TE OGH 2011/1/18 17Ob22/10z

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Veröffentlicht am 18.01.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Thomas Fraiß, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Irina Schiffer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 54.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 18. November 2010, GZ 2 R 188/10d-16, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 23. September 2010, GZ 59 Cg 146/10m-8, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag übermittelt, den Bewertungsausspruch dahin zu ergänzen, dass das die Verwendung des Zeichens „Jungle Man“ betreffende Unterlassungsbegehren als gesonderter Entscheidungsgegenstand bewertet wird, und gegebenenfalls eine Entscheidung nach § 528 Abs 2a ZPO zu treffen.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht gab dem Sicherungsbegehren der Klägerin in Ansehung bestimmter Umsatzbehauptungen sowie zur Bewerbung eines Lebensmittels unter Erwähnung einer näher bezeichneten Originalrezeptur statt und wies das Mehrbegehren ab, der Beklagten weitere näher konkretisierte Umsatzbehauptungen sowie ein bestimmtes Zeichen im Zusammenhang mit der Werbung für bestimmte Produkte zu verwenden. Es sprach aus, dass der „Wert des Entscheidungsgegenstands“ 30.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs im Hinblick auf die einheitliche Rechtsprechung nicht zulässig sei.

Gegen die Abweisung des Begehrens, ein bestimmtes Kennzeichen zu verwenden, richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin. Das Erstgericht legte die Akten dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Akten sind dem Rekursgericht zur Ergänzung seines Bewertungsausspruchs und zur allfälligen Entscheidung nach § 528 Abs 2a ZPO zu übermitteln.

1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand - und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts -, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; sonst sind sie getrennt zu behandeln (RIS-Justiz RS0053096, RS0037838, RS0042349).

2. Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über den anderen Anspruch ohne ergänzendes weiteres Sachvorbringen entscheiden zu können (RIS-Justiz RS0042766). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt etwa vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder derselben Rechtsnorm abgeleitet werden, nicht aber wenn die Ansprüche ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können (4 Ob 79/10m; 8 Ob 118/08y; vgl RIS-Justiz RS0037899). Ob die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung vorliegen, ist nach den Klagebehauptungen (Antragsbehauptungen) zu beurteilen (RIS-Justiz RS0042741).

3. Im vorliegenden Fall stützt sich die Klägerin auf verschiedene Wettbewerbsverstöße der Beklagten. Sie behauptet einerseits irreführende und aggressive Geschäftspraktiken im Sinn des § 2 Abs 1 Z 6 und des § 1a Abs 1 UWG und andererseits eine unlautere Handlung im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 UWG im Zusammenhang mit der Nennung verschiedener Umsatzzahlen und der damit im Zusammenhang stehenden Unternehmensentwicklung. Darüber hinaus macht sie geltend, die Beklagte verwende unzulässigerweise ohne Zustimmung der Berechtigten ein mit einer bekannten Marke verwechselbar ähnliches Kennzeichen für bestimmte Produkte; außerdem sei die Benutzung des Kennzeichens irreführend, weil Verwechslungsgefahr bestehe (§ 2 Abs 3 Z 1 UWG).

Daraus leitet die Klägerin Unterlassungsansprüche ab. Diese sind auf unterschiedliche Sachverhalte gestützt, ein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang ist nicht erkennbar. Die Ansprüche sind daher nach § 55 Abs 1 JN nicht zusammenzurechnen, insbesondere nicht der auf die beanstandete Kennzeichenverwendung gegründete Anspruch mit den übrigen geltend gemachten Unterlassungsansprüchen, welche nicht mehr Gegenstand des Verfahrens in dritter Instanz sind. Damit hat aber das Rekursgericht über von einander getrennte Gegenstände entschieden, die es gesondert zu bewerten hat. Zu diesem Zweck sind ihm die Akten zu übermitteln.

4. Sollte das Rekursgericht zum Ergebnis kommen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands betreffend die Kennzeichenverwendung 5.000 EUR nicht übersteigt, erwiese sich der Revisionsrekurs als jedenfalls unzulässig. Sollte es hingegen zum Ergebnis kommen, dass der Wert des zu beurteilenden Entscheidungsgegenstands zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt, wird es weiters zu prüfen haben, ob es die diesbezüglichen Ausführungen der Zulassungsbeschwerde als Antrag nach § 528 Abs 2a ZPO deutet. In diesem Fall wird es über die nachträgliche Zulassung des Revisionsrekurses zu entscheiden haben, sonst wird insoweit ein Verbesserungsverfahren einzuleiten sein (4 Ob 79/10m). Nur die Bewertung des die Kennzeichenverwendung betreffenden Entscheidungsgegenstands mit mehr als 30.000 EUR müsste zur unmittelbaren Vorlage des außerordentlichen Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof führen.

Textnummer

E96202

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0170OB00022.10Z.0118.000

Im RIS seit

11.02.2011

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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