TE OGH 2010/3/4 13Os156/09d

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Veröffentlicht am 04.03.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Romstorfer als Schriftführer in der Strafsache gegen Alin B***** und andere Angeklagte wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Violeta A***** und Sabri A***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6. Mai 2009, GZ 5 Hv 152/06d-67, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher, des Angeklagten Sabri A***** sowie des Verteidigers Dr. Muchitsch zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen von diesem Erkenntnis unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen der Violeta A***** und des Sabri A***** sowie demzufolge auch in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich des Verfallserkenntnisses) aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Violeta A***** und Sabri A***** werden von der Anklage, sie hätten in der Zeit vom Dezember 2004 bis zum 3. Dezember 2005 in Eisenerz und Graz im einverständlichen Zusammenwirken etwa 176.000 Stück Zigaretten und solcherart

(1) gewerbsmäßig Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel sowie eine Verkürzung von Verbrauchsteuern begangen worden waren und auf die 2.027,52 Euro an Einfuhrzoll sowie 15.496,80 Euro an Tabaksteuer entfielen, und

(2) Monopolgegenstände, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen worden war, mit einem Kleinverkaufspreis von 26.400 Euro

gekauft und verhandelt,

gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Violeta A***** und Sabri A***** jeweils mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I/2) und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II/2) schuldig erkannt.

Danach haben sie in der Zeit vom Dezember 2004 bis zum 3. Dezember 2005 in Eisenerz und Graz im einverständlichen Zusammenwirken in zahlreichen Angriffen etwa 176.000 Stück Zigaretten und solcherart

(I/2) gewerbsmäßig Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel sowie eine Verkürzung von Verbrauchsteuern begangen worden waren und auf die 2.027,52 Euro an Einfuhrzoll sowie 15.496,80 Euro an Tabaksteuer entfielen, und

(II/2) Monopolgegenstände, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen worden war, mit einem Kleinverkaufspreis von 26.400 Euro

gekauft und verhandelt.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass der dagegen von den Angeklagten jeweils aus Z 3, 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass der angefochtenen Entscheidung zu deren Nachteil der von Amts wegen wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet.

Das Erstgericht spricht im Sinn des zweiten Satzes des § 53 Abs 4 FinStrG aus, dass mit der Verurteilung der Beschwerdeführer nicht die Folgen einer gerichtlichen Verurteilung, sondern nur die einer Ahndung durch die Finanzstrafbehörde verbunden sind (US 6). Damit gibt es zu erkennen, einerseits - zutreffend - die gerichtliche Zuständigkeit auf der Basis der strafbestimmenden Wertbeträge (§ 53 Abs 1 lit b und Abs 2 FinStrG) zu verneinen, andererseits aber - rechtsirrig - von der Kompetenzbegründung nach Maßgabe des ersten Satzes des § 53 Abs 4 FinStrG auszugehen.

Nach dieser Bestimmung zieht die Zuständigkeit des Gerichts zur Ahndung von Finanzvergehen des Täters auch dessen Zuständigkeit zur Ahndung von Finanzvergehen der anderen vorsätzlich an der Tat Beteiligten nach sich.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach den insoweit wesentlichen Urteilsannahmen bezog der mit der angefochtenen Entscheidung ebenfalls schuldig erkannte Alin B***** in der Zeit vom Juli 2004 bis zum 3. Dezember 2005 zumindest 714.000 Stück zollunredlich eingeführter Zigaretten, von welchen er sodann die aus dem Spruch ersichtliche Quantität an die Beschwerdeführer verkaufte, die diese teils verbrauchten, teils weiter veräußerten (US 9 bis 13).

Hievon ausgehend waren die Beschwerdeführer aber nicht an den strafbaren Handlungen Alin B*****s beteiligt (§ 11 FinStrG), sondern (auch) im Verhältnis zu diesem allenfalls (bei Vorliegen der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen) Hehler im Sinn der §§ 37, 46 FinStrG.

Diese waren jedoch nur bis zum 31. Dezember 1985 von der Konnexitätsbestimmung des § 53 Abs 4 erster Satz FinStrG mitumfasst. Danach wurden sie durch Art I Z 10 lit b der Finanzstrafgesetz-Novelle 1985 BGBl 571 gezielt aus dieser ausgenommen, weil - nach den Gesetzesmaterialien - der Vorteil einer gemeinsamen Führung der Verfahren wegen selbst geringfügigster Hehlereien mit jenen gegen die Vortäter durch den Nachteil des größeren (schöffengerichtlichen) Verfahrensaufwands überwogen wird (RV 668 BlgNR 16. GP 14).

Da somit die den Beschwerdeführern angelasteten Taten hier keinesfalls eine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung begründen, war ein Freispruch wegen Unzuständigkeit (§ 214 FinStrG) zu fällen.

Mit ihren Rechtsmitteln waren Violeta A***** und Sabri A***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Textnummer

E93609

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0130OS00156.09D.0304.001

Im RIS seit

17.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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