TE OGH 2010/12/15 4Ob130/10m

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Veröffentlicht am 15.12.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei M*****gesellschaft m.b.H. & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Erhard Hackl und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 35.000 EUR sA), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 20. Mai 2010, GZ 2 R 76/10z-8, womit der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 12. März 2010, GZ 1 Cg 31/10i-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei deren mit 1.961,64 EUR (darin 326,94 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Herausgeberin des oberösterreichischen Frauenmagazins „m*****“, die Beklagte ist ein Marktforschungsinstitut. Die Beklagte erstellte im Auftrag der Herausgeberin des Frauenmagazins „D***** O*****“ eine Reichweiten-Studie („market-Studie 2009“), worin das letztgenannte Magazin mit einer Reichweite von 20 % den ersten Platz belegte. Die Auftraggeberin veröffentlichte die Ergebnisse der Studie in ihrem Magazin.

              Zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin - gestützt auf §§ 1 und 2 UWG - der Beklagten mit einstweiliger Verfügung (zusammengefasst) zu untersagen, den Wettbewerb des jeweiligen Medieninhabers des Frauenmagazins „D***** O*****“ zu fördern, indem sie diesem unrichtige Reichweitenwerte für Printmedien, insbesondere die market-Studie 2009 zu den Leserreichweiten insbesondere für die Frauenmagazine „D***** O*****“ und „m*****“ zur Veröffentlichung, insbesondere zur Bewerbung im Frauenmagazin „D***** O*****“ zur Verfügung stellt;

in eventu indem sie das beschriebene Verhalten setzt, ohne dabei ausreichend deutlich darauf hinzuweisen, dass die zur Verfügung gestellten Reichweitenwerte, insbesondere die market-Studie 2009 zu den Leserreichweiten insbesondere für die Frauenmagazine „D***** O*****“ und „m*****“ von anderen Reichweitenerhebungen, insbesondere der Media-Analyse 2008/2009 des Vereins Arbeitsgemeinschaft Media-Analysen und der Regioprint 2009 des Verbands der regionalen Medien Österreichs (VRM) abweichen und/oder in welchem Ausmaß eine solche Abweichung gegebenenfalls vorliegt.

Die Klägerin brachte zusammengefasst vor, die Beklagte habe in der market-Studie 2009 die Leserzahlen oberösterreichischer Frauenmagazine, mangelhaft, unplausibel und unter Missachtung der maßgeblichen Qualitätskriterien erhoben und sei zu vollkommen unrealistischen Ergebnissen zu Gunsten des Frauenmagazins „D***** O*****“ gekommen. Dessen überaus günstiges Abschneiden stehe in krassem Widerspruch zu anderen Leserreichweitenerhebungen. Die von einem unabhängigen Verein verfasste und deshalb über jeden Zweifel erhabene Media-Analyse 2008/2009 habe für sechs der in der Studie angeführten Zeitschriften wesentlich geringere Reichweitenwerte ermittelt. Das Abschneiden des Frauenmagazins „D***** O*****“ in der market-Studie 2009 stehe auch in krassem Widerspruch zu den Leserreichweiten der „Regioprint 2009“. Darin werde für „D***** O*****“ eine Reichweite von 6 % - gegenüber 20 % laut-market Studie 2009 - angegeben. Diese Differenzen seien methodisch nicht zu erklären und vollkommen unplausibel, hätten der Beklagten auffallen müssen und eine Warnpflicht gegenüber ihrem Auftraggeber ausgelöst. Sie habe ihre Studie zur Verwendung und Veröffentlichung im Frauenmagazin „D***** O*****“ zur Verfügung gestellt. Somit habe sie es bewusst einer direkten Konkurrentin der Klägerin ermöglicht, mit unrichtigen Reichweitenzahlen zu werben, und dadurch deren Wettbewerb gegenüber der Klägerin in unlauterer Weise gefördert. Aufgrund der Beweislastregel nach § 1 Abs 5 UWG, die nach § 2a Abs 4 UWG auch für vergleichende Werbung gelte, liege es an der Beklagten, die Richtigkeit der Reichweitenergebnisse ihrer market-Studie 2009 zu beweisen. Die Wettbewerbsabsicht der Beklagten sei offenkundig. Es liege ein typischer Fall der Förderung fremden Wettbewerbs vor, weswegen die Wettbewerbsabsicht ohnehin von vornherein zu vermuten sei. Selbst wenn die Beklagte mit ihrer Studie auch andere Zwecke verfolgt haben sollte, träte die Wettbewerbsabsicht nicht völlig in den Hintergrund.

