TE OGH 2010/9/15 15Os101/10g

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Veröffentlicht am 15.09.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Reich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ivica N***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Februar 2010, GZ 54 Hv 83/09h-70, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe und seiner Verteidigerin Dr. Fichtenbauer zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Ivica N***** wird für das ihm zur Last liegende Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB nach dieser Gesetzesstelle und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Februar 2009, AZ 63 Hv 149/08d, zu einer Freiheitsstrafe von

drei Monaten

verurteilt.

Die Vorhaftanrechung wird aus dem Ersturteil übernommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Ivica N***** im Übrigen wird zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche enthält, wurde Ivica N***** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen 7. November und 7. Dezember 2006 ein Gut, das ihm anvertraut worden ist, (mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern: US 9 f) zugeeignet, indem er den Pkw Mercedes E 200 seines Arbeitgebers M***** mit dem polizeilichen Kennzeichen ***** im Wert von 2.000 Euro nach Serbien verbrachte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die auf Z 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sowie die aus Z 11 zu dessen Gunsten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

In seiner Mängelrüge vermisst der Angeklagte ein Eingehen auf die Angaben der Zeugen D***** und Dr*****, die seine Verantwortung, er habe das Auto von N. N***** gekauft, stützen (Z 5 zweiter Fall). Das Gericht hat die Aussagen der Entlastungszeugen jedoch ohnedies beweiswürdigend berücksichtigt (US 13, 15), diese aber als Gefälligkeitsaussagen gewertet (US 17) und die Angaben des Angeklagten aufgrund der Chronologie der Fahrzeugzulassungen und des Umstands, dass dieser weder einen schriftlichen Kaufvertrag noch einen originalen Zulassungsschein vorweisen konnte, für widerlegt erachtet.

Die Motive für die Um- und Abmeldungen des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs sind für die Lösung der Schuldfrage nicht von Bedeutung und bedurften daher auch keiner weiteren Erörterung. Soweit die Rüge kritisiert, verschiedene Sachverhaltselemente seien unklar geblieben (der Sache nach Z 5a), legt sie nicht dar, wodurch der anwaltlich vertretene Angeklagte an einer zweckentsprechenden Antragstellung im Verfahren gehindert gewesen wäre (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Im Ergebnis versucht der Beschwerdeführer damit lediglich in der Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu bekämpfen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hält - ebenso wie die Subsumtionsrüge (Z 10) - mit der Prämisse, der Angeklagte habe den Pkw tatsächlich gekauft, prozessordnungswidrig nicht an den getroffenen Konstatierungen fest (RIS-Justiz RS0099810). Die vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite finden sich auf US 9 f.

Soweit der Beschwerdeführer eine Begründung zum festgestellten, auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz vermisst (insofern Z 5 vierter Fall), ist er auf den zulässig abgeleiteten Schluss von dem objektiven Tatgeschehen auf die subjektive Tatseite zu verweisen (US 17 f; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Zutreffend zeigen allerdings sowohl die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) des Angeklagten als auch jene zu dessen Gunsten ergriffene der Staatsanwaltschaft auf, dass das Erstgericht seine Strafbefugnis überschritten hat.

Das Gericht verhängte unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. Februar 2009, AZ 63 Hv 149/08d, nach dem Strafsatz des § 133 Abs 1 StGB eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, wobei ein Teil von sechs Monaten bedingt nachgesehen wurde. Der Strafsatz für das Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB sieht jedoch nur eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vor. Diese angedrohte Freiheits- oder Geldstrafe darf auch nicht überschritten werden, wenn - wie hier - das nunmehrige Urteil gemäß § 31 Abs 1 StGB Bedacht auf ein Vorurteil nimmt, weil auch eine Zusatzstrafe das Höchstmaß der Strafe nicht übersteigen darf, die für die neu hervorgekommene Tat für sich allein betrachtet angedroht ist (Fabrizy StGB10 § 31 Rz 5). Mit der Verhängung einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von neun Monaten hat das Gericht somit seine Strafbefugnis überschritten, der Sanktionsausspruch war demnach aufzuheben.

Bei der hiedurch notwendig gewordenen Strafneubemessung waren erschwerend die einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen von (zwei) Vergehen, mildernd hingegen das teilweise Geständnis zu werten. Bei Gewichtung dieser Strafzumessungsgründe war eine Freiheitsstrafe von drei Monaten zu verhängen. Eine bedingte Nachsicht dieser Strafe kommt angesichts der einschlägigen Vorstrafen schon aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E95218

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0150OS00101.10G.0915.000

Im RIS seit

03.11.2010

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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