TE OGH 2010/7/27 10ObS54/10d

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Veröffentlicht am 27.07.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und VPr. Susanne Höller (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ulrike Charlotte M*****, Kaufmännische Angestellte, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Sabine Berger, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Salzburger Gebietskrankenkasse, Engelbert Weiß-Weg 10, 5021 Salzburg, vertreten durch Dr. Johannes Honsig-Erlenburg, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Rückforderung der Ausgleichszahlung zur ausländischen Familienleistung (4.656,35 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Dezember 2009, GZ 11 Rs 190/09d-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Juli 2009, GZ 16 Cgs 83/09p-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der Klägerin wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist deutsche Staatsbürgerin und lebt mit ihrem Ehegatten und ihren zwei Kindern in Deutschland. Mit ihrem österreichischen Arbeitgeber hat sie für die Zeit vom 1. 1. 2007 bis 21. 2. 2009 Karenz vereinbart. Für ihren am 22. 2. 2007 geborenen Sohn Laurenz beantragte sie in Deutschland Elterngeld und in Österreich (am 7. 4. 2007) Kinderbetreuungsgeld für die Zeit vom 22. 2. 2007 bis 21. 8. 2009. In diesem Antrag gab sie an, dass sie in Deutschland Familienbeihilfe (= „Kindergeld“) beantragt hatte.

Die Klägerin bezog vom 1. 1. 2007 bis 23. 4. 2007 Wochengeld und vom 24. 4. 2007 bis 21. 2. 2008 in Deutschland Elterngeld. Danach erhielt sie aus Deutschland keine Familienleistungen mehr.

Vom 22. 2. 2008 bis 31. 1. 2009 erhielt die Klägerin eine laufende österreichische Ausgleichszahlung zum deutschen Elterngeld von 14,53 EUR pro Tag, insgesamt daher 5.012,85 EUR. Davon entfielen 4.562,42 EUR auf den Zeitraum vom 22. 2. 2008 bis 31. 12. 2008 und 450,43 EUR auf die Zeit vom 1. 1. 2009 bis 31. 1. 2009. Danach stellte die Salzburger Gebietskrankenkasse die Zahlungen ein.

Mit Schreiben vom 11. 2. 2009 teilte die Salzburger Gebietskrankenkasse der Klägerin mit, dass bei der (jährlich im Nachhinein erfolgenden) Berechnung der Ausgleichszahlung zum deutschen Erziehungsgeld für das Jahr 2008 festgestellt worden sei, dass ihr für die Zeit vom 22. 2. 2008 bis 31. 12. 2008 keine Ausgleichszahlung zugestanden wäre, und nahm eine Neuberechnung des Anspruchs vor.

Mit Bescheid vom 26. 2. 2009 sprach die beklagte Salzburger Gebietskrankenkasse unter Bedachtnahme auf § 31 Abs 1 und 2 KBGG aus, dass die Zuerkennung der Ausgleichszahlung zur ausländischen Familienleistung im Zeitraum vom 22. 2. 2008 bis 21. 2. 2009 berichtigt und die Klägerin zur Rückzahlung des bereits ausbezahlten Betrags in der Höhe von insgesamt 4.656,35 EUR binnen vier Wochen verpflichtet werde. Wie die Berechnung für das Jahr 2008 ergeben habe, habe im genannten Zeitraum kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung zum Kinderbetreuungsgeld bestanden.

Das Erstgericht wies das auf Feststellung, dass der Anspruch auf Rückforderung der Ausgleichszahlungen zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 22. 2. 2008 bis 21. 2. 2009 in der Höhe von 4.656,35 EUR nicht zu Recht bestehe, gerichtete Klagebegehren ab und verpflichtete die Klägerin, den bereits ausbezahlten Betrag der Ausgleichszahlung zur ausländischen Familienleistung in der Höhe von 4.656,35 EUR in sieben monatlichen Teilbeträgen à 582 EUR und einem letzten Teilbetrag von 582,35 EUR zurückzuzahlen.

Österreich habe in Fällen wie dem vorliegenden, in dem unbestritten ein anderer Mitgliedstaat (hier Deutschland) vorrangig für Familienleistungen zuständig sei, Ausgleichszahlungen als Differenzbetrag zwischen der Höhe der dem Kinderbetreuungsgeld nach Sinn und Zweck vergleichbaren ausländischen Leistung und dem (höheren) österreichischen Kinderbetreuungsgeld zu leisten. Dabei könne der Anspruch auf Ausgleichszahlung nicht nur durch eine unterschiedliche Höhe der in Betracht kommenden Leistungen, sondern auch durch eine unterschiedlich lange Anspruchsdauer begründet werden. Zur Vermeidung einer Überkompensation von Erziehungsleistungen während der Kleinkindphase seien Überschüsse an Erziehungsleistungen des vorrangig zuständigen Staates, die kürzer gewährt würden, auf nachfolgende Ausgleichszahlungen anzurechnen.