Die Beklagte bestritt Wettbewerbsverstoß und Wiederholungsgefahr. Die Studie sei exklusiv für ihre Auftraggeberin erstellt worden, die Beklagte habe sie nicht veröffentlicht. Die erforderlichen Qualitätsstandards und Sorgfaltspflichten seien eingehalten worden. Ihre Studie habe auf die angewandte Methode und darauf hingewiesen, dass ein Vergleich mit der Media-Analyse oder der Regioprint nicht möglich sei. Die Differenzen seien methodisch zu erklären und vollkommen plausibel. Es liege im Wesen der Marktforschung, sich hiebei verschiedener Methoden zu bedienen. Die Beklagte habe alle Befragungen ordnungsgemäß durchgeführt. Sie habe nur verlagsunabhängige und zufällig aus dem Telefonbuch ausgewählte Adressen verwendet. Ihre Auftraggeberin habe nicht zu erkennen gegeben, dass die Studie veröffentlicht werden sollte; davon habe auch nicht von vornherein ausgegangen werden können.

              Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es legte seiner Entscheidung folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt zugrunde: Im Rahmen der market-Studie 2009 der Beklagten wurden im Zeitraum 9. bis 16. Juli 2008 800 Oberösterreicher(innen) in Form der telefonischen CATI-Befragungsmethode befragt. Das Frauenmagazin „D***** O*****“ belegte mit einer Anzahl von 237 Leserinnen und somit einer Reichweite von 20 % den ersten Platz in dieser Studie. Deren Ergebnisse wurden von der Auftraggeberin in der September-Printausgabe des Frauenmagazins „D***** O*****“ sowie in einem Informationsfolder veröffentlicht, die beide auf der von der Auftraggeberin betriebenen Website einzusehen sind. Sechs Magazine waren sowohl Gegenstand der market-Studie 2009 als auch der Media-Analyse 2008/2009 und der Media-Analysen 2005 bis 2009. Dabei zeigten sich jeweils folgende Werte:

Namen

Market-Studie

2009

Media-Analyse

2008/2009

Durchschnitt

Media-Analysen

2005-2009

Welt der Frau

16 %

6,5 %

6 %

Woman

16 %

7,7 %

7,43 %

Wienerin

8 %

2,7 %

2,36 %

Seitenblicke

8 %

1,8 %

1,7 %

Maxima

5 %

2,9 %

2,8 %

Diva

2 %

0,8 %

0,65 %

Der Media-Analyse 2008/2009 lag ein Erhebungszeitraum von einem Jahr mit 2.468 Befragten in Oberösterreich mittels der CASI-Befragungsmethode zugrunde. Bei der Regioprint 2009 lag ein Erhebungszeitraum von vier Monaten unter Anwendung der CASI-Methode zugrunde. Dabei erzielte das Magazin mit den Abkürzungen „D… O…“ eine Leserreichweite von 6 %. Auf der einführenden Methodenseite der Studie der Beklagten fanden sich folgende Hinweise:

„WICHTIG: Eine vergleichbare Währung für WLK (eine von 12 Ausgaben innerhalb des letzten Jahres) wurde nicht abgefragt, d.h. Vergleiche mit anderen Analysen sind nicht möglich, sondern ausschließlich der Daten der Trenderhebungen zueinander!

