TE OGH 2011/1/12 2Nc34/10p

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Veröffentlicht am 12.01.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Siegfried D*****, vertreten durch Dr. Franz Gölles und Mag. Robert Pöschl, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch NM Norbert Moser Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, wegen 59.836,97 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse: 5.000 EUR), über den Delegierungsantrag der beklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien das Landesgericht Klagenfurt bestimmt.

Text

Begründung:

Am 2. 5. 2006 ereignete sich auf der Bundesstraße 92 im Gemeindegebiet Kulm am Zirbitz, Bezirk Murau, ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Insasse eines bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs verletzt wurde. Mit der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien am allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei eingebrachten Klage begehrt der Kläger Schadenersatz und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für sämtliche künftige Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 2. 5. 2006.

Die beklagte Partei stellte das Alleinverschulden der Lenkerin des bei ihr haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs außer Streit, wandte jedoch das Mitverschulden des Klägers wegen Verletzung der Gurtenanlegepflicht ein und bestritt unter Hinweis auf bereits geleistete Zahlungen die Unfallkausalität der geltend gemachten Schäden. Dazu berief sie sich auf die Einvernahme der im Gerichtssprengel des Unfallorts wohnhaften Lenkerin des Beklagtenfahrzeugs sowie zweier weiterer Zeugen mit Zustelladressen in Klagenfurt. Gleichzeitig stellte sie den Antrag, die Rechtssache an das Landesgericht Klagenfurt zu delegieren, zumal auch der Kläger seinen Wohnsitz in Kärnten habe.

Der Kläger sprach sich gegen die Delegierung des Verfahrens aus.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien erachtete eine Delegierung an das Gericht, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignet hat, für zweckmäßig.

Die Delegierung an das Landesgericht Klagenfurt ist gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Rechtssache von einem anderen als dem zuständigen Gericht aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann (RIS-Justiz RS0053169).

Im Allgemeinen sprechen zwar Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, Schadenersatzprozesse aus einem Verkehrsunfall bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete; diesem Umstand hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er für derartige Prozesse einen entsprechenden Gerichtsstand bei dem für den Unfallort zuständigen Gericht geschaffen hat (§ 20 EKHG). Ein Antrag auf Delegierung der Rechtssache an das Gericht des Unfallorts (Landesgericht Leoben) wurde hier aber von keiner der Parteien gestellt. Seine Zweckmäßigkeit wäre auch fraglich gewesen, steht doch das Alleinverschulden der Lenkerin des Beklagtenfahrzeugs am Zustandekommen des Unfalls außer Streit, sodass zur Klärung des Unfallhergangs keine Erhebungen am Unfallort erforderlich sind.

Zweckmäßigkeitsgründe, die zu einer Delegierung führen können, sind aber auch der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (RIS-Justiz RS0046540). Die Übertragung der Zuständigkeit muss im Interesse beider Parteien liegen (RIS-Justiz RS0046471); kann die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien beantwortet werden und widerspricht eine von ihnen, so ist von der Delegierung abzusehen (RIS-Justiz RS0046589).

Im vorliegenden Fall sind der Kläger und zwei der drei beantragten Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt ansässig. Die weitere Zeugin wohnt in der Steiermark, sodass auch für sie eine Anreise zum Landesgericht Klagenfurt mit geringerem Aufwand verbunden ist, als zum Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Der vom Kläger gegen die Delegierung ins Treffen geführte Umstand, dass sich der vom Gericht zu bestellende Sachverständige von Privatgutachten beeinflussen lassen könnte, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos. Dem Delegierungsantrag ist daher stattzugeben.

Textnummer

E96221

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0020NC00034.10P.0112.000

Im RIS seit

23.02.2011

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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