TE OGH 2011/1/19 15Os180/10z

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Veröffentlicht am 19.01.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2011 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé als Vorsitzenden, durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jahn als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edmundo José D***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 15. September 2010, GZ 11 Hv 104/10i-73, weiters über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthält, wurde Edmundo José D***** zu A./ des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG, zu B./ 1./ des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB, zu B./ 2./ des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall Abs 2 Z 3 SMG, zu C./ des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG, zu D./ 1./ des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB, zu D./ 2./  der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, zu D./ 3./ des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB und zu E./ des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -

...

B./ vorschriftswidrig Suchtgift

1./ in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge ein- und ausgeführt, und zwar

a./ in Gemeinschaft mit Markus K***** als Beteiligtem (§ 12 StGB) Mitte Juni 2009 durch die Ein- und Ausfuhr von zumindest 250 Gramm Heroin (zumindest 32,5 g Reinsubstanz) und 10 Gramm Kokain (Reinheitsgrad 20 %) aus den Niederlanden über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich;

b./ von 20. bis 24. Oktober 2009 in Gemeinschaft mit Anthony Clemens H*****, Patrick R***** und Michael De*****

aa./ durch die Ein- und Ausfuhr von zumindest 48 Gramm Heroin (11,88 g Reinsubstanz) aus den Niederlanden über Deutschland nach Österreich, wobei die Tat infolge Betreuung durch die deutsche Polizei in Betreff der Verbringung des Suchtgifts nach Österreich beim Versuch geblieben ist;

bb./ durch die Ein- und Ausfuhr von zumindest 122,5 Gramm Heroin (32,71 g Reinsubstanz) aus den Niederlanden über Belgien, Frankreich und die Schweiz nach Österreich, wobei die Tatvollendung in Betreff der Verbringung einer Teilmenge 10 Gramm Heroin (2,67 g Reinsubstanz) nach Österreich aufgrund des Wegwerfens dieser Menge durch den Angeklagten vor einer Grenzkonrolle in St. Margarethen (Grenze Schweiz - Österreich) unterblieb;

c./ in Gemeinschaft mit Patrick Ri***** als Beteiligtem (§ 12 StGB) Mitte November 2009 durch die Ein- und Ausfuhr von zumindest 125 Gramm Heroin (11,25 g Reinsubstanz) und 3 Gramm Kokain (Reinheitsgrad 20 %) aus den Niederlanden über Belgien, Frankreich und Italien nach Österreich;

2./ von 24. November 2008 bis 4. Dezember 2009 in Kirchdorf/Krems und an anderen Orten Österreichs in einer das 15-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, und zwar

a./ durch den Verkauf von 60 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 13 %) an Markus und Sandra K*****;

b./ durch den Verkauf von insgesamt 48 Gramm Heroin (davon 13 g mit Reinheitsgehalt 26,7 %, 10 g mit Reinheitsgehalt 13 % und 25 g mit Reinheitsgehalt 9 %) an Manuel P*****;

c./ durch den Verkauf von 50 Gramm Heroin (davon 5 g mit Reinheitsgehalt 26,7 %, 15 g mit Reinheitsgehalt 13 % und 30 g mit Reinhaltsgehalt 7 %) an Anthony Clemens H*****;

d./ durch den Verkauf von 55 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Nikola T*****;

e./ durch den Verkauf bzw die unentgeltliche Überlassung von zumindest 5 Gramm (Reinheitsgehalt 7 %) an Zeljko S*****;

f./ durch den Verkauf von zumindest 10 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Harald Hu*****;

g./ durch den Verkauf bzw die unentgeltliche Überlassung von 50 Gramm Heroin (davon 5 g mit Reinheitsgehalt 26,7 %, 35 g mit Reinheitsgehalt 9 % und 10 g mit Reinheitsgehalt 7 %) an Patrick Ri*****;

h./ durch die Weitergabe von 10 Gramm Heroin (davon 5 g mit Reinheitsgehalt 26,7 % und 5 g mit Reinheitsgehalt 7 %) an Michael De*****;

i./ durch den Verkauf von zumindest 1,5 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 26,7 %) an Mario L*****;

j./ durch den Verkauf von 25 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Harald Hu*****, Mario L*****, David Li***** und Alexander K*****;

k./ durch die Übergabe von 25 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 9 %) an Martin Har*****;

l./ durch den Verkauf bzw die unentgeltliche Überlassung von 35 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Christoph Ti***** und Barbara W*****;

m./ durch den Verkauf von 5 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an den unbekannten Abnehmer namens „Ö*****“;

n./ durch den Verkauf von zumindest 22 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Michael Tri*****;

o./ durch den Verkauf von 10 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Kevin Ka*****;

p./ durch den Verkauf von 5 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Alexander K*****;

q./ durch den Verkauf von 1 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Sophie B*****;

r./ durch die unentgeltliche Überlassung mehrerer „Nasen“ Heroin im Ausmaß von insgesamt 0,5 Gramm (Reinheitsgehalt 7 %) an Nika T*****, Stefan Kat***** und Zoran V*****;