              UNTERSUCHUNGSMETHODIK: Telefonische CATI-Befragung durch geschulte Mitarbeiter des Instituts, ohne Vorlage von Titelblättern (und daher nicht vergleichbar mit den Erhebungen der Regioprint bzw der Media-Analyse).“

              Das Erstgericht verneinte einen Lauterkeitsverstoß der Beklagten. Aus dem Vergleich der Ergebnisse der Reichweitenerhebungen der verschiedenen Studien könne nicht der Schluss gezogen werden, die Beklagte habe sich unlauterer Geschäftspraktiken zur Begünstigung ihrer Auftraggeberin bedient. Sie habe auch nicht gegen den von der Internationalen Handelskammer (ICC) und der Europäischen Gesellschaft für Meinungs- und Marketing-Forschung (ESOMAR) herausgegebenen Kodex für die Markt- und Sozialforschung verstoßen, wonach der Marktforscher sicherzustellen habe, dass Marktforschungsprojekte genau, transparent und objektiv konzipiert, ausgeführt, berichtet und dokumentiert werden. Denn es seien sämtliche relevante Begebenheiten, wie Untersuchungsmethodik, Zielgruppe, Samplegröße, maximale statistische Schwankungsbreite und Befragungszeitraum offen gelegt worden und es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Reichweitenerhebung nicht objektiv durchgeführt worden wäre. Die Beklagte habe somit nicht gegen die berufliche Sorgfalt verstoßen. Dass die angewandte Methode per se unzulässig sei, habe die Klägerin gar nicht behauptet. Aus den Bescheinigungsmitteln ergebe sich gerade das Gegenteil.

              Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der unlauteren Förderung fremden Wettbewerbs aufgrund der Rechtslage der UWG-Novelle 2007 noch keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege. Mit Neuregelung des § 1 UWG durch die UWG-Novelle 2007 sei das Handeln „zu Zwecken des Wettbewerbs“ als Tatbestandsmerkmal weggefallen. Der lauterkeitsrechtliche Unterlassungsanspruch setze daher nicht mehr voraus, dass der Beklagte in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe. Gehilfen - die zur Ausführung der Tat beitragen oder diese erleichtern - müssten alle objektiven wie subjektiven Tatbestandselemente des betreffenden Wettbewerbsverstoßes in ihrer Person verwirklichen. Die Einhaltung der beruflichen Sorgfalt als entscheidendes Kriterium könne großzügiger gehandhabt werden, wenn ein Unternehmer ohne erkennbares Eigeninteresse Handlungen setze, die ein anderes Unternehmen auf einem anderen Markt begünstigten. Nach der von der Klägerin vorgelegten ÖNORM EN 15707 könne das computergestützte Interview zum Selbstausfüllen (CASI) mittels Laptop des Interviewers ebenso als Methode eingesetzt werden wie das computerunterstützte Telefoninterview (CATI). Es handle sich bei beiden Verfahren um anerkannte Methoden der Datenerhebung. Die Beklagte habe die zu verlangende berufliche Sorgfalt eingehalten. Dass sie dazu (nur) auf Leserschaft des Magazins „D***** O*****“ und damit auf Verlagsdaten zurückgegriffen habe, sei reine Spekulation der Klägerin. Abweichungen der Analysenergebnisse seien aufgrund der unterschiedlichen Methoden plausibel. Die Beklagte habe auf die mangelnde Vergleichbarkeit ihrer Untersuchungsergebnisse mit jenen der Media-Analyse und der Regioprint hingewiesen. Nach den vorgelegten Urkunden (Titel der Studie und Fragebogen) sei Ziel der Untersuchung nicht bloß eine Reichweitenerhebung gewesen, es seien insbesondere auch Image und Wahrnehmung des Magazins abgefragt worden.

Rechtliche Beurteilung

              Der Revisionsrekurs der Klägerin ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

              Die Klägerin macht geltend, dass die Beweislastumkehr des § 1 Abs 5 UWG anzuwenden gewesen wäre. Die Überlassung unrichtiger Reichweitenstudien zur Verwendung als Werbemittel sei nämlich eine Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 4 Z 2 UWG, Beweisthema sei die Richtigkeit der Studie. Da die Beklagte die Richtigkeit der Reichweitenergebnisse nicht bescheinigt habe, sei von deren Unrichtigkeit auszugehen. Für die Einhaltung der beruflichen Sorgfalt könne es nicht ausreichen, darauf hinzuweisen, dass eine bestimmte Studie nicht mit anderen vergleichbar sei. Die berufliche Sorgfalt verlange die Orientierung an anständigen Marktgepflogenheiten. Deren Einhaltung bedinge dann eine höhere Sorgfaltspflicht, wenn bekannt sein müsse, dass andere Publikationen zum selben Untersuchungsgegenstand erschienen seien. Wenn die Förderung fremden Wettbewerbs durch eine vergleichende Handlung erfolge, sei an den Handelnden jener Maßstab anzulegen, der auch für denjenigen gelte, der sich vergleichender Werbung bediene.

              Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben. Bei der Förderung fremden Wettbewerbs sei neben der Einhaltung der beruflichen Sorgfalt noch zu prüfen, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der zu überprüfenden Handlung und der Förderung fremden Absatzes oder Bezugs bestehe. Hier habe die Beklagte einerseits die objektive Sorgfalt eingehalten und andererseits fehle eine Zielgerichtetheit der Handlung, weil die Beklagte nicht gewusst habe, dass die Studie eventuell zur Veröffentlichung gelangen werde. Die Beweislastumkehr des § 1 Abs 5 UWG komme nicht in Betracht, weil keine Geschäftspraktik iSv § 1 Abs 4 Z 2 UWG vorliege.

              Dazu ist wie folgt auszuführen:

              1. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, durch Erstellung einer (unrichtigen) Leserreichweitenstudie - somit durch eine eigene geschäftliche Handlung - „in den Marktablauf“ zugunsten eines Mitbewerbers der Klägerin eingegriffen zu haben. Dies begründe ein Handeln im geschäftlichen Verkehr.

1.1. Zum Bereich des geschäftlichen Verkehrs zählt jede Tätigkeit, die der Förderung eines beliebigen Geschäftszwecks dient, der auch ein Fremder sein kann (RIS-Justiz RS0077596). Darunter - und damit auch unter den Regelungsgegenstand des Lauterkeitsrechts - fallen (nur) Tätigkeiten mit Marktbezug. Sie müssen nach außen gerichtet sein und sich am Markt und auf Marktteilnehmer (unmittelbar) auswirken können. Bloß unternehmensinterne Vorgänge ohne Außenwirkung zählen nicht zum geschäftlichen Verkehr (4 Ob 286/99h).

              Im vorliegenden Fall wurde die Beklagte allein im vertraglichen Innenverhältnis zur Auftraggeberin tätig. Sie setzte im Zusammenhang mit Erstellung und Ablieferung der Studie keine unmittelbar marktwirksame Handlung, die unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen wäre. Mangels (unmittelbarer) Außenwirkung erfüllt ihr Verhalten nicht die Voraussetzungen eines Handelns im geschäftlichen Verkehr.

              1.2. Eine Förderung fremden Wettbewerbs durch eine eigene geschäftliche Handlung der Beklagten könnte nur dann angenommen werden, wenn die Beklagte die Studie selbst publiziert hätte. Solange sich ihr Verhalten - wie nach dem bescheinigten Sachverhalt - auf die vertragsgemäße Lieferung der bestellten Studie beschränkt, verwirklicht ihr Verhalten weder ein Handeln im geschäftlichen Verkehr noch eine Geschäftspraktik iSv § 1 Abs 4 Z 2 UWG.

              2. Soweit das Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe einer Konkurrentin der Klägerin bewusst ermöglicht, mit unrichtigen Reichweitenzahlen zu werben, bzw sie habe dem Frauenmagazin „D***** O*****“ die Werbung damit gestattet, dahingehend zu verstehen ist, dass die Beklagte als „Beitragstäterin“ bzw Gehilfin gehandelt habe, ist dies wie folgt zu beurteilen:

