TE OGH 1986/12/17 3Ob32/86

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Veröffentlicht am 17.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei K*** Ungarisches Außenhandelsunternehmen für Fabriksanlagen, H-1807 Budapest VI, Nepköztarsasag utja 10, vertreten durch Dr. Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei "M***" Haus- und Liegenschaftsverwaltungs-Gesellschaft mbH, 1150 Wien, Diefenbachgasse 35-41, vertreten durch Dr. Herbert und Dr. Elisabeth C. Schaller, Rechtsanwälte in Wien, wegen 6,423.373,-- S s.A., infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 29. November 1985, GZ. 11 R 221/85-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 3. Juli 1985, GZ. 50 Nc 170/85-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der zwischen der "R***" (nunmehr "M***") Haus- und Liegenschaftsverwaltungs- Gesellschaft m.b.H., Wien, als Auftraggeber und der K*** Ungarisches Außenhandelsunternehmen, Budapest, als Auftragnehmer am 8. Oktober 1972 in Wien abgeschlossene Bauvertrag über die Ausführung der Erd-, Stahlbeton-, Baumeister- und Kanalisierungsarbeiten für das Bauvorhaben "Errichtung eines Neubaus entlang der Straßenfront in Wien 15., Linke Wienzeile, und zwar auf den Liegenschaften EZ 358 und 360 KG Sechshaus, enthält u.a. den Punkt X. Streitigkeiten und anwendbares Recht:

"10.1. Auf das Verhältnis der Parteien, soweit es nicht oder nicht völlig durch den Vertrag geregelt ist, findet das materielle Recht der Republik Österreich Anwendung.

10.2. Für die Entscheidung sämtlicher aus dem vorliegenden Vertrag entstehenden Streitigkeiten - die mit der Gültigkeit des vorliegenden Vertrages und dieser Schiedsvereinbarung selbst verbundenen Streitigkeiten inbegriffen - unterwerfen sich die Parteien, unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges, der ausschließlichen Zuständigkeit eines aus drei Schiedsrichtern bestehenden "ad hoc" Schiedsgerichts.

Die Parteien ernennen je einen Schiedsrichter, die von den Parteien ernannten zwei Schiedsrichter ernennen den dritten Schiedsrichter, der der Präsident des Schiedsgerichtes sein wird, Berufsjurist zu sein hat und Staatsangehöriger der Schweiz ist.

Die Partei, die das Schiedsverfahren einzuleiten wünscht, hat der anderen Partei den Namen und die Adresse des von ihr ernannten Schiedsrichters bekanntzugeben und die Annahmeerklärung dieses Schiedsrichters gleichzeitig zuzusenden. Die andere Partei hat binnen 30 Tagen vom Zeitpunkt des Erhalts gerechnet auf dieselbe Weise vorzugehen. Die beiden ernannten Schiedsrichter haben binnen 45 Tagen den dritten Schiedsrichter im Einvernehmen zu ernennen. Sollte die betroffene Partei binnen 30 Tagen keinen Schiedsrichter ernennen oder die Annahmeerklärung nicht zusenden oder sollten sich die seitens der Parteien ernannten Schiedsrichter binnen 45 Tagen über die Wahl des dritten nicht einigen, oder sollte irgendeiner der Schiedsrichter seine Funktion nicht versehen, im Versehen seiner Funktion behindert sein oder davon zurücktreten, ist die Ernennung, auf Antrag einer der Parteien, vom Präsidenten des Obergerichtes Bern, Schweiz - oder im Falle seiner Behinderung, von seinem Stellvertreter - vorzunehmen. Das Schiedsverfahren ist mit der Benachrichtigung der anderen Partei über die Ernennung des ersten Schiedsrichters und mit der Zusendung der Annahmeerklärung als eingeleitet zu betrachten.