Bei der Berechnung des Anspruchs der Klägerin auf Ausgleichszahlung für das Jahr 2008 sei daher der Überschuss zur deutschen Leistung im Jahr 2007 von 4.388,25 EUR zu berücksichtigen. Im Jahr 2008 stehe der deutschen Elterngeldleistung von gesamt 6.023,80 EUR eine österreichische Leistung von 5.317,98 EUR gegenüber, weshalb die Klägerin für das Jahr 2008 keinen Anspruch auf eine österreichische Ausgleichszahlung habe. Die Zahlung von 4.562,42 EUR für die Zeit vom 22. 2. 2008 bis 31. 12. 2008 sei daher zu Unrecht erfolgt. Für 2009 habe die Klägerin unter Berücksichtigung der deutschen Überzahlung im Jahr 2008 nur Anspruch auf einen Ausgleichszahlungstagsatz von 11,50 EUR (Auszahlungsbetrag von 2.679,67 EUR : 233 Tage). Für die Zeit vom 1. 1. 2009 bis 31. 1. 2009 habe die Klägerin demnach 93,93 EUR zu viel bezogen (14,53 EUR  - 11,50 EUR = 3,03 EUR x 31 Tage). Daraus errechne sich ein von der Klägerin zu Unrecht bezogener Ausgleichszahlungsbetrag zur deutschen Familienleistung von gesamt 4.656,35 EUR.

Die Rückforderung der von der Klägerin bezogenen Ausgleichszahlungen zum deutschen Elterngeld beruhe auf den §§ 30 und 31 KBGG. Nach § 30 Abs 2 KBGG sei für den Fall, dass sich die Zuerkennung oder die Bemessung einer Leistung nach diesem Bundesgesetz nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausgestellt habe, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Da sich bei der Neuberechnung der Ausgleichszahlung der Klägerin unter Anrechnung der deutschen Überschüsse herausgestellt habe, dass diese keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung für das Jahr 2008 habe und für das Jahr 2009 zu viel ausbezahlt worden sei, sei die Zuerkennung dieser Leistungen als gesetzlich nicht begründet rückwirkend zu berichtigen.

Nach § 31 Abs 2 KBGG bestehe die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt worden sei, bei deren Vorliegen kein Anspruch bestehe. Anders als beim Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 1 KBGG, der hier aufgrund der lex-specialis-Bestimmung des § 31 Abs 2 KBGG nicht anwendbar sei, sei es zur Erfüllung des Rückforderungstatbestandes des § 31 Abs 2 KBGG daher nicht notwendig, den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt zu haben. Schon nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung komme es nur darauf an, dass rückwirkend eine Tatsache festgestellt worden sei, deren Vorliegen dazu führe, dass kein Anspruch bestehe. Da von der beklagten Partei rückwirkend festgestellt worden sei, dass die Klägerin aufgrund der Überschüsse aus den Jahren 2007 und 2008 keinen Anspruch auf die bereits erhaltenen Ausgleichszahlungsbeträge von 4.656,35 EUR gehabt habe, sei der Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 KBGG erfüllt. Ob dies die beklagte Partei bereits früher hätte erkennen können oder eine fehlerhafte Berechnung nachträglich berichtigt worden sei, sei dabei unbeachtlich.

Der Einwand des gutgläubigen Verbrauchs eines Zuschusses sei nach herrschender Rechtsprechung nicht berechtigt, weil eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung im Gesetz normiert sei.

Aufgrund der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin habe in analoger Anwendung des § 89 Abs 4 ASGG iVm § 65 Abs 1 Z 2 und Z 8 ASGG eine Ratenanordnung getroffen werden können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge.

Für einen Anspruch auf Ausgleichszahlung müssten alle Anspruchsvoraussetzungen des KBGG erfüllt sein. Der Anspruch auf Ausgleichszahlung sei für jedes Kalenderjahr im Nachhinein gesondert - grundsätzlich anhand der übermittelten Daten der ausländischen Behörden - festzustellen; die tatsächliche Auszahlung erfolge einmal jährlich (entsprechend der Ausgleichszahlung bei der Familienbeihilfe) im Nachhinein.

