch RIS-Justiz RS0020683; 7 Ob 236/98a; Binder in Schwimann³ § 1111 ABGB Rz 8; Iro in KBB2 § 1111 ABGB Rz 1). Die Ansicht der Beklagten, bei der Entscheidung 2 Ob 390/97k handle es sich um eine Billigkeitsentscheidung, weil der deliktisch haftende Bauunternehmer in Konkurs geraten sei, ist nicht begründet.

Nach der sie treffenden nebenvertraglichen Obhutspflicht muss die Beklagte die Substanz des Hauses schonen und Schäden vermeiden. Zur Begründung ihrer Haftung muss damit nicht feststehen, dass die Bauarbeiten unsachgemäß durchgeführt wurden. Vielmehr trifft sie als Bestandnehmerin gemäß § 1298 ABGB die Beweislast dafür, dass die Bauschäden ohne ihr eigenes Verschulden oder das Verschulden ihres Erfüllungsgehilfen eingetreten sind, weil auch bei sorgfältiger Vorgangsweise eine Beschädigung nicht hätte verhindert werden können (vgl RIS-Justiz RS0026522; RS0026563). Die von der Beklagten - ebenso im Berufungsverfahren - begehrte Negativfeststellung, wonach nicht festgestellt werden könne, dass die Arbeiten in ihrer Wohnung einschließlich des Einsatzes von Mischmaschinen und Hilti-Hämmern unsachgemäß durchgeführt worden seien, vermag sich daher nicht zu ihren Gunsten auszuwirken.

Soweit die Beklagte davon ausgeht, nur „nicht schwere" Gegenstände auf dem Dachboden gelagert zu haben, weicht sie von den Feststellungen ab. Zur Lagerung von Kisten mit Büchern und Geschirr auf dem Dachboden hat das Berufungsgericht in Behandlung der Beweisrüge festgehalten, dass die Beklagte eine zu schwere, großflächige Einlagerung an ungeeigneter Stelle vorgenommen habe, obwohl ihr der Kläger nur eine minimale Fläche von ca 7 m² angeboten habe.

Insgesamt hat die Beklagte nach den dargestellten, in der Rechtsprechung des Höchstgerichts geklärten Grundsätzen dem Kläger als Vermieter aufgrund des Mietvertrags für schuldhaft herbeigeführte Bauschäden, die durch den Einsatz von Mischmaschinen und Hilti-Hämmern durch ihren Erfüllungsgehilfen sowie durch die Lagerung von Gegenständen auf dem Dachboden eingetreten sind, einzustehen. Da die Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, war diese als unzulässig zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E93118

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0090OB00082.09P.0126.000

Im RIS seit

25.03.2010

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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