Das Schiedsgericht entscheidet selbst die Art und Weise des Verfahrens. Jedoch hat die klagende Partei längstens binnen einem Monat ab Verständigung von der Person des Präsidenten des Schiedsgerichtes eine schriftliche Klage bei diesem einzubringen, worauf die beklagte Partei binnen einem Monat ab Zustellung der Klage eine schriftliche Klagebeantwortung einzubringen hat. Das Schiedsgericht hat bei seiner Sachverhaltsermittlung die von den Streitparteien angebotenen Urkunden einzusehen, die namhaft gemachten Zeugen einzuvernehmen und den Parteien außerdem die Möglichkeit zu geben, sich aller weiteren Beweismittel zu bedienen. Das Schiedsgericht schließt das Schiedsverfahren mit dem Schiedsspruch ab, der auch eine Begründung enthalten muß. Das Schiedsgericht hat den Schiedsspruch nur aufgrund des laut diesem Vertrag anzuwendenden materiellen Rechtes zu fällen. Das Schiedsgericht entscheidet auch hinsichtlich der Kosten und zwar aufgrund des Prozeßerfolges. Der Schiedsspruch ist unanfechtbar und vollstreckbar.

Ort des Schiedsverfahrens ist Bern, Sprache des Schiedsverfahrens ist deutsch.

Die vorliegende Schiedsvereinbarung bleibt auch dann gültig, wenn der Vertrag selbst, gleich aus welchen Gründen, als ungültig betrachtet wird.

Mit Teilschiedsspruch vom 1. August 1983 verurteilte das aus Oberrichter Peter J***, Bern, als Obmann und den Wiener Rechtsanwälten Dr. Heinz G*** und Dr. A. W*** zusammengesetzte Schiedsgericht in Bern die beklagte Firma "M***", vormals "R***", der klagenden Firma K*** insgesamt 6,423.372 S mit Zinsen zu 5 % zuzüglich Umsatzsteuer von 16 % ab 1. Juli 1974 auf 815.271 S, ab 1. Juli 1974 auf 666.670 S und ab 20. Dezember 1974

auf 4,389.097 S und mit Zinsen zu 5 % zuzüglich 18 % Umsatzsteuer ab 2. Mai 1977 auf 552.334 S zu zahlen. Die bisherigen Schiedsgerichtskosten wurden mit 140.698,65 sfr bestimmt, davon wurden der Klägerin 1/4 = 35.174,65 sfr, der Beklagten 3/4 =

105.524 sfr auferlegt. Zur Deckung der Schiedsgerichtskosten wurden dem Vorschuß der Klägerin außer dem ihr auferlegten Viertel 25.524 sfr entnommen und der Klägerin gegen die Beklagte ein diesbezügliches Regreßrecht eingeräumt. Weiters wurde erkannt, daß die Beklagte der Klägerin die Hälfte ihrer mit 956.912 S bestimmten Parteikosten, also 478.456 S zu ersetzen hat und daß der Teilschiedsspruch den Parteien schriftlich zu eröffnen ist. Dieser Teilschiedsspruch ist vom Obmann und den beiden Schiedsrichtern sowie dem Sekretär des Schiedsgerichtes unterschrieben.

Aufgrund dieses Teilschiedsspruches beantragte die betreibende Partei gegen die verpflichtete Partei am 26. Juni 1985 beim Landesgericht für ZRS Wien zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung an Kapital von 6,423.372 S samt 5 % Zinsen zuzüglich 16 % Umsatzsteuer aus den Zinsen aus 1,481.941 S seit 1. Juli 1974 und aus 4,389.097 S seit 20. Dezember 1974, ferner 5 % Zinsen zuzüglich 18 % Umsatzsteuer (aus den Zinsen) aus 552.334 S seit 2. Mai 1977 und der Kosten von 25.524 sfr zum Briefkurs der Devise Zürich der Wiener Devisenbörse am Zahlungstag, von 478.456 S und der Antragskosten die Exekution A. durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame der verpflichteten Partei in deren Geschäftslokal in 1150 Wien, Diefenbachgasse 35-41, befindlichen beweglichen Sachen aller Art; B. durch Pfändung und C. Überweisung zur Einziehung der der verpflichteten Partei gegen unter a-h näher bezeichnete Drittschuldner angeblich zustehenden Forderungen, D. durch Pfändung und bücherliche Einverleibung des Pfandrechtes 1. und Überweisung zur Einziehung mehrerer bücherlich sichergestellter Forderungen der verpflichteten Partei 2. auf einer der verpflichteten Partei gehörenden Liegenschaft;

