TE OGH 2010/3/19 6Ob47/10w

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2010
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. G***** O*****, 2. B***** T*****, beide vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei F*****GmbH, *****, vertreten durch Mag. Gerd Pichler, Rechtsanwalt in Innsbruck, und die auf Seite der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten 1. I***** H*****, 2. Mag. H***** H*****, beide *****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen (Streitwert 14.534,56 EUR) und Feststellung (Streitwert 7.267,28 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. November 2009, GZ 1 R 204/09y-90, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 14. Mai 2009, GZ 11 Cg 197/04z-84, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Beklagten die mit 1.460,45 EUR (darin 243,41 EUR Umsatzsteuer) und den Nebenintervenienten die mit 1.528,99 EUR (darin 254,83 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten deren Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen über Antrag der Kläger abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es bei der Auslegung der Ruhensvereinbarung der Parteien von den in § 914 ABGB normierten Grundsätzen abgewichen und dadurch von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen ist, unter denen die Klägerinnen das gegenständliche Verfahren fortsetzen hätten müssen.

1. Diese Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts ist angesichts der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten erheblichen Rechtsfrage eine inhaltsleere Allgemeinfloskel; eine erhebliche Rechtsfrage wird damit gerade nicht aufgezeigt. Im Übrigen stellt die Auslegung von Parteienvereinbarungen oder Erklärungen ganz grundsätzlich eine lediglich den Einzelfall betreffende Frage dar.

2. Aber auch die Klägerinnen vermögen in ihrer Revision keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hielten die Parteien anlässlich ihrer Ruhensvereinbarung vom 27. 3. 2003 fest, dass im Verfahren 8 Cg 144/01d des Landesgerichts Innsbruck zum Thema der behaupteten Verletzung des Konkurrenzverbots Beweis aufgenommen wird und dass beabsichtigt ist, die Beweisergebnisse im gegenständlichen Verfahren zu verwerten. Dabei war jedoch nicht angedacht, sämtliche Verfahrensergebnisse im anderen Verfahren abzuwarten und erst dann das gegenständliche Verfahren fortzusetzen, also bis zum Abschluss des anderen Verfahrens zuzuwarten und dieses Verfahren so lange ruhen zu lassen. Beweisthema im anderen Verfahren war von Beginn an das auch im gegenständlichen Verfahren relevante Beweisthema „Konkurrenzverbot“; dieser Themenkreis beherrschte das andere Verfahren ausschließlich.

Das Erstgericht hielt es nicht mehr für feststellbar, welche Beweisergebnisse nach der Absicht der Parteien im anderen Verfahren vorliegen hätten müssen, um die Klägerinnen zur Fortsetzung des gegenständlichen Verfahrens zu veranlassen, und zu welchen konkreten Beweisthemen anlässlich der Ruhensvereinbarung Beweisergebnisse des anderen Verfahrens hätten abgewartet werden müssen.

Die Fortsetzung des gegenständlichen Verfahrens erfolgte über Antrag der Beklagten und deren Nebenintervenienten am 13. 9. 2004.

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist es Aufgabe des Klägers, beachtliche Gründe für das längere, also über die Dreimonatsfrist des § 168 ZPO hinausgehende Ruhen des Verfahrens nachzuweisen, wenn sich der Beklagte gemäß § 1497 ABGB auf die Verjährung infolge des eingetretenen Ruhens beruft (RIS-Justiz RS0034704). Die non-liquet-Feststellungen des Erstgerichts gehen daher zu Lasten der Klägerinnen.

2.2. Mangels Geltendmachung solcher Gründe kann nach den Umständen des Falles schon eine verhältnismäßig kurze Zeitspanne zum Verlust der die Verjährung unterbrechenden Wirkung der Klagseinbringung führen (stRsp, vgl nur 6 Ob 525/79). Die Auffassung der Vorinstanzen, die Klägerinnen hätten das andere Verfahren nach dem Ende der Ruhensfrist jedenfalls rund 14,5 Monate nicht fortgesetzt (den Fortsetzungsantrag stellten ja die Beklagte und deren Nebenintervenienten), was zur Verjährung der geltend gemachten Ansprüche und zur Abweisung des gesamten Klagebegehrens führen müsse, ist angesichts dieser Rechtsprechung nicht zu beanstanden.

2.3. Da die Frage des Konkurrenzverbots ausschließliches Thema des anderen Verfahrens gewesen ist, ein Abwarten der gesamten Beweisaufnahme in diesem Verfahren von den Parteien jedoch nicht intendiert war, scheitert die von den Klägerinnen angestrebte Auslegung der Ruhensvereinbarung gemäß § 914 ABGB dahin, dass „die Beweisergebnisse zum Beweisthema ‘Konkurrenzverbot’ im [anderen] Verfahren abgewartet hätten werden sollen“.

2.4. Die Klägerinnen meinen, sie hätten sich allenfalls im Irrtum über jene Bedingungen befunden, welche die Fortsetzung des ruhenden Verfahrens angezeigt erscheinen hätten lassen. Allerdings kommen bloß in ihrer Sphäre gelegene Umstände als Rechtfertigungsgründe für die Säumnis nicht in Betracht. Sie können sich nur auf solche Gründe berufen, die im Verhältnis zwischen den Prozessparteien liegen (1 Ob 418/97w mwN).

2.5. Dass die Klägerinnen im anderen Verfahren zielstrebig versuchten, die zum Thema „Konkurrenzverbot“ angebotenen Beweise aufnehmen zu lassen, ändert nichts daran, dass die Parteien in diesem Verfahren gerade nicht beabsichtigt hatten, es bis zur Aufnahme sämtlicher Beweise zu diesem Thema ruhen zu lassen; was sie jedoch genau beabsichtigten, konnte das Erstgericht nicht feststellen, was zu Lasten der Klägerinnen geht.

3. Die Vorinstanzen haben somit zutreffend das Klagebegehren aufgrund nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 1497 ABGB abgewiesen. Die Revision der Klägerinnen war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte und die Nebenintervenienten haben in den Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Schriftsätze sind daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen. Der Beklagten steht allerdings nur ein Streitgenossenzuschlag gemäß § 15 RATG in Höhe von 10 % zu, weil auf der Gegenseite lediglich zwei Prozessgegner vorhanden sind.

Schlagworte

Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E93663

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00047.10W.0319.000

Im RIS seit

21.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten