TE OGH 2010/6/30 9ObA117/09k

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Veröffentlicht am 30.06.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Peter Ladislav und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christine W*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde Klosterneuburg, Rathausplatz 1, 3400 Klosterneuburg, vertreten durch Dr. Günther Loibner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 7.888,80 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits-  und Sozialrechtssachen vom 29. Juni 2009, GZ 10 Ra 25/09h-13, womit das Urteil des Arbeits-  und Sozialgerichts Wien vom 29. Dezember 2008, GZ 29 Cga 70/08p-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 29. 7. 1950 geborene Klägerin war vom 17. 11. 1970 bis 31. 3. 2006 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Mit Bescheid vom 7. 4. 2006 anerkannte die PVA den Anspruch der Klägerin auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab 1. 4. 2006 (§§ 86, 253b und 261 ASVG). Anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses (durch Eigenkündigung) forderte die Klägerin, gestützt auf § 24 Abs 3 NÖ-GVBG aF iVm § 53 Abs 5 NÖ-GBDO aF, die 40-Jahr-Jubiläumsbelohnung in der Höhe von 400 % des letzten Aktivbezugs, insgesamt somit in Höhe des Klagebetrags. Die Beklagte zahlte diesen Betrag nicht, weil ihrer Meinung nach ein Anspruch auf Jubiläumsbelohnung nicht besteht.

§ 24 Abs 3 NÖ-GVBG in der am 31. 3. 2006 geltenden Fassung lautet:

„Abs 3: Dem Vertragsbediensteten gebührt aus Anlass der Vollendung einer zurückgelegten Dienstzeit von 25 und 40 Jahren eine Jubiläumsbelohnung. Im Übrigen sind die Bestimmungen des § 53 Abs 3 bis 7 der NÖ-GBDO 1976 sinngemäß anzuwenden.“

§ 53 („Außerordentliche Zuwendungen für besondere Leistungen“) lautete in der am 31. 3. 2006 geltenden Fassung: …

Abs 3: Dem Gemeindebeamten gebührt aus Anlass der Vollendung einer Dienstzeit von 25 und 40 Jahren eine Jubiläumsbelohnung. Diese beträgt bei einer Dienstzeit von 25 Jahren 200 vH und bei einer Dienstzeit von 40 Jahren 400 vH des Dienstbezugs … im Monat Dezember jenes Jahres, in das das Dienstjubiläum fällt. ...

Abs 5: Die Jubiläumsbelohnung für eine Dienstzeit von 40 Jahren gebührt dem Gemeindebeamten schon im Monat des Ausscheidens aus dem aktiven Dienststand, nach einer Dienstzeit von mindestens 35 Jahren, wenn er spätestens am Tage des Ausscheidens den 738. Lebensmonat vollendet hat. Die Jubiläumsbelohnung für eine Dienstzeit von 25 Jahren gebührt auch, wenn der Gemeindebeamte diesen Zeitraum vollendet hat und vor dem Monat Dezember dieses Jahres aus dem Dienststand ausscheidet. ...“

Mit ihrer Klage vom 14. 5. 2008 begehrt die Klägerin die Bezahlung der sich aus diesen Bestimmungen ergebenden Jubiläumsbelohnung. Nach ihrer Meinung liegt eine (mittelbare) Diskriminierung wegen des Geschlechts vor, weil das Abstellen auf den 738. Lebensmonat (= 61,5 Lebensjahre) eindeutig auf das für Männer geltende Mindestalter für den Bezug vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer (§ 253b Abs 1 alt ASVG) abstelle, obwohl sie als Frau wesentlich früher in Pension gehen könne. Obwohl somit ein früherer Zeitpunkt der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer bestehe, müsse sie dennoch, um in den Genuss der 40-Jahre-Jubiläumsbelohnung zu kommen, zusätzlich bis zur Vollendung des 738. Lebensmonats warten. Männer, deren Regelpensionsalter bei 65 Jahren liege, könnten unter Voraussetzung der 35-jährigen Dienstzeit aber davor, nämlich mit 61,5 Jahren in den Genuss der Jubiläumsbelohnung kommen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und bestritt eine (mittelbare) Diskriminierung wegen des Geschlechts. Die Regelung gelte einheitlich für Männer und Frauen. Dass Frauen früher die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer in Anspruch hätten nehmen können, sei für die Jubiläumsbelohnungsregelung ohne Einfluss.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts.