E. durch Zwangsversteigerung der der verpflichteten Partei gehörenden Liegenschaft EZ 345 KG Ober St. Veit.

Mit dem Exekutionsantrag legte die betreibende Partei einen von der staatlichen öffentlichen Notarin Dr. B*** Judit in Budapest beglaubigte Fotokopie des ihr im Original vorgelegten, eingangs erwähnten Bauvertrages, eine mit der Apostille der Staatskanzlei des Kantons Bern versehene Ausfertigung des erwähnten Teilschiedsspruches, eine mit der Apostille derselben Staatskanzlei versehene Bescheinigung des Gerichtspräsidenten III von Bern, Dr. M***, vom 20. März 1985, daß der vorstehende Schiedsspruch vom 1. August 1983 vollstreckbar ist, nachdem die I. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage mit Urteil vom 13. Februar 1985 abgewiesen hat, eine mit der Apostille derselben Staatskanzlei versehene weitere Bescheinigung des genannten Gerichtspräsidenten vom 12. Juni 1985, in der in Ergänzung der Vollstreckbarkeitsbescheinigung vom 20. März 1985 und im Hinblick auf Art. 1 Z 3 sowie in Beachtung von "Art. 7 Abs 2" des Vertrages zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen vom 16. Dezember 1960

bescheinigt wird, daß der vorstehende Schiedsspruch des Schiedsgerichtes mit Sitz in Bern (Obmann Oberrichter Peter J***, Bern) in Sachen Firma K*** gegen Firma M*** vom 1. August 1983 Rechtskraft erlangt hat, nachdem die I. Zivilabteilung des Schweizerischen Bundesgerichtes die gegen den Entscheid des Appellationshofes (I. Zivilkammer) des Kantons Bern erhobene Staatsrechtliche Beschwerde mit Urteil vom 22. Mai 1985 abgewiesen hat, eine Bescheinigung des Gerichtsschreibers in diesem Schiedsgerichtsverfahren vom 17. Juni 1985, daß die Beklagte gemäß Teilschiedsspruch vom 1. August 1983 verurteilt worden ist, der Klägerin 25.524 sfr an Schiedsgerichtskosten zu vergüten und daß diese Forderung rechtskräftig und vollstreckbar ist, eine Amtsbestätigung des Handelsgerichtes über die Firmenänderung der verpflichteten Partei, einen Grundbuchsauszug und ein Interessentenverzeichnis hinsichtlich der Liegenschaft EZ 345 KG Ober St. Veit vor.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution, behielt aber die Überweisung der gepfändeten Forderungen gemäß Punkt C und D 1 letzter Satz dem Exekutionsgericht vor.

Gegen diese Exekutionsbewilligung erhob die verpflichtete Partei Widerspruch und Rekurs.

Die Rekurswerberin beantragte, den Exekutionsantrag abzuweisen oder den angefochtenen Beschluß zwecks Verfahrensergänzung und neuerlicher Entscheidung aufzuheben und wendete ein:

a) Der für die betreibende Partei einschreitende Rechtsanwalt habe keine gültige Vollmacht vorgelegt;

b) Die Bescheinigung der Rechtskraft des Schiedsspruches sei nicht von der zuständigen Kantonsbehörde (Appellationshof) ausgestellt worden;

c) Überdies fehlten die nach § 54 Abs 2 letzter Satz EO erforderlichen Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbescheinigungen der Schiedsrichter;

d) Die angeblichen Forderungen gegen die Drittschuldner seien mangels Angabe der ungefähren Höhe nicht ausreichend spezifiziert;

e) Zur Entscheidung über den Exekutionsantrag wäre nicht der Einzelrichter, sondern der Senat zuständig gewesen;

f) Der Teilschiedsspruch habe nur dadurch zustandekommen können, daß der verpflichteten Partei durch die Schiedsgerichtsmehrheit nahezu alle von ihr zulässig angebotenen Beweise unrechtmäßig und grundlos abgeschnitten worden seien. Dies käme einer Verweigerung des rechtlichen Gehörs gleich und verstoße gegen die öffentliche Ordnung der Republik Österreich.

