TE OGH 2010/5/18 14Os49/10b

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Veröffentlicht am 18.05.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Stuhl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Horst S***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 28. Jänner 2010, GZ 13 Hv 103/09f-116, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Horst S***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB (A/I), der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 28 Abs 1 erster Fall und Abs 2 SMG (A/II) und des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 SMG (A/IV) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 2 SMG (A/III), der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 erster Fall StGB (C) und der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB (D) sowie der Vergehen nach § 50 Abs 1 (richtig:) Z 1 WaffG (B/I) und nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (B/II) schuldig erkannt.

Danach hat er -  soweit im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - in Enns, Steyr und anderen Orten Österreichs

(A) vorschriftswidrig

I) Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar

1) am 27. April 2008 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Sabrina P***** und Elisabeth del Carmen M***** de S***** sowie Luis Amauris N***** M***** 1.873 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 66,7 % in einem präparierten Koffer über den Luftweg aus der Dominikanischen Republik aus- und nach Spanien mit dem Bestreben eingeführt, das Suchtgift weiter nach Österreich zu verbringen;

II) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Alexander A***** im September 2008 Luis Amauris N***** M***** mit dem Vorsatz, dass Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge in Verkehr gesetzt werde, zum Erwerb von zumindest 2 kg Kokain zu bestimmen versucht, wobei die Tatvollendung aufgrund der Weigerung des Genannten unterblieb;

(B)

II) bis zum 19. März 2009, wenn auch nur fahrlässig, verbotene Waffen, und zwar drei Stahlruten, unbefugt besessen;

(D) am 17. Juni 2009 durch Knicken einer im Zuge einer Nachschau in seinem Haftraum vorgefundenen SIM-Karte nach Aufforderung zur Herausgabe durch Justizwachebeamte ein Beweismittel, das zur Verwendung im gegenständlichen gerichtlichen Strafverfahren bestimmt war und über das er nicht alleine verfügen durfte, mit dem Vorsatz beschädigt zu verhindern, dass es im Verfahren gebraucht werde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Der gegen den Schuldspruch A/I/1 gerichteten Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung der Petra R***** zum Beweis dafür, dass „die Zeugin Sabrina P***** dieser gegenüber wiederholt den versuchten Suchtgiftschmuggel eingestanden und ihr auch den Grund für ihr deliktisches Handeln genannt hat, wobei weder der Erstangeklagte (Horst S*****) noch seine Gattin als Täter oder Mittäter genannt wurden“ (ON 108 S 2), Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt, weil das Schöffengericht die zu beweisenden Umstände ohnehin als erwiesen angenommen hat (US 8 und 20; ON 115 S 4; RIS-Justiz RS0099135).

Die Tatrichter haben sich mit dem anfangs widersprüchlichen Aussageverhalten der Sabrina P***** auseinandergesetzt und eingehend erörtert, weshalb sie den den Angeklagten belastenden späteren Angaben der Zeugin folgten (US 18 ff). Dem Gebot zu gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend waren sie dabei entgegen der Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe (Z 5 zweiter Fall) behauptenden Mängelrüge nicht verpflichtet, sich mit sämtlichen - im Übrigen keine entscheidenden Tatsachen betreffenden - Aussagedetails (etwa zum Ankauf des gegenständlichen Koffers und zur Kenntnis dessen Codes; zur Person des Mieters eines von ihr benutzten Gasthauses; zur Bezahlung des Fluges der Zeugin) auseinanderzusetzen. Das weitere Vorbringen stellt den Erwägungen der Tatrichter zur Beweiskraft der Aussage der Zeugin bloß eigene Auffassungen und Erwägungen gegenüber und bekämpft somit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung deren Beweiswürdigung.

Der aus Z 5 dritter Fall hinsichtlich der zu A/II gegenständlichen Suchtgiftmenge behauptete Widerspruch zwischen den Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen (US 14) und deren Referat im Erkenntnis (US 2) liegt nicht vor, weil die Suchtgiftmenge von 1.320 Gramm Kokain Reinsubstanz sowohl das Fünfzehnfache der Grenzmenge (15 Gramm; § 28b SMG) als auch deren Fünfundzwanzigfaches übersteigt. Indem die eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der subjektiven Tatseite in Bezug auf eine 1.320 Gramm Kokain Reinsubstanz beinhaltende Suchtgiftmenge relevierende Rüge die Erwägungen der Tatrichter zum einheitlichen Reinheitsgehalt sämtlicher Kokainmengen (US 28) und zum darauf gerichteten, aus dem Inhalt des an Luis Amauris N***** M***** gerichteten Schreibens logisch und empirisch einwandfrei abgeleiteten Vorsatz (US 27) übergeht, gelangt sich nicht prozessförmig zur Darstellung.