Ausgehend von den richtigen Berechnungen des Erstgerichts habe die Klägerin von der beklagten Partei 4.656,35 EUR zu viel an Ausgleichszahlung zur ausländischen Familienleistung bezogen. Es bleibe daher lediglich die Frage zu beantworten, ob bzw unter welchen Voraussetzungen die beklagte Partei diesen Betrag von der Klägerin zurückfordern könne. Auf die Bestimmung des § 31 Abs 2 KBGG, wonach eine Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung auch dann bestehe, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt worden sei, die den Anspruch entfallen lasse, habe bereits das Erstgericht zutreffend hingewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der darin genannte Rückforderungstatbestand immer schon dann erfüllt sei, wenn ein Versicherter oder eine Versicherte zu Unrecht Kinderbetreuungsgeld bzw eine Ausgleichszahlung zur ausländischen Familienleistung erhalten habe (also etwa auch dann, wenn der beklagten Partei bei der Berechnung der Leistung ein Fehler unterlaufen sei oder sie einen ihr bekannten Überschuss an geleisteter Ausgleichszahlung nicht sofort bei Auszahlung der weiteren Beträge berücksichtigt habe), oder doch nur dann, wenn die beklagte Partei im Nachhinein in Kenntnis von Tatsachen gelangt sei, die, wären sie ihr bereits bei Erlassung des Bescheides über die entsprechende Leistung bekannt gewesen, zu keiner oder einer Leistung in einer geringeren Höhe geführt hätten.

Da die Überprüfung des Anspruchs auf eine Ausgleichsleistung sowie deren tatsächliche Auszahlung für jedes Kalenderjahr im Nachhinein erfolge und die beklagte Partei der Klägerin erstmals im Jahr 2008 eine Leistung nach dem KBGG ausgezahlt habe, sei die Anfang des Jahres 2009 vorgenommene Überprüfung der Höhe der geleisteten Zahlungen unter Berücksichtigung des deutschen Elterngeldes im Einklang mit den angeführten Grundsätzen vorgenommen worden. Nur weil die beklagte Partei der Klägerin (offenbar wegen des Endes der deutschen Familienleistungen) die Ausgleichszahlung zum KBGG in vorerst voller Höhe mit 14,53 EUR pro Tag ab 22. 2. 2008 ausbezahlt und die Leistung - dann bereits unter Berücksichtigung des Überschusses aus dem Jahr 2007 - nicht erst auf einmal im Nachhinein erbracht habe, liege entgegen der Rechtsansicht der Klägerin noch kein Rechenfehler der beklagten Partei vor, der sie unter Umständen nicht zur Rückforderung des zu viel und daher zu Unrecht ausbezahlten Betrages berechtigt hätte.

Der bekämpfte Bescheid entspreche auch der Höhe nach der Sach- und Rechtslage.

Die Revision sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Rückforderung einer zu viel bezahlten Ausgleichszahlung vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu sie abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Klägerin bringt zusammengefasst vor, dass sie angesichts der von Anfang an vollständig und richtig vorliegenden Daten auf die Richtigkeit der Berechnung und Leistungsauszahlung durch die beklagte Partei vertrauen habe dürfen, zumal ihr nicht mitgeteilt worden sei, dass tatsächlich erst im Nachhinein eine Berechnung erfolge und für den Fall des Überbezugs eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe. Aus diesen Umständen gehe hervor, dass die Höhe der Leistung auch für die beklagte Partei nicht eine vorläufige, sondern eine endgültige gewesen sei; sie könne sich nicht im Nachhinein auf einen Rechenfehler berufen, der für die Klägerin zu keiner Zeit ersichtlich gewesen sei. Im Übrigen werde das Kinderbetreuungsgeld sinnentfremdet, wenn Ausgleichszahlungen zwar empfangen, aber nicht zweckgewidmet verwendet werden könnten. Die Klägerin habe die Zahlungen entsprechend ihrem Zweck verbraucht. Eine Rückforderung von Leistungen, die ausschließlich aufgrund eines Fehlers des Sozialversicherungsträgers zu Unrecht ausbezahlt worden seien, sei im KBGG - so wie in anderen Sozialversicherungsgesetzen - nicht vorgesehen. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund es sich bei den Ausgleichszahlungen zu ausländischen Familienleistungen anders verhalten solle.

Dazu wurde erwogen:

Das Berufungsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass sich der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung zur (vergleichbaren) ausländischen Familienleistung grundsätzlich nach den Regeln für das österreichische Kinderbetreuungsgeld richtet. Infolge des Zusammenhangs zwischen dem Bestehen des Anspruchs und der Möglichkeit der Rückforderung gelten auch für letztere die einschlägigen Bestimmungen des KBGG.