Es hat dabei die Frage, ob die Bestimmung des § 24 Abs 3 NÖ-GVBG aF iVm § 53 Abs 5 NÖ-GBDO aF eine Diskriminierung wegen des Geschlechts darstelle, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen.

Ergänzend ist den Ausführungen der Revision entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin meint, dass durch den Verweis des § 24 Abs 3 NÖ-GVBG auf Bestimmungen, die nur für Beamte gelten (§ 53 Abs 5 NÖ-GBDO alt) die Besonderheiten des ASVG, die für Vertragsbedienstete gelten, nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Während Beamte allgemein erst mit 738 Monaten Anspruch auf Alterspension haben, werde bei Vertragsbediensteten eben (hinsichtlich vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer) zwischen Männern und Frauen differenziert. Die Jubiläumsregelung müsste daher diese Differenzierung nachvollziehen.

Diese Argumente überzeugen nicht. Zwar kann nicht übersehen werden, dass sich der Landesgesetzgeber bei der Regelung des § 53 Abs 5 NÖ-GBDO aF offensichtlich an der frühestmöglichen „normalen“ Alterspension für Beamte orientierte (§ 60 lit b NÖ-GBDO aF); doch war die tatsächliche Inanspruchnahme der Pension keine Voraussetzung für die begünstigte Auszahlung der Jubiläumsbelohnung nach bereits 35 Dienstjahren, sondern nur die Auflösung des Dienstverhältnisses. Wenn somit der Landesgesetzgeber die Gewährung der vorzeitigen Auszahlung einer Jubiläumsbelohnung einerseits von einer bestimmten Anzahl von Dienstjahren, andererseits aber auch von einem bestimmten Lebensalter abhängig machte und diese Regelung in gleicher Weise für Männer wie für Frauen galt, kann darin keine Diskriminierung wegen des Geschlechts ersehen werden. Allein der Umstand, dass die - mit einer Auslaufregelung versehene - Begünstigung von Frauen hinsichtlich des Pensionsantrittsalters verfassungskonform ist, bedeutet nicht, dass der Landesgesetzgeber gezwungen wäre, Entgeltregelungen einer Differenzierung in der Weise zu unterziehen, dass Frauen, die von ihrem Recht, vorzeitig in Pension zu gehen, Gebrauch machen, auch eine Jubiläumsbelohnung früher erhalten müssen. Im Übrigen kann nicht übersehen werden, dass dem Dienstgeber gar nicht die Möglichkeit eröffnet gewesen wäre, das Dienstverhältnis der Klägerin deshalb zu lösen, weil diese bereits einen Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer hatte. Vielmehr bedurfte es für die Auflösung des Dienstverhältnisses der Initiative der Klägerin, sei es in Form einer Eigenkündigung oder in Form eines Antrags nach § 35 Abs 2 NÖ-GVBG. Wenn der Landesgesetzgeber nunmehr für den Anfall der Jubiläumsbelohnung eine andere, nicht mehr auf das Lebensalter abstellende Regelung getroffen hat, ist daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass die frühere Lösung gegen die Rechtsordnung verstoßen hat.

Zusammenfassend vermögen daher weder die Argumente einer (mittelbaren) Diskriminierung wegen des Geschlechts noch eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz zu überzeugen.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Schlagworte

11 Arbeitsrechtssachen,Gruppe: Zivilrechtsfragen - Menschenrechte,Grundfreiheiten,Europarecht

Textnummer

E94519

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:009OBA00117.09K.0630.000

Im RIS seit

18.08.2010

Zuletzt aktualisiert am

30.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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