TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/31 98/09/0339

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Veröffentlicht am 31.01.2001
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §12a Abs2;
AuslBG §13;
AuslBG §13a;
AuslBG §4 Abs6;
BHZÜV 1995 §1 Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/09/0340

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerden der S Bau Ges.m.b.H. in F, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen die Bescheide der Landesgeschäftsstelle Vorarlberg des Arbeitsmarktservice vom 24. Juli 1998, 1.) Zl. LGSV/3/13113/1998 ABB 1801674 und

2.) Zl. LGSV/3/13113/1998 ABB 1801682, jeweils betreffend Beschäftigungsbewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegenden Beschwerden sind gegen im Instanzenzug ergangene Bescheide der Landesgeschäftsstelle Vorarlberg des Arbeitsmarktservice (belangte Behörde) vom 24. Juli 1998 gerichtet, mit denen jeweils Anträge der beschwerdeführenden Ges.m.b.H. auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für zwei bosnische Staatsbürger gemäß § 4 Abs. 6 Z. 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgewiesen wurden.

Die angefochtenen Bescheide wurden im Wesentlichen damit begründet, dass die beschwerdeführende Partei die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für die Ausländer jeweils für die berufliche Tätigkeit als Bauhelfer beantragt habe.

Die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales mit Verordnung gemäß § 13a Z. 3 AuslBG für das Bundesland Vorarlberg festgesetzte Landeshöchstzahl sei weit überschritten. Die beschwerdeführende Gesellschaft sei der Auffassung, dass an der Beschäftigung von bosnischen Kriegsflüchtlingen ein öffentliches und gesamtwirtschaftliches Interesse bestehe, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung trotz Überschreitung der Landeshöchstzahl seien gegeben, und es sei insofern die Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHÜZV) anzuwenden. Dieses Vorbringen gehe jedoch ins Leere, weil entscheidungswesentlich allein das Fehlen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG sei. Auch wenn das Bestehen eines öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesses aus gesamtösterreichischem Gesichtspunkt nicht verneint werden könne, sei doch das Erfordernis der Beschäftigung der beantragten Ausländer im öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesse gemäß § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG nicht zu bejahen. Der mit dem erstangefochtenen Bescheid abgelehnte Ausländer verfüge über kein Aufenthaltsrecht als Vertriebener gemäß § 29 des Fremdengesetzes 1997, er sei im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck "Familiengemeinschaft mit Fremden". Öffentliche Interessen könnten die Beschäftigung eines Ausländers zum Beispiel dann erfordern, wenn dessen Aufenthalt durch öffentliche Mittel finanziert werde. Dies sei jedoch bei keinem der beantragten Ausländer der Fall.

Die beschwerdeführende Partei habe kein Vorbringen erstattet, inwiefern für die Beschäftigung der beantragten Ausländer als Bauhelfer ein besonders wichtiger Grund oder überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen im Sinn des § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG sprächen. Dass sie schon seit Längerem geeignete Hilfskräfte suche, reiche dazu nicht aus. Aus die vorgebrachten familiären Verhältnisse der beantragten Ausländer seien für das gegenständliche Verfahren unerheblich.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem mit Beschluss vom 28. September 1998, B 1571/98-3, abgelehnten und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerden, mit denen die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

In der Beschwerde wiederholt die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen ihre bereits von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden wiedergegebenen Argumente.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete Gegenschriften und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 Abs. 6, § 12a, § 13 und § 13a AuslBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996 haben folgenden Wortlaut:

"§ 4. ...

...

(6) Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind.

...

Bundeshöchstzahl

§ 12a. (1) Die Gesamtzahl der unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer darf den Anteil von 8 vH am österreichischen Arbeitskräftepotenzial (Gesamtzahl der unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Inländer und Ausländer) nicht übersteigen. Diese Gesamtzahl hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales jährlich kundzumachen.

(2) Über die Gesamtzahl gemäß Abs. 1 hinaus dürfen Sicherungsbescheinigungen und Beschäftigungsbewilligungen bis zu einem Höchstausmaß von 9 vH am österreichischen Arbeitskräftepotenzial erteilt werden, wenn dies der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung für einzelne Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, festlegt. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, ein Höchstausmaß für alle Überziehungsfälle zusammengerechnet oder bestimmte zahlenmäßige Höchstrahmen für einzelne Gruppen vorsehen.

Höchstzahlen

§ 13. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann, wenn es öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen, insbesondere im Bereich der Bevölkerungspolitik und der Infrastruktur, oder die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erfordern, für das gesamte Bundesgebiet oder für einzelne oder mehrere Bundesländer nach Anhörung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie der betreffenden Länder durch Verordnung Höchstzahlen für die Beschäftigung von Ausländern festsetzen.

§ 13a. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann, abgesehen vom Fall des § 13,

1. auf gemeinsamen Vorschlag der Interessenvertretungen derArbeitgeber und der Arbeitnehmer,

2.

auf Antrag des betreffenden Bundeslandes oder

3.

zur Sicherung der Bundeshöchstzahl gemäß § 12a

das für die einzelnen Bundesländer unter Bedachtnahme auf die örtliche Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes bestimmte Höchstausmaß beschäftigter und arbeitsloser Ausländer durch Verordnung bis spätestens 30. November für das nächstfolgende Jahr festsetzen (Landeshöchstzahlen)."

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG sind auch für Personen, die der Gruppe der in § 1 Z. 2 BHZÜV genannten Ausländer angehören, weiterhin gültig. Die Aufnahme bestimmter Personengruppen in die BHZÜV auf Grund des § 12a Abs. 2 AuslBG hat zwar auf das Verfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG insoferne Auswirkungen, als das Bestehen eines öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesses aus gesamtösterreichischem Gesichtspunkt nicht mehr verneint werden kann. Das Erfordernis des § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG enthält jedoch eine andere Tatbestandsvoraussetzung, nämlich das Erfordernis der Beschäftigung des beantragten Ausländers im öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesse. Das bedeutet, dass trotz des in der BHZÜV dokumentierten Bestehens eines öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesses Sachverhaltselemente hinzutreten müssen, um im Bereich des Landeshöchstzahlenüberziehungsverfahrens die Erforderlichkeit der Beschäftigung aus öffentlichem oder gesamtwirtschaftlichem Interesse zu erfüllen. Daher konnte sich die belangte Behörde zu Recht selbst trotz Angehörigkeit der beantragten Ausländer zu der in § 1 Z. 2 BHZÜV genannten Personengruppe - mit negativem Ergebnis - auf die Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG stützen.

Die Überschreitung der Landeshöchstzahl des Bundeslandes Vorarlberg zum Stichtag blieb im gegenständlichen Fall unbestritten. Demnach konnte die Beschäftigung der bosnischen Staatsangehörigen nur im Falle der Erfüllung einer der in § 4 Abs. 6 AuslBG genannten besonderen Voraussetzungen erfolgen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. April 1998, Zl. 96/09/0137). Die belangte Behörde ist auf nicht rechtswidrige Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass dies nicht der Fall war.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend von in der Person bzw. der Familiensituation der beantragten Ausländer gelegenen Interessen ist entgegenzuhalten, dass bei Prüfung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG nicht auf derartige persönliche Verhältnisse der beantragten Ausländer Bedacht zu nehmen ist (vgl. auch dazu das bereits angeführte hg.

Erkenntnis).

     Sohin waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als

unbegründet abzuweisen.

     Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den

§§ 47 ff VwGG i.V.m. § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Jänner 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998090339.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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