TE OGH 2010/2/24 3Ob25/10p

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Veröffentlicht am 24.02.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch GNBZ Graff Nestl Baurecht Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei Helmut K*****, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 18.450,58 EUR sA, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 20. August 2009, GZ 32 R 77/09g-15, womit über Rekurs der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom „4. Juni 2009, GZ 9 E 868/09y-4" (richtig: vom 9. Juli 2009, GZ 9 E 868/09y-10), abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 1.119,24 EUR (darin enthalten 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte im vereinfachten Bewilligungsverfahren aufgrund des vollstreckbaren Schiedsspruchs des ständigen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Wien vom 7. Jänner 2009, SCH-4037, die Fahrnis- und Forderungsexekution zur Hereinbringung von 18.450,58 EUR sA und der Kosten des Exekutionsantrags. Das Mehrbegehren auf Bewilligung der Exekution zur Erwirkung einer vertretbaren Handlung (Rechnungslegung) und zur Durchsetzung einer Unterlassungsverpflichtung sowie die eventualiter erhobenen Anträge auf Auferlegung einer Sicherheitsleistung und Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung wurden abgewiesen (ON 4).

Gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung erhob der Verpflichtete erfolglos Rekurs. Seinen für den Fall der Nichtstattgebung des Rechtsmittels erhobenen Einspruch gemäß § 54c EO wies das Erstgericht nach Vorlage des Exekutionstitels ab (ON 10).

Das Rekursgericht erkannte infolge Rekurses des Verpflichteten den Einspruch gegen die Exekutionsbewilligung für berechtigt und stellte die Fahrnis- und Forderungsexekution nach § 294a EO unter Aufhebung aller Exekutionsakte gemäß § 54e EO ein. Im vereinfachten Bewilligungsverfahren müsse der betreibende Gläubiger bereits im Zeitpunkt der Verfassung des Exekutionsantrags über die Vollstreckbarkeitsbestätigung verfügen. Die Einsicht in den von der betreibenden Partei vorgelegten Schiedsspruch habe aber gezeigt, dass dieser - entgegen den Angaben im Exekutionsantrag - keine Vollstreckbarkeitsbestätigung enthalte. Deshalb habe der Exekutionstitel im Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung die beantragte Exekution nicht gedeckt, sodass der im Rekurs geltend gemachte Einspruchsgrund nach § 54c EO vorliege. Auf Antrag der betreibenden Partei sprach das Rekursgericht in Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es stelle eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO dar, ob das Vorliegen einer Vollstreckbarkeitsbestätigung Voraussetzung der Bewilligung der Exekution aufgrund eines Schiedsspruchs eines ständigen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammern sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (RIS-Justiz RS0107859) ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

Gemäß § 607 ZPO hat der Schiedsspruch zwischen den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Nach ungenutztem Ablauf der Leistungsfrist kann der Berechtigte bei im Inland gefällten Schiedssprüchen die Durchsetzung des Leistungsbefehls gegen den Leistungsverpflichteten durch gerichtliche Vollzugsorgane verlangen; Schiedssprüche sind Exekutionstitel (§ 1 Z 16 EO). Wird aufgrund eines Schiedsspruchs die Exekution beantragt, ist gemäß § 54 Abs 2 EO dem Exekutionsantrag eine Ausfertigung des Exekutionstitels samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit anzuschließen. Nach § 606 Abs 6 ZPO (der die Bestimmung des § 594 Abs 2 ZPO aF übernahm), ist die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit auf Verlangen einer Partei auf einem Exemplar des Schiedsspruchs vom Vorsitzenden, im Fall dessen Verhinderung von einem anderen Schiedsrichter, zu bestätigen. Im vereinfachten Bewilligungsverfahren hat der Exekutionsantrag das Datum zu enthalten, an dem die Vollstreckbarkeitserklärung ausgestellt wurde (Jakusch in Angst2, EO § 54b Rz 13). In diesem Verfahren braucht dem Exekutionsantrag keine Ausfertigung des Exekutionstitels angeschlossen werden (§ 54b Abs 2 Z 2 EO), wohl aber im Verfahren über den Einspruch des Verpflichteten.

Seit der EO-Novelle 1995 kennt das Gesetz nur mehr drei in Abs 2 des § 54 EO ausdrücklich genannten Arten von Exekutionstiteln, zu denen keine Vollstreckbarkeitsbestätigung beigebracht werden muss. Es sind dies Beschlüsse, mit denen Exekutionskosten bestimmt werden, Vergleiche und vollstreckbare Notariatsakte. Schiedssprüche bedürfen demnach weiterhin einer solchen Bestätigung.

Nichts anderes ergibt sich aus der Schieds- und Schlichtungsordnung für die ständigen Schiedsgerichte der Wirtschaftskammern. Deren § 25 Abs 6 entspricht wortgleich der Regelung des § 606 Abs 6 ZPO. Art 25 Abs 5 trifft zum Erfordernis der Vollstreckbarkeitsbestätigung keine Aussage, sondern besagt nur, dass die Schiedssprüche gegenüber den Parteien mit der Zustellung der Ausfertigung wirksam sind, wie dies auch für Urteile gilt (§ 416 Abs 1 ZPO), bei denen daraus bislang noch niemand den Schluss gezogen hat, zur Exekutionsführung wäre eine Vollstreckbarkeitsbestätigung entbehrlich.

Dass die einer Anfechtung vor einer höheren schiedsgerichtlichen Instanz nicht mehr unterliegenden Sprüche von Schiedsrichtern und Schiedsgerichten und die vor diesen abgeschlossenen Vergleiche einer Vollstreckbarkeitsbestätigung bedürfen, entspricht der bisherigen Rechtsprechung (3 Ob 105/03t; 3 Ob 189/99m; 3 Ob 32/86) und der Lehre (Jakusch aaO § 54 Rz 47). Aus welchen stichhaltigen Gründen dies auf einen Schiedsspruch der ständigen Schiedsgerichte der Wirtschaftskammern nicht zutreffen sollte, wird vom Revisionsrekurswerber nicht aufgezeigt. Trifft das Gesetz eine klare, das heißt eindeutige Regelung und hat sich überdies der Oberste Gerichtshof mit dem Erfordernis von Vollstreckbarkeitsbestätigungen für Schiedssprüche eines inländischen Schiedsgerichts ohnehin bereits auseinandergesetzt, ohne dass dies in der Lehre auf Kritik gestoßen wäre, liegt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd §§ 78 EO, 528 Abs 1 ZPO vor (RIS-Justiz RS0042656).

Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm den §§ 40, 50 ZPO. Die verpflichtete Partei hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf das Fehlen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung hingewiesen.

Textnummer

E93382

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00025.10P.0224.000

Im RIS seit

04.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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