Das Rekursgericht bestätigte den angefochtenen Beschluß im wesentlichen aus folgenden Gründen:

a) Die Berufung des für die betreibende Partei einschreitenden Rechtsanwalts auf die ihm erteilte Bevollmächtigung ersetze nach dem (gemäß § 78 EO) auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden § 30 Abs 2 ZPO deren urkundlichen Nachweis.

b) Die Bestätigung der Rechtskraft eines Schiedsspruchs sei weder im Schweizer Konkordat noch in der Berner ZPO vorgesehen. Sie erübrige sich auch für den Bereich der Konkordatskantone, weil dort die Rechtskraft des Schiedsspruchs mit seiner Zustellung eintrete.

c) Die Bestätigung der Schiedsrichter über den Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruches werde durch die (Bestätigung) der zuständigen Behörde des Kantons, in dem der Schiedsspruch gefällt worden sei, ersetzt.

d) Angaben zur Höhe der Forderungen seien im Exekutionsantrag nicht nötig.

e) Zur Entscheidung über den Exekutionsantrag sei nach § 7 a Abs 3 Jurisdiktionsnorm jedenfalls der Einzelrichter zuständig.

f) Die das Zustandekommen des Exekutionstitels betreffenden Behauptungen stellten im Rekurs unzulässige Neuerungen dar. In ihrem Revisionsrekurs beantragt die verpflichtete Partei, den Exekutionsantrag gänzlich, wenigstens aber hinsichtlich aller Forderungsexekutionen laut B abzuändern, oder den angefochtenen Beschluß zwecks Zurückverweisung an eine Vorinstanz aufzuheben. Sie begründet das Rechtsmittel mit den schon im Rekurs vorgebrachten Einwendungen, von denen sie nur den der unrichtigen Gerichtsbesetzung bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag nicht wiederholt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

a) Im Exekutionsantrag hat der einschreitende Rechtsanwalt Dr. Friedrich G*** ausdrücklich erklärt, daß die betreibende Partei durch ihn vertreten werde und daß ihm eine Vollmacht erteilt worden sei. Dies stellt eine den urkundlichen Nachweis ersetzende ausreichende Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung im Sinn des nach § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden § 30 Abs 2 ZPO dar, dessen Zitierung entbehrlich ist. Übrigens legte der genannte Vertreter der betreibenden Partei schon mit dem Exekutionsantrag eine auf ihn lautende Vollmacht vor, die unter dem gestempelten Firmenwortlaut der betreibenden Partei von Dr. B*** unterfertigt ist, bei dem es sich um den Rechtsberater der betreibenden Partei handelt, der nach ungarischem Recht seine Organisation ohne eine Sondervollmacht nach seinem Arbeitsverhältnis vertritt und im Bereich der Rechtsvertretung eine Berechtigung zur selbständigen Unterzeichnung hat.

Gegen die Vertretungsbefugnis des für die betreibende Partei einschreitenden Rechtsanwalts bestehen daher schon aus den angeführten Gründen keine Bedenken.

b) Exekutionstitel im Sinn der Exekutionsordnung sind nach deren § 1 Z 16 die (im Geltungsgebiet dieses Gesetzes errichteten) einer Anfechtung vor einer höheren schiedsgerichtlichen Instanz nicht mehr unterliegenden Sprüche von Schiedsrichtern und Schiedsgerichten ... Aufgrund von Akten und Urkunden, die nicht zu den im § 2 EO bezeichneten Exekutionstiteln gehören, aber außerhalb Österreichs errichtet und nach den "daselbst" geltenden gesetzlichen Bestimmungen exekutionsfähig sind, darf die Exekution .... in Österreich zufolge § 79 EO allerdings nur dann und in dem Maß stattfinden, als die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge oder durch darüber erlassene, im Gesetzblatt kundgemachte Regierungserklärungen verbürgt ist.

