TE OGH 2010/8/2 6Nc9/10s

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Veröffentlicht am 02.08.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gitschthaler und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj J***** Z*****, über das Ersuchen des Bezirksgerichts Linz um eine Entscheidung nach § 47 JN in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Linz an das Bezirksgericht Haag wird genehmigt.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 15. 12. 2009 räumte das Bezirksgericht Linz dem Vater der Minderjährigen ein Besuchsrecht an jedem Dienstag von 12:00 bis 18:00 Uhr ein und behielt sich die Entscheidung über den weiteren Antrag des Vaters vor, ihm „ab dem 2. Monat“ ein Wochenendbesuchsrecht alle 14 Tage zu gewähren.

Mit nunmehr rechtskräftigem Beschluss vom 13. 4. 2010 übertrug das Bezirksgericht Linz die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Haag, weil sich das Kind ständig in dessen Sprengel aufhalte.

Das Bezirksgericht Haag verweigerte mit Beschluss vom 26. 4. 2010 die Übernahme des Akts mit der Begründung, es liege ein offener Antrag vor, über den das Bezirksgericht Linz entscheiden solle, zumal es sich bereits eingehend mit diesem Antrag befasst und dazu auch Vernehmungen durchgeführt habe.

Daraufhin legte dieses den Akt dem Obersten Gerichtshof „zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit gemäß § 47 JN“ vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Zuständigkeitsübertragung ist zu genehmigen.

Der vorliegende Fall ist - wie schon im Beschluss des Obersten Gerichtshofs in diesem Verfahren vom 11. Mai 2010 ausgeführt - entgegen der Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts kein Fall des § 47 JN, sondern ein solcher des § 111 (Abs 2) JN.

Gemäß § 111 Abs 2 Satz 2 JN bedarf im Falle der Weigerung des anderen Gerichts die Übertragung zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des den beiden Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gerichts.

Offene Anträge (etwa bezüglich der Änderung des Besuchsrechts) sprechen im Allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung, es sei denn, dem übertragenden Gericht käme zur Entscheidung eine besondere Sachkenntnis zu oder es hätte bereits unmittelbare Beweisaufnahmen durchgeführt (RIS-Justiz RS0047032 [T5a, T7]).

Aus dem erst wenige Ordnungsnummern umfassenden Akt ergibt sich, dass nur die Mutter einmal kurz vor dem Bezirksgericht Linz einvernommen wurde, der Vater hingegen nicht. Da überdies seit dem Beschluss des Bezirksgerichts Linz über das Besuchsrecht bereits etwa acht Monate vergangen sind, wird bei der nunmehr knapp sechsjährigen Minderjährigen hinsichtlich des noch offenen Besuchsrechtsantrags des Vaters auch die Entwicklung der Beziehung der beteiligten Personen nach der seinerzeitigen Beschlussfassung des Bezirksgerichts Linz zu prüfen sein. Ausreichende Gründe für die Verweigerung der Übertragung der Zuständigkeit im Sinne der zitierten Rechtsprechung liegen somit nicht vor.

Textnummer

E94786

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0060NC00009.10S.0802.000

Im RIS seit

19.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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