s./ durch den Verkauf von zumindest 50 Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt 4 %) an unbekannte Abnehmer;

t./ durch den Verkauf von 1 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Patrick R*****;

u./ durch den Verkauf von 5 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Daniel S*****;

v./ durch den Verkauf bzw die unentgeltliche Überlassung von insgesamt 7 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an David Li*****;

w./ durch den Verkauf bzw die unentgeltliche Überlassung von insgesamt 8 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Philipp F*****;

x./ durch den Verkauf von 40 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Johannes Ba*****;

y./ durch den Verkauf von 1 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Daniel Tri*****;

z./ durch die unentgeltliche Überlassung einer „Nase“ Heroin (0,1 g, Reinheitsgehalt 7 %) an Onur Kahr*****;

aa./ durch den Verkauf von 0,5 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Evren Öz*****;

bb./ durch den Verkauf bzw die unentgeltliche Überlassung von 12 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) und 1 Gramm Kokain (Reinheitsgrad 20 %) an Carina Rit*****;

cc./ durch den Verkauf bzw die unentgeltliche Überlassung von 5 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) und 15 Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt 4 %) an Kenan M*****;

dd./ durch den Verkauf von 5 Gramm Heroin (Reinheitsgehalt 7 %) an Markus A*****;

C./ bis zum 4. Dezember 2009 in Spital am Phyrn vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar 70 Gramm Heroin (zumindest 9 % Reinheitsgrad) bis zur Sicherstellung durch die Polizei.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die - nur die Schuldsprüche zu B./1./, B./2./ und C./ anfechtende - auf § 281 Abs 1 Z 3, 5, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die Verfahrensrüge nach Z 3 übersieht, dass eine Unterlassung der Belehrung über das Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 1 StPO nicht mit Nichtigkeit bedroht ist (§ 159 Abs 3 StPO). Im Übrigen wurden die Zeugen H*****, F***** und Tri***** - der Beschwerde zuwider - nach der Aktenlage vom Vorsitzenden ordnungsgemäß iSd § 159 Abs 1 StPO informiert (ON 72, S 18, 23 und 26).

In welchem Ausmaß die Grenzmenge (§ 28b SMG) beim Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG überschritten wird, betrifft keine iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO entscheidende Tatsache, sodass die zu C./ einen inneren Widerspruch behauptende Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) schon aus diesem Grund ins Leere geht.

Die Feststellung zur subjektiven Tatseite zu C./ hat das Schöffengericht nicht nur auf das Geständnis des Angeklagten, sondern auch auf seine vorangegangenen zahlreichen Suchtgiftweitergaben an Dritte gestützt (US 27), wobei die von den Tatrichtern aus den Verfahrensergebnissen gezogenen Schlüsse weder den Kriterien logischen Denkens noch allgemeinen Erfahrungen zuwiderlaufen, sodass eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) nicht vorliegt.

Dass der Angeklagte nach seinen Angaben bei der Befundaufnahme durch den psychiatrischen Sachverständigen nicht nur seine Casinobesuche, sondern auch seinen Drogenkonsum durch den Drogenhandel finanziert hat, steht den zu B./2./ in Richtung Nichtvorliegens der privilegierenden Voraussetzungen des § 28a Abs 3 SMG getroffenen Feststellungen nicht entgegen, sodass eine Erörterung der Ergebnisse der Befundaufnahme zu Recht unterbleiben durfte (Z 5 zweiter Fall).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet zu B./1./ und B./2./, das Urteil enthalte „in subjektiver Hinsicht keine ausreichenden Feststellungen zur vorsätzlichen fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung und Grenzmengenüberschreitung und bedient sich hierzu unbeachtlicher verba legalia“, legt aber nicht dar, warum die zur kontinuierlichen Begehung und zum daran geknüpften Additionseffekt getroffenen Konstatierungen (US 14 f) nicht ausreichend seien sowie welche der verwendeten Bezeichnungen dem Gesetz (§ 28a SMG) entnommene bloße Rechtsbegriffe darstellten. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang „individuelle Umstände und persönlichen Motive des Täters in der konkreten Situation des Angeklagten“ zu ihrem Vorteil berücksichtigt wissen will, verlässt sie den Anfechtungsrahmen behaupteter materieller Nichtigkeit und bekämpft in diesem Zusammenhang lediglich in unzulässiger Form die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) kritisiert die Nichtanwendung des § 31 StGB in Bezug auf die Urteile des Landesgerichts Steyr vom 11. Februar 2010 und vom 15. Juli 2010, vernachlässigt dabei aber, dass beide Urteile ihrerseits Zusatzstrafen gemäß § 31 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts Wels vom 26. August 2009 beinhalteten, weshalb im Hinblick auf den vorliegenden Tatzeitraum bis zum 4. Dezember 2009 eine weitere Bedachtnahme nach § 31 StGB nicht in Frage kam (RIS-Justiz RS0090606).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96295

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0150OS00180.10Z.0119.000

Im RIS seit

11.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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