Das KBGG enthält eine eigene Rückforderungsbestimmung in § 31. Nach dessen Abs 1 ist der Leistungsbezieher im Fall der Einstellung, der Herabsetzung, des Widerrufs oder der Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Darüber hinausgehend sieht § 31 Abs 2 KBGG eine Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung auch dann vor, wenn rückwirkend Tatsachen festgestellt werden, bei deren Vorliegen kein Anspruch (hier: auf Ausgleichszahlung) besteht.

Im vorliegenden Fall kommt allein der Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 KBGG in Betracht, wobei entscheidende Bedeutung dem Merkmal der „rückwirkenden Feststellung“ von Tatsachen, die einem Anspruch entgegenstehen, zukommt. Die von der Klägerin immer wieder ins Spiel gebrachten verschuldensbezogenen Kriterien des § 31 Abs 1 KBGG (zB unwahre Angaben, Erkennenmüssen des Fehlens eines Leistungsanspruchs) haben für die Auslegung des § 31 Abs 2 KBGG keine Bedeutung.

Während die Klägerin die in § 31 Abs 2 KBGG normierte Rückforderungsmöglichkeit eng auslegt und die Bestimmung unangewendet lassen will, wenn der beklagten Partei von vornherein alle maßgeblichen Umstände offen gelegt wurden, gelten nach der Lehre als „rückwirkend festgestellte Tatsachen“ alle für die Zuerkennung des Anspruchs maßgeblichen Umstände, die erst zu einem nach der Zuerkennung liegenden Zeitpunkt festgestellt wurden (Ehmer ua, Kinderbetreuungsgeld2 [2009] 230). Für diese Ansicht spricht, dass Abs 2 - auch in Abgrenzung zu Abs 1 - eine objektive Rückzahlungsverpflichtung normiert (so bereits RIS-Justiz RS0124064 zu § 31 Abs 2 Satz 2 KBGG), die nur davon abhängt, dass sich nachträglich eine (ursprünglich nicht bekannte) Tatsache herausstellte, bei deren Vorliegen kein Anspruch auf die Leistung besteht. Gegen eine Rückzahlungsverpflichtung auf der dargestellten Grundlage bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (VfGH G 128/08).

Die Klägerin lässt in der Revision den Umstand, dass es an den Anspruchsvoraussetzungen für die Ausgleichszahlung gefehlt hat, unbestritten. Ihrem Standpunkt, dass der beklagten Partei kein Rückforderungsrecht zukomme, wenn ihr die maßgeblichen Umstände von vornherein bekannt oder zumindest erkennbar gewesen wären, kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Die Rückzahlungsverpflichtung nach § 31 Abs 2 KBGG setzt voraus, dass rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht. Es trifft zu, dass dann, wenn dem Krankenversicherungsträger bei der Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes bereits alle für die Gewährung maßgebenden Umstände bekannt waren und er - etwa aufgrund einer unrichtigen Rechtsansicht oder einer unrichtigen Berechnung - trotzdem das Kinderbetreuungsgeld auszahlt, kein Rückforderungsanspruch nach § 31 Abs 2 KBGG besteht, falls der Krankenversicherungsträger nachträglich die Unrichtigkeit der Gewährung bemerkt. In diesem Sinn muss sich der Widerrufsgrund, um Grundlage für eine Rückforderung bilden zu können, erst nachträglich herausgestellt haben.

Ein solcher Grund für die Rückforderung liegt hier im späteren Bekanntwerden des Ausmaßes der korrespondierenden deutschen Familienleistung. Die Tatsache allein, dass der beklagten Partei, die von Anfang an eine Ausgleichszahlung zur deutschen Familienleistung erbrachte, der in Deutschland bestehende vorrangige Leistungsanspruch von vornherein bekannt war und auch die Klägerin die maßgeblich Daten richtig bekannt gegeben hatte, hindert eine Rückforderung nach § 31 Abs 2 KBGG nicht.

Im Hinblick auf die in § 31 Abs 2 KBGG für den Fall normierte Rückzahlungsverpflichtung, dass sich im Nachhinein eine anspruchshindernde Tatsache herausstellt, kann sich die Klägerin auch nicht auf gutgläubigen Verbrauch der empfangenen Leistung berufen (RIS-Justiz RS0114485, RS0124064).

Der Revision der klagenden Partei ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Die in dieser Gesetzesstelle geforderten Voraussetzungen, die einen ausnahmsweisen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder behauptet noch sind sie aus der Aktenlage erkennbar.

Schlagworte

12 Sozialrechtssachen,

Textnummer

E94761

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:010OBS00054.10D.0727.000

Im RIS seit

15.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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