              2.1. Gehilfe eines wettbewerbsrechtlichen Verstoßes ist derjenige, der den Täter bewusst fördert. Für seine Haftung reicht eine bloß adäquate Verursachung nicht aus, auch er muss sich rechtswidrig verhalten. Er muss den Sachverhalt kennen, der den Vorwurf gesetzwidrigen Verhaltens begründet (stRsp RIS-Justiz RS0026577) oder muss zumindest eine diesbezügliche Prüfpflicht verletzen (RIS-Justiz RS0114372). Die Prüfpflicht ist allerdings auf grobe und auffallende Verstöße beschränkt (RIS-Justiz RS0031329 [T10]; 4 Ob 159/10a; 17 Ob 34/08m). Die Rechtsprechung hält der Kenntnis der Tatumstände ein vorwerfbares Nichtkennen gleich (RIS-Justiz RS0031329 [T11]). Der Gehilfe (Förderer) muss die Tatumstände, die sein sittenwidriges Verhalten begründen, kennen und daher mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass sein Verhalten künftige Wettbewerbsverstöße Dritter geradezu herausfordert (Gamerith, WBl 1991, 305; 4 Ob 309/98i = ecolex 2000/19).

Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof muss der Handelnde wissen, dass der Täter einen Wettbewerbsverstoß begeht, oder er muss dies für möglich halten und billigend in Kauf nehmen, wobei es dem Vorsatz gleich steht, wenn der Handelnde sich bewusst einer Kenntnisnahme von dem von ihm veranlassten oder geförderten Verhalten verschließt (vgl Köhler/Bornkamm UWG28 § 8 Rz 2.16 mwN).

              2.2. Im vorliegenden Fall wäre ein Lauterkeitsverstoß der „Haupttäterin“ (Auftraggeberin der Beklagten) durch irreführende Veröffentlichung einer an sich unbedenklichen Studie oder durch Veröffentlichung einer irreführenden Studie denkbar.

                            Bei irreführender Veröffentlichung einer an sich unbedenklichen Studie wäre die Kenntnis der Beklagten von der beabsichtigten irreführenden Verwendung Voraussetzung deren Haftung als Gehilfin. Diese Kenntnis ist aber nicht bescheinigt; eine Prüfpflicht der Beklagten ist zu verneinen, weil keine diesbezüglichen Hinweise, die eine solche ausgelöst hätten (grobe und auffallende Verstöße) bescheinigt sind. Im Übrigen hat die Klägerin kein Vorbringen dahin erstattet, dass die Auftraggeberin der Beklagten die Studie in irreführender Weise verwendet und die Beklagte davon gewusst hätten. Sie behauptete (lediglich) die Zustimmung der Beklagten zur Verwendung der Studie in der Werbung, nicht aber eine darüber hinausgehende Kenntnis der Beklagten von konkreten Tatumständen (irreführender Verwendung) bei der (möglicherweise) unmittelbaren Täterin.

              Bei Veröffentlichung einer irreführenden Studie könnte deren Überlassung eine Haftung der Beklagten begründen, weil die Beklagte - wie hier - mit deren Verwendung rechnen musste. Es stellt sich daher die Frage, ob die Studie an sich irreführend ist. Diese Frage haben die Vorinstanzen zutreffend verneint: Die Beklagte hat ihre Erhebungsmethoden genannt, sie sind methodisch unbedenklich; der von der Klägerin angenommene Rückgriff auf Verlagsdaten wurde nicht bescheinigt.

              2.3. Der Unternehmer hat gemäß § 1 Abs 5 UWG im Verfahren auf Unterlassung oder Schadenersatz nach § 1 Abs 1 bis 3 UWG die Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen im Zusammenhang mit einer Geschäftspraktik zu beweisen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Unternehmers und anderer Marktteilnehmer wegen der Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint. Gemäß § 2a Abs 4 UWG gilt diese Bestimmung für vergleichende Werbung sinngemäß.

              Im Fall der Gehilfenhaftung greift diese Beweislastumkehr grundsätzlich nicht, weil andernfalls deren strenge (subjektive) Voraussetzungen (Kenntnis des Sachverhalts, der den Vorwurf gesetzwidrigen Verhaltens begründet, Verletzung einer Prüfpflicht) umgangen werden könnten.

              Hier scheiterte die Beweislastumkehr auch an der vorzunehmenden Interessenabwägung, zumal der Beweis über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Studie grundsätzlich beiden Teilen in gleicher Weise zugänglich ist (vgl 4 Ob 40/07x).

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

              Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Schlagworte

Frauenmagazin D.O.,

Textnummer

E96058

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0040OB00130.10M.1215.000

Im RIS seit

25.01.2011

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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