Gegenwärtig gibt es keine solchen Regierungserklärungen. Die Materie ist durchwegs durch Staatsverträge geordnet, die meist sowohl die positiven Voraussetzungen als auch die Versagungsgründe eingehend regeln und nach § 84 EO an die Stelle der §§ 80 und 81 EO treten (Heller-Berger-Stix I 773).

Für die Anerkennung und Vollstreckung des vorliegenden Schiedsspruches ist das am 31. Juli 1961 für Österreich in Kraft getretene multilaterale (New Yorker oder UN) Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, BGBl. Nr. 200/1961, das auch zwischen Österreich und der Schweiz gilt (BGBl. Nr. 266/1965), allenfalls auch der am 12. Mai 1962 in Kraft getretene Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen vom 16. Dezember 1960, BGBl. Nr. 125/1962, anzuwenden, nach dessen Art. 12 Abs 1 die Bestimmungen zwischenstaatlicher Abkommen, an denen beide Staaten beteiligt sind, nicht berührt werden.

Nach Art. III des genannten multilateralen Vertrages erkennt jeder Vertragsstaat Schiedssprüche als wirksam an und läßt sie nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebietes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zu, sofern die in den folgenden Artikeln festgelegten Voraussetzungen gegeben sind. Nach Art. IV Abs 1 des zitierten Vertrages ist zur Anerkennung und Vollstreckung ... erforderlich, daß die Partei, welche die Anerkennung und Vollstreckung nachsucht, zugleich mit ihrem Antrag vorlegt: a) die gehörig beglaubigte (legalisierte) Urschrift des Schiedsspruches oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist, b) die Urschrift der Vereinbarung im Sinne des Art. II oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist.

Nach Art. V Abs 1 des genannten Vertrages darf die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, nur versagt werden, wenn diese Partei der zuständigen Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, den Beweis erbringt, a) ..., b) daß die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, von der Bestellung des Schiedsrichters oder von dem schiedsgerichtlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist oder daß sie aus einem anderen Grund ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können, oder ... e) daß der Schiedsspruch für die Parteien noch nicht verbindlich geworden ist oder daß er von einer zuständigen Behörde des Landes, in dem oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden ist.

Nach Abs 2 des zitierten Artikels darf die Anerkennung und Vollstreckung auch versagt werden, wenn die zuständige Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, feststellt, ... b) daß die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruches der öffentlichen Ordnung dieses Landes widersprechen würde.

Nach Art. 7 Abs 3 (auf diesen Absatz bezog sich offenbar die

eingangs angeführte Bescheinigung vom 12. Juni 1985) des zitierten

bilateralen Vertrages wird die Bescheinigung über die Rechtskraft

und über die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruches .... in

Österreich durch das Bezirksgericht, in dessen Sprengel das

Schiedsgericht seine Entscheidung gefällt hat ..., in der Schweiz

durch die zuständige Behörde des Kantons, wo der Schiedsspruch

gefällt ... wurde, ausgestellt.

Nach Art. 3 des nach Art. 1 Abs 1 auf jedes Verfahren vor einem Schiedsgericht, das seinen Sitz in einem "Konkordatskanton" hat, anwendbaren, für den Kanton Bern seit 1. Juli 1973 verbindlichen Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit ist das obere ordentliche Zivilgericht des Kantons, in dem sich der Sitz des Schiedsgerichtes befindet unter Vorbehalt, von Artikel 45 Abs 2 die zuständige richterliche Behörde, welche .... e) den Schiedsspruch zur Hinterlegung entgegennimmt und ihn den Parteien zustellt; f) über Nichtigkeitsbeschwerden und Revisionsgesuche entscheidet; g) die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruches bescheinigt.

Nach Art. 35 Abs 1 des Konkordats sorgt das Schiedsgericht für die Hinterlegung des Schiedsspruches bei der im Art. 3 vorgesehenen richterlichen Behörde. Diese Behörde stellt den Schiedsspruch nach Abs 4 den Parteien zu und teilt ihnen das Datum der Hinterlegung mit.