Soweit sich die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zu diesem Schuldspruch ohne genaue Angabe der Fundstelle auf zwei Skype-Protokolle bezieht, entspricht sie nicht dem aus der gesetzlichen Anordnung, die Nichtigkeitsgründe bestimmt zu bezeichnen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO), als logisch erstem Schritt bestimmter Bezeichnung folgenden Gebot, die Aktenseite, auf der insoweit die argumentative Basis der Nichtigkeitsbeschwerde zu finden ist, exakt zu bezeichnen (RIS-Justiz RS0124172). Schließlich hat sich das Schöffengericht - der Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) zuwider - mit den für den Angeklagten günstigeren Angaben des Laszlo S***** in der Hauptverhandlung hinreichend auseinandergesetzt und mängelfrei dargelegt, weshalb es diesen Depositionen nicht gefolgt ist (US 26 f).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erlaubt eine Bekämpfung der Beweiswürdigung nur insoweit, als sie völlig lebensfremde Ergebnisse derselben durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen) aufzuzeigen in der Lage ist (RIS-Justiz RS0118780). Mit dem neuerlich auf die oben angeführten Skype-Protokolle, auf die Aussage des Laszlo S***** und auf angebliche Widersprüche in der Aussage der Sabrina P***** gestützten Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine gravierenden Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu A/I/1 und A/II zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen hervorzurufen.

In der auf Z 9 lit a gestützten Rechtsrüge moniert der Beschwerdeführer zum Schuldspruch A/II das Fehlen konkreter Feststellungen zu seinen Bestimmungshandlungen „sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht“, hält dabei aber nicht - wie bei der Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes geboten - an den Konstatierungen der Tatrichter fest, wonach er mit Alexander A***** eine größere Menge Kokain nach Österreich versenden wollte, dazu ein entsprechendes Schreiben an Luis Amauris N***** M***** verfasste, in welchem diesem vorgeschlagen wurde, für ihn bzw dessen Mittelsmänner 2 bis 3 kg Kokain nach Europa zu schmuggeln (US 13), und der Angeklagte dabei mit dem Ziel handelte, den Genannten zum Erwerb einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge Suchtgift mit dem Vorsatz zu bestimmen, dass es in Verkehr gesetzt werde (US 14). Der Einwand, die Feststellung, wonach der - zuvor auch hinsichtlich aller übrigen Tatbestandsmerkmale eingehend dargelegte - Tatplan des Beschwerdeführers auf eine Kokain-Reinsubstanz von mindestens 1.320 Gramm gerichtet gewesen ist (US 14), trage den Schuldspruch A/II in subjektiver Hinsicht nicht, lässt nicht erkennen, welche über die insoweit getroffenen hinausgehenden Konstatierungen zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich sein sollen, und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Mit der Behauptung, das Erstgericht habe lediglich „einen dolus eventualis in Bezug auf den Gebrauchsverhinderungsvorsatz konstatiert“, übergeht die zum Schuldspruch D fehlende Feststellungen in subjektiver Hinsicht monierende Rechtsrüge die ausdrücklichen Urteilsannahmen, wonach der Vorsatz des Beschwerdeführers darauf gerichtet war, dass die SIM-Karte als Beweismittel im Verfahren Verwendung finden sollte und er über dieses Beweismittel nicht allein verfügen durfte (US 17 letzter Absatz). Sie orientiert sich solcherart ebensowenig am Verfahrensrecht wie das - entgegen den entsprechenden Urteilskonstatierungen (US 16) - zum Schuldspruch B/II den Besitz bloß zweier Stahlruten behauptende Vorbringen.

Die Beteiligungsform nach § 12 StGB ist kein Gegenstand der Subsumtionsrüge (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 646). Soweit zum Schuldspruch A/I/1 aus Z 9 lit a das Fehlen von Feststellungen zu jeglicher Täterschaftsform behauptet wird, nimmt die Beschwerde nicht an den eine Tatbeteiligung nach § 12 zweiter Fall StGB tragenden Feststellungen (US 6 f und 12) Maß.

Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E94024

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0140OS00049.10B.0518.000

Im RIS seit

30.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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