Nach Art. 44 Abs 1 des Konkordats bescheinigt auf Gesuch einer Partei die in Art. 3 vorgesehene richterliche Behörde, daß ein Schiedsspruch, der Art. 5 nicht widerspricht - dessen Gegenstand also ein Anspruch ist, welcher der freien Verfügung der Parteien unterliegt, sofern nicht ein staatliches Gericht nach einer zwingenden Gesetzesbestimmung in der Sache ausschließlich zuständig ist -, gleich einem gerichtlichen Urteil vollstreckbar ist, sofern:

a) die Parteien ihn ausdrücklich anerkannt haben; b) gegen ihn binnen der Frist des Art. 37 Abs 1 keine Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht worden ist; c) oder einer rechtzeitig eingereichten Nichtigkeitsbeschwerde keine aufschiebende Wirkung gewährt worden ist; d) oder eine erhobene Nichtigkeitsbeschwerde dahingefallen oder abgewiesen worden ist.

Die Vollstreckbarkeitsbescheinigung wird nach Abs 2 dieses Artikels am Schluß des Schiedsspruches angebracht.

Nach Art. 45 Abs 1 des Kondordates regeln die Kantone das Verfahren vor der in Art. 3 vorgesehenen richterlichen Behörde. Nach Abs 2 dieses Artikels sind die Kantone befugt, die in Art. 3 lit a bis e und g umschriebenen Befugnisse ganz oder zum Teil an eine andere als die dort vorgesehene richterliche Behörde zu übertragen. Machen sie davon Gebrauch, so können die Parteien und die Schiedsrichter dennoch ihre Eingaben gültig dem oberen ordentlichen kantonalen Zivilgericht einreichen.

Nach Art. 380 der Zivilprozeßordnung für den Kanton Bern gelten für das schiedsgerichtliche Verfahren die Bestimmungen des zitierten Konkordats (Abs 1). Für die Entscheidung über Nichtigkeitsbeschwerden nach Art. 9 und 36 des Konkordats, über Revisionsgesuche nach Art. 41 des Konkordats sowie über Beschwerden nach Art. 17 des Konkordats ist der Appellationshof zuständig (Abs 2). Für die Entscheidungen und Aufgaben nach Art. 3 Buchstaben a-e und g des Konkordats ist der für den Sitz des Schiedsgerichts zuständige Gerichtspräsident kompetent. Die Vorschrift über das summarische Verfahren sind sinngemäß anwendbar (Abs 3).

Die von der betreibenden Partei zugleich mit dem Exekutionsantrag vorgelegte, ordnungsgemäß beglaubigte Abschrift des Teilschiedsspruches des Schiedsgerichtes in Bern vom 1. August 1983 genügt den im Art. IV Abs 1 lit a des zitierten multilateralen Vertrages zur Anerkennung und Vollstreckung genannten Voraussetzungen.

Hingegen mußte die betreibende Partei zufolge dieses multilateralen, aber für die Schweiz und Österreich seit 1965

wirksamen Vertrages keine Bescheinigung über die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruches vorlegen, die nach Art. 3 des Konkordats durch die zuständige Behörde des Kantons Bern ausgestellt würde (vgl. SZ 36/80 = EvBl 1963/365).

Daß die verpflichtete Partei ihre Verteidigungsmittel nicht (entsprechend) geltend machen hätte können oder daß der Schiedsspruch für die Parteien noch nicht verbindlich geworden wäre oder daß er von einer zuständigen Behörde aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden wäre, könnte zwar nach Art. V Abs 1 lit b und e des New Yorker Übereinkommens zur Versagung der Anerkennung und Vollstreckung führen, jedoch nur auf Antrag der verpflichteten Partei, die dafür auch den Beweis erbringen müßte. Nach österreichischem Verfahrensrecht sind derartige Umstände mit Widerspruch gegen die Exekutionsbewilligung geltend zu machen (vgl. die zitierte Entscheidung; Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit 3 434).

Da die betreibende Partei mit dem Exekutionsantrag keine Bescheinigung einer zuständigen Behörde des Kantons Bern vorlegen mußte, kann dahingestellt bleiben, welche Kantonsbehörde für die Ausstellung einer solchen Bescheinigung zuständig wäre.

c) § 54 Abs 2 letzter Satz EO, wonach bei Schiedssprüchen (§ 1 Z 16) eine Bestätigung der Schiedsrichter über den Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruches beizubringen ist, bezieht sich nach seiner Stellung im Ersten Titel (Exekution aus inländischen Akten und Urkunden) des Ersten Abschnittes des Ersten Teiles der Exekutionsordnung und nach seinem Wortlaut (Klammerausdruck!) nur auf inländische Schiedssprüche. Er bezieht sich auf § 594 Abs 2 öZPO, nach dem (seit 1. Mai 1983) der Obmann, im Fall seiner Verhinderung ein anderer Schiedsrichter, auf Verlangen einer Partei die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruches auf einer Ausfertigung zu bestätigen hat. Für die im Zweiten Titel des erwähnten Abschnittes der Exekutionsordnung geregelte Exekution auf Grund im Ausland errichteter Akte und Urkunden bestimmt § 80 Z 3, daß einem Exekutionsantrag, der sich auf ein Erkenntnis einer auswärtigen Gerichts- oder sonstigen Behörde oder auf einen vor diesen geschlossenen Vergleich gründet, überdies nur stattzugeben ist, wenn das Erkenntnis gemäß dem darüber vorliegende Zeugnisse der ausländischen Gerichts- oder sonstigen Behörde nach dem für letztere geltenden Rechte einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt. Daß auch diese Bestimmung nach § 84 EO wegen in den zitierten Staatsverträgen enthaltenen abweichenden Anordnungen nicht anzuwenden ist, wurde bereits erwähnt. Weder diese Anordnungen noch das zitierte Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit enthalten eine dem § 594 Abs 2 öZPO vergleichbare Kompetenz des Schiedsgerichtes zur Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs. Eine diesbezügliche Kompetenz könnte in der Schweiz nur einer richterlichen Behörde zustehen.

d) Nach § 54 Abs 1 Z 3 EO muß der Exekutionsantrag unter anderem bei Exekution auf das Vermögen die Bezeichnung der Vermögensteile, auf welche Exekution geführt werden soll, sowie des Ortes, wo sich dieselben befinden, enthalten. Zu pfändende Forderungen müssen so bezeichnet sein, daß der Drittschuldner und die verpflichtete Partei leicht und einwandfrei erkennen können, auf welche Forderungen Exekution geführt wird (Heller-Berger-Stix III 2125 f). Wenn der verpflichteten Partei gegen einen Drittschuldner nach den Behauptungen im Exekutionsantrag mehrere Forderungen zustehen sollen, müssen zu den einzelnen Forderungen nähere Angaben gemacht werden (SZ 49/44; EvBl 1965/93 ua.). Diese müssen aber - entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin - nicht in der (ungefähren) Höhe der einzelnen Forderungen bestehen. Die unterscheidenden Angaben können auch den Rechtsgrund der zu pfändenden Forderungen betreffen. Die diesbezüglichen Angaben reichen auch im vorliegenden (noch) Fall aus.

e) Die zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz über die Zuständigkeit des Einzelrichters zur Exekutionsbewilligung wird im Revisionsrekurs nicht mehr bekämpft.

f) Daß die im schiedsrichterlichen Verfahren beklagte, nunmehr verpflichtete Partei ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht habe geltend machen können, darf nach Art. V Abs 1 lit b des New Yorker-Übereinkommens - wie schon zu b) erwähnt - nur auf Antrag der verpflichteten Partei zu einer Versagung der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches führen. Diese Umstände sind daher nur mit Widerspruch gegen die Exekutionsbewilligung geltend zu machen.

Davon, daß der von Amts wegen wahrzunehmende Versagungsgrund nach Abs 2 lit b des zitierten Artikels vorläge (Verstoß gegen den ordre public), weil das Beweisverfahren nach Ansicht der verpflichteten Partei mangelhaft geblieben sei, kann keine Rede sein.

Dem Revisionsrekurs ist daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf den gemäß § 78 EO anzuwendenden §§ 40, 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E09986

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00032.86.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19861217_OGH0002_0030OB00032_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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